Langsam aber sicher nähert sich der Höhepunkt des närrischen Frohsinns. Am Donnerstag beginnt der Straßenkarneval. Es gibt Feiern in Sälen, Kindergärten und Kantinen – alle im Kostüm. In unserer heutigen „Verbotswelt“ ist aber die Frage: Welche Kostüme gehen noch im Karneval?
Ein unbedacht übergeworfenes Fransen-und-Feder-Kleid könnte heutzutage schnell als Statement (miss)verstanden werden. Ein Begriff zieht dann auf wie die Sonne über der Prärie: Kulturelle Aneignung.
Darunter versteht man in Fachkreisen grob gesagt die Übernahme von Ausdrucksformen aus einer anderen Kultur – in stereotyper Weise, gegen deren Willen und nicht auf Augenhöhe.
Erst im Sommer 2022 hat es eine heftige Debatte in der Sache gegeben. Damals ging es um zwei Begleitbücher zu einem Winnetou-Film, die ein Verlag zurückzog. Die einen hielten das für komplett übertrieben und sahen eine gottgleiche Helden-Figur ihrer Kindheit in Verruf gebracht. Andere hatten das Gefühl, dass da vielleicht doch etwas dran sein könnte.
Wer die Diskussion mitbekommen hat, dürfte beim Durchwühlen seiner Kostümkiste jedenfalls kurz ins Stutzen geraten. Nicht nur, wenn der Federschmuck und die braune Fransen-Jacke zum Vorschein kommen – über Jahrzehnte ja ein Verkleidungsklassiker.
Vorsichtig gefragt: Was ist eigentlich mit der orientalischen Prinzessin? Oder mit der japanischen Geisha? Und huldigt der Cowboy mit dem Colt nicht dem alten weißen Mann und verhöhnt Schussopfer? Ist das nun ein Problem? Hilfe!
Man kann das für eine reichlich akademische Debatte halten, und nicht wenige werden auch einwenden: So eine Geister-Diskussion, lasst mir bitte mein Kostüm und zeigt mir den amerikanischen Ureinwohner, der sich durch Bildstrecken vom Karneval in Ostbelgien oder sonstwo in närrischen Gefilden klickt und sich beleidigt fühlt.
Offenbar gibt es aber auch einen gewissen Wunsch nach Orientierung. Wer googelt, findet schnell Artikel mit Titeln wie „Indianer-Kostüm: Darf mein Kind das noch tragen?“ oder „Warum du dich zu Karneval weder als Pocahontas noch als Inuit verkleiden solltest.“ Im Mittelpunkt stehen die sogenannten ethnischen Kostüme.
Wenn man den Sozialwissenschaftler Lars Distelhorst, der das Buch „Kulturelle Aneignung“ geschrieben hat, nach so einer Kostümierung fragt, sagt er: „Das kann man machen. Aber man muss nicht unbedingt erwarten, dass andere Leute dafür Applaus klatschen.“ Er findet tatsächlich, dass man bei Verkleidungen über kulturelle Aneignung diskutieren könne. Obwohl er andere Begriffe günstiger findet, etwa Geschichtsvergessenheit oder mangelnde Sensibilität.
„Es fängt eigentlich auch schon bei dem Wort ‚Indianer´ an“, sagt Distelhorst. „Bei vielen ist noch gar nicht angekommen, dass es die nicht gibt.“ Kolumbus dachte bei seiner Ankunft in Amerika irrigerweise, in Indien gelandet zu sein. Die daraus resultierende Bezeichnung ist nun älter als der Kölner Rosenmontagszug.
Kritisch werde es bei einem Macht-Ungleichgewicht der Kulturen, sagt Distelhorst. Viele Ureinwohner wurden ausgebeutet und diskriminiert. Wenn sich eine Frau ein Geisha-Kostüm oder ein Mann einen Schottenrock anziehe, dann sei das wieder etwas anderes, sagt er. Gleiches gelte für einen Amerikaner, der eine bayerische Lederhose trage. „Da sagt niemand etwas dagegen.“
Der zweite Punkt sei, wenn es auf platte Stereotype hinauslaufe. Ein dritter: Wenn die Betroffenen schon geäußert haben, dass sie das nicht so witzig finden. „Menschen aus indigenen Bevölkerungen haben immer wieder gesagt, dass sie, was man sich bei uns zusammenbastelt – mit Pfeil, Bogen und Marterpfahl – als abwertend empfinden“, sagt er.
