In der kommenden Woche berät das DG-Parlament an drei Tagen über den Haushalt für das kommende Jahr. Klar ist, dass die DG weiter sparen muss. Die Frage ist nur, wo und wie Kosten reduziert werden sollen. Nach Michael Balter von Vivant befragt „Ostbelgien Direkt“ zum Budget 2013 den Fraktionsvorsitzenden der SP, Charles Servaty.
Charles Servaty ist seit 1990 Regionalsekretär der SP. Seit 1995 gehört er dem Parlament am Eupener Kaperberg an. Eingangs des Interviews mit „Ostbelgien Direkt“ wehrt sich der 46-Jährige mit Vehemenz dagegen, dass man ihn als „braven Parteisoldaten“ der SP betrachtet.
„Erforderlichen Druck mache ich intern“
OD: Herr Servaty, der Fraktionsvorsitzende von Vivant, Michael Balter, bedauert, dass im PDG die Parlamentarier der Mehrheit zu allem, was die Regierung beschließt, „Ja und Amen sagen“. Hat Balter Recht?
Servaty: Sorry, aber warum sollte ich mich zu dem äußern, was Herr Balter meint oder auch nicht meint? Ich gehöre dem Parlament seit 1995 an und habe mich noch nie an einzelnen Kollegen im PDG gerieben. Ich ziehe es vor zu beobachten, wie und wann die Fraktionen Stellung beziehen, was sie zu dem einen oder anderen Thema zu sagen haben; so verstehe ich nicht zuletzt meine Aufgabe als Fraktionsvorsitzender: gesprächsbereit und konstruktiv. Darüber hinaus sind unsere mehrheitsinternen Beratungen meistens sehr fair, sie können aber auch durchaus kontrovers verlaufen. Wichtig ist dabei, dass die drei Fraktionen ihre Standpunkte und Prioritäten deutlich machen können. Und da kommt es auch regelmäßig vor, dass Mitglieder der Regierung zurückrudern, weil unsere Argumente sie überzeugt haben. Daher nervt es mich, wenn ein Konsens immer wieder als kleinster gemeinsamer Nenner kleingeredet wird: Es wird eben gerungen, bis die beste Lösung auf dem Tisch liegt! Und mit der gehen wir dann ins Parlament, wo auch schon wesentliche Änderungen an Dekreten oder anderen Beschlussvorlagen stattgefunden haben. Wer das ernsthaft bestreitet, liegt ganz einfach falsch.
„Wir haben deutlich nachgebessert“
OD: Wenn man Sie hier oder auch im PDG reden hört, hat man den Eindruck, Charles Servaty sei ein braver Parteisoldat. Frage: Haben Sie jemals in Ihrer Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender der Regierung öffentlich widersprochen?
Servaty: Sie verkennen total die Rolle eines Fraktionsvorsitzenden, obschon ich sie Ihnen vorhin schon kurz beschrieben habe. Es sei denn, Sie wollen die Arbeit der Mehrheitsfraktionen bewusst – und wenig neutral – in ein schlechtes Licht rücken! Jedenfalls ist meine Rolle eine ganz andere: Den erforderlichen Druck mache ich intern; nach außen stelle ich mich vor meine Leute, sei es vor meine Fraktion, vor die Regierung oder vor die Mehrheit.
OD: 2013 wird ein Sparhaushalt. Auf welche Opfer muss sich der Bürger der DG gefasst machen?
Servaty: Auf keine anderen als die, die wir bereits im Frühjahr dieses Jahres im Parlament verteidigt beziehungsweise angekündigt haben – und die übrigens auch das Ergebnis intensiver Beratungen auf Ebene der Mehrheitsfraktionen waren. Wir sind in mehreren Phasen vorgegangen, haben die Maßnahmen so verträglich wie eben möglich gehalten und konnten den Bedenken vieler Betroffener Rechnung getragen. Da haben wir deutlich nachgebessert, was uns ja auch seitens der Gewerkschaften attestiert wurde. Hier reiht sich der Haushalt 2013 ein, und wir sind auch noch nicht über den Berg. Ich bleibe jedoch ein entschiedener Gegner einer öffentlichen Hand, die sich gewissermaßen kaputt spart! Sei es international oder auf Ebene der überschaubaren DG: Was wichtig ist für die Betriebe, muss getan werden; und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft sind wir ganz einfach zuständig. Nach wie vor gilt: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.
OD: Wo wurde zum Beispiel „nachgebessert“? Gibt es dafür konkrete Beispiele?
Servaty: Erinnern Sie sich: Anfangs sollten die sogenannten Annalen und Biennalen bei der Entwicklung der Löhne und Gehälter „eingefroren“ werden. Davon haben wir später abgesehen. Jedoch konnten wir das Sparziel durch andere und sogar, auf die gesamte Laufbahn betrachtet, durch gerechtere Maßnahmen erreichen; genau darin liegt ja die Schwierigkeit bei unumgänglichen Sparrunden. Eine andere bedeutende Nachbesserung gab es bei der Reform der Krankheitstage. Die sollten ursprünglich mit denen im Privatsektor gleichgestellt werden. Schließlich haben wir ein Maximum von 180 Tagen eingeführt.
OD: Wenn Sie sagen „Wir sind noch nicht über den Berg“, was heißt das für den Bürger der DG? Worauf muss er sich gefasst machen?
