Politik

„DG-Krankenhäuser am Tropf?“: Politiker diskutierten über DAS Zukunftsthema

V.l.n.r.: Harald Mollers, Resi Stoffels, Isabelle Weykmans, Michael Balter, Robert Nelles und Franziska Franzen. Foto: OD

Eine sehr interessante und informative Podiumsdiskussion fand am Montagabend im Foyer des Eupener Jünglingshauses statt. „DG-Krankenhäuser am Tropf?“ lautete die Ausgangsfrage bei der von der Gewerkschaft CNE organisierten Debatte.

Vier Parteien (CSP, PFF, Ecolo und Vivant) waren durch ihre Spitzenkandidaten vertreten, für ProDG war der amtierende DG-Gesundheitsminister anwesend, und für die SP nahm eine langjährige Mitarbeiterin des Aachener Klinikums an der Diskussion teil.

Mehrere Themenblöcke wurden behandelt, wobei jeder dieser Themenblöcke eingangs von einem Vertreter der CNE kurz und anschaulich erläutert wurde. Moderiert wurde die Debatte durch Jochen Mettlen.

In vielen Punkten waren sich Harald Mollers (ProDG), Resi Stoffels (SP), Isabelle Weykmans (PFF), Robert Nelles (CSP), Franziska Franzen (Ecolo) und Michael Balter (Vivant) einig. Allerdings gab es auch Differenzen, zum Beispiel als es um die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung (IZOM-Abkommen) oder um das Thema Privatisierung von Teilen des Gesundheitswesens ging.

Grundfinanzierung der Krankenhäuser

Beim Thema „Finanzierung der DG-Krankenhäuser“ waren sich alle Parteivertreter einig: Wie schon aus der kürzlich vom DG-Parlament verabschiedeten Resolution über den Schutz von kleineren Krankenhäusern hervorgegangen ist, wollen sich alle Parteien dafür stark machen, dass die föderalen Finanzmittel für die Krankenhäuser in Eupen und St. Vith, die zusammen um die 1000 Personen beschäftigen, erhöht werden.

Das Publikum im Foyer des Eupener Jünglingshauses. Foto: OD

Das Publikum im Foyer des Eupener Jünglingshauses. Foto: OD

Allerdings war aus den einzelnen Wortmeldungen deutlich herauszuhören, dass man sich da keine allzu großen Illusionen machen sollte, denn auch beim Föderalstaat ist das Geld knapp.

Das Problem ist übrigens nicht ganz neu, wie Robert Nelles (CSP) betonte. Bereits in den 80er Jahren habe sich unser Gebiet mit der Finanzierung der Krankenhäuser – damals gab es auch noch das von Bütgenbach – intensiv befassen müssen, so Nelles.

Michael Balter (Vivant) erntete Applaus beim Publikum mit seiner Bemerkung, es sei absolut unverständlich, dass in Belgien weniger Mittel für die Pflege von kranken und alten Menschen ausgegeben würden als für diejenigen, die sich mit Geld beschäftigen, sprich: die Banken.

Grenzüberschreitende Versorgung ungerecht

Auf jeden Fall wurde den zahlreich erschienenen Zuschauern, größtenteils Beschäftigte der Kliniken von Eupen und St. Vith, schnell klar, dass die Sicherung der beiden Krankenhaus-Standorte in Eupen und St. Vith in der nächsten Legislaturperiode wahrscheinlich das dringlichste und wichtigste Thema für alle ostbelgischen Politiker sein wird.

Moderierte mit dem nötigen Ernst, aber auch mit dem nötigen Humor: Jochen Mettlen. Foto: OD

Moderierte mit dem nötigen Ernst, aber auch mit dem nötigen Humor: Jochen Mettlen. Foto: OD

Als ungerecht wurde die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung gewertet. Im Gegensatz zu dem, was nach Angaben von Minister Harald Mollers (ProDG) an der belgisch-französischen Grenze geschieht, werden die medizinischen Leistungen im hiesigen Grenzgebiet nach den Bedingungen des Gastlandes und nicht des Herkunftslandes vergütet.

Weil es in Belgien im Gegensatz zu Deutschland eine Eigenbeteiligung gibt, sind Patienten aus der benachbarten Bundesrepublik nicht daran interessiert, in Belgien Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen. Zudem werden Belgier dazu ermuntert, sich beispielsweise im Aachener Klinikum behandeln zu lassen.

Als langjährige Beschäftigte des Aachener Klinikums unterstrich Resi Stoffels, dass das Aachener Klinikum für die Bürger der DG viele Vorteile habe. Indes betonte Franziska Franzen (Ecolo), dass die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung natürlich nicht abgeschafft werden soll. Gleichwohl müssten Ungerechtigkeiten wie die, die man derzeit kenne, beseitigt werden.

