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Aachen-Fan Colin Kraft im Interview: „Die Alemannia war und ist nach wie vor ein hochattraktiver Klub“

Alemannia-Fan Colin Kraft mit dem Maskottchen (links) und mit Damian-Bier am Ostbelgien-Stand anlässlich der offiziellen Saisoneröffnung am Aachener Tivoli (rechts). Foto: privat

An diesem Wochenende startet nicht nur die AS Eupen in die neue Saison. Auch für Alemannia Aachen geht’s los. Der Aufstieg in die 3. Liga ist das erklärte Ziel. Die Euphorie ist groß am Tivoli. Für das Heimspiel am Freitagabend um 19.30 Uhr gegen den Wuppertaler SV werden mehr als 20.000 Zuschauer erwartet.

Das Duell der beiden ehemaligen Bundesligisten auf dem Aachener Tivoli könnte laut „Aachener Zeitung“ sogar das zweitbestbesuchte Spiel aller Zeiten in der Regionalliga werden. Den absoluten Zuschauerrekord gab es ebenfalls am Tivoli: 30.313 waren am 7. Februar 2015 beim 1:0-Sieg der Alemannia gegen Rot-Weiss Essen dabei. „Es herrscht also nicht nur Vorfreude, es herrscht Aufbruchstimmung“, so die AZ.

Das Tivoli-Stadion in Aachen. Foto: Shutterstock

Seit den frühen 1990er Jahren geht der ostbelgische CSP-Politiker Colin Kraft zum Tivoli und ist dem Verein als Fan und als ehemaliger Mitarbeiter verbunden. Nach dem Studium in Aachen und einem Engagement beim Deutschen Sportfernsehen (DSF) in München arbeitete Kraft zunächst in der Pressestelle der Alemannia.

Nach dem Aufstieg in die Bundesliga im Jahr 2006 leitete er dort vier Jahre eine der Marketingabteilungen, die u.a. für den Mini-Club (Aleminis), das Volunteer-Programm (Team-Tivoli) und die Baustellen- bzw. Stadionführungen verantwortlich war. Seit 2009 arbeitet der Eupener als Sekundarschullehrer in Ostbelgien.

„Ostbelgien Direkt“ sprach mit Colin Kraft über die Ambitionen der Alemannia vor dem Saisonstart und ihre Aufstiegschancen.

OD: Alemannia Aachen startet in ihre 11. Saison in der Regionalliga. Trotzdem werden für das erste Spiel gegen den Wuppertaler SV am Freitag im Tivoli mehr als 20.000 Zuschauer erwartet. Wie ist diese Euphorie zu erklären? Am Ende der Saison 2021/2022 musste man sogar gegen den Abstieg in die Oberliga ķämpfen.

Aachener Fans feiern ihre Alemannia am 26.07.2013 im Südstadion in Köln nach einem Auswärtssieg bei Fortuna Köln. Foto: picture-alliance/dpa

Colin Kraft: Die Vorfreude auf die Saison ist wirklich sehr groß. Aber eigentlich ist das nicht so überraschend, wenn man bedenkt, dass besonders in der letzten Saison wieder regelmäßig über 10.000 Zuschauer bei den Regionalliga-Heimspielen zu Gast waren. Der Fußball, den man geboten bekam, war durchaus attraktiv und der Verein kommt endlich zur Ruhe. Guter Fußball, gute Stimmung: Was will man als Fußball-Fan mehr?! Da kommt man gerne wieder. Da spielt die Ligazugehörigkeit eine untergeordnete Rolle.

OD: Wie ist diese Zuversicht zu erklären? Wäre es nicht ratsam, erst einmal das erste Meisterschaftsdrittel abzuwarten, bevor man das Wort Aufstieg in den Mund nimmt?

Colin Kraft: Die Alemannia hat in der Regionalliga sportlich nichts zu suchen. Die Fans, das Umfeld, das Stadion sind schon immer profitauglich gewesen. Der Anspruch der Alemannia muss trotz der Turbulenzen der letzten 10 Jahre das Profilager sein. Als Außenstehender kann ich die Arbeit des Managements zwar nicht beurteilen. Aber man merkt, dass deutlich seriöser gearbeitet wird als in den letzten Jahren. Es kehrt Ruhe ein. Das tut dem Klub gut und macht ihn attraktiv für Sponsoren und gute externe Spieler, die sich für die Alemannia entschieden haben.

OD: Zum Beispiel?