„Ich würde Kinder niemals davon abhalten wollen, sich zu verkleiden“, sagt Distelhorst. „Nur muss man ja sehen, dass man Kinder hochgradig in die Irre führt, wenn man ihrem Erkenntnisinteresse dadurch zu entsprechen meint, dass man sie in verhohnepipelnde Kostüme steckt.“
Martin Booms, Professor für Philosophie an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, findet die Strenge der Diskussion dagegen befremdlich. Er glaube nicht, dass es zielführend sei, dass man jetzt eine Liste macht mit Kostümen und Rollenmotiven, die noch „gehen“ und solchen, die „nicht gehen“, sagt er. Man müsse sich doch mal klar machen, was im Karneval passiere. Rollenklischees würden bewusst eingesetzt.
„Wer sich ein Kostüm überzieht und in eine fremde Rolle schlüpft, der macht das mit Selbstironie. Genau diese Eigenschaft – über sich selbst lachen zu können – ist eine Kultur, die so etwas wie Diskriminierung und Exklusion verhütet“, so Booms.
Die Frage sei auch, was kulturelle Aneignung heiße. „Man muss aufpassen, dass in dieser Debatte nicht ein Kulturbegriff verwendet wird, der essenzialistisch ist. Der sagt: Bestimmte kulturelle Merkmale ‚gehören’ einer bestimmten Gruppe“, sagt Booms. „Ich halte das für ein problematisches Kulturverständnis.“ Karneval, das sei eigentlich „praktiziertes Aufheben von Unterschieden“. „Für ein paar Tage ist egal, wer man ist und wo man herkommt“, sagt Booms. (dpa/cre)
Natürlich darf man das.
Das einzige was abgeschafft gehört sind die blöden Diskussionen usw. darüber
Richtig!
https://cdnext.funpot.net/daten/key_xyz/84/funpot0000892160_SD.mp4
Danke, Anke.
@klar, das sehe ich auch so. Allerdings sollte man dabei alle diese Diskussionen zurückfahren, nämlich auch das seit vielen Jahren anzutreffende Genörgel, wenn sich jemand als Mönch oder Priester verkleidet. Es besteht kein Grund, das als Tabu anzusehen.
Da nörgelt niemand und das stört niemanden. Sie erfinden nur ein Problem um den anderen Quatsch zu relativieren.
Und dem Christentum noch einen reinzuwürgen so ganz nebenbei.
Ach Hugo, wenn ihnen langweilig ist lesen sie ein Buch. kein Mensch nörgelt da, hatten hier beim letzten Karneval vor Corona eine ganze Gruppe wie von ihnen beschrieben, ohne jede Beanstandung.
Nur mal ein Beispiel:
https://www.domradio.de/artikel/eine-frage-der-geschmacklosigkeit-karneval-als-moench-ordensschwester-oder-papst
Wer mit Suchmaschinen umgehen kann, findet noch mehr.
Sehen, sie geben sich noch so viel Mühe und schießen trotzdem am Ziel vorbei.
An welchem Ziel und wieso vorbei?
Ich darf Ihre Worte wiederholen:
„. . kein Mensch nörgelt da.“
Wie Sie sehen, nörgeln jedenfalls die kath. Kirche. In NRW hat auch der eine oder andere Karnevalsverein die Parole ausgegeben, Priestergewänder u. ä. seien nicht erwünscht. Sie hauen hier eine Fehleinschätzung raus, garnieren sie noch mit Unsachlichkeit („wenn ihnen langweilig ist lesen sie ein Buch“).
Es ist bemerkenswert, wenn man dann auch noch die Richtigstellung nicht ertragen kann. Beruhigen Sie sich!
„Karneval, das sei eigentlich „praktiziertes Aufheben von Unterschieden“. „Für ein paar Tage ist egal, wer man ist und wo man herkommt“, sagt Booms.“
Recht hat Herr Booms!
Es ist doch schön, wenn man die Kultur des anderen so mag, dass man sich so verkleidet oder einfach mal einen Tag jemand anderes sein möchte.
Im Karneval geht es wohl auch nicht um die Kultur an sich, sondern einfach um den Spass des Verkleidens.
Wenn ich mir z.B. im normalen Leben Rasta-Locken zulegen würde (was inzwischen auch fast kriminell ist), täte ich das, weil ich diese Art Frisur schön finde, nicht aber um Menschen aus Rasta-Kulturen zu beleidigen. Im Gegenteil – es wäre etwas, was ich an dieser Kultur so interessant finde, dass ich es selbst machen möchte. Es ist doch schön, wenn Kulturen sich etwas vermengen. Sonst können wir doch direkt Einheitskleidung ähnlich wie in China tragen.
Diese Diskussionen führen doch eher zum Rassismus durch dieses immer wieder auf die Unterschiede zeigen.
