Der frühere SP-Politiker und Abgeordnete Ferdi Dupont ist in der vergangenen Woche im Alter von 79 Jahren gestorben. Ein Nachruf von Freddy Derwahl.
Ferdi Dupont gehörte zu den Politikern in Ostbelgien, die lange Zeit unterschätzt worden sind. Er war von kleinem Wuchs, freundlich und als Lehrer nur im St. Vither Umfeld bekannt.
Dann tauchte er plötzlich im Kreis der ostbelgischen Sozialisten auf, die auf Nachrücker angewiesen waren. Als Nachfolger von Jean Cremer und an der Seite des Senators Albert Daulne stand dem in Wallerode geborenen Dupont eine verheißungsvolle Karriere bevor.
Daulne, der in Zeiten der beginnenden Kulturautonomie die deutsche Sprache nur abenteuerlich radebrechte, war auf seinen St. Vither Genossen schon aus grammatikalischen Gründen angewiesen.
Dupont pflegte mit den Sozialisten parteiliche Eintracht und wartete auf seine Chance. Als im Herbst 1973 der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) eingesetzt wurde, war sie da.
Obwohl von bescheidener Stärke, profitierte die ostbelgische SP von ihren wallonischen Genossen. Mit stiller Hand von dem Brüsseler „Le Peuple“-Redakteur Kurt Grünebaum taktisch gesteuert, rückte der clevere St. Vither bei der Bildung eines „Staatssekretariates für die Ostkantone und den Tourismus“ rasch in die Rolle eines Beraters des sozialistischen Premierministers Edmond Leburton auf.
Der unentbehrliche Flüsterer Kurt Grünebaum
In Brüssel regierte zu jener Zeit eine starke Drei-Parteien-Regierung aus Sozialisten, Christlich-Sozialen und Liberalen, zu deren Zuständigkeit auch die damaligen „Ostkantone“ zählten, in denen jede Partei ihren „Schwiegervater“ hatte: Die SP hatte Premier Edmond Leburton, die PFF Finanzminister Willy De Clercq, die CSP die Vervierser Albert Parisis und Georges Gramme.
Grünebaum, der auch für das Grenz-Echo und die renommierte Neue Zürcher Zeitung (NZZ) als Korrespondent schrieb, war im roten Regierungsmilieu ein unentbehrlicher Flüsterer, der auch mit seinen bestinformierten, stets sachlichen Berichten in den „Kantonen“ über einen wichtigen Einfluss verfügte.
Fast täglich ließ sich GE-Chefredakteur Heinrich Toussaint von Grünebaum die Lage in der Brüsseler Rue de la Loi erklären. Ferdi Dupont wurde so etwas wie ein Ziehsohn des Nestors des belgischen Journalismus.
Dies wurde besonders deutlich, als der ostbelgische Sozi zu Zeiten des eigenen Staatssekretariats politisch eingesetzt wurde. Sein Büro befand sich nicht im Kabinett des Staatsekretärs Willy Schyns (CSP), der sich damals noch „Guillaume“ nannte, am Boulevard de Berlaimont, sondern in der kapitalen Rue de la Loi 16, wo bei Leburton alle Fäden zusammenliefen. Da das Staatssekretariat dem Premierminister unterstand, war das eine legitime Rochade.
Einflussnahme verdächtiger deutschnationaler Kreise
Als Presseattaché von Willy Schyns konnte ich täglich beobachten, wie Dupont diese Distanz nutzte und sich bei uns nie sehen ließ. Wurde es ernst, erschien sein Kabinettschef und verschaffte sich in fünf Minuten Autorität.
Wir wussten alle, dass es einen „Kulturrat“ nur auf kleiner Flamme geben würde. Schyns duckte sich gerne vor den Anweisungen von Leburton, es war auch seine Position. Als der Minsterpräsident von Nordrhein-Westfalen, Heinz Kühn (SPD), mit dem Hubschrauber in St. Vith einflog, war es Dupont, der den Ehrengast empfing und ihn auch gleich dutzte.
Auch als Ferdi Dupont, dank seiner nahtlosen Solidarität, bald Kammerabgeordneter wurde, hielt diese Nibelungentreue. Grünebaum steckte den beiden deutschsprachigen Abgeordneten von der Pressetribüne der Kammer seine Tipps zu, und meist blieb es dabei.
Als in dieser Zeit die PDB mobil machte, gehörten Schyns und Dupont zu deren schärfsten Gegnern. Ohne sie konkret belegen zu können, ahnten sie bereits Jahre zuvor die Einflussnahme verdächtiger deutschnationaler Kreise, die im August 1987 als Skandal konspirativer Finanzschiebereien in der „Niermann-Affäre“ manifest wurde.
Dupont, der wiederholt sowohl die SP als auch die PS vor der Gefahr durch die Deutschnationalen gewarnt hatte, war zu diesem Zeitpunkt aber schon durch den braven Parlamentarier Bernard Eicher (SP) ausgewechselt worden.
Über die ostbelgischen Sozialisten hatte sich ein ambitiöser Schatten ausgebreitet: Karl-Heinz Lambertz löste den berüchtigten „Bund der Vertriebenen“ aus. Ferdi Dupont, Marcel Lejoly und andere Genossen verließen mit der Zeit die Partei. Die Alleinherrschaft des roten Barons nahm ihren Lauf. FREDDY DERWAHL
Ein Nachruf der auf erschreckende Weise zeigt wie ein Staat von innen durch Parteienfilz (nicht nur von der PS) langsam in seiner Substanz zerfressen wird. Das Ganze wird im Nachhinein auch noch als politische Leistung gewürdigt.
Noch erschreckender liegt die Macht der Presse (und deren Besitzer) offen.
Wer die Presse kontrolliert, kontrolliert ALLES.
Politik ist/war ohne Presse aber auch nicht wahrnehmbar!
Da ändert sich aber gerade was
( ͡° ͜ʖ ͡°)
Mein herzliches Beileid der Familie Dupont übrigens, deren Gast ich in Steffeshausen anlässlich einer Ausstellung war.
Nach all den üblichen Schiebereien, Skandalen, Postenwirrwarr, der jetzigen Situation mit den hohen Steuern, den noch höheren Schuldenbergen, kein Wunder das die Politik so tief gefallen ist! Hier geht es nur noch um Selbstbedienung, und zwar in allen Bereichen. Das Volk steht aussen vor, und nur mehr gut für das alles zu bezahlen.
Freddy Dupont war ein Politiker der braven Sorte, der sich ehrlich für unsere Gegend eingesetzt hat.
„Guillaume“ Schyns war der schlechteste Vertreter unserer Gegend, der je im Amt war. Die Wurzeln des Unterganges der CSP liegen in dieser Kriechernatur.
Ich denke, dass Gerard Cremer einen besseren Nachruf hätte verfassen können als Derwahl, der literarisch in unseren Gefilden von gewissen Kreisen masslos überbewertet wird.
Guillaume war wohl der Name Schyns‘ im Bevölkerungsregister und also auf den Wahllisten. Ein Baby kann sich den nicht aussuchen.
Sehr geehrte Leser,
ich bin der Anfrage von Gerard, für OD einen Nachruf für Ferdy Dupont zu schreiben, sehr gerne nach gekommen weil der Verstorbene in den 70ger Jahren in Brüssel immer ein fairer und hilfsbereiter Kollege war. Seit der Zeit 1972-1973 im Staatssekretariat waren wir über Jahrzehnte gute Freunde. Zuletzt schenkte er mir ein Portrait, das seine Frau gemalt hatte.
Ungewohnt zu lesen, dass es in OB Sozialisten gab, die „faire und hilfsbereite Kollegen“ waren. Da fällt mir heute keiner mehr ein; im Gegenteil: ein fairer und hilfsbereiter Sozialist ist zum Oxymoron mutiert.
RIP
Es ist traurig hier die schmierigen Hasstiraden zu lesen,sie machen sogar nicht mal mehr vor den Toten halt.Höflichkeit und Bildung scheint heutzutage en Fremdwort zu sein?
Lieber Freddy Derwahl, den Angehörigen von Ferdi Dupont gilt auch meine aufrichtige Anteilnahme. Was er besonders für die Gemeinschaft geleistet haben soll, weiß ich nicht. Ich habe allerdings aus dieser Zeit von 1972 – 1973 in Erinnerung, das es die sogenannten „nationalen“ Parteien waren, die nach der ersten Verfassungsreform die Autonomiebestrebungen der deutschsprachigen Belgier stets gebremst und sogar unterlaufen haben. Deshalb stoßen mir zwei Bemerkungen in dem Nachruf auf. Das mit der Gegnerschaft zur PDB ist nur allzu verständlich, aber sie ist nicht mein Problem. Die geschichtliche Entwicklung hat wohl bewiesen, wie wichtig es war, eine Gemeinschaftspartei zu haben und auch Unterstützer in Flandern. Aber die stets und immer wiederkehrenden Hinweise auf die deutschnationalen Kräfte in unserer Gegend und dabei auch erneut die Hermann-Niermann-Stiftung ins Spiel zu bringen, finde ich verheerend und tut unserer Gemeinschaft Unrecht. Das mit Ferdi Dupont in weiser Voraussicht in Verbindung zu bringen, verstehe ich nicht. Ich habe versucht mit Ihnen in einen offenen Dialog (nicht unbedingt öffentlichen) über dieses Thema zu treten. Das war leider erfolglos. Deshalb habe ich meine Ansichten dazu auf meine Webseite gestellt. Ich kann nämlich diese Leier und diese fortdauernde Stigmatisierung unserer Gemeinschaft nicht mehr widerstandslos hinnehmen. Wenn man sich nämlich schlau machen möchte, wie in einem Land, nämlich Österreich, deutschnationale Kräfte die Gesellschaft durchsetzen, auch heute noch, dann kann man sich einige Literatur anschauen, insbesondere eine Diplomarbeit von Jürgen Weninger zur Biographie von Dr. Burger. Aber diese Zustände haben wir in Ostbelgien nicht gehabt, und deshalb ist es auch nicht richtig immer so zu tun, als sei dies doch der Fall. Auch nicht fünfzig Jahre später.