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„Klimaterroristen“ ist „Unwort des Jahres“ in Deutschland

10.01.2023, Hessen, Marburg: Constanze Spieß, Professorin am Institut für Germanistische Sprachwissenschaft AG Pragmalinguistik Pilgrimstein der Philipps-Universität Marburg, hält ein Tablet in der Hand, auf dem das „Unwort des Jahres“ 2022, „Klimaterroristen“, geschrieben steht. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Das „Unwort des Jahres“ 2022 in Deutschland lautet „Klimaterroristen“. Das gab die „Unwort“-Aktion am Dienstag in Marburg bekannt.

Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl. Sie kritisierte die Verwendung des Begriffs, weil Aktivistinnen und Aktivisten mit Terroristen „gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden“.

Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügte die Jury.

12.12.2022, Berlin: Die Hand eines Klimaaktivisten, der sie auf einer Autobahnausfahrt am Innsbrucker Platz festgeklebt hatte, wird von Polizisten vom Boden versucht zu lösen. Das „Unwort des Jahres“ 2022 lautet „Klimaterroristen“. Foto: Christoph Soeder/dpa

Das Unwort wird in Deutschland seit 1991 gekürt. Die Entscheidung trifft eine unabhängige und ehrenamtlich arbeitende Jury auf Grundlage von aus der Bevölkerung eingesandten Vorschlägen. Die Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort spielt dabei aber keine Rolle. 2021 war die Wahl auf „Pushback“ gefallen.

Die sprachkritische Aktion möchte nach eigenen Angaben auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so sensibilisieren. Kritiker werfen ihr vor, als eine Art „Sprachpolizei“ zu agieren oder politische Positionen in der öffentlichen Debatte moralisch zu diskreditieren.

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck „Sozialtourismus“, der 2013 zum „Unwort“ gekürt worden war. Der Chef der Christdemokraten (CDU), Friedrich Merz, hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt.

Die Jury sah in dem Wortgebrauch „eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen“. Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung „defensive Architektur“, die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können. (dpa)

27 Antworten auf “„Klimaterroristen“ ist „Unwort des Jahres“ in Deutschland”

    • Besorgte Mutter

      Für mich sind DAX und Gegenpol eher die Ostbelgier des Jahres als Unwörter!
      Klimaterrorist ist eine Feststellung und kein Unwort.
      Ganz nebenbei möchte ich es nicht versäumen, allen hier ein sehr gutes Neues zu wünschen!

  1. Guido Scholzen

    Man fragt sich gerne, wo diese (Un)-Wörter im Jahr 2022 zu finden waren.

    eingetippt habe ich das bei
    Tagesschau.de : kein Resultat
    BRF : kein Resultat
    grenzecho.be : kein Resultat

    aber dann:
    BILD.DE : ein einziger Eintrag
    „Hat für die Klima-Kleber kein Verständnis: Sachsens Ärztechef Klaus Heckemann“
    https://www.bild.de/regional/dresden/dresden-aktuell/nach-strassenblockade-sachsens-aerzte-boss-attackiert-klima-kleber-82319346.bild.html
    und dieser Artikel war gerechtfertigt!

    Ansonsten wurde dieses Wort nirgendwo wirklich gebraucht.
    es ist wieder eine ideologisch also politisch-korrekte also grün-versiffte Aktion, um irgendwelche Kritik an einem politischen Geschehen zu unterdrücken, bzw. das politische Geschehen zu rechtfertigen.
    Genau das selbe passierte letztes Jahr mit dem Begriff „Pushback“, der nur gelegentlich gebraucht wurde, aber nicht im allgemeinen.
    Der Begriff Klimaterrorist wurde noch seltener gebraucht wenn überhaupt.
    Aber danke, dass dieses Wort nun in aller Munde ist. naja für kurze Zeit.
    dann weiss jeder, was Klimaaktivisten sind.
    Das Unwort ‚Aktivist‘ kann und wird auf französisch mit ‚militant‘ übersetzt!!!😁😁😁

  2. Robin Wood

    „Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl.“

    Friedliche Demonstranten gegen Corona-Massnahmen wurden Schwurbler, Verschwörungstheoretiker, Rechte und Nazis genannt und ebenfalls öffentlich diskreditiert. Auf sie ging die Polizei mit Schlagstöcken, Wasserwerfern und Tränengas vor, machte auch keinen Unterschied zwischen alten Leuten oder Kindern, während Polizei und Politik die Klimakleber mit Samthandschuhen anfassen.
    Da wird wieder mit zweierlei Mass gemessen. Die einen („Aktivisten“) sind das Opfer und werden diskreditiert, die anderen (Demonstranten) sind die bösen Staatsgefährder.

