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Bundesliga: Chaos um den Videobeweis – Clubs fordern Konsequenzen

Augsburger Spieler reklamieren bei Schiedsrichter Christian Dinger (Bildmitte)t, der sich den Videobeweis anhört. Einige Spieler von Leverkusen schauen zu. Foto: Stefan Puchner/dpa

Jede Woche gibt es in der Bundesliga neue Diskussionen über den Videobeweis. Das hat der DFB durch seinen chaotischen Umgang mit diesem Thema zu einem großen Teil selbst zu verantworten. Die Reaktionen der Vereine waren an diesem Wochenende besonders deutlich.

Der Deutsche Fußball-Bund gerät durch das Chaos, die vielen Unklarheiten und die ständigen Diskussionen beim Thema Videobeweis immer stärker unter Druck.

Der planlose Umgang mit einem Projekt, das im Sommer mit großen Hoffnungen gestartet wurde, hat in weniger als drei Monaten eine große Skepsis bei den Bundesliga-Vereinen und eine noch größere Verunsicherung bei den Schiedsrichtern ausgelöst.

Schiedsrichter Tobias Stieler sieht sich den Videobeweis zum Handspiel eines Freiburgers an. Foto: Deniz Calagan/dpa

Augsburgs Manager Stefan Reuter forderte am Wochenende einen Runden Tisch aller Beteiligten. Gladbachs Trainer Dieter Hecking kritisierte die Debatten über den Videobeweis: „Es wäre gut für den Fußball, aber ich glaube, dass er zur Winterpause eingestellt wird. Wir tun alles dafür, dass er nicht kommt.“

Ganz so weit und vor allem so einfach ist es noch nicht. Die Bundesliga befindet sich nur in einer einjährigen Testphase des neuen Systems. Und eine Entscheidung über die endgültige Einführung des Videobeweises wird im März 2018 auf der FIFA-Ebene gefällt.

Aber als wäre die Aufregung nicht schon groß genug, steht seit dem Wochenende auch noch ein massiver Vorwurf im Raum: Die „Bild am Sonntag“ berichtet, dass der Schiedsrichter-Funktionär Hellmut Krug in seiner Funktion als Projektleiter Videobeweis und Supervisor an einem Bundesliga-Spieltag zweimal in die Entscheidung des zuständigen Video-Assistenten eingegriffen haben soll.

Beide Entscheidungen kamen im Spiel gegen Wolfsburg dem FC Schalke 04 zu Gute, aus dessen Stadt Gelsenkirchen auch der frühere FIFA-Referee kommt.

Was machte Hellmut Krug?

Krug und auch der beteiligte Video-Assistent Marco Fritz wiesen das jedoch zurück. „Bei allen Spielsituationen, die im Review Center in Köln gecheckt werden, liegt die Entscheidung, ob ein Eingriff erfolgt oder nicht, beim Video-Assistenten. Dies war auch in den besagten Szenen der Partie Schalke gegen Wolfsburg so“, sagte Fritz am Sonntag in einer vom DFB verbreiteten Erklärung.

Der Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann sitzt am 20.07.2017 in Köln in einem Videoassistcenter vor Monitoren, die einzelne Spielszenen zeigen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Wolfsburgs Sportdirektor Olaf Rebbe äußerte sich vor dem Sonntagabend-Spiel gegen Hertha BSC zurückhaltend. „Generell haben wir großes Vertrauen in den DFB und das Schiedsrichterwesen, dass das lückenlos aufgeklärt wird“, sagte er im TV-Sender Sky.

Aber auch dieses Beispiel zeigt: Verfolgt man die größten Probleme beim Thema Videobeweis zurück, landet man immer bei den Verantwortlichen für das Projekt und damit beim DFB. Am Anfang der Saison funktionierte die Kommunikation zwischen Schiedsrichter und Video-Assistent nicht, auch weil sich die Vorbereitungen als völlig unzureichend erwiesen. In der vergangenen Woche kam dann noch das große Chaos um die Befugnisse des Video-Schiris hinzu.

Zu Beginn hieß es: Er darf nur eingreifen, wenn der Spielleiter auf dem Feld einen schweren Fehler begangen hat. Dann wurde diese Regelung nach dem fünften Spieltag aufgeweicht, ohne die Vereine zunächst darüber zu informieren.

Nach der Aufregung darüber verfügte DFB-Präsident Reinhard Grindel persönlich eine Rolle rückwärts und betonte am Samstagabend im ZDF-Sportstudio noch einmal: „Die Entscheidung trifft immer der Schiedsrichter auf dem grünen Rasen.“

Ein ständiges Hin und Her

Genau gegen dieses Hin und Her begehren die Clubs nun auf. Die Verantwortlichen sollten „nicht nur quatschen, sondern entscheiden“, sagte Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic. „Wir wollen den Videobeweis. Wir finden ihn super. Es wird mir aber noch zu viel diskutiert. Es ist ein ständiges Hin und Her.“

Bundesligaspiel zwischen Hertha BSC und Bayern München am 01.10.2017 im Olympiastadion in Berlin: Schiedsrichter Harm Osmers (rechts) zeigt vor Bayerns Spieler Franck Ribéry den Videobeweis an. Foto: Annegret Hilse/dpa

Darunter leiden auch die Schiedsrichter selbst. Der Video-Assistent entscheide mittlerweile, „was auf dem Platz passiert, und das ist falsch“, sagte der frühere FIFA-Referee Bernd Heynemann am Sonntag in der TV-Sendung „Doppelpass“ von Sport1. „Es kann nicht sein, dass der Schiedsrichter auf dem Platz die arme Sau ist.“

Auch der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke meinte am Samstag: „Der Videobeweis soll gemacht werden. Aber es muss auch klar sein, wie er gehandhabt wird. Es muss objektiv sein.“ Seine Forderung ist: „Entweder geht jeder Schiedsrichter bei jeder strittigen Entscheidung zum Assistenten – oder er lässt es bleiben.“ So könne es jedenfalls nicht weitergehen. „Es muss dringend etwas passieren.“

Der Augsburger Manager Stefan Reuter sieht das genauso und fordert den DFB deshalb dazu auf, die zweiwöchige Länderspielpause zu nutzen. „Es ist zwingend erforderlich, dass wir uns da zusammensetzen“, sagte der Weltmeister von 1990. „Ich glaube, dass so was in der gesamten Gruppe diskutiert werden müsste und man sich dann einfach in der Pause noch einmal hinsetzt.“

So wie die meisten Bundesliga-Vertreter ist auch Reuter grundsätzlich „nach wie vor total für den Videobeweis“. Er sagt aber auch: „So wie es aktuell läuft, dass man jede Woche die Diskussionen hat, das macht echt keinen Spaß mehr.“ (dpa)

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