Politik

Regierung De Croo einigt sich auf Pensionsreform – Ein Rentenexperte übt Kritik: „Eine Nicht-Reform“

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Die Föderalregierung hat sich auf eine Pensionsreform geeinigt. Kritiker sprechen schon von einem Reförmchen.

Die Einigung, die am Montag von Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) und Pensionsministerin Karine Lalieux (PS) vorgestellt wurde, bekannt gaben, ergänzt die vor einem Jahr erzielte Vereinbarung und zielt insbesondere darauf ab, das System angesichts der Kosten der Bevölkerungsalterung finanziell tragfähiger zu machen.

Konkret sollen die verschiedenen Maßnahmen es Belgien ermöglichen, die Kosten der Bevölkerungsalterung bis zum Jahr 2020 um 0,5 Prozent zu senken. Die Europäische Kommission hatte Belgien im Mai 2023 aufgefordert, haushaltspolitisch vorsichtig zu sein, und auf den „Mangel an signifikanten haushaltspolitischen Ausgleichsmaßnahmen“ hingewiesen. Dies hatte zur Folge, dass die von der EU zugesagten Finanzhilfen zur Ankurbelung der belgischen Wirtschaft blockiert wurden. Die Rentenreform könnte dies ändern.

Pensionsministerin Karine Lalieux (PS). Foto: Belga

Nachfolgend in aller Kürze wichtigsten Punkte:

– Sie müssen nun mindestens 20 Jahre effektiv arbeiten, um die Mindestrente zu erhalten. Mutterschafts-, Vaterschafts-, Still- und Adoptionsurlaub sowie vorübergehende Arbeitslosigkeit werden als tatsächliche Arbeitsleistung angesehen, was vor allem Frauen zugutekommt.

– Um die Belgier, die vorzeitig in Rente gehen könnten, zum Weiterarbeiten zu ermutigen, wird der Rentenbonus nicht mehr 2 Euro pro Tag betragen, sondern man würde nach drei Jahren Arbeit ein Kapital von maximal 22.000 Euro netto erhalten.

– Die Erhöhung der Pensionen von Beamten im Ruhestand wird gedeckelt.

– Der Beitrag zur Sozialsicherheit im Rahmen von hohen und selbstfinanzierten Zusatzrenten steigt von 3 auf 6 Prozent. Man bezahlt diesen Beitrag sobald die Summe der gesetzlichen Rente und der Zusatzrente die höchste gesetzliche Pension des öffentlichen Dienstes überschreitet. Diese Maßnahme gilt aber erst ab dem Jahr 2028.

Diese Rentenreform wird die Föderalregierung nun vor den europäischen Instanzen verteidigen gehen müssen. Kritik kam von den Parteien der Opposition, den Gewerkschaften sowie von Experten.

Für Jean Hindriks, Rentenspezialist und Professor an der Katholischen Universität Neu-Löwen (UCL), ist es eine „Nicht-Reform“. „Es ist ein scheinbares Wundermittel, das in Wirklichkeit völlig unwirksam sein wird. Die meisten Maßnahmen werden mehr kosten“, so Hindriks gegenüber der Tageszeitung „La Dernière Heute“.

Für Hindriks besteht die oberste Priorität darin, die Ausgaben zu senken, denn die Renten stellten den größten Ausgabenposten im Staatshaushalt dar. Die neue Reform erhöhe jedoch nur die Ausgaben, ohne die Einnahmen zu steigern. „Mit dem Rentenbonus werden wir 22.645 netto statt brutto geben. Das wird für den Staat teurer. Früher musste man 30 Berufsjahre haben, um die Mindestrente zu bekommen. Heute reichen 20 Jahre. Das macht es teurer…“ Zwar wird der Beitrag zur Sozialsicherheit im Rahmen von hohen und selbstfinanzierten Zusatzrenten von 3 auf 6 Prozent erhöht, aber erst ab 2028. „Bis dahin kann die Regel noch ändern“, so Hindriks. (cre)