  3. Reichswürger

    Ich kann gar nicht so viel essen, wir ich kotzen muss wenn ich den Artikel lese.
    Mal wieder das typische links-affine Presse- und Unimilieu, dass allen seine Sicht aufzwingen will.
    Für alles andere kommt direkt die gute alte Nazikeule zum Einsatz…

  4. Verstehen

    Bin da mehr für Gaspreisbremse !
    Wann kommt den die Benzinbremse dazu ?
    Oder wann Retten wir das Arbeitstätige Volk..
    Die Steuerbremse .
    Und wer sich nicht benimmt, die Ungebremste nach Hause.
    Qualifikation.

  5. Werner Radermacher

    „Klimaterroristen“ ist sicher nicht angebracht.
    Aber wie umweltfreundlich leben denn die „Umweltschützer“? Frau Neubauer aus den Hamburger Elbvororten und Frau Reemtsma aus Berlin – Dahlem sollten mal in ihren bessergestellten Wohngebiete anfangen nach Umweltsünden zu suchen.

  6. Der Zyniker

    Ein Artikel in der Weltwoche trifft es ziemlich auf den Punkt.

    10.01.2023
    «Lügenpresse», «Gutmensch» und nun «Klima-Terrorist»: Das Unwort des Jahres ist linkes Polit-Marketing. Man greift Schlagwörter heraus, um politische Anliegen und Lager als illegitim zu brandmarken
    https://weltwoche.ch/daily/klima-terrorist-unwort-des-jahres-ist-linkes-polit-marketing/

    Es gibt viele Möglichkeiten, die Nutzer einer Sprache – also uns alle – zu erziehen.

    Man kann einzelne Ausdrücke sanktionieren, man kann mittels Massenmedien direkte Sprachpolitik betreiben, und man kann versuchen, einen gewissen Sprachstil über die Macht von Behörden und Schulen durchzusetzen.

    Der einfältigste Versuch der politisch korrekten Sprachpädagogik ist die alljährliche Auslobung des «Unworts des Jahres». Heute Vormittag war es wieder einmal so weit. Das Ergebnis: Unwort des vergangenen Jahres ist der «Klimaterrorist». Begründung: «Der Ausdruck wurde im öffentlichen Diskurs gebraucht, um Aktivist:innen und deren Protest zu diskreditieren.»

    Man muss es deutlich sagen, und man tritt den Initiatoren dieser Aktion damit sicher nicht zu nahe, dass es sich bei der Unwort-Aktion um dezidiert linkes Polit-Marketing handelt. Entsprechend wurden in den vergangenen Jahren Begriffe wie «Lügenpresse», «Gutmensch» oder «Klima-Hysterie» zu Unwörtern erklärt. Denn hier würden Menschen pauschal herabgesetzt und diskreditiert. Keine Unwörter scheinen hingegen «Aluhutträger», «Verschwörungstheoretiker», «Schwurbler», «Putin-Versteher» oder «Klimaleugner» zu sein.

    Die «Sprachkritische Aktion», formal an der Universität Marburg angesiedelt, ist ein ebenso gutes wie abstossendes Beispiel für die Selbstherrlichkeit und den Autoritarismus eines akademischen Milieus, das hochtrabende Moral benutzt, um im politischen Machtkampf zu punkten. Man setzt sich nicht mit den Argumenten des politischen Gegners auseinander, sondern greift Schlagworte aus der hitzigen Alltagsdebatte heraus, um ganze politische Anliegen und Lager als illegitim zu brandmarken.

    Das ist Agitprop in reinster Form – und daher selbst irreführender und stigmatisierender Sprachgebrauch.

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