Wer trägt denn in China noch Einheitskleidung?
Atheist: Ungezählte arme Schweine in Umreziehungslagern zum Beispiel.
Die waren ja auch nicht brav.
Meinen Sie die Terroristen, die über 1.000 Anschläge in den letzten Jahren verübt haben?
Jedes Jahr wird der gleiche Brei erneut von den Medien aufgewärmt
Willkommen in der Welt von heute! Meine Kinder dürfen sein, was sie wollen – Männlein, Weiblein, Trans, Binär, Frettchen oder Ukulele. Aber wehe sie verkleiden sich als Indianer auf Karneval…
@Sitting Bull
Sie bringen es auf den Punkt! 👍
Reden wir erstmal über unsere Dreigestirne die sich sowas zu Lachnummer entwickelt haben … da hat man dann plötzlich „aus Tradition“ ein Prinz, eine Prinzessin (also Bruder und Schwester als Paar) und eine Närrin.
Genausogut könnten wir nächstes Jahr als Dreigestirn Jesus, Maria und Joseph haben … oder Die Bremer Stadtmusikanten, die Kamelle vom „Prinzenwagen“ werfen … die haben ja auch alle Tradition … oder die drei Könige … aber da muss sich ja wieder einer schwarz schminken … ausserdem ist keine Frau dabei … und kein „X“ … Öpe Alaaf(i)(e)(x) kein Ahnung wie man das Gendert.
DIE HABEN DOCH EINEN AN DE WAFFEL
Es muss doch jedem Frei gestellt sein was man an den Tollen Tagen anzieht
Aber wenn man nix hat = sucht man sich Watt
Öpe Alaaf oder so
Ich zieh nix an, aber dann wird auch geschimpft.
Die nackte Kanone? Welches Gender, oder wie viele haben Sie denn? ;-)))
Klima-Kleber und Greta Thunberg sind die besten Verkleidungen.
Schwuler Veganer sollte noch gehen denke ich. Ehrlich gesagt ist mir das sch… egal. Meine Kinder werden das anziehen was sie mögen. Basta!
Darf ich als Mottes verkleidet am Eupener Rosenmontagszug teilnehmen?
@ – Alaaf 19:10
Natürlich dürfen sie das.
Sollten Leute mit Schilder auftauchen;
– Mottese Raus –
Schließen Sie sich einfach anderen Minderheiten an .
Nein, das dürfen Sie nicht. Das ist kulturelle Aneignung.
Leeven Heinz, do hot er , maridschü, Räet. Ich gonn met ming Vrouw en der Zoch met. Het geeht äs Dachfenster än ech häng mich drenne.
Wenn das so wäre ,dann dürfte sich auch keiner anderen Rasse oder Farbe,als Weisser verkleiden. Die japanischen Comiczeichner dürften ihre Figuren nicht mit Europäisch aussehenden Gesichter zeichnen
Diese ganze Diskussion ist doch nur noch Schwachsinn. Wer sich verkleiden will, soll die Verkleidung wählen, die ihm gefällt. Karneval soll eigentlich auch Freiheit bedeuten. Die Obrigkeit darf einem nicht vorschreiben, welche Verkleidung man wählt.
Aber Herr Krisenmanager, was verbietet die Obrigkeit denn? Sich so zu verkleiden, wie man will? Habe ich nichts von gehört.
@Marcel scholzen eimerscheid
– „Klima-Kleber und Greta Thunberg sind die besten Verkleidungen“
ist jedoch nicht anzuraten, es sei denn man steht drauf bespuckt, mit Tomaten beworfen etc. zu werden.
Und liebe Strassenkleberaktivisten/innen und sonsitiges, mein Traktor hat nicht die besten Bremsen, verkneift Euch dass Strassenkleben.
Also ich gehe dies Jahr als,
schwuler veganer transgender Mohr mit Migrationshintergrund. LOL
GreAta geht als George Soros
https://m.facebook.com/napivonaglas/posts/380271239332616/Wo? In Aachen natürlich! Dort bekommt sie dann nächstes Jahr sowohl den Karlspreis als auch den Orden wider dingsbums
Die Strack-Zimmermann Freude argumentieren damit, dass man(n) im Karneval vieles Ertragen muss. Wenn dem so ist, dann müssen diejenigen die ein Problem mit Kostümen haben es auch ertragen, dass es um Karneval nicht ihren Geschmack trifft. Ich lasse mir zu Karneval auf jeden Fall kein Kostüm von irgendwelchen selbsternannten Gutmenschen verbieten!
Ach besorgte Mutti, das Kostüm ist doch sche..ss egal, Hauptsache der Alkohol stimmt !
