Politik

„Die Computerwahl ist nicht demokratisch“

Foto: Jannis Mattar

Die Frage, wie sicher eine elektronische Wahl ist, war bei den Gemeinderatswahlen keine großes Thema. Die Oppositionsliste „Klar!“ in Burg-Reuland, die am 14. Oktober nur knapp den „Gemeindeinteressen“ von Bürgermeister Joseph Maraite unterlag, bringt das Thema wieder aufs Tapet. Sie fordert eine Rückkehr zur Papierwahl. Ihr Tenor: „Die Computerwahl ist nicht demokratisch“.

„Bis heute können nur ein Bleistift und Papier gewährleisten, dass die Abstimmung ein Ausdruck des Wählerwillens ist. Nur manuelles Zählen kann die Transparenz und das Ergebnis der Wahl garantieren“, so Alain Stellmann und Joseph Verheggen sowie die anderen Gewählten der Liste „Klar!“ am Mittwochabend in ihrer Wahlanalyse.

Beeinträchtigungen für alle Beteiligten möglich

In einer Pressemitteilung heißt es dazu: „Uns wurde von verschiedenen Wählern mitgeteilt, dass der elektronische Wahlvorgang mit Problemen einherging. Ob während der Abstimmung der Bildschirm streikte oder die Karte zwischendurch ausgeworfen und gleich wieder eingezogen wurde und der Wahlvorgang erneut begonnen werden musste. Wo dann auch noch Wähler aus Angst vor unvorhersehbaren Pannen den Vorgang abgebrochen, die Karte entnommen und die Kabine verlassen haben. Um nur einige Beispiele zu nennen. Das sind Ursachen, die einen Wahlausgang für alle Beteiligten beeinträchtigen können.“

Die „theoretischen Vorteile“ der elektronischen Wahl

Laut „Klar!“ hat die elektronische Wahl durchaus Vorteile, wenngleich diese ihrer Meinung nach nur „theoretisch“ sind:

joseph verheggen

„Klar!“-Gemeinderatsmitglied Joseph Verheggen an seinem Computer.

• Die Schnelligkeit bei der Stimmauszählung, besonders dann, wenn mehrere Wahlen an einem Tag abgehalten werden.
• Sicherstellen, dass ein Wahlergebnis noch am selben Tag feststeht.
• Ohne Wahlcomputer sind zur Auszählung der Stimmen zahlreiche Wahlhelfer notwendig. Dies bedeutet einen großen Aufwand, der auch mit erheblichen Kosten verbunden ist.
• Der Einsatz von Wahlcomputern sollte eine enorme Kostenersparnis bringen im Vergleich zur konventionellen Stimmabgabe mit einem Wahlzettel.
• Die Stimmabgabe für den Wähler vereinfachen. Die manuelle Stimmabgabe dauert aufgrund der oftmals sehr langen Stimmzettel entsprechend lange, was zu Verzögerungen bei der Stimmabgabe führen kann.
• Versuch, die Anzahl der ungültigen Stimmen zu verringern.

Die Nachteile der Computerwahl

Bedenken hat „Klar!“ aber vor allem wegen der Nachteile, die eine Computerwahl nach Meinung der Liste hat.

