In der ARD-Tagesschau ist normalerweise alles auf die Sekunde vorprogrammiert, da bleibt für Improvisation kein Platz. Denkste! Am Donnerstagmorgen wurden die Zuschauer der Mutter aller TV-Nachrichten in Deutschland eines Besseren belehrt.
Jan Hofer schloss überraschend die Tagesschau in der ARD morgens um acht Uhr mit einem Frühlingsgedicht.
Vor dem Hintergrund einer Amsel mit dickem Regenwurm im Schnabel auf einem blühenden Baum rezitierte der 63-jährige Sprecher knapp eine Minute lang „Die Amseln haben Sonne getrunken“ von Max Dauthendey (1867 – 1918).
Die Amseln haben Sonne getrunken,
aus allen Gärten strahlen die Lieder,
in allen Herzen nisten die Amseln,
und alle Herzen werden zu Gärten
und blühen wieder.
Nun wachsen der Erde die großen Flügel
und allen Träumen neues Gefieder;
alle Menschen werden wie Vögel
und bauen Nester im Blauen.
Nun sprechen die Bäume in grünem Gedränge
und rauschen Gesänge zur hohen Sonne,
in allen Seelen badet die Sonne,
alle Wasser stehen in Flammen,
Frühling bringt Wasser und Feuer
liebend zusammen.
Max Dauthendey (1867 – 1918)