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Kommunalwahlen in NRW: Wechsel oder Kontinuität im Aachener Rathaus? Die AfD lauert im Hintergrund

Wahlplakate in Aachen: Schafft es Sibylle Keupen, das Rathaus zu verteidigen? Gelingt der CDU mit Michael Ziemons das Comeback? Foto: OD

Die Kommunalwahl bei unseren Nachbarn in Nordrhein-Westfalen an diesem Sonntag, dem 14. September, verspricht in Aachen und der Städteregion ein politisches Kräftemessen von besonderer Brisanz.

In der Kaiserstadt selbst will Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (parteilos, unterstützt von Grünen) ihr Amt verteidigen. Keupen, die 2020 als Überraschungssiegerin ins Rathaus einzog, kann auf die Unterstützung eines breiten Lagers bauen und gilt als Favoritin. Doch die CDU will das Rathaus zurückerobern.

16.12.2022, Nordrhein-Westfalen, Aachen: Sibylle Keupen (l, parteilos), Oberbürgermeisterin von Aachen, und Jürgen Linden, einer ihrer Vorgänger als OB und heute Vorsitzender des Karlspreisdirektoriums, stehen bei einer Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Verleihung des Karlspreises 2023 vor einem Bild des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Foto: Henning Kaiser/dpa

Mit Michael Ziemons schicken die Christdemokraten einen erfahrenen Kommunalpolitiker ins Rennen, der die Verwaltungserfahrung und den Rückhalt seiner Partei mitbringt. Für die SPD tritt zudem der langjährige Fraktionschef Michael Servos an, der seiner Partei nach Jahren der Stagnation wieder ein eigenes Profil verschaffen möchte.

Damit deutet sich in Aachen ein Dreikampf um das Oberbürgermeisteramt an: Keupen, die als unabhängige Brückenbauerin punktet, aber auch schon zu einigen Projekten Kritik einstecken musste; Ziemons, der auf konservative Geschlossenheit setzt; und Servos, der versucht, die SPD aus ihrem Schattendasein zu befreien.

– Die AfD als Unsicherheitsfaktor: So sehr das Rennen um den Chefsessel im Rathaus die Schlagzeilen bestimmt – mindestens ebenso spannend wird die Frage, wie stark die AfD bei dieser Wahl abschneiden wird.

Bei der Bundestagswahl 2025 kam die Partei im Wahlkreis Aachen I (Stadt Aachen) auf 9,7 Prozent, im Wahlkreis Aachen II (Städteregion ohne Stadt) sogar auf 19,1 Prozent der Zweitstimmen. Damit hat sich die AfD (ob man will oder nicht) von einer Randerscheinung zu einer festen politischen Größe entwickelt – vor allem im Umland, wo Unzufriedenheit mit Strukturwandel, Migration und hohen Lebenshaltungskosten besonders groß ist. Stolberg, das durch die Flutkatastrophe 2021 immer noch mit ähnlichen Schwierigkeiten kämpft, wie die Eupener Unterstadt, gehört wahrscheinlich zu den interessantesten Wahlausgängen der Aachener Region.

In den Stadträten könnten diese Werte zu einer Zitterpartie führen: Schon zweistellige Ergebnisse reichen aus, um Ratsmehrheiten zu blockieren oder politische Entscheidungen zu verzögern. Zwar tritt die AfD in Aachen nicht mit einem eigenen OB-Kandidaten an, doch im Hintergrund könnte sie zur lautstarken Opposition und zum Störfaktor werden.

22.11.2024, Nordrhein-Westfalen, Aachen: Demonstranten stehen mit Plakaten auf der Kundgebung von „Wir sind Aachen“ auf dem Theaterplatz. Die Demonstration richtet sich gegen eine „Bürgerdialog“-Veranstaltung der AfD. Fotos: Oliver Berg/dpa

Ob es eine Rolle spielt, dass die AfD vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wurde, wird sich dann zeigen.

– Themen, die den Wahlkampf bestimmen: Die inhaltliche Agenda für den Wahlkampf liegt auf der Hand: Die Umsetzung des Strukturwandels nach dem Braunkohleausstieg einerseits, der angespannte Wohnungsmarkt in Aachen, die Verkehrs- und Pendlerproblematik in der Euregio andererseits sowie die Migrations- und Integrationspolitik. Gerade die beiden letzten Themen bergen enormes Konfliktpotenzial – und könnten der AfD weiteren Auftrieb geben.