Colin Kraft: Bestes Beispiel ist der schmerzliche Abgang von Stürmer Jannik Mause (Ingolstadt), der aber mit Cas Peters (FSV Frankfurt) mehr als gut kompensiert wurde. Vor einigen Jahren war so ein Transfer undenkbar – und das ist nur ein Beispiel. Die Fans merken das natürlich. Und ich finde auch, dass da endlich mal wieder Zuversicht angebracht ist.

OD: Alemannia Aachen war mal Bundesligist, DFB-Pokalfinalist und Uefa-Cup-Teilnehmer. Damals besuchten auch Ostbelgier regelmäßig Spiele im Tivoli. Und heute? Gibt es außer Colin Kraft noch andere Alemannia-Fans in Ostbelgien?

Testspiel zwischen der AS Eupen und Alemannia Aachen im Kehrweg-Stadion im Juli 2022. Foto: Patrick von Staufenberg

Colin Kraft: Alemannia hat in der Euregio ja immer Menschen aus allen drei Ländern angezogen. In Ostbelgien waren viele Sympathisanten besonders aus den nördlichen Gemeinden wie Kelmis, Raeren oder Eupen schon seit den 1960er und 1970er Jahren mit der Alemannia verbunden. Auch weil z.B. mit Roger Claessen oder Bernd Rauw auch immer wieder Belgier oder sogar Ostbelgier das Trikot der „Kartoffelkäfer“ trugen. Das hat sich in den 2000er Jahren mit all den Erfolgen und dem Bundesligaaufstieg natürlich nochmals bei „Jüngeren“ erneuert oder verstärkt. Damals gab es auch zahlreiche ostbelgische Unternehmen, die die Alemannia unterstützten.

OD: Alemannia Aachen ist also auch für ostbelgische Fußballfans attraktiv?

Colin Kraft: Die Sympathien sind ja trotz der Abstiege und Turbulenzen nicht einfach weg. Sicherlich ist das ostbelgische Fan-Aufkommen der Alemannia nicht mit denen von Köln, Gladbach, Schalke oder Lüttich vergleichbar. Aber die Alemannia war und ist ein hochattraktiver Klub für Fans, Fußballinteressierte und Unternehmen.

OD: Was ist wahrscheinlicher – dass Alemannia Aachen 2024 nach 11 Jahren in der Regionalliga den Aufstieg in die 3. Liga schafft oder die CSP nach 25 Jahren in die Mehrheit zurückkehrt?

Colin Kraft: Die Frage musste ja kommen ;)…. Beim Fußball ist es einfach und ehrlich: Habe ich am Ende der Saison die meisten Punkte und werde Meister, dann steige ich auf. Ich denke, dass die Voraussetzungen bei der Alemannia dieses Jahr ganz gut sind. In der (ostbelgischen) Politik kann man die meisten Stimmen haben und trotzdem in der Opposition landen – oder die wenigsten Stimmen bekommen und trotzdem mitregieren. Im Gegensatz zum Fußball kann man in der Politik nicht alles aus eigener Kraft schaffen. (cre)

34 Antworten auf “Aachen-Fan Colin Kraft im Interview: „Die Alemannia war und ist nach wie vor ein hochattraktiver Klub“”

  1. Georg (D)

    „Colin Kraft: Die Alemannia hat in der Regionalliga sportlich nichts zu suchen.“

    Hochmut kommt vor dem Fall, denn die Realität spricht eine andere Sprache. Und das ist nun mal Regionalliga. Und sollte die Alemannia in den ersten Wochen den hohen Erwartungen nicht gerecht werden, gehen wieder weniger Tickets verkauft. Das ist Fakt!

    bei den Zuschauerzahlen bemerkbar machen.

    Daran wird sich meines Erachtens trotz der Euphorie auch nichts ändern.
    Zuschauer

    sich der Erfolg in den ersten Wochen nicht einstellen,

  2. Die meisten Fans aus Ostbelgien gab es am (alten) Tivoli Ende der 60er Jahre, als die Alemannia mit Roger Claessen sensationell deutscher Vizemeister wurde. Selbst Lütticher zog es alle zwei Wochen über die Grenze nach Aachen. Gerd Prokop, der nach dem Abstieg ein Jahr später zur AS Eupen wechselte, stand im Tor der Alemannia. Der Tivoli war zu jener Zeit ein selbst in der Bundesliga gefürchteter Hexenkessel.

    • Boah nee...

