Politik

Zum Tode von Fred Evers: Er war ein politischer Alleinunterhalter – Seine Schlagfertigkeit war legendär

Eupens Ehrenbürgermeister Fred Evers bei der Vorstellung der neuen Eupener Mehrheit nach der Stadtratswahl von 2012. Foto: Gerd Comouth

AKTUALISIERT – Kein anderer Politiker hat die Politik der Stadt Eupen, aber auch die der DG in den Jahren 1976 bis 2004 so stark beeinflusst wie Fred Evers, und zwar sowohl hinter den Kulissen als auch in der Öffentlichkeit. Evers ist jetzt im Alter von 83 Jahren gestorben.

1974 war Fred Evers eher rein zufällig in die Politik katapultiert worden. Dank der Zufälligkeiten der belgischen Wahlgesetzgebung wurde er Abgeordneter in Brüssel. Der PDB-Politiker Josef Dries nannte Evers einen „Lotteriekandidaten“.

Später berichtete Evers, er habe sich damals nur deshalb auf die Kammerliste der Liberalen im Bezirk Verviers setzen lassen, weil ihm von der Partei ausdrücklich zugesichert worden sei, dass er keine Chancen habe, gewählt zu werden.

Evers wurde jedenfalls gewählt, per Zufall oder nicht – und war von da an nicht mehr zu halten. 1976 wurde er als Spitzenkandidat der PFF in einer Dreierkoalition mit CSP und SP und einer Mehrheit von nur einer Stimme Eupener Bürgermeister.

Mit Evers-Ortmann begann neue Ära

Es war der Beginn einer neuen Ära für die Stadt Eupen, denn ab da lenkten Evers und sein Finanzschöffe Kurt Ortmann (CSP) die Geschicke der Stadt.

Fred Evers bei einer Wahlveranstaltung der PFF 2012. Foto: PFF

Ortmann machte in Eupen die Politik, und Evers verkaufte sie nach außen. Rhetorisch konnte niemand Evers das Wasser reichen, seine Schlagfertigkeit war legendär. Das wussten vor allem die Journalisten an ihm zu schätzen. Ein Interview mit Evers war immer etwas Besonderes, doch wehe, er hatte in dem Moment jemanden auf dem Kieker…

Evers verkaufte die Politik nach außen, war aber auch der Strippenzieher im Hintergrund. Die Regenbogenkoalition von PFF, SP und Ecolo 1999 war vor allem von ihm eingefädelt worden, und bei der darauf folgenden Gemeinschaftswahl 2004 war es Evers, der den PFF-Präsidenten Ferdel Schröder, der sich bereits mit der CSP auf eine Zweierkoalition verständigt hatte, zurückpfiff und den Weg für eine Koalition von PFF, SP und PJU-PDB ebnete.

Strippenzieher war Evers auch in Brüssel. Dank seiner Mandate in Kammer und Senat hatte er es zu einem Netzwerk in der Hauptstadt geschafft. Föderalminister ist er aber nie geworden.

Auf dem Brüsseler Parkett war er der Gegenspieler des CSP-Abgeordneten Albert Gehlen, der einen ganz anderen politischen Stil verkörperte als Evers. Die vielen Kontakte hatte der Eupener Bürgermeister auch nötig, weil es zu jener Zeit für ihn im Gegensatz zu Gehlen nicht immer für eine Direktwahl auf der Kammerliste der Liberalen reichte und er darauf angewiesen war, in den Senat kooptiert zu werden.

Fred Evers wie er leibte und lebte

Evers hatte nicht nur außerhalb der PFF seine Widersacher, sondern manchmal auch in der eigenen Partei. Dass die PFF bei der RDG-Wahl 1986 den bisherigen Ministerpräsidenten Bruno Fagnoul als Spitzenkandidaten aufbot, fand Evers gar nicht so lustig, und er machte aus seinem Unmut auch keinen Hehl.

Auch 2006, als die PFF bei der Eupener Stadtratswahl auf seine Kandidatur verzichtete, war Evers „not amused“. Und noch vor etwa anderthalb Jahren ließ es sich der „lange Fred“ nicht nehmen, in einem Zeitungsinterview den heutigen liberalen Bürgermeister Karl-Heinz Klinkenberg in aller Öffentlichkeit zu kritisieren.

