Politik

Guy Verhofstadt in Kelmis von den Liberalen wie ein Popstar gefeiert

Guy Verhofstadt im April 2014 in Kelmis vor einer Veranstaltung im Café Select beim Interview mit einem flämischen Fernsehsender. Foto: OD

Guy Verhofstadt ist am Donnerstagabend in Kelmis von den Mitgliedern der PFF stürmisch gefeiert worden. Der frühere belgische Premierminister und Spitzenkandidat der europäischen Liberalen bei der Europawahl am 25. Mai erläuterte bei einer Wahlveranstaltung der PFF im Café Select seine Vorstellungen vom künftigen Europa.

Bei der Veranstaltung der ostbelgischen Liberalen waren neben Guy Verhofstadt auch Louis Michel und Frédérique Ries anwesend sowie natürlich PFF-Präsidentin Kattrin Jadin, Europa-Spitzenkandidat Axel Kittel, PDG-Spitzenkandidatin Isabelle Weykmans, PDG-Präsident Alexander Miesen, Regionalrat-Kandidatin Jenny Möres und der Kelmiser Bürgermeister Louis Goebbels.

Keine Einladung vom ZDF

Guy Verhofstadt bei seinem Vortrag in Kelmis. Foto: OD

Guy Verhofstadt bei seinem Vortrag in Kelmis. Foto: OD

Zu Beginn seines Gastvortrags verriet Guy Verhofstadt zunächst einmal den zahlreich erschienenen Besuchern, weshalb er unbedingt Deutsch lernen wolle. Und zwar hat ihn ungemein geärgert, dass das ZDF vor der Europawahl zu einer Wahldebatte nur Martin Schulz (für die Sozialisten) und Jean-Claude Juncker (für die Christdemokraten) eingeladen hat.

Er habe sich beim ZDF darüber auch beschwert, und dort habe man ihm zu verstehen gegeben, dass seine Deutschkenntnisse nicht ausreichend seien für eine Fernsehdebatte, so wie sie vom ZDF geplant sei. Nun wolle er, so Verhofstadt, dafür sorgen, dass sich die Verantwortlichen des ZDF nie mehr einer solchen Ausrede bedienen könnten. Applaus!

Verhofstadt sprach in Kelmis eine Zeit lang Deutsch, meistens aber Französisch. In Bezug auf die Deutschsprachige Gemeinschaft benutzte er übrigens so gut wie nie den Begriff „Communauté germanophone“ oder „Communauté de langue allemande“, sondern fast immer den der „Cantons de l’Est“.

Nationalisten zurück in die Vergangenheit

Moderatorin Julia Slot überreicht dem Gast Blumen. Bürgermeister Louis Goebbels schaut amüsiert zu. Foto: OD

Moderatorin Julia Slot überreicht dem Gast Blumen. Bürgermeister Louis Goebbels schaut amüsiert zu. Foto: OD

Guy Verhofstadt brach in Kelmis eine Lanze für ein Europa der Vielfalt, in dem die Völker nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten. Und Belgien habe in dieser Hinsicht sogar Vorbildcharakter, denn auch in unserem Land sei man bemüht, diese „diversité“ als etwas Positives aufrechtzuerhalten.

Hart ging der ehemalige Premierminister mit den „Nationalisten, Separatisten und Populisten“ ins Gericht. Deren Ziel sei es, Europa zu zerstören. „Die Nationalisten wollen zurück in die Vergangenheit“, sagte Verhofstadt. Dabei bräuchten wir nicht weniger, sondern mehr Europa – allerdings auch ein anderes Europa als das von heute.

In diesem Zusammenhang plädierte Verhofstadt für einen „modernen Föderalismus“ in Europa. Die EU müsse dort aktiv werden, wo die einzelnen Nationalstaaten alleine die Probleme nicht lösen könnten, weil diese an den Staatsgrenzen nicht Halt machten, etwa bei der Globalisierung oder beim Klimaschutz.

