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Brasilien: Bolsonaro zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt

16.08.2025, Brasilien, Brasilia: Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Brasiliens früherer Präsident Jair Bolsonaro ist wegen eines versuchten Staatsstreichs zu mehr als 27 Jahren Haftstrafe verurteilt worden. Die Mehrheit der fünfköpfigen Kammer des Obersten Bundesgerichts sprach den 70-Jährigen schuldig. Damit ist Bolsonaro der erste Ex-Präsident Brasiliens, der wegen eines Umsturzversuchs verurteilt wurde.

Bolsonaro selbst war nicht persönlich auf der Anklagebank erschienen. Seit Anfang August befindet er sich wegen Verstößen gegen Auflagen im Hausarrest. Die Urteilsverkündung war ursprünglich für Freitag angesetzt gewesen. Da beim Obersten Gericht noch Rechtsmittel eingelegt werden können, wird die Haftstrafe nicht sofort vollstreckt. Eine Anfechtung des Urteils ist aber Experten zufolge unwahrscheinlich.

– Umsturzpläne nach Wahlniederlage: Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und der Richter hatte Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 mit Militärs und Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant. Ziel sei es gewesen, einen Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen durchzusetzen – allerdings habe Bolsonaro die Unterstützung der Militärführung nicht gewonnen.

11.09.2025, Brasilien, Brasilia: Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro am Eingang seines Hauses, in dem er unter Hausarrest steht. Foto: Luis Nova/AP/dpa

Am 8. Januar 2023, wenige Tage nach Lulas Amtsantritt, stürmten Anhänger des Rechtspolitikers den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in Brasília. Auch wenn Bolsonaro an diesem Tag nicht selbst in Brasilien, sondern in den USA war, wirft ihm das Gericht eine indirekte Beteiligung an den Geschehnissen vor. Zudem soll Bolsonaro von Mordplänen gegen Lula, Vizepräsident Geraldo Alckmin und Richter Alexandre de Moraes gewusst haben.

Bolsonaros Verteidigung wies die Vorwürfe im gesamten Verfahren zurück und argumentierte, dass keine stichhaltigen Beweise für eine Beteiligung Bolsonaros an einem Umsturzplan vorlägen. Seine Anwälte sprachen von einem „politischen Prozess“, in dem ihr Mandant keine faire Chance gehabt habe. Sie verwiesen dabei auf den Obersten Richter Moraes, der sowohl eine zentrale Rolle in den Ermittlungen gespielt habe als auch selbst als mutmaßliches Ziel der Putschpläne genannt werde. Damit sei eine „Vorverurteilung“ durch das Gericht unvermeidlich gewesen.

Bolsonaro wurde nicht nur wegen versuchten Staatsstreichs verurteilt, sondern auch wegen gewaltsamer Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Beschädigung denkmalgeschützten Kulturgutes und Sachbeschädigung. Daneben wurden auch sieben hochrangige Militärs und ehemalige Kabinettsmitglieder verurteilt, darunter Ex-Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira, Marinechef Almir Garnier und Bolsonaros damaliger Sicherheitsberater Augusto Heleno.

11.09.2025, Brasilien, Brasilia: Gegner des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro feiern in einer Bar, nachdem der Oberste Gerichtshof ihn zu mehr als 27 Jahren Gefängnis verurteilt hat. Foto: Luis Nova/AP/dpa

– Urteil der Richter: Richter Moraes bezeichnete Bolsonaro als „Anführer einer kriminellen Organisation“ und führte detailliert zahlreiche Belege für die versuchte Umsturzplanung auf. Dazu zählten unter anderem öffentliche Angriffe auf das Wahlsystem, geheime Ministertreffen, Besprechungen mit Botschaftern und Entwürfe eines Umsturzdekrets sowie die gewalttätigen Ausschreitungen vom 8. Januar. „Das war kein Sonntag im Park, kein Ausflug nach Disneyland“, sagte Moraes bezüglich des Sturms auf Regierungsgebäude.

Vier der fünf Richter stimmten für eine Verurteilung von Bolsonaro, nur Richter Luiz Fux votierte für einen Freispruch, da ihm zufolge die Beweise keine Grundlage für den Vorwurf eines versuchten Staatsstreichs geben würden.

Da das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt wird, gibt es keine höhere Instanz. Eine erneute Prüfung einzelner Streitpunkte im Plenum mit elf Richtern wäre laut Experten nur bei mindestens zwei abweichenden Stimmen möglich gewesen. Bolsonaros Anwälte können aber formelle Unklarheiten im Urteil anfechten – größere inhaltliche Änderungen sind unwahrscheinlich. Erst wenn darüber entschieden ist, wird das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar. (dpa)

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