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Europaparlament billigt neue Führerscheinregeln – Fahrverbote gelten künftig auch fürs EU-Ausland

Junge Frau ist überglücklich, dass sie die Fahrschulprüfung erfolgreich bestanden hat. Stolz zeigt sie ihren digitalen Führerschein, der bis 2030 in allen EU-Staaten über das Smartphone abrufbar sein soll. Foto: Shutterstock

Fahrverbote sollen in der Europäischen Union künftig nicht mehr an Ländergrenzen haltmachen. Zudem gibt es beim Führerschein künftig weitere Änderungen in der EU.

Das Europaparlament hat endgültig neue EU-Führerscheinvorgaben auf den Weg gebracht. Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits auf die Vorgaben geeinigt, nun erfolgte der letzte formelle Schritt im Gesetzgebungsprozess. Die EU-Staaten haben drei Jahre für die Umsetzung in nationales Recht und ein weiteres Jahr für die Vorbereitung der Umsetzung. Was sich ändert:

– Digitaler Führerschein: Bis spätestens 2030 soll ein einheitlicher digitaler Führerschein eingeführt werden. „In Zukunft wird es in allen EU-Staaten einen digitalen Führerschein geben, der über das Smartphone abrufbar ist und in der gesamten EU gilt“, heißt es vonseiten des EU-Parlaments. Gleichzeitig behalten Bürger das Recht, eine physische Führerscheinkarte zu beantragen. Beide Versionen sind gleichwertig.

Ein Fahrlehrer und drei Absolventinnen der theoretischen Prüfung. Foto: Shutterstock

– Grenzübergreifende Fahrverbote: Bei massiven Verstößen gegen Verkehrsregeln in einem EU-Land kann ein Fahrverbot in der ganzen Europäischen Union drohen. Das soll sicherstellen, dass Verkehrssünder künftig in allen Mitgliedstaaten zur Verantwortung gezogen werden – unabhängig davon, wo sie den Führerschein erworben haben. Das gilt etwa für schwere Verkehrsverstöße wie Trunkenheit und Drogenkonsum im Straßenverkehr, tödliche Unfälle oder extremes Rasen. Die Regel trifft nicht Urlauber, die aus Unkenntnis lokaler Regelungen eine geringfügige Strafe bekommen.

Nach geltendem Recht dürfen EU-Länder, die den Führerschein nicht ausgestellt haben, Fahrverbote nur im eigenen Hoheitsgebiet durchsetzen. Nun kann der Staat, in dem der Verstoß stattgefunden hat, den Ausstellungsstaat darüber informieren, der dann wiederum das verhängte Fahrverbot übernehmen und EU-weit durchsetzen können soll.

– Begleitetes Fahren auch in anderen Ländern: Ein weiteres Element der EU-weiten Reform ist die Ausweitung des begleiteten Fahrens auf die gesamte Europäische Union. Junge Fahrer sollen so bereits früher unter Aufsicht Fahrpraxis sammeln können. Auch für Berufskraftfahrer soll dieses Modell freiwillig angeboten werden können, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und dem Fachkräftemangel im Verkehrssektor entgegenzuwirken.

Theoretische Führerscheinprüfung. Foto: Shutterstock

– Jüngere Lkw- und Busfahrer: Noch eine Maßnahme gegen Fachkräftemangel ist, dass das Mindestalter für den Lkw-Führerschein von 21 auf 18 Jahre gesenkt wird. Ähnliches passiert bei Busfahrern: Hier wird das Mindestalter von 24 auf 21 Jahre gesenkt.

– Mehr Fokus auf Sicherheit in Fahrschulen: Auch der Unterricht für künftige Fahrer wird angegangen. Künftig sollen Themen wie Ablenkung durch Handynutzung, tote Winkel und Fahrassistenzsysteme stärker Thema werden. Auch der Umgang mit Fußgängern, Kindern und Radfahrenden soll stärker berücksichtigt werden.

– Training reicht für Wohnmobile bis 4,25 Tonnen: Zudem gibt es Erleichterungen für Wohnmobilfahrer. Künftig dürfen Inhaber eines Führerscheins der Klasse B Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen nach einem speziellen Training oder einer Prüfung steuern. Ob für Wohnmobile eine Zusatzschulung oder auch eine Prüfung dafür nötig sein wird, legt jedes Land selbst fest.