15 Antworten auf “Regierung De Croo einigt sich auf Pensionsreform – Ein Rentenexperte übt Kritik: „Eine Nicht-Reform“”

  1. Die Erhöhung der Pensionen von Beamten im Ruhestand wird gedeckelt.

    „… Die Erhöhung der Pensionen von Beamten im Ruhestand wird gedeckelt. …“

    Mich würde interessieren, wie „HOCH“ der Deckel hängt?! Die Gehälter der Politiker waren ja auch „gedeckelt“, beim genaueren Hinsehen taten sich dann Abdründe auf und die Herren hatten nicht einmal gemerkt, dass zuviel Geld auf ihrem Konto war :)

    • Die Beamtenpensionen sind an die Gehälter der noch arbeitenden Beamten gebunden und werden in ungeraden Jahren dementsprechend angepasst. Ab jetzt wird diese Anpassung auf 0,3 Prozent gedeckelt.
      Das ist ungerecht, war aber zu erwarten da fast niemand begriffen hat wie Beamtenpensionen zustande kommen und der Druck des Mobs zu gross wurde.
      Ich werde meinen Lebensstil von vor der Pension beibehalten können, es ist mir also egal.
      Für Arbeiter und Angestellte ist die Minimumpension signifikant erhöht worden und das ist gut so.
      Am meisten profitieren Frauen von der Reform und auch das ist gut.

  2. Rentner haben ihr ganzes Arbeitsleben Einkommensteuer bezahlt. Es ist eigentlich ein Unding, dass Rentner, die wirklich ihre 43 Jahre gearbeitet haben, noch zur Kasse zu bitten. Sie zahlen ja auch weiterhin Mehrwertsteuer und Kataster. das ist Belastung genug für jeden Rentner, der trotz einer vollen Laufbahn eine kleine Rente erhält.
    Das benötigte Geld liegt wo anders und bei ganz wenigen Mitbürgern, die man nicht zur Kasse bitten will.

  3. Zum Text: „Konkret sollen die verschiedenen Maßnahmen es Belgien ermöglichen, die Kosten der Bevölkerungsalterung bis zum Jahr 2020 um 0,5 Prozent zu senken.“
    Bis zum Jahr 2020? Na dann kommen die Massnahmen in 2023 ja gerade noch zur Zeit.

  4. Zum Inhalt:
    Es ist doch immer wieder dasselbe. Da versuchen Politiker dem Volke ein Haufen Mist als Schokoladenkuchen zu verkaufen. Diese „Reform“ ist gar keine, alles nur Augenwischerei. Totales Versagen der Vivaldi-Regierung. Schon wieder wird das Volk nach Strich und Faden belogen. Sich selbst in den Himmel loben, aber nichts zustande bringen.

  5. delegierter

    – gibt es schon die Mindestrente von 1500 € ?
    – wurden die anderen Sätze daran angepasst ?
    – warum muss ein Beamter denn mehr Rente bekommen, als einer vom Bau oder eine von der Kranken
    station ? Haben die Politiker keine Eier in der Hose da mal was zu ändern ?
    ich frage das für einen Freund, er müßte demnächst ins Heim, aber diese Kosten steigen auch schneller als seine Rente.

  6. die Arbeiter in Zukunft 20 Jahre mallochen müssen, um überhaupt einen Rentenanspruch zu bekommen, ist ganz klar das Vorgehen der Regierung dahin gehend zu bewerten, sich selbst bestmöglich die eigene Rente zu sichern (die bekommen ja schon nach ?5 Jahren was)… und den normalen Arbeiter aushungern zu lassen… Die Rute mit der Karotte wird noch länger gemacht, damit der Hammster vorher verreckt, im Käfig, und die Chancen sehr gut stehen, ihm nie eine Rente auszahlen zu müssen… So sorgt man für klare Zeichen an die Wirtschaft und Industrie, das Sozialsystem noch mehr zu plündern, um die fetten Gewinne der Börsen und Topmanager in der Zukunft bestens zu garantieren !

    • Walter Keutgen

      Wenn, nicht 20 Jahre um überhaupt einen Rentenanspruch zu haben. 20 Jahre damit die Rente auf Mindestrente erhöht wird, wobei auch da die Proportionalität (20+J)/45 angewandt wird.

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