Kultur

Zeitung per Touch oder Mausklick? (2. Teil) – „Wir sind mitten in einer Revolution“

Wie wird man in Zukunft hauptsächlich Zeitung lesen: wie bisher auf Papier oder per iPad? Foto: Shutterstock

Zum Thema „Zeitung per Touch oder Mausklick?“, bei dem es hauptsächlich um die Zukunft der Tageszeitung und der Internetmedien geht, lässt „Ostbelgien Direkt“ nach dem Chefredakteur des Brüsseler Internetportals Belgieninfo.net, Rudolf Wagner, den Herausgeber einer Internetzeitung aus Thüringen, Peter-Stefan Greiner, zu Wort kommen.

Seit dem Jahr 2000 bereits betreibt Peter-Stefan Greiner die unabhängige Internetzeitung Neue Nordhäuser Zeitung (NNZ). Das Online-Magazin aus Thüringen setzt ausschließlich auf lokale Inhalte.

OD: Herr Greiner, haben Tageszeitungen gegenüber Internetmedien auf Dauer noch eine Chance? Oder ist das Ende von Print Ihrer Ansicht nach vorprogrammiert?

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Nicht mehr die Zeitung, sondern Smartphone und Internet bestimmen den Alltag von Jugendlichen. Foto: Shutterstock

Greiner: Die etablierten Tageszeitungen haben durchaus noch eine Chance, wenngleich nicht in der Form, wie wir sie kennen. Die Informationslandschaft befindet sich seit Jahren in einem Wandel. Die Übertragung von Nachrichten bedarf nicht mehr des gedruckten Wortes. Das haben zunehmend elektronische Medien übernommen. Wir haben es nur noch nicht bemerkt. Radio und Fernsehen haben schon seit Jahren die Erstmelderfunktion inne. Die melden heute, was heute passiert. Seit einigen Jahren hat diese Rolle auch das Internet übernommen. Warum soll ich als Rezipient bis zum nächsten Morgen warten, um zu erfahren, dass etwas passiert ist?

Zeitung mit Hintergründen und Fakten

OD: Und welche Rolle werden die Printmedien in Zukunft noch zu spielen haben?

Greiner: Von einer Zeitung, die am nächsten Morgen auf meinem Tisch liegt, erwarte ich: Hintergründe, zusätzliche Fakten, ein Runterbrechen der Nachricht und ihrer Folgen für Deutschland, vielleicht sogar für Thüringen. Gleiches gilt für Nachrichten in Deutschland. Wenn der Bundestag ein Gesetz beschießt, dann muss ich das nicht noch einmal am nächsten Morgen lesen, sondern ich will das erklärt bekommen, was es für mich als Thüringer bedeutet. Um derartig Zeitung zu machen, bedarf es aber guter Journalisten – und die kosten Geld, Gott sei Dank noch gutes Geld. Das aber sind die Verlage nicht mehr bereit zu zahlen. Und so beißt sich die Katze wieder in den Schwanz.

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Die Zeitungsverlage sehen im „App“ einen Rettungsanker. Foto: dpa

OD: Immer mehr Tageszeitungen führen einen Bezahlmodus für ihre Internetdienste ein. Hat dieses Modell Chancen auf Erfolg? Glauben Sie, dass die Leser bereit sind, für redaktionelle Inhalte zu zahlen?

Greiner: Ich bin strikt gegen einen solchen Bezahlmodus. Er verlockt natürlich die Verlage dazu, zusätzliches Geld einzutreiben. Dennoch: Wenn ich heute im Netz eine Nachricht suche, dann bekommen ich die kostenlos. Ich muss ja schon fürs Internet bezahlen. Überlegen Sie selbst: Wenn heute jemand für eine exklusive Nachricht zahlt, dann kann er die über Facebook oder Twitter weiterposten. Und dann?

Nach der politischen Wende die technologische

OD: Was meinen Sie, wie wird die Medienlandschaft in 10 Jahren ausschauen?

Greiner: Wir sind mitten drin in einer Revolution. Meine Generation im Osten Deutschlands erlebt nun schon die zweite. Die erste war mit der politischen Wende eine gesellschaftliche, die zweite ist die technologische. Da es möglich ist, Informationen auf immer kleinere Endgeräte zu bekommen, wird die Zahl der Nutzer dieser Kanäle zunehmen. Bestes Beispiel dafür ist die Google-Brille. Was wir heute noch ablehnen oder für unmöglich halten, wird in zwei, drei Jahren Realität sein. Das Tempo der technischen Entwicklung wird in den nächsten Jahren nicht nachlassen, im Gegenteil. Es ist nicht abzusehen, wohin das führt. Und da steht der Transport von Information im Mittelpunkt. Hinzu kommt der biologische Faktor. Schon jetzt – das haben Untersuchungen ergeben – hängen vor allem Menschen im Alter von 50+ noch an ihrer Papierzeitung. Aber: Zwei Todesanzeigen im Lokalblatt bedeutet mindestens ein Abo weniger. Und neue kommen nicht in dem Maße hinzu, wie Abonnenten wegbrechen. (cre)

