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„Katar ist eine Warnung“: Extreme Temperaturen und leere Ränge in Doha – Leichtathletik-WM in der Kritik

30.09.2019, Katar, Doha: Zuschauer beobachten die Qualifikationswettbewerbe im Speerwurf. Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Leichtathletik-WM in Doha steht wie kaum eine zuvor in der Kritik. Das extreme Klima und das geringe Interesse der Katari an diesem Sport erzürnt viele. Die Athleten sehen ihre Interessen missachtet und sich vom Weltverband „massiv allein gelassen“.

Die Entrüstung und Verärgerung über die Vergabe der 17. Leichtathletik-WM nach Doha (27. September bis 6. Oktober) wächst.

„Es gibt bessere Orte“, formulierte Speerwurf-Ass Christin Hussong, was viele WM-Starter aus aller Welt denken. „Wir haben gar keine Entscheidung zu treffen. Wir werden auch nicht gefragt“, kritisierte Christina Schwanitz, die Kugelstoß-Weltmeisterin von 2015. Dies sei eine Missachtung der Interessen der Athleten angesichts Extremklima, Nachtwettkämpfen und des Desinteresses im Scheichtum an Laufen, Springen und Werfen.

28.09.2019, Katar, Doha: Svetlana Kudzelich aus Weißrussland kippt sich eine Wasserflasche über den Kopf. Die Hitze in Doha macht vielen Athleten zu schaffen. Foto: Michael Kappeler/dpa

Ohnehin sei es bei der Entscheidung des Weltverbandes IAAF, Katar den Zuschlag zu geben, nicht um optimale Bedingungen für die Sportler gegangen, sondern vor allem um Geld. „Das Problem ist einfach, dass die Reibung zwischen Daumen und Zeigefinger diese Entscheidung uns allen abnimmt“, sagte Schwanitz.

Rund 50 Millionen Dollar soll sich das Land die WM kosten lassen. IAAF-Präsident Sebastian Coe hatte immer wieder die Notwendigkeit betont, in neue Märkte gehen zu müssen und vor dem Start verkündet: „Es wird eine sehr gute WM.“

Trotz des großen finanziellen Aufwandes sehen zahlreiche aktive und ehemalige Athleten die WM im Wüstenstaat bereits nach der ersten Hälfte in den Sand gesetzt. Zehnkampf-Weltrekordler Kevin Mayer aus Frankreich hält die ersten WM-Tage für „eine Katastrophe“. Die britische Siebenkampf-Olympiasiegerin von 2000, Denise Lewis, klagte die IAAF an, die Athleten „massiv allein gelassen“ zu haben.

25.09.2019, Katar, Doha: Das Wettkampfstadion „Khalifa International Stadium“, aufgenommen aus dem 50. Stock des Torch Towers. Foto: Michael Kappeler/dpa

„So ein Scheich belustigt sich mit einer WM doch in erster Linie selber“, schrieb Robert Harting in einem Gastbeitrag der „Sport-Bild“ (Mittwoch-Ausgabe). Der Diskus-Olympiasieger von 2012 hält für fragwürdig, „wenn man erst eine Infrastruktur bauen muss, damit es überhaupt klimatisch ertragbar ist“, meinte er in Anspielung auf das Khalifa-Stadion mit Air Condition. „Wenn der Aufwand wegen abartiger Bedingungen eine bestimmte Höhe übersteigt, muss man es lassen!“

Als lebensgefährlich hat Äthiopiens früherer Wunderläufer Haile Gebrselassie die extremen Bedingungen bei der WM scharf kritisiert. „Gott bewahre, aber Menschen, die bei solchen Wetterbedingungen laufen, hätten sterben können“, sagte der 46-Jährige. Es sei ein Fehler, die WM bei solch heißem Wetter in Doha auszutragen, besonders das Marathonrennen. Für den mehrmalige Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordler sei dies „inakzeptabel“. Besser hätte man nach Ansicht Gebrselassies auf die Marathonrennen ganz verzichten müssen.

„Katar ist eine Warnung, dass es so nicht weitergehen darf“, sagte der frühere deutsche Verbandspräsident Clemens Prokop der Deutschen Presse-Agentur. „Meine Kritik, dass die Interessen der Athleten nicht berücksichtigt werden, trifft zu“, sagte er. „Früher war es so, dass die Funktionäre geherrscht und die Athleten gehorcht haben.“ Dies habe sich verändert: „Athleten vertreten inzwischen den Standpunkt, dass sie die wichtigsten Personen der Sportveranstaltungen sind.“

30.09.2019, Katar, Doha: Ein Zuschauer sitzt alleine mit einer deutschen Nationalflagge auf der Zuschauertribüne. Foto: Nariman El-Mofty/AP/dpa

Zukünftige Sportgroßveranstaltungen müssten nach Kriterien vergeben werden, die sich an den Interessen der Athleten orientieren. „Ich kann es so ausdrücklich sagen: Die Klimabedingungen kann man nicht außen vor lassen“, forderte Prokop. Notfalls müsse man überlegen, wenn eine WM-Stadt in einer heißen Klimazone liege, Marathon und Gehen in ein anderes Land zu verlegen, in dem die Athleten bessere Bedingungen hätten. „Es gibt genug Standorte auf der Welt, wo eine WM stattfinden könnte, siehe die EM 2018 in Berlin“, so Prokop.

