Wie groß in Ostbelgien das Interesse an der eigenen Geschichte ist, zeigte sich in dieser Woche ganz konkret bei der Vorstellung des Buches „Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens“. Wegen der unerwartet großen Flut der Anmeldungen erwies sich der ursprünglich vorgesehene Raum als zu klein, und auch der Europasaal des Ministeriums der DG an der Klötzerbahn war bis auf den letzten Platz besetzt.
Präsentiert wurde pünktlich zum Jubiläumsjahr der erste Band eines sechsbändigen Werkes zur Geschichte Ostbelgiens, der sich mit dem Zeitraum 1945 bis 1973 befasst und deshalb die Nummer 5 hat. In dem knapp 300 Seiten starken und fast 30 Euro teuren Bandes stehen Säuberung, Wiederaufbau und Autonomiediskussion im Mittelpunkt.
Die beiden Herausgeber Carlo Lejeune und Christoph Brüll haben für den ersten Band zehn Autoren aus der Region verpflichten können, die insgesamt 14 Fachbeiträge schrieben.
Finanziert durch die Deutschsprachige Gemeinschaft
Maßgeblich wird die bisher einmalige Regionalgeschichte, die vom Grenz-Echo Verlag (GEV) publiziert wird, finanziert durch die DG im Rahmen ihres Regionalen Entwicklungskonzepts. Nur zweieinhalb Jahre habe es bis zum Erscheinen des ersten Bandes gedauert, erläuterte Brüll. Für das kommende Jahr kündigte er bereits eine Fortsetzung an, die sich dann mit dem Zeitraum beginnende Neuzeit bis 1789 befassen soll. Band drei und vier werden jeweils die Zeiträumen 1789 bis 1914 und 1914 bis 1945 aufarbeiten.
Insgesamt sind 20 Autoren an dem ehrgeizigen Projekt „Grenzerfahrungen“ beteiligt, das sich im Untertitel bewusst „Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft“ nennt.
In einem Grenz-Echo-Interview vom 14. Dezember 2013 erklärte Mitherausgeber Carlo Lejeune: „Es gibt die irrige Auffassung, Historiker könnten eine geschichtliche Realität wiedergeben. Das stimmt nicht. Sie erarbeiten immer nur eine subjektive Deutung. Im Buch wird eine Fülle von Aspekten angerissen und dargestellt. Es geht nicht darum, die Geschichte der Region umfassend und chronologisch darzustellen. Wir wollen Geschichtsarbeit leisten und aus heutiger Perspektive eine Zeitspanne hinterfragen, die vergangen ist, und sie den heutigen Menschen verständlich machen.“
Suche nach der eigenen Identität wie ein roter Faden
Ein rascher Blick in den gewichtigen Band zeigt, dass die Autoren diesem Anspruch gerecht werden. Die Beiträge sind durchweg in einer verständlichen Sprache gehalten und durch zahlreiche Bilddokumente aufgelockert.
Es gelingt, ein umfassendes Bild von der Situation in Ostbelgien unmittelbar nach dem Krieg über die Säuberungen und den Wiederaufbau bis in die 70er Jahre zu zeichnen. Dabei wird das gesamte gesellschaftliche und politische Spektrum abgedeckt.
Wie ein roter Faden zieht sich durch den Band die Suche der Menschen in Ostbelgien nach ihrer Identität in einem Staat, der als Folge der Autonomiediskussion sich selbst auf der Suche befindet. Die Autoren zeigen auf, dass die durch den Zweiten Weltkrieg gerissenen Wunden – Stichwort „Zwangssoldaten“ – auch nach 60 Jahren noch nicht vernarbt sind. Interessant auch das Kapitel über die Eifel unter dem Motto „Die unbemerkte Revolution“ – der Übergang in eine moderne ländliche Gesellschaft.
Lust auf die Geschichte der Region wecken
Auch wenn erst ein Band des ehrgeizigen und langfristigen Vorhabens vorliegt, ist schon jetzt zu sagen, dass der Geschichtsunterricht in den Schulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft an den „Grenzerfahrungen“ nicht vorbeigehen kann. Er erhält ein neues grundlegendes Lehrbuch, das bei den Schülern hoffentlich die Lust auf die Geschichte ihrer Region weckt.
Auch DG-Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz sparte nicht mit Lob für die Herausgeber und die Autoren: „Es geht auch ohne ein großes Netzwerk, wenn das Engagement bei den Mitarbeitern vorhanden ist.“ Lambertz wurde fast philosophisch, als er hinsichtlich der Geschichte an ein Zitat von Willy Brandt erinnerte: „Nichts kommt von allein und wenig ist von Dauer.“ Das gelte auch für die DG.
ULRICH KÖLSCH
Carlo Lejeune, Christoph Brüll (Hrsg.) Grenzerfahrungen. Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Grenz-Echo-Verlag Eupen. 288 Seiten. 29,95 Euro
Nicht immer tolle Geschichten ! http://www.grenzgeschichte.eu/archiv/FaschNeu-Belgien.pdf
Dr. Ruland ist ein so toller Historiker, dass er anders als seine altmodischen Kollegen ganz ohne Fußnoten und Quellenangaben auskommt.
Z.B.:
„Wurde ihr Kern zwar von Widerstandskämpfern und belgischen Patrioten
gebildet, so schwammen doch auch auf der Siegerseite – gelinde gesagt – zwielichtige
Elemente mit, denen es unter dem Vorwand der Entnazifizierung und Zerschlagung
deutschen Einflusses nicht zuletzt um die Begleichung privater Rechnungen und
Rachegelüste ging.“
Quellen?