– Neue Regeln für Feuerwehr und Zivilschutz: Zusätzlich sollen Freiwillige in Feuerwehren und anderen Zivilschutzeinrichtungen von der Reform profitieren. Künftig dürfen sie bis zu fünf Tonnen schwere Einsatzfahrzeuge mit der Klasse B fahren, sofern sie eine zusätzliche Schulung oder einen Test absolviert haben. Dies gilt auch bei grenzüberschreitenden Einsätzen gelte.

Ein älterer Autofahrer im Straßenverkehr. Die vorgeschlagene Regel, dass Führerscheine von Menschen über 70 alle fünf Jahre erneuert werden sollten, kommt vorerst nicht. Foto: Shutterstock

– Keine verpflichtenden Medizin-Checks: Anders als zwischenzeitlich diskutiert, wird es keine Pflicht für Gesundheitsuntersuchungen ab einem bestimmten Alter geben. Die EU-Staaten können für Auto- und Motorradführerscheine selbst entscheiden, ob sie ein ärztliches Gutachten oder ein Selbstbewertungsformular verlangen.

Zwischenzeitlich waren neben Gesundheitschecks auch eine Sonderkategorie an Führerscheinen für schwere Autos wie SUVs oder die Möglichkeit von Nachtfahrverboten für junge Autofahrer im Gespräch. Keine dieser Ideen konnte sich aber durchsetzen. Auch die vorgeschlagene Regel, dass Führerscheine von Menschen über 70 alle fünf Jahre erneuert werden sollten, kommt vorerst nicht.

– Weniger Verkehrstote bis 2030: Die Reform ist Teil des europäischen Verkehrssicherheitspakets, mit dem die EU ihr Ziel der „Vision Zero“ verfolgt – keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr bis 2050. Nach dem 2018 gefassten Ziel soll die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 halbiert werden im Vergleich zu 2019 – davon ist die EU derzeit aber noch weit entfernt. In den vergangenen fünf Jahren sank die Zahl der Verkehrstoten nur um rund zwölf Prozent.

Nach jüngsten Angaben der EU-Kommission gab es 2024 EU-weit 19.940 Tote bei Straßenverkehrsunfällen. Das entspreche einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent. Gemessen an der Bevölkerungszahl sind die Straßen in Schweden (20 Todesfälle pro Million Einwohner) und Dänemark (24 Tote pro Million Einwohner) am sichersten. (dpa/cre)

4 Antworten auf “Europaparlament billigt neue Führerscheinregeln – Fahrverbote gelten künftig auch fürs EU-Ausland”

  1. Der Alte

    Im Schnitt in der EU 40 Verkehrstote pro Million Einwohner. Wenn jedes Jahr 1/80tel der Bevölkerung verstirbt bedeutet dies 12.500 Sterbefälle pro Jahr pro Million. Da machen die Verkehrstoten 0,32 % der Gesamtsterbefälle aus. Natürlich ist jeder vorzeitige Tod für die Betroffenen dramatisch.

  2. Was genau soll uns diese drollige Statistik sagen, und reißt Ihr anscheinend doch irgendwie (ganz entfernt) mitfühleder letzter Satz das wieder raus? Solange es „nur“ bei dieser statistischen Größe bleibt, och, nur 0.32 %, muss man nichts gegen „Sterbefälle“ im Straßenverkehr tun? Wie steht es mit anderen Todesursachen? Wie ist der statistische Anteil von Schlaganfällen, Prostatakrebs, Gewaltverbrechen usw. „pro Million Einwohner“? Auch nicht besonders signifikant? Dann mal Schwamm drüber? Muss man nichts tun?

    • Ostbelgien Direkt

      @Wolfgang: Sie müssen auch den Text lesen, bevor Sie kommentieren. Dort steht geschrieben: „Gleichzeitig behalten Bürger das Recht, eine physische Führerscheinkarte zu beantragen. Beide Versionen sind gleichwertig.“ Gruß

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