Gesellschaft

Boxengirl ade: Verschwinden bald sexy Frauen von jeder Bildfläche?

26.06.2016, Nürnberg: Das Grid-Girl des Schweizer DTM-Rennfahrers Nico Müller (Abt-Audi) wartet beim Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) auf das Eintreffen der Fahrzeuge. Foto: Daniel Karmann/dpa

Die „Bild“-Zeitung hat den nackten Busen aus der Zeitung verbannt, zumindest fast. In der Formel 1 verschwinden die sexy angezogenen Mädels neben den Rennwagen. In der Werbung mehren sich die Beschwerden über Sexismus. Kommt da etwas ins Rutschen? Wie tickt der Zeitgeist gerade in Sachen Frauen, Männer, Rollenbilder? Was kommt nach MeToo?

Schon seit sechs Jahren gibt es bei der „Bild“ die halbnackte Frau auf der Titelseite nicht mehr. Jetzt geht es einen Schritt weiter. Oben ohne ist jetzt beim „Bild-Girl“ passé.

“Unser Gefühl in den letzten Monaten war zunehmend, dass viele Frauen diese Bilder als kränkend oder herabwürdigend empfinden, sowohl bei uns in der Redaktion, aber auch unter unseren Leserinnen“, erklärt die Zeitung.

22.07.2012, Hockenheim: Eine Frau auf hochhackigen, roten Schuhen steht vor dem Grand-Prix von Deutschland auf dem Hockenheimring. Foto: Jens Büttner/dpa

Es soll zwar keine Nacktbilder geben, die „Bild“ selbst produziert hat. Aber das Blatt will weiter Nacktfotos bringen, „über die das Land sprich“.

Auch bei anderen Medien tickt die Zeitgeist-Uhr: Die „Cosmopolitan“ will keine Altersangaben mehr nennen, weil das Alter nicht so wichtig sei.

Die Werbebranche merkt: Diskriminierung und sexistische Motive werden immer weniger geduldet. Das bekam eine Metzgerei zu spüren, die mit dem Slogan „Lust auf Fleisch?“ nach Personal suchte, daneben eine Frau in Dessous, die eine Fleischkeule schulterte. Nach einer Beschwerde wurde die Ausschreibung geändert, wie der Werberat berichtete.

Insgesamt bekam die Anlaufstelle 2017 mehr Beschwerden zu Geschlechter-Diskriminierung und Sexismus als im Vorjahr.

Ein Spiegel der Gesellschaft

Das liegt auch am gesellschaftlichen Klima und wird mit der MeToo-Debatte über Macht und sexuellen Missbrauch verstärkt. Die Leute gucken genauer hin, wie Frauen dargestellt werden.

„Insgesamt sind die Unternehmen sensibler geworden, was sexistische Werbung angeht“, sagt Julia Busse, Geschäftsführerin des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft. „Werbung ist in erster Linie ein Spiegel der Gesellschaft und gibt Impulse. Es ist aber nicht ihre Aufgabe, den gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben.“

Eine Frau geht am auf dem Marktplatz in Bremen an einem Plakat gegen sexistische Werbung vorbei. Die Bremer Landesregierung hat beschlossen, dass für öffentliche Werbeflächen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen Leitlinien gelten, nach denen sexistische Werbung nicht erlaubt ist. Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Das bedeutet auch: Wenn in der Wirklichkeit tatsächlich meist die Frauen den Haushalt schmeißen und die Männer den Rasen mähen, warum soll das im Werbeblock anders sein? Es ist ähnlich wie beim heute ziemlich verpönten Rauchen.

Bei Werten und Rollenbildern wandelt sich die Gesellschaft ganz allmählich: Männer haben in der Werbung auch schon über Windeln geredet. Konservative betrauern den Verlust des Machos und ein Ende der Erotik. Keine echten Kerle und sexy Frauen mehr?

Stevie Schmiedel von der Protestkampagne Pinkstinks, die sich gegen Sexismus und starre Rollenbilder richtet, kennt diese Argumente. Es geht für sie nicht darum, Erotik oder Schlüpfrigkeiten zu verbieten. „Wir wollen nicht zensorisch sein“, sagt sie. Eine Frau in Unterwäsche ist demnach als Motiv okay, wenn sie für Dessous wirbt. Nicht okay: wenn sie halbnackt für einen Sessel posiert.

Wenn ein Saft-Hersteller mit dem Wortspiel „Samenstau“ Reklame macht, dann muss eine Gesellschaft das aushalten, findet Schmiedel. Der Preis „Pink Pudel“ würdigt Vielfalt in der Werbung. „Der Trend ist gerade, progressive Werbung zu stärken und weniger von Verboten zu sprechen.“

In Rosa und Hellblau geteilt

Altherrenwitze und Sexismus: In den Motiven der kleinen und mittelständischen Firmen ist das laut Schmiedel immer noch verbreitet, wie sie an den Beschwerden sieht. „Wir sitzen hier wirklich mit offener Kinnlade.“ Aber seit der MeToo-Debatte hätten die Unternehmen verstärkt begonnen, über Sexismus zu reden.

Was die Kinderzimmer angeht, so bleibt Deutschland streng in Rosa und Hellblau geteilt, in getrennte Produkte für Mädchen und Jungen. „Es verkauft sich einfach zu gut.“ Interessant sei, zu sehen, wie unterschiedlich die Bilder auf den Produkten seien, vom Shampoo bis zum Puzzle, so Schmiedel. Die Jungen seien in Action zu sehen, in einer „Ich mach‘ mein Ding“-Pose. Die Mädchen hingegen schauten immer in die Kamera, nach dem Motto: „Bin ich schön“

Eine junge Frau hält ein Smartphone mit dem Hashtag „#MeToo“ in der Hand. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Rollenbilder, die Ungerechtigkeit bei der Bezahlung von Frauen („Paygap“), Sprache: Darüber wird gerade viel geredet.

In Sachen weibliche Anrede kassierte in Deutschland eine Klägerin gerade vor dem Bundesgerichtshof einen Dämpfer: „Kunde“, „Kontoinhaber“, „Sparer“ – wenn’s ums Geld geht, bleibt die Formularwelt männlich. Einen Anspruch auf weibliche Formen gibt es laut Justiz nicht. Das sei schließlich schon seit 2000 Jahren so, dass die männliche Form für beide Geschlechter gelte.

Was den Striptease in der Zeitschrift angeht: Der US-„Playboy“ hatte unter großem Getöse den Abschied von den nackten Frauen angekündigt. Nach einem Jahr der Enthaltsamkeit kam 2017 die Kehrtwende. Die zwischenzeitliche Abkehr vom Kerngeschäft sei ein Fehler.

Der „Playboy“ titelte: „Nacktsein ist normal.“ Aber der Zusatz „Unterhaltung für Männer“ verschwand von der Titelseite. Der Gründersohn Cooper Hefner sagte dazu: „Geschlechterrollen entwickeln sich in der Gesellschaft immer weiter, und das tun wir auch.“ (dpa)

15 Antworten auf “Boxengirl ade: Verschwinden bald sexy Frauen von jeder Bildfläche?”

  1. Mischutka

    Hallo Törö …. da haste aber Recht mein Lieber ! Das ist ein Riesenskandal ! Und das gibt wohl viel „Arbeit“ für uns Männer : Vor jedem Rennen alle Nachbarinnen zusammen trommeln und in Minis vor dem Fernseher aufstellen…. sonst macht doch das ganze Spektakel überhaupt keine Freude mehr… (☺).

  2. Ist es nur ein Zufall, dass diese #metoo- und Sexismus -Debatten sowie die damit einhergehende, neue Prüderie jetzt einsetzt, wo immer mehr Flüchtlinge mit islamischem Hintergrund unsere Gesellschaft aufsuchen?
    (rhetorische Frage).

    • Es ist kein Zufall, sonder eine Form des „mea culpa“ die unsere Gesellschaft angesichts des wachsenden islamischen Terrorismus befällt. Wir sollte unser Gäste nicht unnötig provozieren…

      • @ Dax

        Amerikanische Prüderie und Bigotterie haben nichts mit islamischem Terror zu tun. Die leisten sich zwar einen Präsidenten der immer noch glaubt jede Frau angrapschen zu können sind aber in Wirklichleit verklemmter als „ihre Gründerväter“.

  3. Zaungast

    „Ist es nur ein Zufall, dass diese #metoo- und Sexismus -Debatten …“

    Diese ganze Bewegung wurde aber in den USA losgetreten, wo es wohl kaum von muslimischen Integristen wimmelt, eher von christlichen.

    Die USA waren schon immer ein Land der Prüden. Hollywood und ein paar Jetsetters bildeten da die Ausnahme.

    Einfach mal googeln mit ‚Prüderie“ und „USA“ oder „Amerika“

    Diese Debatte ist dann nach Europa herübergeschwappt, und da wir alles nachmachen, was über den großen Teich kommt…

  4. Die Sache ist, heute fehlt es an Respekt!!
    In den 80ern haben die Damen ob jung oder reif, oben ohne im Wetzlaar Bad gesonnt.
    Natürlich hat man da ein Auge riskiert oder mal gezwinkert aber keine der Damen musste Angst haben dumm angemacht zu werden oder angelangt zu werden.
    Das Theater möchte ich nicht miterleben, wenn gleiches im Jahre 2018 im Bad stattfinden würde.

  5. Ekel Alfred

    @ Törö, man konnte die Damen ob jung oder reif….am besten vom 5 Meter Sprungturm beobachten….und zwar mit beiden Augen…..zwinkern musste man da nicht….und wenn man genug gesehen hatte….und gar nicht ins Wasser springen wollte….stieg man einfach wieder die Leiter runter….als wäre nichts geschehen….

  6. Pensionierter Bauer

    Ich denke hier kommt vieles zusammen, der Einfluss der Islamisten die mit ihren Petrodollars immer mehr Im Sport und auch in der Wirtschaft hier im Westen einsteigen und dann der immer mehr um sich greifende Machtgewinn von prüden Machtfrauen die selber in ihrer Jugend kaum nachgang hatten. Ich erinnere mich gerade an der sexuellen Revolution in den Sechszigern, da waren es doch hauptsächlich die jungen Frauen die sich nicht mehr von ihren Familien vorschreiben lassen wollten mit wem sie in die Ehe gehen und sich auch nichts mehr über sexuelle Enthaltsamkeit aufschwatzen ließen. Mir ist klar, dass die Freiheiten, die meine Generation seinerzeit erkämpft hat zZt. in großer Gefahr sind. Der Terror der durchgeknallten Islamideologen tut natürlich das ihrige dazu, denn auch in der Redaktion der Bild erinnert man sich an Charlie Hebdo.

    • @ PB

      Dann gucken Sie mal wem die Formel1 gehört. Liberty Media ist ein amerikanischer Medienkonzern der will Sendezeit und Werbezeit verkaufen. In Amerika geht das aber nicht mit Grid Girls. Haut verkauft sich im Land der Bibeltreuen nicht. Da ist nix mit Petrodollars, nix mit Islam und nichts mit Terror.
      Formel1 ist knallharter Bussines die haben mit ideologie nix am Hut, aber es sind Amerikaner. Bigott, Prüde und Scheinheilig.

      • Pensionierter Bauer

        Da hast du natürlich recht @Edig, die prüden US Amerikaner hatte ich natürlich auch auf dem Schirm aber vergessen nieder zu Schreiben. Die haben aber wiederum nichts mit der Bild am Hut. Wie ich schon schrieb, da kommt zZt vieles zusammen.

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