„Auf Dauer ist es dem Amt sicherlich nicht dienlich, wenn man sich nicht traut, einen Bürgermeister anzugreifen, weil er eine Behinderung hat. Das mag vielleicht etwas hart klingen, aber es ist doch das, was die Leute denken. Und ich finde, das sollte man auch so aussprechen dürfen“, hatte Evers gesagt.

Fred Evers (rechts) mit Lontzens Bürgermeister Alfred Lecerf (links) bei der Verabschiedung von Polizeichef Harald Schlenter Anfang Januar 2017. Foto: Gerd Comouth

Evers wie er leibt und lebt. So war er immer. Er nahm kein Blatt vor den Mund. Insofern war er in der ostbelgischen Politik einzigartig – und wird dies wohl auch noch lange bleiben.

Politik machte Evers vor allem dann Spaß, wenn er ein Projekt gegen den Widerstand von vielen Leuten durchsetzen wollte. Da lief er zur Hochform auf. Das war so bei seinem Steckenpferd, der Eupener Entlastungsstraße durch Klinkeshöfchen, die er unbedingt wollte, aber nie realisieren konnte.

Eine bittere Stunde war für ihn vor allem die Eupener Stadtratswahl von Oktober 2000, bei der die CSP ihre 24-jährige Allianz mit der PFF aufkündigte und eine Koalition mit der PDB bildete. Dass Elmar Keutgen (CSP) eines Tages mal sein Nachfolger als Eupener Bürgermeister würde, hatte Fred Evers schon bei Keutgens Feier zum 50. Geburtstag prophezeit, aber er war fest davon ausgegangen, dass ein solcher Amtswechsel anders vonstatten gehen würde – mit seinem Einverständnis und nicht dagegen.

Für Evers stand immer fest: Seine Abwahl als Bürgermeister 2000 war für die CSP die Retourkutsche für den Mehrheitswechsel auf Gemeinschaftsebene weniger als ein Jahr zuvor.

Ein kurzes Comeback nach der Stadtratswahl 2012

Bei der Wahl von 2012 feierte er noch einmal ein Comeback. Als Listendrücker hatte er auf der PFF-Liste ein beachtliches persönliches Ergebnis erzielt und dadurch dazu beigetragen, dass Karl-Heinz Klinkenberg Bürgermeister wurde, denn die PFF hatte nur 78 Stimmen mehr als Ecolo.

Evers wurde Finanzschöffe, warf aber schon nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen das Handtuch. Nur die zweite oder dritte Geige zu spielen, war eh nicht sein Ding. Wenn überhaupt, dann die erste Geige. (cre)

Über Fred Evers unterhielt sich „Ostbelgien Direkt“ mit dem Journalisten und Schriftsteller Freddy Derwahl, der den  Eupener Ehrenbürgermeister all die Jahre begleitet und beobachtet hat. Nachfolgend das Interview mit Derwahl über Evers:

https://ostbelgiendirekt.be/interview-mit-freddy-derwahl-ueber-fred-evers-194036

9 Antworten auf “Zum Tode von Fred Evers: Er war ein politischer Alleinunterhalter – Seine Schlagfertigkeit war legendär”

  1. Pensionierter Bauer

    Insbesondere in der zweiten Hälfte der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre hatte ich des öfteren mit ihm zu tun. Er konnte sehr hart sein, stand aber immer zu seinem Wort, selbst dann wenn er es an der Theke gegeben hatte. Unvergessen bleiben mir so manche Begegnungen zu Weiberfastnacht in den Eupener Kneipen mit ihm.
    Der Familie und seinen engsten Freunden spreche ich mein tief empfundenes Beileid aus.
    RIP

  2. Ostbelgien Direkt

    HINWEIS – Über Fred Evers unterhielt sich „Ostbelgien Direkt“ mit dem Journalisten und Schriftsteller Freddy Derwahl, der den Eupener Ehrenbürgermeister all die Jahre begleitet und beobachtet hat. Das Interview mit Derwahl über Evers erscheint zu einem späteren Zeitpunkt.

    • Guter Freund?

      Kein Geheimnis war, der Herr Derwahl war mal ein guter Freund des Herrn Evers, beide sah man sehr oft zusammen. Aber den Herrn Evers als Staatsmann zu preisen, war wohl eine Nummer zu gross.

  3. Die Regenbogenkoalition wurde von Louis Michel und Elio Di Rupo geschmiedet.
    Zurückgepfiffen? Stimmt absolut nicht denn bei dem CSP/PFF Vorhaben waren doch einige Raerener und St.Vither Politiker am abend nach den Wahlen aktiv beteiligt.

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