Das Interview mit Rudolf Wagner, Chefredakteur von Belgieninfo.net, zum gleichen Thema

 

5 Antworten auf “Zeitung per Touch oder Mausklick? (2. Teil) – „Wir sind mitten in einer Revolution“”

  1. Mischutka

    Ich habe es schon geschrieben und ich blleibe auch dabei : genau
    wie Herr Greiner sagte, wenn man irgendetwas sucht, findet man’s
    so oder so irgendwo im Internet. (Dafür bezahle man das ja auch).
    Und für Internet-Meldungen/Berichte noch zusätzlich zahlen :
    NEIN DANKE ! Gut, es gibt vielleicht Menschen die zahlen – im
    Moment – aber WIELANGE noch ? Inzwischen weiss doch jeder,
    der Internet hat, dass es “unzählige“ Seiten gibt, wo man das GLEICHE absolut kostenfrei lesen kann. Zwar mit etwas Werbung
    drumherum, aber wer diese nicht lesen will, tut es auch nicht.
    Ausserdem ist Werbung nicht immer nur “lästig“, sondern auch oft
    hilfreich und informativ….. deshalb war auch mein “Vorschlag“ :
    Gewisse “Tageszeitungen“ hätten FÜR ALLE GRATIS im Internet
    erscheinen können, wäre man auf die Idee gekommen, da etwas
    mehr Werbung drumherum zu plazieren. Und wenn etwas VIEL
    gelesen wird, also GUT ist, verkauft man auch viel Werbung. GUT,
    das wir “unser“ OBdirekt haben, da funktionniert es auch SUPER.
    Das sage nicht nur ich, sondern auch viele andere ! MfG.

    • Werner Pelzer

      Im GE stehen in jeder Ausgabe zwischen 70 und 100 gut recherchierte Artikel, Reportagen und Meinungen. Zudem jede Menge Sportresultate, ein Rätsel, Sudoku, Termine, Gewinnzahlen, Kino, Energiemarkt, Börse und vieles mehr, dass sie so bequem und preisgünstig sonstwo nirgends finden. Rund 90 Prozent des Inhalts auch nicht im Internet.

      • Werner Pelzer

        Ich vergaß noch die zahlreichen Beilagen, wie WE-Magazin, AS-Zeitung und viele andere. Die Tageszeitung hat enorme Vorteile, die das Internet nicht im Ansatz bieten kann. Natürlich ist auch das Internet ein Supermedium. Aber auf eine andere Weise.

        • Altweltenaffe

          Ja, Herr Pelzer, aber eben immer mit mindestens einem Tag Verspätung und meist nicht wirklich recherchiert sondern bei DPA oder anderen Presseargenturen abgeschrieben, AUSSER natürlich die Artikel aus dem Regionalteil.
          Mehr als Dreiviertel der Zeitung interessiert mich ganz einfach nicht und ich hab auch keine Zeit jeden Tag Zeitung zu lesen, warum soll ich denn dann 180 € für ein Abbo bezahlen? Noch dazu muss ich selbst aktiev werden und bekomm die Zeitung nicht elektronisch zugeschickt, muss also auch immer Internetzugang haben wenn ich lesen will. Das Angebot ist mir einfach zu teuer und darum lese ich eben jetzt auch kein Grenzecho mehr, es gibt ja auch noch andere kostenlose Zeitungen und OD und BRF liefern mir die Infos aus der Region. Die Kriese ist allgegenwärtig, aber der Bezahlmodus ist meiner Meinung nach für das Grenzecho der Weg in die Bedeutungslosigkeit.
          Ich würde das Internetportal frei zugänglich lassen und die Leser die bezahlen kriegen die Zeitung komplett als PDF zugesandt (wobei man noch über den Preis verhandeln sollte)

          • Werner Pelzer

            Via Internet kann man keine Zeitung vernünftig lesen, deshalb fällt diese Variante für die meisten Interessenten weg.

            Was die Recherchen angeht: Auch dpa und sonstige Agenturen recherchieren. Zudem schreibt das GE diese Berichte nicht ab, sondern bezahlt dafür viel Geld. Etwa 50 Prozent ist sowieso ein Produkt der eigenen Angestellten.

            Sicherlich sind das alles keine Argumente für Leute, die niemals Zeitung lesen. Für die ist und bleibt eine Zeitung ein überflüssiges Ding. Deshalb sollten Nicht-Zeitungsleser nicht auf diesen Artikel reagieren.

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