Zwischenruf

Lambertz, Braun und andere: Wie ehrlich darf ein Politiker sein?

Wie ehrlich darf ein Politiker sein? Diese Frage ist vor allem vor Wahlen pertinent. So mancher Politiker ist schon auf die Nase gefallen, weil er sich den Wählern gegenüber zu offen gezeigt hat. Ein Beispiel? Der ehemalige DG-Minister Bend Gentges (PFF) war bei der letzten PDG-Wahl als ausscheidender Minister noch einmal Kandidat, erklärte aber freimütig, dass er kein führendes Mandat mehr anstrebe. Resultat: Von den 2858 Vorzugsstimmen, die Gentges 2004 erzielt hatte, blieben nur noch 982 übrig.

Durch seine (ehrliche) Aussage war Bernd Gentes de facto für einen Großteil seiner früheren Wähler uninteressant und unwichtig geworden. Dafür wurde er 2009 abgestraft.

Grosch wegen Vorwahlabkommen abgestraft

Gentges ist kein Sonderfall. Ehrlichkeit zahlt sich in der Politik nicht immer aus. Der Kelmiser Bürgermeister Mathieu Grosch (CSP) gab vor der Gemeinderatswahl 2012 in Kelmis bekannt, dass sich seine Partei auf ein Vorwahlabkommen mit der SP verständigt habe.

Grosch wurde abgestraft. Hätte er die Vereinbarung geheimgehalten, wäre es ihm vielleicht besser ergangen.

Grosch selbst sagte damals als Antwort auf Kontrahent Louis Goebbels (PFF), der das Vorwahlabkomen als „Wahlbetrug“ verurteilt hatte: „Wahlbetrug wäre es gewesen, wenn man sich vor der Wahl geeinigt, aber diese Vereinbarung bis zum Wahltag geheimgehalten hätte.“ Die Wähler folgten Grosch nicht und straften ihn und seine CSP ab.

Karl-Heinz Braun nur noch „full-time“

Zwei Fälle von Ehrlichkeit, die möglicherweise von den Wählern nicht honoriert werden könnten, stellen sich auch jetzt wieder. Sie betreffen den DG-Abgeordneten Karl-Heinz Braun (Ecolo) und den amtierenden Ministerpräsidenten Karl-Heinz Lambertz (SP).

Braun gab schon vor Wochen bekannt, dass er kein weiteres Mandat im DG-Parlament mehr anstrebe, weil die politische Nebentätigkeit als Parlamentarier mit seinen beruflichen Verpflichtungen nicht mehr zu vereinbaren sei. Gleichwohl schloss Braun nicht aus, nach den Wahlen einen Vollzeitjob in der Politik – als Minister oder PDG-Präsident zum Beispiel – anzunehmen, weil sich in diesem Fall das Problem der Doppelbelastung für ihn nicht stelle.

Eine ehrliche Antwort – aber wie wird dies vom Wähler beurteilt? Wird auch Braun abgestraft?

Karl-Heinz Lambertz, die Letzte

Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz macht seinerseits keinen Hehl daraus, dass die kommende Legislaturperiode seine letzte sei und er 2019 nicht mehr antreten werde. Riskant! Die Wähler geben erfahrungsgemäß nur ungern einem Kandidaten ihre Stimme, der bei der nächsten Wahl nicht mehr zur Verfügung steht und sich sozusagen für die letzte Amtszeit seiner Kontrolle entzieht.

In den USA ist dies im Fall einer Wiederwahl des Präsidenten gang und gäbe, weil es für ihn verfassungsmäßig nicht mehr als zwei Amtsperioden geben kann. Bei uns ist dies jedoch anders, wie einige Fälle aus der Vergangenheit zeigen.

Fred Evers bekam die „25“ nicht voll

Fred Evers stellte sich 2000 in Eupen nach 24 Jahren als Bürgermeister noch einmal zur Wahl, um zumindest die „25 Jahre“ vollzumachen. Evers verlor die Wahl!

Idem Mathieu Grosch 2012 in Kelmis. Auch für ihn wäre es die letzte Amtszeit als Gemeindeoberhaupt gewesen. Dazu kam es jedoch nicht. Grosch verlor die Wahl, womöglich nicht nur wegen des Vorwahlabkommens mit der SP, sondern möglicherweise auch deshalb, weil die Wähler eine letzte Amtszeit nicht wollen.