• Viele Menschen kritisieren die elektronische Stimmabgabe aus verschiedenen Gründen.
• Hauptsächlich ist zu bemängeln, dass die einzelnen Schritte der Stimmabgabe sowie die Ermittlung des Wahlergebnisses vom Wähler nicht nachvollzogen werden können.
• Eine Überprüfung und manuelle Auszählung der Stimmen ist nur bedingt möglich.
• Es wird nach der Wahl lediglich ein Beleg mit den Stimmenanteilen ausgedruckt. Dadurch besteht keinerlei Transparenz und Überprüfbarkeit einer Wahl. Man muss sich quasi blind darauf verlassen, dass der Wahlcomputer bei der Stimmauszählung fehlerfrei gearbeitet hat.
• Das große Problem ist, dass diese Praxis dem Bürger die Kontrolle über den Wahlprozess nicht ermöglicht. Er kann nicht nachvollziehen, was im Computer und bei der Stimmenauswertung geschieht.
• Die Energiekosten, die Kosten ökologischer und generell finanzieller Art sind höher als bei der traditionellen Wahl mit Stimmzettel (4,50 € gegenüber 1,50 € laut Statistik).
• Schließlich hat sich die Zahl der Wähler, denen in der Wahlkabine geholfen werden muss, bei der elektronischen Stimmabgabe bedeutend erhöht. Diese Personen haben Schwierigkeiten beim Lesen am Bildschirm oder bei der Bedienung des optischen Stiftes und / oder der Magnetkarte. Dies wirft jedoch eine juristische Frage auf: Für diese Menschen ist die Abstimmung nicht geheim, was an die Grenzen der Legalität stößt.

Das Fazit von „Klar!“ lautet deshalb: „Die elektronische Abstimmung ist nicht demokratisch“.

klar

Die Gewählten der Liste „Klar!“ in Burg-Reuland, die ihr Ziel, den Mehrheitswechsel, nur knapp verfehlte. Foto: Herbert Simon/GE

 

 

12 Antworten auf “„Die Computerwahl ist nicht demokratisch“”

  1. Eastwind

    Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass die Computerwahl bei mir auch Unbehagen verursacht, wenn ich meine Stimme abgegeben habe. Ich kenne nichts von Informatik, aber wenn es Leute schaffen, den Zentralcomputer von Banken oder Firmen zu knacken, dann werden sie wohl mit dem völlig veralteten System bei der Computerwahl kein Problem haben, erst recht nicht bei knappen Ergebnissen.

  2. Jürgen Margraff

    Hier in Malmedy wird noch mit Papier & Bleistift gewählt, total veraltetes System – Ich denke allerdings das die Computerwahl nur in Gefahr gerät wenn sie mit dem World Wide Web verbunden ist, wenn jedes Wahllokal nur intern vernetzt ist und die Daten der Resultate durch einen Boten ins Zählbüro gebracht werden, besteht für „Hacker“ oder Demokratieverbesserer kein Zugang zu den Wahlcomputer und denen der Zählbüros (die auch keine Verbindung zum Internet haben dürfen)
    Die Resultate können per Fax ans Innenministerium gehen, die für die Provinz werden einen Tag später, nach Bekanntgabe derselben per Mail weitergeleitet, man kann Resultate nicht mehr nach ihrer Bekanntgabe verfälschen, oder man hat eh eine Diktatur und da gibt’s bekanntlich keine freien Wahlen.

  3. Ich muss zugeben, dass ich die Wahlcomputer in Eupen gehackt habe. Konnte mich nicht entscheiden, ob Kalle Klinkenberg oder Elmar Keutgen den Sack in China umfallen lassen soll. Jaja, so wichtig wars mir!

  4. Ratsmitglied

    Ich frage mich gerade ob die Karnevalssession in Burg-Reuland schon begonnen hat! Das das System der Papier und Computer-Wahl Vor und Nachteile hat ist bekannt, musste man dafür eine Pressekonferenz abhalten? Und muss man deshalb gleich schlussfolgern, dass die elektronische Wahl nicht demokratisch ist? Wurde diesmal denn nicht die Aussage von Annemie Turtelboom zitiert und Neuwahlen gefordert? Ich glaube, da weiss einer nicht womit er seine Zeit verbringen soll und versucht sich Aufmerksamkeit zu erheischen. Ich hoffe nur, dass wir uns solche sinnfreien Vorträge nicht bei jeder Gemeinderatssitzung anhören müssen, sonst krieg ich das „ärme Deer“!

