Gesellschaft

Bischof Aloys Jousten: Fälle von Missbrauch in der Kirche „ein Tsunami“

Der ehemalige Lütticher Bischof Aloys Jousten.

Der Lütticher Bischof Aloys Jousten rechnet damit, dass in diesem Jahr 2013 ein Nachfolger für ihn gefunden wird und dieser zumindest passive Kenntnisse der deutschen Sprache haben muss. In einem Interview ging der 75-Jährige auch auf die 2012 bekannt gewordenen Fälle von Missbrauch in der katholischen Kirche ein. „Ein Tsunami“, so Aloys Jousten.

Mit dem Erreichen des 75. Lebensjahres hat Jousten sein Bischofsamt zur Verfügung gestellt. „Der Papst hat mich gebeten, vorerst weiterzumachen, und das tue ich gerne“, sagte er dem Grenz-Echo in einem Interview. Auf die Frage, wie lange er gedenke, das Amt weiter auszuüben, betonte der Bischof: „Ich gehe davon aus, dass ein Nachfolger in diesem Jahr gefunden wird.“ Einige Zeilen später präzisierte er dazu: „Deutsch wird sicher eine Grundbedingung bei der Bezeichnung sein. Wer die Sprache nicht zumindest passiv beherrscht und keine Lust hat, Deutsch zu lernen, kommt nicht in Frage.“

Priester sind mutig mit dieser Sache umgegangen

Aloys Jousten wurde auch auf die 2012 bekannt gewordenen Fälle von Missbrauch in der katholischen Kirche angesprochen. Nachstehend ein Auszug aus dem Grenz-Echo-Interview:

In Ihre Zeit als Bischof fiel das Bekanntwerden einer Vielzahl von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Belgien. Ist das ein Makel, ein Wermutstropfen, der Ihre Amtszeit betrübt?

Jousten Aloys Bischof Lüttich

Aloys Jousten geht davon aus, dass sein Nachfolger als Lütticher Bischof in diesem Jahr gefunden wird.

Jousten: Dieses Ereignis des Jahres 2012 war ein Tsunami, ein erschütternder Vulkanausbruch, der vieles in Frage gestellt hat. Dass es dies in diesem Ausmaß gab in unserem Land, war uns Bischöfen nicht bewusst. Und ich glaube vor allem die flämischen Bischöfen wurden dadurch erschüttert, während es auf wallonischer und deutschsprachiger Seite eher kleine Fallzahlen zu beklagen gab. Dennoch wird in jeder Bilanz über meine Amtszeit dieses Ereignis auftauchen, ganz klar. Es war ein ruhig fließender Bach, und dann kam der Tsunami. Aber ich finde, dass unsere Priester mutig mit dieser Sache umgegangen sind. Das war nicht einfach. Wir kennen inzwischen wieder ruhigere Zeiten, aber das wird in die Geschichte unserer Kirche und unseres Bistums eingehen. Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche hat es auch in anderen Ländern gegeben, aber in Belgien hat dieses Unheil, bedingt auch durch den Dutroux-Skandal, mehr Gewicht.

Schämen Sie sich für diese Missbrauchsfälle?

Jousten: Damals, als im April 2010 der Brügger Bischof (Roger Vangheluwe, A.d.R.) zurücktrat, war ich natürlich erschüttert, weil man sich kaum vorstellen kann, dass ein Bischof so etwas getan hat. Und ja, ich schäme mich.

Hatten die Missbrauchsfälle so etwas wie eine positive Seite, eine selbstheilende Wirkung?

Jousten: In gewisser Hinsicht schon, auch wenn man sich in diesem Zusammenhang hüten sollte, von einer „positiven Seite“ zu sprechen. Ich habe dort, wo Sie gerade vor mir sitzen, Opfer von Missbrauch sitzen gehabt, und dann wird man ganz klein. Ich schäme mich, aber vor allem leide ich mit diesen Leuten. Immerhin kommen jetzt Dinge ans Tageslicht, die jahrzehntelang unausgesprochen blieben.

Gab es in Ostbelgien tatsächlich nur wenige solcher Fälle von priesterlichem Missbrauch?

Jousten: Also aus der DG sind mir tatsächlich, was die Nachkriegszeit angeht, praktisch keine Fälle bekannt.

Was kommt nach dem Bischofsamt?

Soweit der Auszug aus dem Grenz-Echo-Interview. Ein weiteres Thema war der akute Priestermangel. Und auf die abschließende Frage, was er nach seiner Zeit als Bischof zu tun gedenke und ob er der Kirche erhalten bleibe, sagte Jousten: „Ich bin bereit, mich einzusetzen und auszuhelfen, aber ich möchte mich nicht binden, indem ich beispielsweise Hilfspriester in einem Pfarrverband werde. Das kann Nachteile haben, weil man betrachtet wird als jemand, der dazukommt und Planungen und Projekte durcheinanderwirft. Es kann auch sein, dass mich der neue Bischof um gewisse Dienste bittet.“

 

2 Antworten auf “Bischof Aloys Jousten: Fälle von Missbrauch in der Kirche „ein Tsunami“”

  1. Mein Leserbriefbeitrag zu diesem Thema dürfte sicher von dem einen oder anderen Ostbelgiendirekt-Leser gelesen worden sein. Es hat nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostbelgien sehr wohl Missbrauch gegeben, verübt von einem Geistlichen. U.a. war ein Familienmitglied von mir davon betroffen. Geschehen ist das etwa von Mitte 1950- in Mitte 1960.
    Eine Gerichtsverhandlung und danach Gefängnisaufenthalt hat es auch gegeben, dann erst kam die Versetzung nach Kevelaer

  2. Kerstges Angela

    Schön OD, dass Sie diesen Beitrag bringen!

    Sehr geehrter Msgr Alois Jousten! Hoffe sehr, dass auch Sie mal hier bei OD reinschauen und wenn nicht in 2013 meinen o.e. Leserbrief gelesen haben, dann ist ja möglich dank OD, darauf aufmerksam gemacht werden, dass sehr wohl in meinem Heimatort Honsfeld durch Pater Schneider, ein ehemaliger China-Missionar, sexueller Missbrauch statt gefunden hat. Sehr geehrter Herr Jousten, es ist unmöglich, mir vorzustellen, Ihnen sei die Auflistung der Fälle, die doch existieren dürfte, oder(?) nicht bekannt! Daher bin ich mehr als irritiert, aus Ihrem Munde im übertragenen Sinne, diese Negation zu hören. Ich bitte, Sie, Stellung zu beziehen zu diesen Vorfällen, die doch dank o.e. Auflistung bewiesen werden können! Oder werden Sie diese meinerseits vermutete Auflistung dementieren? Angela Kerstges

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