Servaty: Das heißt, dass wir abwarten müssen, wie sich die für unsere Dotationen entscheidenden Wirtschaftsparameter entwickeln. Wenn die im Lot bleiben, kommen wir über die Runden ohne zusätzliche Sparrunde.
Steuerzuständigkeiten für die DG? – „Ich könnte es mir vorstellen“
OD: Sie sprechen da einen wunden Punkt an: Die DG kann über ihre Einnahmen nicht selbst entscheiden. Muss dies nicht auf kurz oder lang zu einer Katastrophe führen?
Servaty: Die ständige Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft, zum Beispiel in den Bereichen Gesundheit oder Unterricht und Ausbildung, verdanken wir einerseits den verschiedenen belgischen Finanzierungsgesetzen und andererseits unseren geschickten Verhandlungen mit unseren Partnern im In- und Ausland. Bei Letzteren kommt also schon eine gesunde Portion Selbstbestimmung hinzu. Und über die Zukunft der für die belgischen Regionen und Gemeinschaften geltenden Finanzierungsgesetze entscheiden nicht irgendwelche Katatstrophenszenarien, sondern die weiteren Phasen der Staatsreform. Und wer sagt eigentlich, dass die DG künftig nicht über eigene Steuerzuständigkeiten verfügen wird? Wo steht das geschrieben? Ich könnte es mir jedenfalls vorstellen. Das habe ich auch schon mehrfach im Parlament gesagt. Außerdem konnten wir uns noch kürzlich bei unserer gemeinsamen Studienreise von Parlament, Regierung und Ministerium in Liechtenstein, Südtirol und Tirol ein Bild davon machen, wie es gehen kann: Steuern erheben nicht als Keule „gegen“ wen auch immer, sondern als Steuerungshebel für die Perspektiven des eigenen Wirtschafts- und Sozialstandortes.
Das REK als Navigationsgerät
OD: 2014 finden PDG-Wahlen statt. Macht die Regierung jetzt schon Geschenke oder erst in einem Jahr?
Servaty: Ich muss doch sehr bitten! Weder die Regierung noch unsere Mehrheit wurden gewählt, um vermeintliche Geschenke zu verteilen. Uns geht es vielmehr darum, ein Maximum an Projekten aus unserem Regionalen Entwicklungskonzept (REK) umzusetzen. Das berührt alle Herausforderungen und Schichten der Gesellschaft – ob als neues Leuchtturmprojekt oder bestens bewährte Methode, ob Altenheimausbau oder Nachbarschaftshilfe im Dorf, um nur diese Beispiele zu nennen. Mein Wunsch wäre, dass davon so viel wie möglich bei den Menschen, gleich welchen Alters, ankommt. Das REK ist gewissermaßen ein Navigationsgerät, das alle Menschen in der DG mitnimmt – ein Navigationsgerät, das wir regelmäßïg aktualisieren und den Bedürfnissen anpassen. Das macht uns auch über 2014 hinaus fit für die Zukunft. (cre)
Hey, Ich finde, selbst die Bauchrednerpuppe von Lambi hat
einen Kommentar verdient. Frohes Fest!
Ist das nicht der Mann,der an dritter Stelle der “Hitliste”
der Personen aus der DG mit den meisten öffentlichten Ämtern (im
Jahre 2011) stand?
auf jeden Fall ist es einer der Männer, die fürs Schönreden und Besserwissen zuständig ist.
Ist das nicht auf jeden Fall einer der Männer, die sich ihr ganzes „Berufsleben“ mit von den Steuerzahlern finanzierten Ämtern zusammenbasteln? Letztere kriegen für ihr Geld im Gegenzug Sprechblasen geliefert, und da finde ich, dass Comics nicht nur billiger, sondern auch unterhaltsamer sind.
@Gerard Cremer
In der Serie der „Haushaltsinterviews“ sind erschienen: Vivant, SP, Ecolo.
Habe ich die Interviews mit den restlichen Fraktionen/Parteien übersehen, kommen die noch, haben die geniffen oder sollen die erst antworten, wenn der Haushalt durch ist?
Mit der Bitte um Erhellung.
Das haben Sie richtig gesehen. In der Woche davor hatten wir ein Interview mit Oliver Paasch und davor ein Gespräch mit Pascal Arimont. Die drei Interviews zum Haushalt mit Michael Balter, Charles Servaty und Franziska Franzen schienen mir ausreichend Information zu bieten. Da „Ostbelgien Direkt“ weder öffentlich-rechtlich ist (wie der BRF) noch Pressehilfe genießt (wie Grenz-Echo), kann es Gott sei Dank die inhaltlichen Schwerpunkte ausschließlich nach journalistischen Gesichtspunkten setzen. Frei von jeglichem Proporzdenken.
Danke für die Information. Auf wie viel beläuft sich eigentlich die Pressehilfe für das Grenz Echo? Sie müssten das doch eigentlich wissen.
Das kann ich Ihnen sagen, weil ich mich erst vor einigen Tagen danach erkundigt habe: Die Pressehilfe fürs Grenz-Echo beläuft sich nach meinem Kenntnisstand auf 174.000 Euro pro Jahr.
Danke auch für diese Info. Das entspricht ja dann – wenn man Spoden Glauben schenkt – ungefähr den Kosten von 4 Entlassungen im BRF. ;-)
Und wo bleibt dann bitteschön meine Gage ?