  5. Ostbelgien Direkt

    Zur Klarstellung, damit kein Missverständnis entsteht: Die Forderung nach der Rückkehr zur Papierwahl war am Mittwochabend nur ein Punkt von mehreren bei der Pressekonferenz von “Klar!”. Es ist also nicht so, dass nur deswegen die PK einberufen wurde.

    • Der Kölner Regierungspräsident Antwerpes meinte doch mal, dass in Reuland der Maraite hinter jedem Baum stehe, anscheinend sitzt er jetzt schon in jedem zweiten Wahlcomputer, klare Sache! Was sind das für Verhältnisse in diesem ländlichen Raum! Welch großes Glück, dass es den „klar“denkenden Aufklärer Joseph Verheggen gibt!.Da lob ich mir die Republikaner, die ganz einfach anerkennen, dass Obama gewonnen hat und die nicht noch Sandy oder die Qualität der Bleistifte im Wahlbüro für das Scheitern verantwortlich machen.

  6. Klaus Niels

    Ich glaube, dass Herr Alain Stellmann kein schlechter Verlierer ist. Er ist ein ehrlicher, hartarbeitender Eifeler, den das Resultat bestimmt ärgert, aber so viel Demokratieverständnis hat, dass er die Wahlen so annimmt und sich voll, im Dienste der Gemeinde, in die Oppositionsarbeit stürzen wird ( wie die Meisten seiner Mitstreiter).
    Dieses Verständnis kann mal leider bei einigen wenigen nicht feststellen, die auch im Hintergrund (ich spreche nicht von Mandataren) die Strippen ziehen/ oder wollen. Den Personen soll gesagt sein, „Wenn ihr Revolution wollt, dann stellt euch auch bitte vor die Barrikaden, da wo die Kugeln fliegen…“
    Zu diesem Artikel sollte man noch sagen, dass Herr Cremer, gewollt oder ungewollt, die Liste „Klar“ ziemlich ins Abseits hat laufen lassen. Aber so ist nun mal Politik und der Liste „Klar“ kann man nur sagen, „Leute ist müsst cleverer werden“.

  7. H. Grabowski

    Hätte die Liste denn auch reklamiert, wenn sie als Wahlgewinner hervorgegangen wäre ?
    Ich würde in punkto Wahlen noch einen Schritt weitergehen und die elektronische Wahl via Internet und elektronischem Personalausweis ermöglichen. Das funktioniert ja auch mit der Berufssteuererklärung. Darüber hinaus ist es m.E. undemokratisch, dass es überhaupt eine Wahlpflicht gibt.

  8. Pascal Paulis

    Die Wahlcomputer sind sehr unergonomisch und antiquiert. Soviel ist sicher. Allerdings werden hier die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Man sollte sich eher bemühen, eine bessere und aktuellere Wahlsoftware zu schaffen, anstatt in die Steinzeit zurückzufallen.

    Genauso bei den Bildschirmen: Die alten Röhrenmonitore abschaffen und stattdessen größere und flachere Displays anschaffen. Dann bräuchte man nichtmal mehr einen Stift.

  9. Werner Hilger

    Ich finde die Idee von H.GRABOWSKI sehr gut

    Was mit onlin Banking und Steuersachen via Internet geht, muss auch mit einem Onlin Wahlbüro gehen
    Es gibt nicht mehr viele Haushalte ohne Internet , und Digitalisierter Ausweis hat ja auch jeder
    Ein Lesegerät für den Ausweis kostet ca 10 €
    Kein Stift, kein Papier,keine Kosten fürs Drucken und auch der unnötige Bezinverbrauch zu den Wahlbüros würde wegfallen
    Auch die Wahlhelfer in den Wahlbüros würden nicht mehr gebraucht
    Jede Gemeindeverwaltung sollte einen PC zur Ferfügung stellen Für die Wähler ohne Internetanschluss
    30 Tage vor dem eigendlichen Wahldatum sollte die Möglichkeit bestehen die Wahlstimme abzugeben

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