Der Mann hat von der Geschichte der DDR entweder keine Ahnung oder er ist Kommunist:
„Eine Entnazifizierung, die diesem Wort auch gerecht geworden wäre, hat es im Westen
Deutschlands – im Gegensatz zur Sowjetzone etwa nicht gegeben.
Im nach 1945 einsetzenden ‚Kalten Krieg‘ ging es gerade den Amerikanern schon bald
darum, sich der Spitzen der deutschen Wehrmacht und Wirtschaft in ihrer Strategie der
Zurückdrängung des kommunistischen Einflusses in Europa zu bedienen Eine
umfangreiche Entnazifierung verbot sich daher beinahe von selbst. Selbst rechtskräftig
verurteilte Kriegsverbrecher wurden teilweise schon bald wieder auf freien Fuß gesetzt.
Zur Gewinnung der westdeutschen Bevölkerungsmehrheit für die amerikanischen
Kreuzzugspläne gegen den Osten – wobei der von Goebbels ständig geschürte und bei
den Menschen immer noch latent vorhandene Antikommunismus wertvolle Dienste
leistete – wurden Nachforschungen auf Nazi-Vergangenheit nicht aufgenommen oder
wieder eingestellt.“
Die SED war die erste deutsche Partei nach dem Krieg, die sich ehemaligen Mitgliedern der NSDAP öffnete. Es stimmt zwar, dass in Westdeutschland viele Nazis ihrer gerechten Strafe entkamen, im Osten war das aber im Gegensatz zur DDR-Propaganda noch schlimmer.
Es ist auch lächerlich, wenn Ruland den Antikommunismus mit dem Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen versucht und sich dabei ausgerechnet auf den Lenin-Bewunderer Goebbels beruft, der sowohl am Anfang seiner Karriere wie auch am Ende im Führerbunker von einem deutsch-sowjetischen Bündnis träumte.
Und wie der Mann auf amerikanische Kreuzzugspläne kommt, wo man Stalin gerade halb Europa zum Fraß vorgeworfen hatte, statt nach dem braunen auch endlich das rote Schwein zu schlachten, wird wohl immer sein Geheimnis bleiben.
Im Titel fehlt noch der Begriff „Umerziehung“ oder belgizistische Indoktrinierung. Letzteres hat manche um den Verstand gebracht.
An den Wahlkampf 1968 mit Gert Noel kann ich mich noch gut erinnern. Das war für Ostbelgien was ganz Besonderes. PFF und CSP lieferten sich eine Materialschlacht. „Gib Acht – wähl Acht“ hieß glaube ich der Slogan der PFF von Noel, dessen Wahlkampf nach professionellen und durch und durch amerikanischen Methoden geführt wurde: Stickers „I Like Gert!“ und Hostessen, die man auch auf dem Bild sieht.
Wenn ich mich recht entsinne, hat der ganze Aufwand Noel damals überhaupt nichts genutzt. Interessant war es trotzdem.
Beim Wahlkampf 1968 kämpften an der Seite von Gert Noël einige Jungliberale wie Freddy Derwahl, Hans Engels und Alfred Küchenberg. Zielscheibe ihrer massiven Kritik damals: das Grenz-Echo und dessen Monopolstellung. Später, als bei der PFF Ende Gelände war, wechselten alle drei zur CSP (und zum Grenz-Echo bzw. zum BHF/BRF).
An diesem Kommentar sieht man sehr gut, wie sehr manche Personen in der DG opportunistisch und mitläuferisch sind. Bestes Beispiel ist ein gewisser „Journalist“, der viel für den GE schreibt und dabei gerne Federn (bevorzugt gut gespizt) benutzt.
PFF, als das nicht brachte CSP, als er die ausgemolken hatte ging es dann wieder in einer weiteren 180 Grad Drehung zu ProDG und die Sozialisten waren zwischendurch ja auch mal dran.
sollte auch im Band X der DG Geschichte nicht vergessen werden.
Mag sein, dass das Interesse an der Buchvorstellung größer war, als Sitzplätze vorhanden, das gilt aber nur für Historiker und eher alte Leute. Die jungen Menschen in Ostbelgien haben für diese Periode der ostbelgischen Geschichte nichts übrig.
Also mit diesem Kommentar kann ich sowas von gar nichts anfangen. Das ist schlichtweg falsch!
Ja, lieber Eastwind, das stimmt, …leider….!?!
Die älteren Mitmenschen wollen vielleicht nicht hören was ihre eigene Vergangenheit betrifft (welche Haltung hatten sie damals (1933-1945 ?): Das deutsche Beispiel beschreibt es genau : nichts getan, nichts gewusst,…
Für jüngere Mitmenschen ist es vielleicht total uninteressant, schauen lieber nach vorne ohne sich zu viel Fragen über diese Zeit zu stellen.
Sind Sie sich sicher? Ich frage mich in wieweit man sich überhaupt noch Fragen stellt?
Da gibt es doch schon die drei Bände von Carlo Lejeune und Klaus-Dieter Klauser über die so genannte „Säuberung“.
Wird die “belgische Umerziehung“ erwähnt?
Ich bin gerne Belgier aber mit Sicherheit ist hier eine größere Anzahl von Menschen nicht unbedingt “beglückt“ worden.
Ich erinnere mich nur zu gut, wenn man in der Schule sich pro D äusserte war man zwar der Held zuhause aber von der Lehrerschaft gab’s saures.
Ein kritischer Blick gen “Altbelgien“ und hier die Wallonie würde ich mir auchmal wünschen.
Finanziert von der DG… Womit dann auch schon feststeht, welche Geschichtsauffassung vertreten ist.
@Anonymous, in der Tat!