PFF: Nach „Keulenschlag“ ein Erfolgserlebnis

V.l.n.r.: Patrick Thevissen, Axel Kittel, Kattrin Jadin, Guy Verhofstadt und Frédérique Ries (v.l.n.r.). Foto: OD

V.l.n.r.: Patrick Thevissen, Axel Kittel, Kattrin Jadin, Guy Verhofstadt und Frédérique Ries (v.l.n.r.). Foto: OD

Die EU werde momentan schlecht regiert, beklagte Verhofstadt: „Stellen Sie sich mal vor, in den USA würden die wichtigsten Entscheidungen von 50 Gouverneuren getroffen, die sich 5 oder 6 Mal im Jahr treffen. Das würde nie und nimmer funktionieren. Aber so wird in der EU entschieden. Das geht nicht.“

Der Auftritt von Guy Verhofstadt, der in Kelmis fast schon wie ein Popstar gefeiert wurde, war ganz nach dem Geschmack der ostbelgischen Liberalen, die den Gast mit tosendem Applaus verabschiedeten. Natürlich wollte auch jeder bzw. jede mit dem Stargast für ein Foto posieren.

Nach dem „Keulenschlag“ von neulich brauchte die PFF dringend ein Erfolgserlebnis. Verhofstadt hat es ihr besorgt.

Nachstehend noch einige Bilder von der Wahlveranstaltung der PFF in Kelmis. Zum Vergrößern Bild anklicken.

24 Antworten auf “Guy Verhofstadt in Kelmis von den Liberalen wie ein Popstar gefeiert”

  1. Anonymous

    Ich finde es Weltklasse, dass dieser arrogante und selbstherrliche Typ von der ZDF eine Abfuhr bekommen hat. Das ist mal ein überfälliger Deckel für die abgehobene, möchtegern-mehrsprachige politische Pseudoelite aus Brüssel. Typisch belgische Sprachkenntnisse eben: Von allem ein bisschen, von nichts genug.

  2. Keulenschlag

    Ich finde, Kattrin Jadin drängt viel zu oft und viel zu gierig ins Bild. Ist schon ein bisschen krankhaft. Da lobe ich mir Isabelle Weykmans und Alexander Miesen, die sich sehr zurückhielten. Auch Jadins Rede war viel zu lang. Axel Kittel macht sich hingegen sehr gut als Spitzenkandidat. Er gewinnt an Fahrt. Aber Kattrin Jadin sollte mal lernen, anderen den Vortritt zu lassen. Wie die sich am Ende an Verhofstadt klebte, um mit auf dem Foto zu sein… Mir gefällt da die natürliche Zurückhaltung von Isabelle Weykmans viel besser. Ich finde sowieso, dass Weykmans komplett unterschätzt wird. Sie hätte mehr Anerkennung verdient.Das gilt auch für Alexander Miesen. Es wird Zeit, dass Bescheidenheit mal belohnt wird.

  3. Naja, dachte auch immer wunders wat von dem, bis man mal diverse EU-Parlamentssitzungen gesehen hat. Mit konträren Ansichten kann der gar nichts anfangen und quäkt dann wie ein kleines Kind in die Debatte hinein. Toller Politiker.

  4. Nach meiner Meinung ein gelungener Abend für die PFF. Ein sehr angenehmer und charismatischer Mann, dieser Verhofstadt! Ihn zum „Pop-Star“ oder „Angehörigen einer Party-Partei“ zu verurteilen, finde ich ganz einfach nicht zutreffend. Guy Verhofstadt wirkt auf mich intelligent, kompetent, freundlich und ganz einfach nur echt. An seine Zeit als belgischen Premierminister kann ich mich leider nur recht wenig erinnern. Doch bin ich überzeugt, dass er seinem Ruf als einer der besten belgischen Premierministern gerecht wurde. Er hat etwas, das ich bei den Sozialdemokraten, Christdemokraten, Linken, Rechten, Grünen usw. nicht finden kann. Deshalb bin ich überzeugt: Dieser Mann ist ein guter Kandidat für das Rennen zum Amt des EU-Kommissionspräsidenten,

  5. Sehr gut

    Ich muss gestehen, der Axel Kittel ist ein verdammt guter Redner. Durch seine jahrelange Arbeit als Anwalt bringt er auch die nötige Erfahrung mit.. Er hat auf jeden Fall das Potenzial!
    Jetzt bin ich mal auf die anderen Kandidaten gespannt, ich warte erstmal ab bevor ich voreilige Schlüsse ziehe… Der Wahlkampf verspricht spannend zu werden!!