Dabei kann die Region durchaus auch auf positive Beispiele aus der Vergangenheit verweisen: So ist es mit EU-Fördermitteln gelungen, erste Innovations- und Forschungszentren im Umfeld der RWTH Aachen und des Campus Jülich aufzubauen – ein Modell, das Arbeitsplätze schafft und auch für viele junge Menschen aus Ostbelgien Perspektiven eröffnet.

Beim Wohnungsbau wurden in den letzten Jahren mit Programmen wie „Aachen Nord wächst“ oder dem Umbau ehemaliger Kasernenareale neue Quartiere entwickelt, die zeigen, wie Stadtentwicklung sozial verträglich gelingen kann.

Auch im Bereich Verkehr gab es Fortschritte: Mit dem Ausbau des euregionalen Busnetzes, der Reaktivierung der Wurmtalbahn und Projekten wie dem Radschnellweg Aachen–Herzogenrath sind konkrete Verbesserungen für Pendler umgesetzt worden.

Die Aachener SPD setzt auf ihren langjährigen Fraktionschef Michael Servos. Foto: OD

Bei der Integration gibt es erfolgreiche lokale Initiativen – etwa Sprach- und Kulturprojekte in den Stadtteilen Aachen-Nord oder Eschweiler-West –, die zeigen, dass Zusammenleben funktionieren kann, wenn Politik und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. Die Aachener haben also die Wahl!

– Mehr als eine lokale Entscheidung: Für Ostbelgien lohnt der Blick über die Grenze: Aachen ist nicht nur die größte Nachbarstadt, sondern auch zentraler Partner in Kultur, Tourismus und Wirtschaft. Wer dort künftig die Geschicke lenkt, hat Einfluss auf die gesamte Euregio Maas-Rhein. Ein stabiles Rathaus und verlässliche politische Mehrheiten sind daher nicht nur für die Städteregion Aachen, sondern auch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Bedeutung.

Die Kommunalwahl in Aachen 2025 wird zu einer Richtungsentscheidung. Schafft es Keupen, das Rathaus zu verteidigen? Gelingt der CDU mit Ziemons das Comeback? Oder kann die SPD mit Servos neue Stärke zeigen? Klar ist: Ganz gleich, wer am Ende vorne liegt – Ostbelgien wird davon auch beeinflusst. (eb)

Hier eine Übersicht über die Oberbürgermeister der Stadt Aachen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland (1949):

  • 1952–1973: Hermann Heusch (CDU) – Zunächst kommissarisch ab 1946, dann offiziell Oberbürgermeister.
  • 1973–1989: Kurt Malangré (CDU) – Bekannt für seine enge Verbindung zu europäischen Institutionen, später auch Mitglied des Europäischen Parlaments.
  • 1989–2009: Jürgen Linden (SPD) – Besonders verbunden mit dem Karlspreis, den er über viele Jahre prägte.
  • 2009–2020: Marcel Philipp (CDU) – Fokussierte sich u. a. auf Stadtentwicklung und Hochschulkooperationen.
  • Seit 2020: Sibylle Keupen (parteilos, unterstützt von Grünen, SPD, Volt und anderen) – Erste Frau im Amt der Oberbürgermeisterin von Aachen.

Vor der Kommunalreform in Nordrhein-Westfalen (1994) war die Rolle des Oberbürgermeisters eher repräsentativ, während die eigentliche Verwaltung vom Oberstadtdirektor geführt wurde. Erst seit 1999 (nach Abschaffung der Doppelspitze in NRW) ist der Oberbürgermeister zugleich Verwaltungschef und politisches Stadtoberhaupt.

Eine Antwort auf “Kommunalwahlen in NRW: Wechsel oder Kontinuität im Aachener Rathaus? Die AfD lauert im Hintergrund”

  1. Jede Veränderung im politischen Establishment tut den Mainstreamparteien richtig weh. Dagegen wehrt man sich. Die Standard Parolen werden geschwungen. Dabei weist dieses Framing genau auf die Geschichtsvergessenheit der Grünen, SPD, Die Partei, CDU hin. Ich denke da an die Entgleisung von „Die Partei“ hin. In Monschau Imgenbroich hing ein Wahlplakat „Nazis töten“ unter dem Wahlplakat der AFD. Das ist schon heftig, was im Moment bei unseren Nachbarn passiert. Naja Frau Keulen tut Aachen nicht gut. …Eine gute Opposition ist darum essentiell, um auf die Missstände hinzuweisen.

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