      Diesen Hexenkessel hat selbst Bayern München erfahren müssen. Gott sei Dank war ich selber vor Ort, um das zu erleben. Habe meiner Alemannia ( als dem kleineren Verein) gegen meine Bayern damals beide Daumen gehalten.
      Mein erstes Fussballspiel , welches ich live erlebte war die Alemania gegen die Bayern, irgendwann Ende 60er.. Seitdem bin ich Fan von beiden Mannschaften!

  3. Peter Müller

    Genau solche Leute wie Georg (D) braucht die Alemannia nicht. Ich verfolge das ja so ein wenig, wie auch die AS. In Aachen sind Leute in den Verein gekommen, die gesagt haben, es muss sich etwas tun. Und genau das haben sie getan. Ich vergleiche das etwas mit RFC Raeren. Man braucht Leute, die sich mit dem Verein indentifizieren, und Klinkenputzen gehen. Die ganzen Sponsoren kommen aus dem Umfeld von Aachen, und sind nicht Telekom oder Katar, sondern viele kleine Unternehmen. Aber die Leute haben eine Euphorie und nur positives verbreitet. Die sprechen das aus ,was jeder auch denkt, dass der Verein nicht dahin gehört wo er ist. Ob das alles auch so gelingt, wie sich es diese Leute erhoffen, bleibt dahin gestellt, ich wünsche es ihnen. So etwas würde ich mir auch von der AS. wünschen, aber solange Katar diesen Verein führt wird das nix. Da müssen wieder Leute mit Herzblut kommen, und das sagen haben,und etwas bewegen. Ist zwar schwer in Eupen,, denn Klinkenputzen ist nichts für einige Leute. Aber es wâre schön, wenn man wieder mit Freude und Freunden zur AS. geht , und man sich als Teil der AS fühlt. das ist in Aachen gerade der Fall.

    • Uwe Seele

      Richtig und einverstanden. In Eupen gibt es kein Wir-Gefühl. In der Eifel sprechen alle ihr Mottes-Platt und das verbindet ungemein. Die Eifler identifizieren sich untereinander in Platt und sind stolz auf ihre Eifel. In Aachen gibt es Printen und den Klenkes. Da weiß jeder sofort Bescheid. Und was gibt es in Eupen? Was ist das Gemeinsame der Eupener? Sogar die Stadt ist geteilt in Ober und Unter.

  4. C. Kraft, für mich ein Grund die CSP nicht zu wählen!
    Aber ehrlich OD, es gibt so viele Themen, warum so ein Sommerlochfüller?
    Und wenn wir schon dabei sind, was’n überhaupt los?
    Ostbelgien Direkt hat, wie mit scheint, die Eifelgemeinden vollkommen vergessen, es gab soviele Vorfälle oder Themen über die man berichten könnte.
    Aber seitdem die Polizeizone Eifel OD nicht mehr informiert, scheint OD diesen Teil von der Karte gelöscht zu haben.
    Das Ostbelgien könnte ruhig aus dem Titel entfernt werden, denn unsere Region nimmt nur noch einen kleinen Teil hier ein. Der Schwerpunkt liegt hier klar auf Deutschland, dann etwas Internationales, dann wieder Deutschland und ab und zu Eupen.

    • Ostbelgien Direkt

      @Roland: Unser Fotograf ist gerade auf dem Weg nach St. Vith. Ich verrate Ihnen noch was: Dass die Eifel auf OD weniger präsent ist als der Norden, kann sein, aber daran ist nicht OD schuld, sondern die Eifel selbst. Nicht nur die Polizeizone Eifel schickt uns im Gegensatz zur Polizeizone Weser-Göhl keine Infos, auch die einzelnen Gemeinden im Süden wollen partout nicht auf OD erwähnt werden, wahrscheinlich weil sie befürchten, im Forum von OD kritisiert zu werden. Dabei würde dies ihre Reichweite nur erhöhen. Und auf OD werden Artikel nicht nur kommentiert, sondern viele lesen auch die Berichte, ohne sie zu kommentieren. Selbst die Veranstaltung, für die unser Fotograf gerade nach St. Vith unterwegs ist, wurde uns verschwiegen. Sogar Ihr großes Idol Thierry Neuville meidet OD. Wenn die Eifeler uns besser informieren würden, würden wir auch öfter über die Eifel berichten. So einfach ist das. Gruß

      • Thierry Neuville (wohnhaft in Monaco) ist das erklärte Idol des Grenz Echos, aber garantiert nicht, das der meisten Eifeler. Und das mit dem unter sich bleiben, nunja, Neuigkeiten ziehen in Windesweile von Ort zu Ort, z.B. gestern der schwere Unfall mit Fahrerflucht, wo die Leute mehr als entsetzt sind.
        Ich habe OD gelesen, weil es um ganz Ostbelgien ging, ich erinnere mich an die Sache mit dem Müll und dem Lärm am Bütgenbacher See, die SIE aufgedeckt haben und wo dann das Grenz Echo Tage erst später nachgezogen ist. Oder die Schilderfarce von Herr Servaty, den Bericht über den Hundehalter, den man aus seinen Wallerode vertrieben hat … aber das ist lange her.
        Heute lese ich AS Eupen, Gaia in Eupen, Polizeizone Weser-Göhl und die restlichen 20 Beiträge haben nichts mit Ostbelgien zu tun, das kann ich auf jeder anderen Newsseite auch lesen, und deren gibt es Hunderte. OD hat sich immer hervorgetan, wegen den Berichten aus der Region. Wie hiess es 2012 noch: Chefredakteur Gerard Cremer hat Ende August ein Online-Magazin auf die Beine gestellt, dass sich vor allem ostbelgischen Themen widmet.

        • Ostbelgien Direkt

          @Roland: Als OD vor 11 Jahren gegründet wurde, waren regionale Themen wichtiger als heute. Im Laufe der Jahre haben die islamistischen Attentate von Paris und Brüssel, die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine nationale und internationale Themen wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt. Vor einigen Jahren interessierte sich für die NATO kaum noch jemand, Frankreichs Präsident Macron hatte sie sogar für „klinisch tot“ erklärt, jetzt ist sie wieder so wichtig, dass selbst Staaten wie Finnland und Schweden ihr beitreten wollten. Corona und Putin haben den Blick der Menschen in eine andere Richtung gelenkt. OD ist übrigens ein Diskussionsforum (und zwar zu allen Themen). In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass nationale, internationale und gesellschaftliche Themen immer wichtiger geworden sind. Hingegen ist das Interesse beispielsweise an der DG stark gesunken. Wer interessiert sich heute noch für eine Plenarsitzung des DG-Parlaments? Anfang Juni haben wir dazu übrigens einen Artikel geschrieben unter dem Titel „Brüssel, Frankfurt, Kiew und Moskau sind heute vielen Ostbelgiern näher als Eupen und Namur“ https://ostbelgiendirekt.be/bruessel-frankfurt-kiew-und-moskau-321071

          • @Roland: Wer umfassend über jede Dorfkirmes, Ballabend, den einen oder anderen Einbruch oder streunenden Hund in der Eifel informiert werden will, liest am besten das Grenz-Echo. Kein Witz, ich überfliege die „Eifel-News“ im GE jeden Tag und bleibe so gut wie nie bei einem Artikel hängen. Viel mehr passiert natürlich auch nicht in Lontzen, Kelmis oder Raeren. Eupen gibt ein wenig mehr her. Aber auch dort passiert nur selten etwas, was einem umhaut, wie der Doppelmord in der Kneipe in der Gospertstraße. Ja so ist das eben, wenn man in solch kleinen Kaffs lebt wie die unseren. Da passiert nur selten etwas weltbewegendes. Ist ja eigentlich auch gut so.

  5. Pensionierter Bauer

    In der ersten Tabelle steht die Alemannia jetzt schonmal auf dem letzten Tabellenplatz.
    Persönlich mag ich es überhaupt gar nicht wenn so eine Hype entsteht wie gerade in Aachen, denn genau das führt zu Erfolgsdruck und falscher Erwartungshaltung und am Ende oft zu Enttäuschung und Frust. Ein evtl. Aufstieg muss während einer ganzen Saison hart erarbeitet werden und es muss auch immer das nötige Glück auf deiner Seite stehen.
    Nach dem ersten Spieltag ist aber auch noch nichts verloren.

  6. Peter Müller

    Der Schwerpunkt liegt hier klar auf Deutschland, dann etwas Internationales, dann wieder Deutschland und ab und zu Eupen.
    Genau das ist doch was hier viele auf OD. wollen. Jeden Tag über unseren Nachbarn herziehen, und wenn es da nichts gibt, sind de Flamen, Wallonen dran, die Eifler dürfen auch nicht fehlen. Und wenn garnichts mehr geht, zerfleischt der Eupener sich selbst.

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