Politik

MR-Vorsitzender Georges-Louis Bouchez steht in der Kritik: Tausendsassa, Polterer, Nepotist, Trumpist?

15.06.2022, Belgien, Brüssel: Georges-Louis Bouchez, Präsident der frankophonen Liberalen (MR) und des Fußball-Zweitligisten Francs Borains. Foto: Belga

Georges-Louis Bouchez ist seit Oktober 2019 Präsident der frankophonen Liberalen (Mouvement Réformateur – MR). Anfangs war er ein Hoffnungsträger, er sprach Tacheles und hatte damit auch Erfolg. Sechs Jahre später ist er eine der schillerndsten Persönlichkeiten in der belgischen Politik. Wie bei US-Präsident Donald Trump vergeht auch bei Bouchez kein Tag, an dem er nicht redet und nicht von sich reden macht.

Der 39-jährige Georges-Louis Bouchez, kurz: GLB, gilt zwar als charismatisch und ehrgeizig, wird jedoch von politischen Gegnern und inzwischen auch von Parteifreunden heftig kritisiert.

Viele werfen ihm vor, die MR zu sehr auf seine eigene Person zugeschnitten zu haben. Partei und Persönlichkeit seien kaum mehr zu trennen. Sein Kommunikationsstil gilt als konfrontativ, arrogant und wenig kompromissbereit. Selbst Parteikollegen wie Denis Ducarme kritisierten seine „kleinen politischen Kalkulationen“ und die Tendenz, die Partei durch seine Haltung von anderen Parteien zu isolieren.

V.l.n.r.: PFF-Präsident Gregor Freches, MR-Präsident Georges-Louis Bouchez, DG-Ministerin Isabelle Weykmans, Pierre-Yves Jeholet, Ministerpräsident der Föderation Wallonie-Brüssel, Regionalabgeordnete Christine Mauel und Fraktionsvorsitzende Evelyn Jadin beim Neujahrsempfang der PFF im Januar 2023. Foto: MR

Besonders in Brüssel werfen ihm andere Parteien (PS, Ecolo, Vooruit, DéFI) vor, Verhandlungen durch seine Anti-PS-Haltung zu blockieren. Bouchez sei mehr auf Machtdemonstration bedacht als auf die Suche nach tragfähigen Kompromissen.

Bouchez selbst wehrt sich dagegen, keine Kritik und keine andere Meinung als die seine zuzulassen. „In einer Partei, die von einem Autokraten geführt wird, würden die Leute nicht drei Stunden damit verbringen, ihre Meinung zu äußern. Wir haben wöchentliche Treffen“, beteuerte er gegenüber der „DH“.

Wenn der MR-Chef sich nicht gerade mit Sozialistenchef Paul Magnette anlegt, setzt er zum Rundumschlag gegen die Presse an. Vor allem die RTBF bekommt dann ihr Fett weg. „Die Sozialisten haben die Wahlen so deutlich verloren wie nie zuvor in ihrer Geschichte, und dennoch interessiert das die RTBF offenbar weniger“, beklagt Bouchez.

An der Presse insgesamt spart Bouchez nicht mit Kritik: „Die überwiegende Mehrheit der Journalisten macht ihre Arbeit gut, aber es gibt auch Journalisten, die ihre berufsethischen Pflichten vergessen und zu Aktivisten werden.“

– Umstrittene öffentliche Äußerungen: Mehrfach sorgte der Mann aus Frameries bei Mons mit scharfen Aussagen für Irritationen. So bezeichnete er eine militärische Operation gegen Mitglieder der Hisbollah als einen „Geniestreich“ – was ihm den Vorwurf der Terrorverherrlichung einbrachte. Bei Auftritten wurde er von Gegnern als „Faschist“ beschimpft, was zeigt, wie stark er polarisiert.

11.06.2024, Belgien, Brüssel: Der Vorsitzende der MR, Georges-Louis Bouchez (l), und der damalige Vorsitzende der Partei „Les Engagés“, der spätere Außenminister Maxime Prévot, bei der Ankündigung eines Koalitionsabkommens zwischen beiden Parteien für die Wallonie. Foto: Eric Lalmand/Belga/dpa

– Nähe zur extremen Rechten: Kritiker werfen Bouchez vor, zum Teil eine Rhetorik zu übernehmen, die der extremen Rechten ähnelt.

Kurzum, Georges-Louis Bouchez ist ein intelligenter und strategisch denkender Politiker, seine rhetorischen Fähigkeiten sind brillant, fast täglich tritt er im Radio oder Fernsehen auf, ohne auch nur einmal einen Anflug von Schwäche erkennen zu lassen.

Jedoch wird sein Führungsstil von vielen als egozentrisch und spalterisch wahrgenommen. Er gerät regelmäßig in Konflikt – mit anderen Parteien, aber auch mit den eigenen Reihen. Mit der Affäre um seine Lebensgefährtin hat er sich auch noch dem Vorwurf des Nepotismus (Vetternwirtschaft) ausgesetzt. (*)

Bouchez wird US-Präsident Donald Trump immer ähnlicher. Er ist, wenn man so will, ein Trumpist „à la belge“.

