Politik

Jetzt hat auch die wallonische Regionalregierung keine Mehrheit mehr – Wurschteln bis zu den Wahlen?

Die wallonische Regionalregierung nach dem Mehrheitswechsel von PS-CdH zu MR-CdH im Juli 2017 (v.l.n.r.): Valérie De Bue, Jean-Luc Crucke, Pierre-Yves Jeholet, Ministerpräsident Willy Borsus, MR-Präsident Olivier Chastel, CdH-Präsident Benoît Lutgen, Alda Greoli, Carlo Di Antonio, René Collin und Parlamentspräsident André Antoine. Foto: Belga

Als Belgien 2010 und 2011 während genau 541 Tagen ohne funktionstüchtige Föderalregierung auskommen musste, bekamen die Bürger des Landes davon nicht viel mit, weil die Regionen und Gemeinschaften nach wie vor regiert wurden. Das ist heute anders.

Während die föderale Regierung unter Charles Michel (MR) infolge des Austritts der flämischen Nationalisten der N-VA wegen des Streits um den Migrationspakt von Marrekesch seit Dezember 2018 nur noch geschäftsführend im Amt ist, hat jetzt auch die wallonische Regionalregierung von Willy Borsus (MR) ihre parlamentarische Mehrheit verloren.

Die ostbelgische Regionalabgeordnete Jenny Baltus-Möres und der wallonische Ministerpräsident Willy Borsus.

Weil die wallonische MR-Abgeordnete Patricia Potigny zu den „Listes Destexhe“ übergelaufen ist, die eine Art wallonisches Pendant zur flämischen N-VA sind, hat die Regionalregierung Borsus nur noch 37 von 75 Sitzen im Wallonischen Parlament und ist somit bei der Verabschiedung von Dekreten auf die Hilfe der Opposition angewiesen.

Dass Dekrete einfach im Schnellverfahren von den Vertretern von MR und CdH im Parlament abgenickt werden, ist nicht mehr möglich. „Wir wollen nicht die wallonische Regierung stürzen, wir wollen lediglich unsere Meinung zu den Gesetzesvorschlägen äußern und diese bei Bedarf abändern“, sagte Alain Destexhe.

Kurzum, bis zu den Wahlen vom 26. Mai 2019, ja eigentlich sogar bis zur Bildung einer neuen föderalen und einer neuen wallonischen Regierung nach den Wahlen, was je nach Wahlausgang unter Umständen sehr lange dauern kann, wird in Brüssel und Namur wahrscheinlich mehr gewurschtelt als regiert. (cre)

12 Antworten auf “Jetzt hat auch die wallonische Regionalregierung keine Mehrheit mehr – Wurschteln bis zu den Wahlen?”

  1. Eine schwierige Situation für unsere Regierung. Der Wechsel kommt etwas überraschend, finde ich, aber besser jetzt der Wechsel, als nach der Wahl.

    Nun kommt es zu einer urdemokratischen Aufgabe für die Regierung Borsus: :Sie muss sich für ihre Vorhaben Mehrheiten suchen. Sie kann sich nicht mehr auf eine Koalitionsmehrheit verlassen. Ich drücke der Regierung die Daumen, dass sie ihr Programm erfolgreich beenden kann.

  2. Alles nur Schein!

    Um den „Billige Arbeitskräftepakt“ zu unterzeichnen wären sie alle dabei….hoffentlich erkennt der Wähler dieses falsche Spiel und schickt die MR und deren neue Ableger allesamt in die Vergessenheit…

  3. Hier ein Vorschlag betreffend die Vergütung der Parlamentarier im Falle einer geschäftsführenden oder nicht handlungsfähigen Regierung (föderal, regional und Gemeinschaft): Die „Diäten“(!!) sollten in diesem Fall ganz gestrichen werden – einschließlich die damit zusammenhängen Pensionsansprüche. Die wirklich notwendigen Versammlungen könnten bestenfalls moderat entlohnt werden.

  4. Politikinteressierte

    Wie kommt es eigentlich dazu, dass noch 2 Monate vor den Wahlen Leute abspringen?
    Stimmt der Dialog mit den Fraktionsmitgliedern der MR nicht? Die Wähler müssen ja denken, die Politiker spielen Kasperle-Theater. Sind wirklich die guten Kandidaten auf den Listen aller Parteien? Oder sind es einfach nur geltungsgeile Menschen ohne wirkliche Verankerung in den jeweiligen Parteiwerten. Lockt einfach nur das Einkommen Parlamentsmitgliedes. Immer noch nicht wurden viele unnötige Instanzen Belgien abgeschafft. Es existiert immer noch die Provinz. Eine Kammer in Lüttich? Das kostet alles Geld, ohne Nutzen für den Wähler! Die Politikverdrossenheit wächst.

    • „Wie kommt es eigentlich dazu, dass noch 2 Monate vor den Wahlen Leute abspringen?“
      Nun, das kommt meist daher das diese Leute bei der Listenbildung für die Neuwahlen nicht oder ihrer Meinung nach nicht gernug berücksichtigt wurden.
      Ausserdem ist auch ein Politiker nicht immer mit der Ausrichtung und den Entscheidungen seiner Partei einverstanden und wechselt – wenn er denn eine Alternative sieht und hat.
      In diesem Fall schliesst sich die Politikerin einer neuen Partei an, die von einem ehemaligen MR Mitglied (Destexhe) gegründet wurde und sich als wallonische NVA sieht, ohne allerdings die Unabhängigkeit Flanderns (oder der Wallonie) zu fordern.

  5. Zwei Tage, neun Kommentare, davon 5 lediglich Häme.
    Ich vermisse die Besorgnis unserer treuen Belgier.
    Die Zuständigkeiten kommen schon aus der wallonischen Region; das Geld (sofern vorhanden) zukünftig auch.

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