Wie sollten sie einen Politiker noch kontrollieren können, wenn von vornherein feststeht, dass dieser sich ohnehin nicht mehr zur Wahl stellen wird?

GERARD CREMER

9 Antworten auf “Lambertz, Braun und andere: Wie ehrlich darf ein Politiker sein?”

  1. senfgeber

    Zitat von Hannah Arendt:

    „Wer nichts will als die Wahrheit sagen, steht außerhalb des politischen Kampfes.“

    Im Gegenzug haben wir in der DG hauptamtliche Nullnummern, die sich durch Tricksen und Täuschen auf Kosten des Volkskörpers vollsaugen.

  2. Heinz Günter Visé

    Bei manchen Wahlen habe ich schon oft gelesen,
    dass prominente Kandidaten auf dem letzten
    Listenplatz oder in den unteren Regionen
    der Wahlaufstellungen ihrer Parteien als
    sogenannte “ LISTENDRÜCKER “ auftraten.
    Da diese Personen aber in der Realität
    dann doch kein Mandat anstrebten,müsste
    es korrekt nicht “ Listendrücker “ ,sondern
    eher “ DRÜCKEBERGER“ heißen. Dann ist
    es doch auch normal, wenn der Wähler sich nicht düpieren lässt und diese Leute abstraft
    indem er sie nicht mehr wählt und anderen
    Kandidaten seine Stimme gibt…… !

    • Nun Herr Visé – ihre vorgespielte Naivität in Ehren – gibt da wohl den einen oder anderen der Ihnen Angst macht.

      Listendrücker sind meistens Kandidaten denen genau wie die Listenführer von den Parteien gute Chancen eingeräumt werden. Es kann ja nicht jeder oben stehen. Oben und unten sind aber die übersichtigsten Listenplätze.

      Und der Herr Lambertz hat nie vom aufhören gesprochen – der Wähler der heute schon an 2020 denkt gibt es nicht.

      • NURDIE RUHE

        Davon gesprochen nicht, aber im Geheimen erhofft und wärm er sich bereits eine Stuhl in einem politischen Amt auf europäischer Ebene. Dieses Amt steht ihm aber erst in etwa 2 Jahren zur Verfügung und wenn er es schafft sich diesen Stuhl frei zu halten, ist er dann auf jeden Fall weg. Sein Amt wird er dann an seinen Politzwilling Paasch abtreten.
        Also vorsicht ihr Wähler : Paasch nicht ohne KHL und umgekehrt. Der Wahlausgang ist also bereits abgesprochen und unter Dach und Fach. Nur hat KHL nicht den Mut es öffentlich zu erwähnen. Sonst passiert ihm das Gleiche wie Grosch in Kelmis.
        Aber ist es besser den Wähler zu belügen, bzw ihm nicht die ganze Wahrheit zu erzählen?

  3. Mischutka

    Ich habe nun wirklich NICHTS gegen egal welchen Beruf/Berufung/Hobby usw… einer jeden Person : jeder macht was er will und seine Freude daran hat !
    ABER : Vor ca. 25 Jahren stand einmal ein sehr guter Bekannter von mir auf einer „Liste“ …. und ich hatte das Glück, ihn kurz darauf zufällig zu treffen : auf meine Frage, wieso er denn jetzt in die Politik wechseln wolle (bzw. zur Wahl stehe) obschon er so etwas immer „gehasst“ habe,
    antwortete er mir „ist doch egal, da brauchste nicht viel für zu können : nur etwas Bla-Bla machen, viel und gut lügen können – und dafür wirste auch noch gut belohnt“….
    (ich weiss nicht mehr, ob er auch Erfolg hatte – bzw. gewählt wurde).
    MfG. und einen schönen Sonntag an ALLE.

  4. althenry

    Grosch wurde abgestraft und Goebbels machte in Kelmis mit dem „2. Wahlbetrüger“, wie er ihn vor den Wahlen nannte , nämlich der SP, eine Koalition.Ehrlich, der Louis hat gezeigt wie es ehrlich geht.

  5. Das ein Politiker lügt, die Wahrheit verdreht und alles Unmögliche verspricht ist bekannt und wird von den Wählern akzeptiert.
    Gefährlich wird ein Politiker erst dann, wenn er beginnt seine eigenen Lügen zu glauben.

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