Danke für diesen wirklich inspirierenden Artikel, den ich als Ergänzung der OBD Selbstrechtfertigungsendlosschleife „Wir protestieren in unserem Wolkenkuckucksheim“ lese und der auch und v.a. dank der ausgewogenen und überraschenden Kommentare einen erfrischend frechen Beitrag nicht nur zum politischen Diskurs der DG liefert, sondern mir auch bei meiner persönlichen Kostümfindung entscheidend geholfen hat: Ich werde als frustrierter alter weißer Mann gehen – gleichermaßen grotesk und lächerlich. Oepe Alaaf und Prost, meine Herrn.
Hört sich an wie ein Kommentar einer G-E oder BRF Kommentar-Koryphäe…
So viele WOKE Klischees auf einmal! Sie sollten sich dort bewerben, wenn Sie noch nicht dort angestellt sind…
Unter uns: Was hat der frustrierte alte weiße Mann hier verloren? Sind Sie einer oder suchen Sie noch was Sie sind (Gender 123 oder 124?)
Locker bleiben und jönne könne !
Hier geht’s doch auch : https://www.youtube.com/watch?v=y3oNfYCh5Vg
Aber als Nonne;Pater usw. Ist ok ….finde den Fehler !!!
Ich gehe als besorgte Mutter. Meine Frau verkleidet sich als Anoroc, hoffentlich quasselt sie dann nicht soviel.
….und ich gehe als Karl mit dem Großen, hoffentlich lauf ich nirgendwo gegen.
Stört etwas beim Tanzen, aber geht!
Abwarten und Züge gucken…
Es wird immer bekloppter… Jetzt denunziert eine Bürgerin einen Bäcker wegen „kolonialistischer“ und „diskriminierender Motive“ auf Berlinern bei der Antidiskriminierungsstelle.
Focus online
„Wegen kolonialistischer Motive – Antidiskriminierungsstelle mahnt Krapfen-Bäcker ab – der versteht die Welt nicht mehr.
Ein Bäcker in Heilbronn verziert seine Berliner respektive Krapfen im Fasching mit Figuren. Neben Chinesen und Cowboys zeigen diese auch schwarze und indigene Menschen. Nun wurde er von der Antidiskriminierungsstelle der Stadt aufgefordert, das zu unterlassen.
…
Eine Kundin war den Angaben zufolge auf die Süßwaren aufmerksam geworden, hatte die Auslage fotografiert und die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle eingeschaltet. Letztere mahnte den Bäckereibetreiber umgehend ab: „Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass sich Darstellungen dieser Art stereotypen Bildern bedienen. Es handelt sich um eine Reproduktion kolonialistischer Vorstellungen und einer Geschichte von Unterdrückung und kultureller Aneignungen.“
Es sterben Menschen an Hunger, im Erdbebengebiet oder in Kriegen – aber das woke Deutschland wird immer übergriffiger. Haben wir keine anderen, echten Probleme?
@ Robin Wood
Sie haben natürlich sowas von Recht.
Paradoxerweise werben die Organisationen, die auf Hunger spezialisiert sind, auch immer mit den gleichen stereotypen Bildern, nämlich schwarzen Kindern mit großen Kulleraugen.
Hmmm, wenn nicht-europäische Menschen einen Herrenanzug mit Krawatte tragen, ist das nicht auch kulturelle Aneignung? Oder geht das nur in eine Richtung? Außerdem, unsere Vorfahren trugen auch Lederkluft mit Fransen, hatten Dreadlocks, Zöpfe, etc. Die Entwicklung der Kultur war teilweise parallel zu anderen, es gab immer einen Austausch von Idee, Moden, usw. Das einzige, was in dieser Diskussion richtig ist, dass man nicht andere Kulturen durch festhalten an Klischees herabwürdigen sollte. Dies aber an einem Kinderkostüm festzumachen, halte ich für falsch. Bei Erwachsenen ist das eine andere Geschichte, siehe Karneval in Aalst, wo man den Antisemitismus im Karneval gerne auslebt.
Es wird immer lächerlicher…
https://www.n-tv.de/panorama/Geplante-Kostuemshow-auf-BUGA-sorgt-fuer-Eklat-article24058379.html
Mit 14 Kostümen will das AWO-Ballett Rheinau auf der BUGA auftreten. Geplant sind etwa Tanzeinlagen als Pharaoninnen und mit einem mexikanischen Sombrero. Doch die Veranstalter lehnen knapp die Hälfte der geplanten Show ab. Der Grund: Das Programm könnte „Stereotype ausschlachten“.