Und noch etwas hat GLB mit Trump gemeinsam: Er ist ein großer Sportfan.

Tausendsassa Georges-Louis Bouchez ist Präsident von Fußball-Zweitligist Francs Borains, der am Samstag sein Meisterschaftsspiel gegen die AS Eupen mit 0:3 verlor.

Auch im Fußball sorgt GLB gelegentlich für Schlagzeilen. Unlängst reichte Bouchez Klage gegen die Reform der belgischen Profiligen ein, weil diese vorsieht, dass mindestens vier U23-Teams in der Challenger Pro League spielen müssen (ohne Auf- oder Abstiegsmöglichkeit).

PFF-Präsident Gregor Freches (l) überreicht dem MR-Vorsitzenden Georges-Louis Bouchez (r), der auch Präsident von Zweitligist Francs Borains ist, beim Neujahrsempfang der deutschsprachigen Liberalen im Januar 2023 ein Trikot der AS Eupen. Foto: MR

Bouchez kündigte an, juristisch dagegen vorzugehen. Er sprach von einem Verstoß gegen die sportliche Fairness (was es auch tatsächlich ist).

Der 39-Jährige ist nicht nur ein Fußballbesessener, sondern auch ein bekennender Motorsportfan. 2021 nahm Bouchez selbst an den 24 Stunden 2CV in Spa-Francorchamps teil. In jener Nacht wurde er in einen schweren Unfall verwickelt – bei ungefähr 150 km/h prallte sein Fahrzeug gegen eine Wand. Nach Krankenhausbehandlung stellte sich heraus, dass er physisch unversehrt war und sich rasch erholte.

– Mediale Präsenz bei Großevents: Bei einem Formel-1-Wochenende in Francorchamps traf Bouchez im Jahr 2024 Hollywoodstar Brad Pitt. Er teilte ein Foto davon auf Instagram mit scherzhaftem Kommentar – eine medienträchtige Begegnung .

Gerne wäre Bouchez Präsident der Rennstrecke von Spa-Francorchamps geworden. Das ging aber nicht. Gleichwohl sorgte er dafür, dass er im Sommer 2025 zum Vizeprasidenten von Spa Grand Prix gewählt wurde, die für die Promotion des Formel-1-Grand-Prix von Belgien zuständig ist.

Man könnte meinen, bei Georges-Louis Bouchez tickten die Uhren anders und die Tage hätten mehr als 24 Stunden. Der Mann kommt nicht zur Ruhe. (cre)

(*) Zum Vorwurf der Vetternwirtschaft: Besonders heftig wurde Bouchez im Juli 2025 kritisiert, als er seine Partnerin Lucie Demaret zur Präsidentin des Office de la Naissance et de l’Enfance (ONE) ernannte. Ursprüngliche Ausschlusskriterien, die sie von der Bewerbung ausgeschlossen hätten, wurden zuvor aus der Ausschreibung entfernt. Bouchez verteidigte die Entscheidung mit dem Hinweis auf ihre Kompetenz und Loyalität. Dennoch gilt der Fall als klassisches Beispiel für Nepotismus und schadete seiner Glaubwürdigkeit erheblich.

18 Antworten auf “MR-Vorsitzender Georges-Louis Bouchez steht in der Kritik: Tausendsassa, Polterer, Nepotist, Trumpist?”

  1. Mercedes clk

    Naja Herr Bouchez mag seine guten Seiten haben, aber seine Verteilung von Gefälligkeitsposten an seine Liebste…., machen ihn einfach inakzeptabel für wirkliche Veränderungen. Bouchez spricht Probleme an. Ist es wirklich extrem rechts? Oder sind diese Äusserungen längst überfällig?

  2. Wohltuender Kontrast zu den glattgebügelten, zu JEDEM Kompromiss bereiten, Politikern der anderen Parteien aus dem politischen Zentrum. Er ist ein wirklicher Gegner der links/grünen Meinungsführer, und kein harmloser „Koalitionspartner“ der sich jeden Tag in die Richtung verbiegen lässt in die man in beugt. Das erklärt die Feindschaft seiner Person gegenüber da er sich , anders als die „engagés“ (ich schreibe jetzt nicht das passendere Wort „les encu….“), nicht als willfähriger Satellit um das PS-Mutterschiff einfangen lässt. Weiter so, Bouchez!

  3. Nun, man muss den Mann nicht unbedingt immer mögen, doch der Begriff „Trumpist“ ist ähnlich dem des „Putinisten“. Beides Formulierungen der Linken, wenn denen die Argumente ausgehen und diese in der Diskussionskultur versagen … Nun ja, ein „Trumpist“ bin ich dann wohl auch.