    PS: Michael Lallemand war ebenfalls auf der gestrigen Veranstaltung anzutreffen, ihn hätte man ruhig auch mal erwähnen können..

  6. Kleine Anmerkung am Rande:

    Sozialismus:
    Du besitzt zwei Kühe; eine musst du deinem Nachbarn abgeben.

    Liberalismus:
    Du besitzt zwei Kühe; die Regierung nimmt dir beide weg und schenkt dir die Milch.

    Europäische liberal dominierte Union:
    Du besitzt zwei Kühe; die Regierung nimmt dir beide weg und schlachtet eine Kuh ab. Die andere wird gemolken und die Milch vernichtet.

  7. timmy the prodigy

    Was mir seit Jahren auffällt, ist, dass die ostbelgischen Liberalen mit ihren französischsprachigen (vor allem) und niederländischsprachigen Kollegen enge und ungestellte Kontakte pflegen – also nicht nur vor den Wahlen.
    Wenn hochkarätige Politiker wie Louis Michel und Guy Verhofstadt in der DG einer Veranstaltung beiwohnen, zeigt dies, dass die liberale Familie an einem Strang zieht.
    Ich als Ostbelgier bin immer sehr angetan, wenn die beiden großen Gemeinschaften des Landes auch mal etwas für die DG übrig haben.

    Ich glaube nicht, dass man so etwas von den anderen politischen Familien erwarten kann: Zu einer ernstgemeinten Tafelrunde Peeters-Milquet-Lutgen-Nelles oder Vandelanotte-DiRupo-Magnette-Lambertz zur Verteidigung einer gemeinsamen Politik wird es in Ostbelgien nicht so schnell kommen.

  8. Preussisch Moresnet

    Das Select ist in belgisch oder neutral Kelmis? Bei ersterem wäre französisch ok oder geht man vor 1830 wäre NL richtig. Bei allen anderen Möglichkeiten sollte man deutsch können oder eine Einladung ins ZDF annehmen.

  9. Wieso ist es so schwierig, den Europäern zu vermitteln, dass sie nur vereint den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte die Stirn bieten können? Glaubt denn wirklich auch nur ein einziger vernünftig denkender Mensch, dass jedes kleine europäische Land für sich auch nur annähernd den bisherigen und zukünftigen Großmächten gewachsen sein wird?! Und gerade wir Belgier, die wir doch zu den Gründervätern der EU gehören, müssten uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Europa in Zukunft im globalen Geschehen eine einflussreiche Rolle spielen kann. Gerade wir, ob unserer Mehrsprachigkeit, sollten eine Vorbildfunktion einnehmen! Ein Land wie Deutschland und ein Sender wie das ZDF verfügen doch sicherlich über Dolmetscher, die Verhofstadt´s sicherlich aufschlussreiche Ausführungen hätten übersetzen können – aber nein, es muss erst so weit kommen, dass ein visionärer Politiker wie eben Verhofstadt sich anschicken muss, besser Deutsch zu lernen, bevor er seine zukunftsweisenden Thesen erläutern darf! Ein Hohn!! Und ein weiterer Hohn ist es, dass viele User in diesem Forum sich Gedanken machen über „Blondchen in blauen Röckchen“ statt sich ernsthaft mir Verhofstadt´s Thesen auseinanderzusetzen. Aber vielleicht haben sie sie ja wegen mangelnder Sprachkenntnisse gar nicht verstanden. Schade!

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