Der Eupener Journalist und Schriftsteller Freddy Derwahl hat Fred Evers in den Jahren, wo der Liberale einer der führenden Politiker in Eupen und in der DG war, begleitet und beobachtet. „Ostbelgien Direkt“ sprach mit dem 72-Jährigen über das Wirken und die Persönlichkeit von Fred Evers.
Der ehemalige Eupener Bürgermeister, Parlamentarier und Ratspräsident Fred Evers ist im Alter von 83 Jahren gestorben (siehe an anderer Stelle Artikel „Zum Tode von Fred Evers: Er war ein politischer Alleinunterhalter – Seine Schlagfertigkeit war legendär“).
OD: Freddy Derwahl, können Sie sich noch an Ihr erstes Treffen mit Fred Evers erinnern? War das vor oder nach seinem Einstieg in die Politik 1974?
Freddy Derwahl: Es war in den 1950er Jahren, wir wohnten in der Nachbarschaft der Vervierser Straße und der Herbesthaler Straße. Er war 16, ich gerade 6 und durfte zusehen, wie er sein Fahrrad reparierte.
OD: Haben Sie ihn auch noch einmal in letzter Zeit gesehen?
Derwahl: Leider nicht. Es gab in der Jahrzehnte langen Freundschaft einen Bruch. Ich hatte es in einer Kolumne an Zurückhaltung fehlen lassen. Das traf ihn tief. Er war ein Mann des gegebenen Wortes, er konnte austeilen und weinen. Meine Entschuldigung hat er sofort angenommen.
OD: Die Ära Evers-Ortmann haben Sie als Journalist miterlebt. Eine Zeitlang war Ihr Verhältnis zu Kurt Ortmann nicht sehr gut. Kannte auch Ihr Verhältnis zu Evers die eine oder andere Eiszeit? Oder haben Sie sich mit ihm immer prächtig verstanden?
Derwahl: Eiszeiten gab es mit Fred nie, dafür war er zu sensibel. Bei einem Bierchen lebte er auf, es konnten auch mehrere sein. Manche Kritik behielt er für sich, es waren keine politischen Konflikte, sondern so etwas wie verletzte Eitelkeiten. Als wir im „Grenzland-Report“, frei von Grenz-Echo-Zwängen, berichten und kommentieren konnten, hat er manchmal geschäumt. Ich wurde ins Chefzimmer des Rathauses einbestellt, wo er eine Stunde lang lospolterte. Dann sagte er: „So, nun hau ab. Man kann dir ja ohnehin nicht böse sein.“
OD: Nach der Niermann-Affäre sprach man von der „Polit-Presse-Clique“, zu der Sie auch gehörten neben Fred Evers und Grenz-Echo-Verleger Alfred Küchenberg. Gab es diese Clique wirklich?
Derwahl: Das Wort “Clique” stammte von Gerhard Palm (PDB), der jedoch keine Ahnung hatte, wie ernsthaft unsere Freundschaft war und weshalb wir drei die Konspiration deutschnationaler Dunkelmänner gegen Belgien so bekämpften. Der Begriff „Konspiration“ ist vom Düsseldorfer Landgericht zwei Mal bestätigt worden. Das anständige Deutschland, etwa die Grünen im Bundestag, waren unserer Meinung: genug der deutschen Einmärsche!
OD: Was hat Sie persönlich an Fred Evers am meisten beeindruckt?
Derwahl: Seine Riesen-Statur und zugleich sein gutes Herz. Auch konnte man mit ihm leidenschaftlich über die Existenz Gottes streiten. Als ich ihm zum Geburtstag das Buch „Was ich glaube“ von Hans Küng schenkte, las er es in einer Nacht. Am Morgen rief er an: „Jetzt weiß ich, wo ich stehe.“
OD: Man hatte immer gedacht, Evers wäre irgendwann in der Brüsseler Regierung Minister geworden. Das ist er aber nie geworden. Warum nicht? Hatte er daran kein Interesse oder Brüssel kein Interesse an ihm?
Derwahl: Der PRL-Vorsitzende Jean Gol hat ihm einen Ministerposten angeboten, vorzugsweise das Verkehrsressort. Doch er, der Boss des Berufsverbandes der Transport-Unternehmer Febetra, winkte ab. Er stand auf der anderen Seite. Außerdem gab es für Ostbelgien noch einiges zu tun.
OD: Wodurch unterschied sich Fred Evers am meisten von den Politikern von heute Ihrer Meinung nach?
Derwahl: Er war immer Vorhut, nie Karawane. Er hatte Zivilcourage und das Zeug zu einem Staatsmann. In seiner Nähe war man nie allein. (cre)
Zum Tode von Fred Evers siehe auch folgenden Artikel auf OD:
https://ostbelgiendirekt.be/ehrenbuergermeister-fred-evers-gestorben-194000
AKTUALISIERT – Zum Tode von Fred Evers: Er war ein politischer Alleinunterhalter – Seine Schlagfertigkeit war legendär. #Eupen #DG #Ostbelgien #Evers #FredEvers https://t.co/eQiQseofPd pic.twitter.com/wxz8INJIcU
— Ostbelgien Direkt (@OstbelDirekt) November 19, 2018
Danke OD, Danke Freddy Derwahl für die spitze Feder.
Immer Vorhut, nie Karawane.. wie treffend.
Ich verneige mich vor dem langen Fred.
So schreibt man einen Nachruf! Sehr gut geschrieben!
Mal kurz dazu eine Frage. Derwahl schreibt : „…wir wohnten in der Nachbarschaft der Vervierser Straße und der Herbesthaler Straße.“
Im GE ist zu lesen : „ein Arbeiterkind aus der Theodor -Pohl-Siedlung … “ sowie das Fred Evers sich gerne als „Unterstädter Jung“ bezeichnete.
Liegen die Vervierser Strasse und die Herbesthaler Strasse jetzt in der Unterstadt?
@Joseph: Bis zu dem Umzug seiner Familie zur Herbesthaler Straße Mitte der 1950er Jahre ist Fred Evers in der Theodor-Pohl-Siedlung in der Unterstadt aufgewachsen. Seine Eltern arbeiteten in der dort angesiedelten Industrie. Fred Evers war noch als Politiker stolz darauf, einem „proletarischen“ Elternhaus zu entstammen. Gruß
Selbst ein scheinbar so bekannter Politikertod, reisst das Publikum nicht mehr von den Stühlen. Sehr wenige Kommentare hier. Warum?
Manchmal ist es besser, zu schweigen, statt Unpassendes oder Überflüssiges zu sagen oder zu schreiben.
Er möge er in Frieden ruhen.
Mein aufrichtiges Beileid und Mitgefühl gilt den Angehörigen