Deutschlands schnellste Frau hält nichts von einer pauschalen Verurteilung der WM-Stadt Doha. „Es ist eine WM der Extreme. Man würde lügen, wenn man das nicht sagen würde“, sagte Gina Lückenkemper. „Aber warum nehmen wir uns das Recht raus, anderen Nationen zu verbieten, solche Meisterschaften ausrichten zu dürfen?“ Die weit überwiegende Zahl der Wettkämpfe wird in dem auf 26 Grad heruntergekühlten Khalifa-Stadion ausgetragen.

Außerdem könne man das Thema auch andersherum sehen. „Die Athleten aus dieser Region trainieren unter diesen Bedingungen“, erklärte Lückenkemper. „Was macht uns besser?“ (dpa)

29 Antworten auf “„Katar ist eine Warnung“: Extreme Temperaturen und leere Ränge in Doha – Leichtathletik-WM in der Kritik”

  1. Diese WM ist sowieso der reine Wahnsinn. Wie kann man in einer solch menschenverachtenden Diktatur eine solche Veranstaltung durchführen? In Stadien, die unter Arbeitsbedingungen errichtet wurden, die ich nicht einmal einmal der N-VA oder dem Vlaams Belang oder der AfD oder der Rassemblement National wünschen würde.

      • AchGott in Doha

        Der alte Kommunist… Ihr holt die Löwen her um uns zu fressen. Resien Sie doch nach Doha und stellen Sie sich vor dem Regeirungsprunksitz mit ’nem Schild allah Greta: NEHMT ENDLICH FLÜCHTLINGE AUF, IHR KATARIS.
        Keine Nüsse dazu, wa?

    • Ja, sie müssen nicht. Sie sind aber auch nicht ewig in Topform, denn das Alter nagt auch an den Leistungen der Sportler. Wenn Sie also ein halbes Leben lang trainiert hätten, würden Sie sich dann die Gelegenheit entgehen lassen Ihr Können unter Beweis zu stellen? Es ist immer leicht zu antworten wenn man davon nicht betroffen ist.

  2. Und wieviele Fernsehzuschauer hat diese WM? Alle Leute haben jetzt keine Ferien mehr um nach Katar zureisen. Ein sehr teures Land was Hotels usw betrifft. Und apropos Bauten der Stadien durch billig Löhne wird in Belgien nicht auch öffentliche Gebäude wie zB das Eupener Justizgebäude mit billigen Osteuropäern gebaut. ( hiervRumänen die in Fleron in Container hausten )

  3. schlechtmensch

    Ich bin mal gespannt wie es wird bei der Fussball WM in Katar. Wenn die Horden von Hooligans dort besoffen durch die Strassen ziehen und Tische und Stühle in die Fensterscheiben werfen. Vermutlich wird die Berichterstattung um das Drumherum dort interessanter als die eigentliche WM.

      • Pfui Teufel

        DAzu wird es nicht kommen. Keiner von den Halbstarken wirdd da unten das Maul aufmachen.
        Das Ding sollte eh boykottiert werden. Diese Ausbeuter, die KEINE ach so armen Migranten aufnehmen (denn sie wissen: mit denen hast du nur Ärger, die wollen und können nicht arbeiten – können nix), obwohl sie alles Musel sind, sondern Millionen Sklaven aus dem indischen Subkontinent wie Dreck „beschäftigen“ um ihre Prachtbauten zu errichten, gehöre vor einem Gericht.

        • Arnold Heck

          Da Geld nicht stinkt und es dort reichlich vorhanden ist; schließlich sitzen die ja förmlich drauf, finden sich immer Leute, die dem arabischen Lockruf des Geldes folgen : das können sowohl arme Kindermädchen, Bausklaven aus Thailand,Nepal, Pakistan oder Indien sein oder auch ganze Fußballclubs oder deutsche Ingenieure, die dort das Öl zum Sprudeln und die Wüste zum Blühen bringen.

          • Und belgische Bauunternehmen. BESIX baut wie blöd, da unten, u.a. hat das größte belgische Bauunternehmen die Burj Khalifa gebaut.
            Vermutlich sollten wir Belgier darauf stolz sein… ;-))

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