  4. Unten sparen - Oben verteilen

    Ein Liberaler wie alle anderen, wenn gespart wird dann bitteschön immer nur unten bei den Leuten die alles erst erarbeiten und die Gesellschaft am Laufen halten. Wer den alten Klassenstaat aus dem 19 Jahrhundert wieder haben will, der sollte liberal wählen.

  5. Ostbelgien Direkt

    Zum Vorwurf der Vetternwirtschaft: Besonders heftig wurde Bouchez im Juli 2025 kritisiert, als er seine Partnerin Lucie Demaret zur Präsidentin des Office de la Naissance et de l’Enfance (ONE) ernannte. Ursprüngliche Ausschlusskriterien, die sie von der Bewerbung ausgeschlossen hätten, wurden zuvor aus der Ausschreibung entfernt. Bouchez verteidigte die Entscheidung mit dem Hinweis auf ihre Kompetenz und Loyalität. Dennoch gilt der Fall als klassisches Beispiel für Nepotismus und schadete seiner Glaubwürdigkeit erheblich.

    • Sind Sie sicher dass es eine Ausschreibung und eine Bewerbung gegeben hat? Meiner Information nach ist dieser Posten politisch besetzt, d.h. der Präsident der Partei der dieser Posten zugesprochen wurde hat das recht eine politische Ernennung vorzunehmen, was hier auch geschah. Außerdem soll die Dame sehr wohl für solch eine Aufgabe qualifiziert sein.

    • Liberaler Küngel

      Der Vollständigkeit sollten die Leserinnen und Leser noch wissen, dass Mme. Géraldine Demaret, die Schwägerin von GLB nicht nur Präsidentin der Nationallotterie ist, sondern auch Kabinettchefin des Föderalen Arbeitsministers David Clarinval (MR) ist. Außerdem hat sie noch vier weitere bezahlte Pöstchen (s. Cumuleo). Beim Nepotismus stehen die Liberalen den Sozen schon lange in nichts mehr nach.

  6. Hop Sing

    Nun ja, Herr Cremer; Ihre politische Orientierung und Ideologie ist bekannt. Sparen Sie sich doch den Versuch, mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen.

    Bouchez ist scharfsinnig, analytisch hervorragend, ist ein brillanter Rhetoriker : alles Voraussetzungen, um im dekadenten Europa den grün-linken-woken Wirrköpfen Paroli und Einhalt zu gebieten.

    • Wer kann diesen Politiker mögen?
      Er ist großmäulerich, überheblich, herablassend, laut, selbstverliebt, hat eine kurze Lunte und das schlimmste: Er ist Liberal.
      Der kleine Mann interessiert ihn nicht genauso wenig wie die Grünen kein Interesse zeigen für den Geldbeutel der Allgemeinheit.

    • Es war aber weder brilliant noch scharfsinnig eine Journalistin am Telefon zu bedrohen, weil ihr Medium (Radio oder TV) über seine unzulässige Verwendung eines Behindenausweises und dem Parken auf Parkplätzen für Behinderte berichtet hat. Der „scheiss Mercedes CLA, der ja nur ein Drittel oder ein Fünftel seines ihm zur verfügung gestellten Mercedes GLE wert ist“ (so zumindest Bouchez Statement), den er angeblich nicht nutzt, wurde später auf Bildern dann doch mit seiner Familie, sprich Frau, Kind und seine Wenigkeit, in Beziehung gebracht. So ein mehrfaches Fehlverhalten lässt tief blicken. Es sind diese Dinge, die den vermeintlich scharfsinnigen, brillante… Bouchez zu einem personifizierte Ar….h machen!

  7. Blödmann

    Diese Typen, deren gibts viele! Die profilieren sich auf unsere Kosten! Und zum Schluss können wir deren Wirken auch noch blechen?! Ein tolles Beispiel z Zeit ist dass Brüssel nicht mal eine Regierung hin kriegt!? Schafft die ganzen Nebenverdiener und – politiker nebst Regierungen mal ab für immer, und schafft eine einzige an fürs ganze Land! Ungeheuer Geld damit gespart! Denn ein jeder von denen alle sorgt sich um seinen Posten, über was anderes besseres sicher nicht!? Grosse Waffeln aber nichts dahinter!

    • Blödmann, das derzeitige Brüsseler Problem ist aber Paul Magnette, dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei anzulasten, der vor allem Wallone ist. Er kann oder will nicht mit der N-VA. Die Parallele dazu war Merkel und Thüringen.

    • Wenn Paul Magnette so weitermacht, schafft Belgien die Autonomie der Region Brüssel ab und verwaltet sie von Flandern und Wallonien aus. Sicher dann auch die DG. Das Belgien zu vier war doch das Steckenpferd von Lambertz.

  8. Hugo Egon Bernhard von Sinnen

    Jedes Land, hat doch mittlerweile einen eigenen TrAump. Ob wir den politischen Hintergrund dieser Taktik, je erfahren werden ?
    Haben wir die Wahl, zwischen den Abziehbildern von Donald Trump, beziehungsweise Nachahmern ? oder handelt es sich um eine Vereinigung ?

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