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Wolfgang Grupp gesteht einen Suizid-Versuch ein und macht Altersdepressionen zum Thema

22.10.2024, Baden-Wrttemberg, Burladingen: Wolfgang Grupp vom Bekleidungsunternehmen Trigema. Foto: Bernd Weibrod/dpa

Der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp, der wegen seiner kultigen TV-Spots im deutschen Fernsehen auch in Ostbelgien bekannt ist, hat einen Suizid-Versuch öffentlich gemacht. Sein Schicksal lenkt die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf das Thema Altersdepressionen.

„Ich bin im 84. Lebensjahr und leide an sogenannten Altersdepressionen. (…) Ich habe deswegen auch versucht, mein Leben zu beenden“, schrieb der 83-Jährige in einem Brief an seine ehemaligen Mitarbeiter, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Er habe sich Gedanken darüber gemacht, ob er überhaupt noch gebraucht werde. Er bedauere sehr, was geschehen sei und würde es gerne ungeschehen machen, schreibt der Unternehmer aus dem schwäbischen Burladingen.

05.11.2020, Baden-Württemberg, Burladingen: Wolfgang Grupp, Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema, sitzt unter einer Porträtreihe, die seine Frau, ihn und seine Eltern zeigen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Ihm gehe es den Umständen entsprechend gut, sein Dank gelte allen Ärzten, Rettungs- und Pflegekräften, schreibt Grupp in dem Brief. „Es kann etwas länger dauern, bis ich wieder ganz gesund bin.“ An andere Menschen, die unter Depressionen leiden, appellierte Grupp: «Suchen Sie sich professionelle Hilfe und begeben Sie sich in Behandlung.»

– Was ist Altersdepression? Depressionen im höheren Lebensalter werden als Altersdepression bezeichnet – diese unterscheiden sich von anderen Depressionen. Jüngere Betroffene sind meist niedergeschlagen und antriebslos. Bei älteren Menschen äußert sich die Krankheit hingegen anfänglich häufig durch körperliche Beschwerden.

20 Prozent der Menschen leiden demzufolge an einer Depression im Alter. Bei Menschen, die in Senioren- und Pflegeheimen leben, liege die Zahl sogar bei 30 bis 40 Prozent. Depressionen seien neben Demenz die häufigste psychische Erkrankung im Alter. Auslöser sind etwa der Renteneintritt, der Verlust von wichtigen Menschen oder schwere Krankheiten.

22.10.2024, Baden-Württemberg, Burladingen: Die Familie Grupp des Textilherstellers Trigema (v.l.) Wolfgang Grupp Junior (Sohn), Elisabeth (Mutter) und Wolfgang (Vater) und Bonita (Tochter) stehen 2024 für ein Familienfoto im Lager für Stoffballen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

– Klinikaufenthalt seit Tagen: Anfang vergangener Woche war bekanntgeworden, dass sich Grupp in einem Krankenhaus befindet. Trigema hatte den Gesundheitszustand von Grupp senior nur einmal kurz nach Bekanntwerden des Klinikaufenthalts kommentiert. Es gehe ihm altersentsprechend gut, hieß es damals. Weitere Angaben hatte eine Sprecherin seitdem nicht gemacht und darauf verwiesen, dass man zu gegebener Zeit wieder kommunizieren werde.

Unabhängig von dem Unternehmen hatte die Polizei damals einen Einsatz in Burladingen bestätigt – dem Wohnort Grupps. Demnach wurde ein verletzter Mensch aus einer Privatwohnung mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei wollte weiter keine Details nennen. Beamte seien vor Ort gewesen und hätten keine Fremdbeteiligung und keine Straftat festgestellt. Es gebe daher auch keinen Anlass für Ermittlungen.

– Grupp führte Trigema mehr als 50 Jahre: Der Textilunternehmer Wolfgang Grupp wurde 1942 in Burladingen geboren. Die Stadt liegt auf der Schwäbischen Alb (Zollernalbkreis) und hat etwas mehr als 12.000 Einwohner. 1969 übernahm Grupp die von seinem Großvater gegründete Firma. Mit eiserner Hand führte er Trigema aus den roten Zahlen. Trigema ist ein Hersteller von Wäsche, Freizeit- und Sportbekleidung und wirbt damit, zu 100 Prozent „Made in Germany“ anzubieten. 2023 lag der Produktionsumsatz bei 129,3 Millionen Euro, die Mitarbeiterzahl bei gut 1.140.

In seinem Brief schreibt Grupp: „Ich habe versucht, mein ganzes Leben in den Dienst von Trigema und den Kampf für die Interessen der Wirtschaft und des Mittelstands in Deutschland zu stellen. Ich weiß, dass ich oft unbequem war, aber ich bin dankbar für das was ich erreichen und erleben durfte.“

16.04.2019, Baden-Württemberg, Burladingen: Ein aufblasbarer Affe aus Kunststoff sitzt auf einem Dach des Textilunternehmens Trigema. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Anfang 2024 räumte Grupp den Chefposten und gab die Geschäftsführung an seinen Sohn Wolfgang Grupp junior und seine Tochter Bonita ab. Beide Kinder waren schon zuvor in der Firma tätig. Grupp junior erklärte die Aufgabenteilung Ende 2024 so: „Meine Schwester kümmert sich ums Personal, E-Commerce und Marketing. Meine Mutter verantwortet die Testgeschäfte. Ich bin zuständig für den B2B-Bereich, Verkauf, Logistik und IT.“

Grupp senior gilt als einer der profiliertesten und schillerndsten Kaufleute in Deutschland. Er wurde durch kultige Fernsehspots bekannt. In diesen warb ein Schimpanse im weißen Hemd und mit schwarzer Krawatte – verkleidet als Nachrichtensprecher – für T- und Sweatshirts des Mittelständlers. Das lebendige Tier wurde inzwischen von einer Computeranimation ersetzt.

Nicht nur wegen der kultigen TV-Spots mit dem Schimpansen ist Grupp senior bekannt. Auch in Talkshows war der frühere alleinige Trigema-Inhaber häufig zu Gast. Dort kritisierte er einen Größenwahn mancher Unternehmer und forderte die persönliche Haftung für alle Bosse: „Wir brauchen wieder Unternehmer mit Verantwortung, Disziplin und Vorbildfunktion.“ (dpa/cre)

10 Antworten auf “Wolfgang Grupp gesteht einen Suizid-Versuch ein und macht Altersdepressionen zum Thema”

  1. Hugo Egon Bernhard von Sinnen

    Wolfgang Grupp gibt einen gut gemeinten Ratschlag, jedoch ist zukünftig zu befürchten, dass es so viel professionelle Hilfe überhaupt nicht, für jeden geben kann. Bei der politischen Situation? Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt, das es nach dem großen Knall, wieder besser wird.
    Wünsche allen gute Besserung, die unter Depressionen leiden.

  2. Der Alte.

    Bei depressiven jüngeren Menschen scheint die Welt schwarz obwohl sie hellgrau ist. Stelle mir die Frage ob die Altersdepression nicht damit zu erklären ist, daß der Mensch die Lage realistisch einschätzt. Dann wären die Nicht-Altersdepressiven einfach nur unrealistische naive Optimisten.

    • Hugo Egon Bernhard von Sinnen

      #Der Alte. Ich habe meine Zweifel, ob sie einem depressiven Menschen, mit ihrer Vermutung geholfen haben und noch mehr Zweifel ich allerdings, beim Nachlesen daran, dass ich mit meinem Kommentar jemand geholfen habe ;-)
      Denke aber, das auch depressive, Humor haben, können, dürfen, wollen.

  3. In einer Gesellschaft, in der Depressionen immer noch gleichbedeutend mit „Balla Balla oder Irrenanstalt“ sind, finde ich es von diesem Mann sehr mutig offen darüber zu schreiben, und seinen Suizidversuch öffentlich zu machen.Alles was er damit ausdrückt, nämlich das Niemand allein ist,und sich Hilfe nehmen kann, ist schon eine Hilfe für diese Menschen. Das es jedem passieren kann, egal ob Millionär oder armer Mensch.

    • Jeder ist allein mit seinem Alter, jeder stirbt allein.Altersdepression ist die Normalität, nicht die Ausnahme, alte Menschen sind nicht blöd, sie wissen genau wo sie stehen und man muss schon ein grenzenloser Optimist sein um trotzdem zumindest nach Aussen fröhlich zu bleiben.
      Hinzu kommt, dass alte Menschen die Klagen niemand sehen will.
      Alt sein ist ein Makel, siehe die ganzen Posts bezüglich “ alte weisse Männer“ die hier rumgeistern.

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