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Abschiebe-Irrsinn in Deutschland: Gericht verlangt die Rückkehr von ausgeflogenem früheren Leibwächter von Bin Laden

13.07.2018, Düsseldorf: Blick auf das Logo am Flughafen Düsseldorf. Der Ex-Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Chefs bin Laden, Sami A., wurde am Freitag um 7.00 Uhr mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus in sein Heimatland Tunesien gebracht. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

In Deutschland droht die Abschiebung des Ex-Leibwächters von Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden nach Tunesien trotz eines gegenteiligen Urteils zum juristischen Tauziehen zu werden.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erklärte die Abschiebung am Freitag für „grob rechtswidrig“. Sie „verletzt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“. Deshalb sei Sami A. „unverzüglich auf Kosten der Ausländerbehörde in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen“.

Das Flüchtlingsministerium Nordrhein-Westfalens will gegen diesen Beschluss aber zusammen mit der Ausländerbehörde der Stadt Bochum Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

Offen ist, ob Tunesien seinen Staatsbürger überhaupt nach Deutschland zurückschicken würde. Aus tunesischen Regierungskreisen heißt es laut „Bild“-Zeitung (Samstag), aufgrund der Vorwürfe sei es kaum vorstellbar, dass Sami A. so einfach nach Deutschland zurück könne.

Der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war am Freitagmorgen in Begleitung von Bundespolizisten mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus in seine Heimat geflogen worden.

Am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass er vorerst nicht abgeschoben werden dürfe. Dies hatte das Gericht damit begründet, dass es keine Sicherheit gebe, dass Sami A. in Tunesien nicht gefoltert werde.

Das Gericht informierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erst über seine Entscheidung, als Sami A. bereits im Flugzeug saß.

Dass diese Entscheidung erst so spät an das Bamf ging, sei darauf zurückzuführen, dass alle beteiligten Behörden trotz mehrfacher Anfragen den Zeitpunkt der geplanten Abschiebung nicht bekanntgegeben hätten, teilte das Verwaltungsgericht mit.

Rechtssicherheit gefährdet?

Der Vorsitzende des Amri-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Armin Schuster (CDU), plädierte dafür, Sami A. vorerst nicht nach Deutschland zurückzuholen. Zunächst sollte die nächste Instanz entscheiden, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Samstag). „Da habe ich keine schlaflosen Nächte. Immerhin handelt es sich um einen ausreisepflichtigen Gefährder mit Al-Kaida-Ausbildung.“

Die Rechtsanwältinnen von Sami A. begrüßten die deutlichen Worte des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in seiner Entscheidung zur Rückholung des Tunesiers.

„Wenn Behörden sich über gerichtliche Entscheidungen hinwegsetzen, ist die Rechtssicherheit gefährdet“, sagte eine der Juristinnen, Seda Basay-Yildiz, aus Frankfurt/Main der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend.

27.04.2018, Hessen, Darmstadt: Ein Justizbeamter geht hinter einer vergitterten Tür über den Flur eines Zellentrakts einer Abschiebehafteinrichtung. Hier saß der frühere Leibwächter des getöteten Terrorchefs Osama bin Laden ein, bevor er abgeschoben wurde. Foto: Arne Dedert/dpa

Das Flugzeug mit Sami A. an Bord landete am Freitagmorgen 8.11 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen Enfidha bei Hammamet. Die tunesischen Behörden ermitteln nach eigenen Angaben, ob A. an „extremistischen Aktivitäten“ in Deutschland beteiligt gewesen ist. Er stehe unter Arrest, sagte ein Sprecher des tunesischen Justizministeriums. Ein Sprecher der tunesischen Anti-Terror-Behörde sagte der „Bild“-Zeitung (Samstag), Sami A. werde in Tunis verhört.

Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. Im Jahr 2000 soll er eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweise zur Leibgarde von Osama bin Laden gehört haben. Bin Laden ist der Gründer des Terrornetzwerks Al-Kaida. Er wurde 2011 in Pakistan von einem US-Kommando getötet.

Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten. Die Bundesanwaltschaft hatte laut Gericht gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, aber mangels hinreichenden Tatverdachts wieder eingestellt. (dpa)

10 Antworten auf “Abschiebe-Irrsinn in Deutschland: Gericht verlangt die Rückkehr von ausgeflogenem früheren Leibwächter von Bin Laden”

  1. Mischutka

    Das Wort „Irrsinn“ (im Titel oben) ist mehr als perfekt ! Mich würde es nun wirklich nicht wundern, wenn dieser „Herr“ (ich würde lieber ein anderes Wort für den hier schreiben….) eines Tages noch Abgeordneter und dann Minister würde….. Und eine Traumvilla im Regierungsviertel bekäme.

  2. „Dies hatte das Gericht damit begründet, dass es keine Sicherheit gebe, dass Sami A. in Tunesien nicht gefoltert werde.“

    Demnach werden Terroristen demnächst also gar nicht mehr abgeschoben?

    Die Vögel haben sich das Bett, in dem sie dann schlafen sollen, ja selbst gemacht. Dann müssen sie auch mit den Konsequenzen leben, egal wie sie ausfallen.

    • schlechtmensch

      Nach der ganzen Kritik an dem Buch damals, habe ich es gelesen. Und ich bin erschrocken wie Recht der Mann hat. Leider gibt es immer noch zu viele Leugner, Schönredner und Realitätsverweigerer. Aber die Zeiten ändern sich.

    • @ Alfred

      Warum nicht, ich kenne von Herrn Sarrazins Buch mehr als nur den Titel. Schlecht recherchiert und aus der fehlrhaften Recherche auch noch die falschen Schlüsse gezogen. Julius Streicher hätte an dem sein Vergnügen gehabt.
      Darum habe ich mir abgewöhnt auf „Beiträge“ die sich auf dieses Machwerk beziehen zu antworten.

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