Gesellschaft

Streit um spektakuläres Weltrekord-Feuer in Österreich: Was ist in Zeiten des Klimawandels noch erlaubt?

08.03.2019, Österreich, Lustenau: Ein Holzturm, 58,60 Meter hoch, rund 100 Tonnen schwer, wird unweit der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz gebaut. Foto: Christian Fetz/Hofstalder Funkenzunft /dpa

Ein 58,60 Meter hoher Holzturm, der kurz nach dem Erbauen wieder abgefackelt wird: für manche ein Riesenprojekt, für andere „unnötige Gigantonomie“. Der Weltrekord-Versuch wird in Österreich seit Wochen von harscher Kritik begleitet.

58,60 Meter Höhe, rund 100 Tonnen Gewicht. Der Holzturm, der gerade in der kleinen Gemeinde Lustenau unweit der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz gebaut wird, ist in jeder Hinsicht ein riesiges Projekt. Die 50 Zentimeter langen Nägel für das Bauwerk schmieden sich die Jungs von der Hofstalder Funkenzunft selbst, weil sie die passenden Größen nicht im Baumarkt kaufen können.

“Es wollen Forscher aus Norwegen, den Niederlanden und Liechtenstein anreisen, um sich den Turm anzuschauen“, sagt Marco Hollenstein, Obmann der Funkenzunft. Gebaut wird schon seit Wochen – mit letztlich nur einem Ziel: Am 16. März ist das größte Lagerfeuer der Welt geplant.

08.03.2019, Österreich, Lustenau: Ein Holzturm, 58,60 Meter hoch, rund 100 Tonnen schwer, wird gebaut. Am 16. März ist das größte Lagerfeuer der Welt geplant. Foto: Christian Fetz/Hofstalder Funkenzunft /dpa

Doch worum geht’s genau? Im österreichischen Bundesland Vorarlberg ist es Brauch, am ersten Wochenende der Fastenzeit einen sogenannten Funken abzubrennen. Rund 220 dieser Holztürme werden nach Angaben des Landes jährlich in den etwa 90 Gemeinden entzündet.

In Lustenau kümmert sich die Hofstalder Funkenzunft um die Pflege dieses Brauchtums – und die wird dieses Jahr 40 Jahre alt. Ein guter Zeitpunkt für einen Weltrekord-Versuch, dachte sich die Funkenzunft und plante einen Holzturm so hoch wie die örtliche Kirche. Bisher liegt der Rekord bei über 47 Metern, in Norwegen wurden dafür mehr als 4.000 Paletten gestapelt.

Die Kritik an dem Großprojekt in Lustenau ließ aber nicht lange auf sich warten – und der Funken-Turm wurde zuletzt zu einer Projektionsfläche für die Frage: Wie sinnvoll sind Brauchtumsfeuer in Zeiten des Klimawandels?

„Das hat mit der Funken-Tradition nichts zu tun. Das ist Gigantonomie und ein Verschleiß von Rohstoffen“, sagt Franz Ströhle, Obmann des örtlichen Alpenschutzvereins. „Man kann doch auch Spaß haben, wenn ein Funken mal im Rahmen bleibt.“

Hinzu käme seit rund zehn Jahren vielerorts der Trend, zum Funken auch ein Feuerwerk abzubrennen, erklärt Ströhle. Gerade einer Gemeinde wie Lustenau, die seit 1999 Mitglied im Klimabündnis Österreich ist, ständen solche Dimensionen beim Brauchtum nicht gut zu Gesicht. Ströhle hat wegen der drohenden Schadstoffbelastung eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht, allerdings ohne Erfolg.

Brauchtum gegen Klimaschutz

Die Debatte erinnert an jene, die in Deutschland alljährlich kurz vor Ostern geführt wird. Denn auch die traditionellen Osterfeuer sind Klimaschützern wegen des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) ein Dorn im Auge. Laut Umweltbundesamt wird in Deutschland jährlich eine Masse von rund 400.000 Tonnen bei Brauchtums- und Lagerfeuern verbrannt.

Im österreichischen Bundesland Vorarlberg ist es Brauch, am ersten Wochenende der Fastenzeit einen sogenannten Funken abzubrennen. Rund 220 dieser Holztürme werden jährlich in den etwa 90 Gemeinden entzündet. Foto: Shutterstock

Bürgermeister Fischer ist derweil sogar froh, dass der Funken eine breite Debatte ausgelöst hat. „Das Thema Luftgüte und Emissionen ist allein durch die Verkehrsbelastung in Lustenau ständig präsent“, sagt er. „Wir haben ein paar Tausend Lastwagen, die täglich durch Lustenau fahren. Dazu kommt der Einkaufsverkehr nach Dornbirn und auch der Tourismus.“ Viele Kritiker hätten sich vorher nie Gedanken gemacht über die Luftsituation in der Gemeinde mit rund 20.000 Einwohnern.

Dass der 58-Meter-Funken einen großen Unterschied für die Luftreinheit macht, bezweifelt er. „Es gibt gar keinen Überblick über die Emissionen durch Funken in Vorarlberg insgesamt. In Lustenau ist er dieses Jahr nun einmal 58 statt 35 Meter hoch.“

Ähnlich argumentiert die Funkenzunft. Etwa 30 Meter mehr Höhe als in den vorherigen Jahren würden bei den vielen Funken insgesamt keinen großen Unterschied machen, meint Hollenstein. Aus seiner Sicht ist auch nicht zu erwarten, dass in den kommenden Jahren ein großes Wettrennen um den Weltrekord entsteht. „Jeder der sich mit Holzbau auskennt, weiß, was das für ein komplexes Bauwerk ist. Wir sind da eigentlich schon am Zenit angekommen.“

Deutlich mehr als die Hälfte des Turms steht bereits. Die Veranstaltung wurde – ausnahmsweise, wie es heißt – auf das zweite Wochenende der Fastenzeit gelegt, um mehr Besucher anzulocken. Am kommenden Samstag erwarten die 20 Mitglieder der Funkenzunft bis zu 10.000 Zuschauer. Große Werbung für das Funkenfeuer mussten sie dank der medialen Aufmerksamkeit nicht mehr machen.

Ob das Bauwerk wirklich angezündet wird, wird sich aber erst kurz zuvor entscheiden. Die Gemeinde hat nach vielen Beratungen zur Sicherheit zwar den Veranstaltungsbescheid unterschrieben. Doch Bürgermeister Fischer macht auch klar: „Bei starkem Wind wird der Funken nicht brennen.“ (dpa)

24 Antworten auf “Streit um spektakuläres Weltrekord-Feuer in Österreich: Was ist in Zeiten des Klimawandels noch erlaubt?”

  1. Peer van Daalen

    Ich finde es gut, solch alte Brauchtum weiterhin zu pflegen, solange die Sicherheit des Umlands gewährleistet wird. Nicht, daß es so daneben geht, wie Silvester an der niederländischen Küste bei Scheveningen https://www.youtube.com/watch?v=TYVkBWnkfwc.

    Und wenn ich das unvermeidliche und dämliche Gesabbel der Anti-Feinstaub-Apostel schon höre, wird mir schlecht angesichts der Tatsache, daß ein einziges Kreuzfahrtschiff auf den Meeren dieser Erde täglich im Schnitt 450 Kilogramm Rußpartikel/Feinstaub ausstößt, was den Gegenwert von 25.000.000 Diesel-Fahrzeugen täglich entspricht.

    https://faktenfinder.tagesschau.de/hintergrund/feinstaub-131.html

    https://utopia.de/ratgeber/kreuzfahrten-kreuzfahrtschiffe/

    Ich wünsche den Menschen in der Gemeinde Lustenau und ihren Besuchern viel Spaß. Und bitte vorsichtig sein …!

    Peer

    • Volksbrauchtum klingt ein wenig niedlich angesichts 60m und 100 Tonnen.

      Mag die Notwendigkeit von schwimmenden Hotels (Kreuzfahrtschiffen) sowieso diskutierbar sein, so sollten diese zumindest mit den gängigen Technologien zur Schadstoffreduzierung ausgestattet sein. Kostest das Ticket dann eben einen Tausender mehr.

  2. In Deutschland werden jährlich 2,25 Mio T Holzpellets verbrannt. Dazu kommen noch ca. 30 Mio Fm (Festmeter) Brennholz. Jetzt eine „Klimadiskussion“ wege der Brauchtumsfeuer lostreten zeigt nur wieder die grundsätzliche Verlogenheit der Klima-Sekte die sich wie ein Krebsgeschwür durch die Gesellschaft frisst.

  3. Können sich alles erlauben!

    Im Rahmen der Brauchtumsfeuer werden auch jede Menge Brandbeschleuniger verwendet damit das vom Regenwetter durchtränkte Reisig überhaupt brennt! Aber die Polizei war weit und breit nicht zu sehen und Kontrollen von Burgfeuern gab es nicht obwohl die Asche doch wahrscheinlich noch jede Menge Beweise enthält?

        • Hausmeisterchen ist nun mal nicht so helle.
          1. In welchem Zeitraum verbrennt eine Tonne Holz?
          2. In welchem Zeitraum vermodert eine Tonne Holz?
          Mach vielleicht einen Unterschied bei den Auswirkungen der CO2-Belastung.
          Mit einer Lagerung zwischen Hausmeisterchens Ohren, kommt man dem Zeitraum 1 natürlich sehr nahe.

          • Walter Keutgen

            Herman the german, Der.,

            diese Feuer sind natürlich nur ein Anlass, das Weiterreichende zu kommentieren.

            zu 1. oben: Dann sollte man aber auch aufhören, Betreiber von Pelletsöfen für ihre Klimafreundlichkeit zu loben.

            zu 2. oben: Eben ist es nicht genau das Gleiche. Ein winziger Teil verschwindet in der Erde als reine Kohle oder Kohlenwasserstoffe. So haben die Pflanzen der Luft CO2 entzogen und es als C oder CxHy im Boden gespeichert und es scheint wirklich, dass das Erdklima über die ganz lange Zeitschiene erkaltet ist. Wir leben zur Zeit im einen warmen Fenster in einer Eiszeit. Wohin würde denn Ihrer Ansicht nach die gewünschte kohlenfreie Wirtschaft führen?

  4. hier über Burgfeuer herfahren und dann Billigflüge für Städtereisen, Urlaub, WE-Trips buchen. Alle Burgfeuer zusammen werden wahrscheinlich nur einen Bruchteil an Umweltverschmutzung verursacht haben im Vergleich zu der Luftverschmutzung die Flugzeuge im Luftraum über den Feuern während der Brandzeit verursachten.

  5. schlechtmensch

    Solange der Luftverkehr nicht eingeschränkt wird und die Kreuzfahrtschiffe, LKW etc weiter rumstinken kann man auch die paar Feuer beibehalten. Aber an die wirklichen Großstinker traut sich keiner ran.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern