Politik

Ärger im ProDG-Lager: Nina Reip schießt gegen Minister Mollers

Nina Reip (2012). Foto: OD

Von DG-Minister Harald Mollers (ProDG) hatte man schon länger nicht mehr viel gehört, wenn er nicht gerade im Ausschuss III des DG-Parlament eine Frage beantworten musste. Jetzt muss er nicht nur eine Frage beantworten, sondern sich der Kritik stellen – und die kommt ausgerechnet aus dem eigenen Lager.

In einem offenen Brief, den „Ostbelgien Direkt“ integral veröffentlicht, beschwert sich die frühere DG-Abgeordnete Nina Reip, die in der Vergangenheit auch Kabinettschefin von Oliver Paasch und Harald Mollers war und 2009 auf der Liste von ProDG kandidierte, darüber, dass ihr Forschungsauftrag in der Abteilung GrenzGeschichteDG an der Autonomen Hochschule (AHS) nicht verlängert wurde.

Enttäuscht und traurig

Sie sei „enttäuscht und traurig“, schreibt Nina Reip, die gleich zu Beginn klarstellt, dass ihr persönliches Empfinden hier nicht im Vordergrund stehen soll. Vielmehr gehe es ihr um „Fragen zur politischen Bildung und zum Demokratieverständnis der Regierung“.

DG-Minister Harald Mollers (hier bei einem Regierungsgespräch mit Ministerin Isabelle Weykmans). Foto: OD

Reip in ihrem offenen Brief an die DG-Regierung: „Wie wichtig demokratisches Verständnis und professionelle politische Bildung ist, wird dann gemerkt, wenn es fast zu spät ist. Wenn im Nachbarland rechte Parteien gewählt werden. Oder im eigenen. Oder wenn die Forsa-Studie 2014 herausfand, dass 31 Prozent der befragten Menschen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Probleme beim Zusammenleben zwischen Einheimischen und Ausländern haben. Oder 66 Prozent glauben, dass heute bereits zu viele Zuwanderer hier wohnen. Und ein Drittel bereits Diskriminierung auf Grund der Herkunft im Alltag miterlebt haben. Wo bleibt hier der Aufschrei – oder die besonnene offene Diskussion?“

Kurzum, laut Nina Reip müssen wir nicht weit schauen und sollten uns der großen Aufgabe bewusst sein, „dass auch in unserem kleinen beschaulichen Ostbelgien die Menschenrechte nicht vom Baum fallen und elementare Grundlagen unserer Verfassung keine Selbstverständlichkeit sind“.

Anweisungen aus dem Kabinett?

So weit, so gut, aber was hat das mit Mollers zu tun? Nun, Reip deutet an, dass ihre Arbeit als Forschungsbeauftragte vom Minister für Bildung und Unterricht behindert wurde. So gab es zum Beispiel „eine E-Mail und ein Schreiben des Bildungsministers mit dem Verbot, die geplante Konzertierung mit anderen Organisationen durchzuführen“. Auch gab es laut Reip „eine Anweisung aus dem Kabinett, den Absatz zum Fach Bürgerkunde aus dem Konzept zur politischen Bildung zu streichen“.

paaschreip

September 2012: Der damalige Unterrichtsminister Oliver Paasch (links) stellt Nina Reip (rechts) als seine neue Kabinettschefin vor. Foto: OD

Die ehemalige Forschungsbeauftragte äußerte in ihrem offenen Brief nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Bedenken. So sei im Konzept der DG-Regierung gegen Radikalisierung lediglich das Thema religiös motivierter Extremismus weiter ausgeführt und Rechtsextremismus auf später vertagt worden, obwohl „es organisierte Nazis in der Region gibt“.

DG-Minister Harald Mollers reagierte bereits am Montagabend auf den Brief seiner früheren Kabinettschefin.

Die Stelle, die Frau Reip bei der Abteilung GrenzGeschichteDG an der AHS bekleidete, sei im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme entstanden und von Anfang an zeitlich befristet gewesen. Dies sei Nina Reip auch mitgeteilt worden.

Nach der Pensionierung des Leiters von GrenzGeschichteDG sei die Leitungsstelle ausgeschrieben worden, so der Unterrichtsminister: „Frau Reip hat sich auf die Stelle beworben, was selbstverständlich ihr gutes Recht war. Eine neunköpfige Jury, bestehend aus dem Direktor der AHS, dem scheidenden Leiter von GrenzGeschichteDG, einem externen Bildungsexperten sowie Vertretern des Verwaltungsrats der AHS (3), der Regierung (2) und des Zentrums für politische Bildung in Luxemburg (1) hat die Stelle neu besetzt.“

Für Mollers ist also alles im grünen Bereich. Auch der Vorwurf, die Regierung fördere die politische Bildung nicht, sei „unhaltbar“, so der Minister.

Kabinettschefin von Paasch und Mollers

Zur Erinnerung:  Nina Reip gehörte zwischen 2005 und 2009 für die PJU-PDB-Fraktion dem Parlament der DG an. Bei der PDG-Wahlen von 2009 kandidierte sie auf der ProDG-Liste. Später wechselte sie zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora im thüringischen Nordhausen.

Ende des Jahres 2012 wurde Reip Kabinettschefin von Oliver Paasch. Als dieser 2014 Ministerpräsident wurde, wurde sie Kabinettschefin von Harald Mollers. Später dann erhielt sie einen Forschungsauftrag bei der Autonomen Hochschule, der nicht verlängert wurde. (cre)

Nachfolgend veröffentlichen wir das Schreiben von Nina Reip im vollen Wortlaut:

Offener Brief an die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft – Kritische Fragen zur politischen Bildung

50 Antworten auf “Ärger im ProDG-Lager: Nina Reip schießt gegen Minister Mollers”

  1. Lagerist

    Was Nina Reip da schreibt, ist sicher aus ihrer Enttäuschung darüber zu erklären, dass ihre Stelle nicht verlängert worden ist. Sachlich steht ihr Brief auf wackeligen Füßen. Nur Vermutungen und Fragen.

  2. Walter Heinen

    Ich habe mich damals sehr darüber geärgert, dass Frau Reip von Herrn Paasch abserviert wurde.
    Sie hat immer sehr interessante Ansätze im RDG gezeigt.
    Seitdem ist das nicht mehr meine PDB. Schade!

  3. Den Ahlen

    Beide Parteien reden nicht vom gleichen Thema. Frau Reip hat sehr weit gestochene Ziele, die DG will aber erst einmal an der Basis (der Ausbildung in den Schulen) arbeiten. Ich kann auch den Unterrichtsminister verstehen. Das Stundenkapital im Unterrichtswesen ist begrenzt und wird in jeder Schule voll ausgereizt. Für jedes neue Unterrichtsfach muss ein anderes Fach Stunden abgeben. Jetzt stellt sich die Frage: Wo soll mann den Stunden weg nehmen? Die einzige Lösung ist, dass man das Thema in die bestehenden Fächer einbaut. Statt im Deutschunterricht 10 Bücher über Drogen, Verhütung und das dritte Reich (natürlich alles wichtige Themen) zu lesen kann man auch mal ein Buch zu diesem Thema auf den Lehrplan setzen.
    Frau Reip kann sich vielleicht am Herrn Lejeune ein Beispiel nehmen: der hat auch nicht gleich eine Stelle als Dozent an der AHS bekommen (weil es die ja auch nocht nicht so lange gibt). Der hat sich langsam hoch gearbeitet und jetzt ist er (zurecht) eine wichtige Referenz in Sachen Regionalgeschichte.

  4. Ja unsere DG-Regierung (ProDG-Minister) wird immer arroganter.
    Der gute Parteisoldat(in) hat seine Dienste getan und jetzt braucht man Sie (Ihn) nicht mehr.
    Es gibt sicher noch andere die die ProPDB deshalb verlassen haben….
    Ich hoffe nur, dass die ProDG bei den nächsten Wahlen aus der Regierung fliegt.
    Wenn man diesen Di…ren nicht folgt, wird man rausgee…lt.
    Pfui Deibel!

  5. Wenn ein Minister nicht mehr weiter weiß, gründet er einen Arbeitskreis. Wenn er eine Entscheidung nicht persönlich verantworten möchte, gibt er eine Studie in Auftrag oder er beruft eine Jury ein, die ihm dann eine Entscheidung in seinem Sinne empfiehlt. Er selbst kann dann immer sagen, dass die Expertenjury ihm die Entscheidung empfohlen habe. Bei Nina Reip habe ich das Gefühl, dass sie ihren Forschungsauftrag mit Übereifer wahrnahm, der manche Leute als störend empfanden. Ist aber nur so eine Vermutung.