Kommerzialisierung des Gesundheitssektors

Beim Thema Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitssektors war es Ministerin Isabelle Weykmans (PFF), die einen etwas nuancierteren Standpunkt vertrat. Eine Privatisierung sei per se ja nicht unbedingt schlecht, betonte die Liberale, wohl wissend, dass sie mit dieser Aussage bei einem überwiegend aus Arbeitnehmern und Gewerkschaftlern besetzten Publikum nicht gerade Applaus ernten würde.

Organisatorin Vera Hilt, Gewerkschaftssekretärin der CNE. Foto: OD

Organisatorin Vera Hilt, Gewerkschaftssekretärin der CNE. Foto: OD

Im Übrigen, so Weykmans, seien die Krankenhäuser als VoGs bereits private Einrichtungen. Ein weitaus größeres Problem als die Privatisierung sei die Kommerzialisierung in Teilen des Gesundheitssektors. Hier komme es in der Tat darauf an, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das System nicht ausufert.

Auf die Frage, wie sich Privatisierung und Kommerzialisierung eindämmen oder gar verhindern lassen könnten, war Michael Balter (Vivant) daran gelegen, die anderen Fraktionen im DG-Parlament daran zu erinnern, dass es schon mal ein guter Anfang wäre, wenn gravierende europäische Beschlüsse wie zum Beispiel der EU-Fiskalpakt vom PDG abgelehnt würden.

Nach der Debatte wurden am Ausgang des Foyers allen Besuchern eine Dokumentation mit Hintergründen über den Krankenhaussektor in der DG sowie ein „Manifest des europäischen Netzwerkes gegen Privatisierung und Kommerzialisierung von Gesundheit und sozialer Sicherheit“ ausgehändigt. (cre)

12 Antworten auf “„DG-Krankenhäuser am Tropf?“: Politiker diskutierten über DAS Zukunftsthema”

  1. Über mögliche Pannen oder Fehler seitens der alten oder/und neuen Direktion des Eupener Krankenhauses ist am Montag nicht diskutiert worden. Ist schon etwas einfacher, gegen den Föderalstaat wegen ungenügender Finanzmittel zu wettern. Ist die Mahnwache vom 23.12. schon vergessen?

  2. Nach all dem, was bei der Diskussion am Montag zu hören war, habe ich den Eindruck, dass wegen Finanzierungsprobleme, Privatisierung und Kommerzialisierung mittel- oder langfristig zwei Krankenhäuser in der DG nicht zu halten sein werden. Das ist die Logik selbst. Das muss nicht bedeuten, dass Eupen und St. Vith fusionieren. Genauso könnte Eupen mit Kliniken in Verviers, Lüttich oder Aachen zumindest beim Management zusammengelegt werden und St. Vith mit Prüm.

    • Es reicht!

      Da die Leute zwar älter und damit eingehend Altersbeschwerden haben werden wir beide Krankenhäuser sehr wohl brauchen. Bestes Beispiel ist dass man für einen Termin beim Spezialisten in gleich welchem der beiden Krankenhäuser schon jetzt oft einen Monat warten muss. Ausserdem im Gesundheitswesen muss drastisch mehr Geld in Zukunft zur Verfügung gestellt werden wenn wir keinen weiteren Sozialabbau haben wollen. Geld könnte leicht im Verteidigungshaushalt eingespart werden. Einfach einen Kampfjet des Typs Jäger 90 weniger bestellen und schon sind mehrere 100000€ frei um das Gesundheitsbudget aufzustocken!!!!

  3. Charles Servaty

    Meine SP-Fraktionskollegin Resi Stoffels gehört übrigens seit 1999 dem RDG / PDG und seither ebenfalls dem für das gestrige Diskussionsthema zuständigen Ausschuss für Gesundheit, Familie und Soziales an. Dies nur der Vollständigkeit halber!

  4. 10% Weniger „Subsidien“ fürs Ausland und alle Probleme wären vom Tisch.
    Wie viel Steuergelder werden jedes Jahr ins Ausland Überwiesen/verschachert?(zB: als „Entwicklungshilfe getarnt)
    Kann man das überhaupt Nachrechnen, oder ist es so geheim das unsere „Oberhäupter“ den Überblick verloren haben?
    Und diese „Eingesparten 10 %“ würden reichen fürs Überleben unsere Krankenhäuser, und das OHNE KÜNDIGUNGEN.
    Das Einzige was uns die Politik heutzutage noch zu vermitteln weis ist: Sparen, Sparen und nochmals Sparen.

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