    • MürringerJong

      Hab mal diesen Brief gelesen. Die sagt doch schon direkt die ist enttäuscht. Ist also kein sonderliches Geheimnis… Viel spannender is doch der ganze Rest an Fragen. Da kann man ja mal drüber nachdenken, muss man aber auch nicht :-) :-)

      • Den Ahlen

        Natürlich muss man über diese Fragen nachdenken und der Herr Mollers will das ja auch (laut seiner Stellungnahme). Anscheinend hat das Angebot der Frau Reip den Wünschen der Regierung nicht entsprochen, weil nichts Konkretes für die Schulen vorgesehen war. Frau Reip schlug „wissenschaftlich fundierte KONZEPTE“ vor und der Herr Mollers will „rahmenplanorientierte Leitfäden, ein Programm mit Angeboten“ etc. Beide wollen das gleiche, nur will die Frau Reip das erklärte Ziel gleich und ohne Umwege erreichen. Die Regierung denkt aber nur bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode und da muss also sofort etwas Konkretes bei raus kommen. Unsere DG Regierung arbeitet projekt- und ergebnisorientiert. Das hätte die Frau Reip doch erkennen müssen, weil sie den Laden doch mittlerweile gut kennt.

        • MürringerJong

          Also ich kenn dat Konzept nicht. Keine Ahnung, was drin steht. Weiß wohl niemand, weil der Mollers das der Reip verboten hat ;-) Herr Cremer, wollen sie nicht mal recherchieren? :-) und hat die eigentlich nur zwei Jahr geschrieben oder andere Sachen gemacht?

      • Réalité

        Mach es wie ich, MürringerJong, nicht lesen noch beachten! Der ganze Zirkus in Eupen ist mehr denn ja zuviel! Abschaffen und ein Minister, tut es dicke für unser kleines Häufchen hier! Wo käme der Rest denn hin, wenn jede kleine Landesecken sich mit Ministern eindeckte!? Der „Gaume“ würde deren auch noch 2-3 haben, die „Voeren“ auch zwei, und „Cominnes“ da hinten auch noch zwei, Baarle-Hartogh auch noch einen, nicht zu vergessen „Damme, das Eulenspiegeldorf“ auch noch so nen Kasper, wo ginge das alles hin….?_?_? Verrückte Arbeitsbeschaffer und Festeveranstalter ersten Grades! Wer bezahlt?_?_?! Natürlich wir! Die nicht!

  6. Ich glaube Frau Reip überschätzt ein wenig den Wert dieses Schulfachs. Was die Schüler als langweilig und langatmig empfinden, werden sie mit Sicherheit nicht bis nach den Prüfungen behalten.
    Wenn ihr so viel daran gelegen ist dann kann sie sich an außerschulischen Aktivitäten zu dem Thema beteiligen oder ihre eigenen ins Leben rufen falls die Bestehenden nicht ihren Anforderungen genügen. Hilfe aus der Politik würde ich von ProDG nicht erwarten. Bei den anderen Parteien könnte sie da mehr Glück haben…

    • Also ich finde ja, das der Minister Harald Mollers das ganz schön geschickt macht. Der schreibt sowas von beleidigt sein, macht die Frau Nina Reip damit zu einem kleinen Mädchen. Sexismus lässt grüßen! Und damit hat er doch eine total gute Nebelbombe hochgelassen. Jeder stürzt sich jetzt darauf statt inhaltlich nachzufragen. Ist das Konzept echt so sehr theoretisch? Oder liegt es doch dadrin, dass da das Wort Bürgerkunde kommt. Und will die Frau Nina Reip das wirklich einführen? Und warum durfte sie das Nichtmitglied denen Leuten diskutieren? Entscheidet nun der Minister immer für alle, ob etwas zu theoretisch ist und nicht nach seinem Geschmack und deshalb darf das keiner lesen? Dann unterschätzt Herr Minister Mollers aber doch die Organisationen. Also mir scheint, dass das alles arg Ablenkungsmanöver sind.

  7. Kaiserin

    Nina Reip ist zu unkonventionell für die glatten OberPDG’ler. Schaut mal her, man versetzt sie erst bei der Listenbildung auf einem der hinteren Plätze um einer gutaussehenden Newcomerin ohne politisches Profil (Lydia Klinkenberg) vorne an zu stellen. Frau Reip ist enttäuscht und findet eine Arbeitsstelle in einem Dokuzentrum eines KZ, es wird groß darüber berichtet und weiter…. ? Man holt die Koryphäe zurück nach Eupen, verschleisst sie beim einen und anderen Minister und schiebt sie ab mit einer ABM zum Geschichtsdokuzentrum der AHS, wobei sie zweifelsohne die Qualifikation dafür hat. Als politisch Denkende und DG-erfahrene Fachfrau entwickelt sie Konzepte, die aber ggf. den Zeitgeist nicht genau treffen … und das will man sich in der erfolgreichen nicht aneckenden Partei der DG nicht antun! Also, weg vom Fenster und lieber die Stelle an eine Akademikerin geben, die kein Herzblut für die DG hat! Ja, so isses, wenn man nicht in das Schema der konfliktscheuen DG passt, dann muss man gehen….

  8. Observer

    Schwer zu sagen, wer in diesem Fall im Recht oder Unrecht ist. In dem Brief sind so viele Fragen, dass man unmöglich erkennen kann, wer da wem was angetan hat. Doch unabhängig davon bewundere ich den Mut von Nina Reip, einfach mal einem dieser DG-Potentaten in aller Öffentlichkeit die Meinung zu sagen. Es ist auch gut zu wissen, dass es in der großen ProDG-Familie, die sich nach außen immer so geschlossen und ihrem Herrn treu ergeben gibt, auch Dissonanz gibt. Und bei den vielen Duckmäusern, die es hier gibt, verdient es positiv erwähnt zu werden, dass es trotzdem noch Leute gibt, die ihre Stimme erheben, wenn sie meinen, dass ihnen Unrecht geschehen ist. Andere Leute in der DG sollten sich daran ein Beispiel nehmen. Ein Minister sitzt nämlich immer am längeren Hebel. Der hat für jede Entscheidung immer eine passende Antwort bereit.

  9. Professor

    Frau Reip hat Recht.
    Ein Fach wie “Bürgerkunde“ müsste Pflichtfach für alle sein. Nicht nur für Jugendliche, sondern für alle, die am Wahltag zur Urne gehen. Für alles braucht man Diplome, Lizenzen, Zertifikate. Nur, um wählen zu gehen, bleibt es jedem überlassen, weshalb er diesem oder jenem seine Stimme gibt. Bei dem einen ist es die schöne Krawatte auf dem Wahlplakat, bei dem anderen das sympathische Lächeln. Nach politischer Kompetenz fragt keiner. Dabei wäre es schon wichtig zu wissen, was der Gewählte mit meiner Stimme macht. Oder zu wissen, wofür er steht.
    Oder ganz einfach zu wissen, wie ein demokratischer Staat funktioniert. Viele der Schreiber auf OD wissen dies scheinbar nicht.
    Das Fach „Bürgerkunde“ in der Schule ist notwendiger, als vermittelt zu bekommen, wer im Mittelalter die Schlacht um „Mürringen“ gewonnen hat.
    Gerade was die Braunen betrifft, gilt: die Zeichen der Zeit früh genug zu erkennen. Denn wenn das Räderwerk mal wieder dreht, kann es niemand mehr aufhalten.
    Das sollten wir aus der Geschichte gelernt haben. Oder aus dem Fach „Bürgerkunde“.

  10. Als (wertschöpfender) Steuerzahler kann ich darüber nur den Kopf schütteln. Da quakt ein Frosch weil man ihn nicht mehr an das Wasser lässt, dabei müsste man den gesamten Sumpf trocken legen, das Gequake wäre aber ohrenbetäubend! Die DG ist der größte Arbeitgeber in der DG, zudem finanziert man noch unzählige Arbeitsplätze quer. Die DG erwirtschaftet genau NICHTS, man verteilt nur Geld an Leute die irgend etwas dafür tun, was aber eigentlich niemand wirklich braucht. Ein Forschungsaufrag an der „Hochschule der DG“. Die Putzkolonne in unserem Betrieb sucht immer Mitarbeiter….

  11. Wie jetzt? Das Kernargument ist, dass die „armen“ Migranten einen politischen Integrationskurs ertragen müssen, die grösstenteils impliziert nationalsozialistische Lokalbevölkerung im Gegensatz nicht? Mamma mia!

      • Guck mal im Wörterbuch, was „impliziert“ bedeutet. Besonders im Zusammenhang mit dem Zitat auf dem offenen Brief:

        „Oder 66 % glauben, dass heute bereits zu viele Zuwanderer hier wohnen.“

          • Muss ich dir jetzt alles in Einzelteile dekonstruiren, damit du den Satz peilst, oder wie?

            Das „nationalsozialistisch“ war eine Hyperbel basierend auf der Behauptung, das Zweidrittel der Bevölkerung keine weiteren Ausländer mehr sehen wollen. Hoffentlich triffst du keine Entscheidungen an der Arbeitsstelle, oder sonst irgendwo, wenn du es so schwer hast, Informationen richtig zu deuten.

            • el verde

              Erstens sind wir nicht per Du und zweitens hätten Sie Ihre Hyperbel mit Anführungszeichen kennzeichnen müssen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass nicht jeder der keine zusätzlichen Migranten mehr sehen möchte implizit gleich ein Nazi ist.

  12. Ich habe den Brief von der Frau Reip mal gelesen nach dem Interview heute in der Zeitung. Das klingt schon ziemlich nach Revanche, weil man ihr keine Stelle gegeben hat. Sie wirft den Ministern Rassismus vor, weil sie verlangen, dass Ausländer unsere Sprache und Verfassung lernen. Hallo???

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern