Gesellschaft

Veruntreuung von öffentlichen Geldern für Besuche in Nachtclubs: Bewährungsstrafe

Blick in den Gerichtssaal an der Eupener Klötzerbahn. Foto: OD

Vor dem Eupener Strafgericht ist am Montag das Urteil gegen den Leiter der VoG Agentur für europäische Bildungsprogramme verkündet worden. Der Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten verurteilt. Die Strafe wurde für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt.

Der 58-jährige Eupener fälschte zwischen 2007 und 2012 Rechnungen und Belege, um Nachtclubbesuche in Belgien, Deutschland und Österreich zu vertuschen. Ein Nachtclub wird im Gerichtsurteil genannt: die „Luna Bar“ in Wien.

Das Gericht unter dem Vorsitz von Charles Heindrichs verurteilte den Angeklagten auch zu einer Geldstrafe von 600 Euro sowie zur Zahlung einer Prozesskostenvergütung (zu Gunsten der Agentur für Europäische Bildungsprogramme) in Höhe von 3300 Euro.

Strafmaß im unteren Bereich des Katalogs

Zudem muss der Angeklagte zivilrechtlich die Agentur noch entschädigen. Unter Vorbehalt neuer Erkenntnisse kam das Gericht auf eine noch zu zahlende Summe von knapp 67.000 Euro (zuzüglich Zinsen).

ministerium vorne

Das Gebäude des Ministeriums der DG in Eupen, in dem die Agentur für Europäische Bildungsprogramme untergebracht ist. Foto: OD

Insgesamt belief sich die Summe der veruntreuten Gelder auf über 104.000 Euro, was die Agentur selbst betrifft, zuzüglich knapp 11.000 Euro.

Letztere Summe betrifft eine VoG, deren Kassierer der Angeklagte war. Sie trat in dem Verfahren ebenso als Zivilpartei auf wie die DG.

Die Unregelmäßigkeiten waren 2012, als der Leiter der Agentur krankheitsbedingt abwesend war, aufgeflogen.

Angeklagt war auch ein Komplize, der zusammen mit dem Leiter der Agentur für europäische Bildungsprogramme diverse Reisen und Aufenthalte in Nachtclubs unternahm. Der Mann wurde zu 12 Monaten Gefängnis mit ebenfalls drei Jahren Strafaufschub (Bewährung) verurteilt.

Das Gericht bewegte sich bei der Festlegung des Strafmaßes im unteren Bereich. Es berücksichtigte u.a. die Tatsache, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war, Reue zeigte und mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hat. Dem Vernehmen nach wird der Angeklagte gegen das Urteil des Eupener Strafgerichts nicht in Berufung gehen.

Keine Vorverurteilung – Ermittlungen korrekt

Als erschwerend wertete das Gericht u.a. die kriminelle Energie, die der Angeklagte an den Tag legte, um die vielen Belege und Rechnungen zu fälschen, sowie die Ausnutzung seiner führenden Position als Leiter einer Agentur, die beträchtliche öffentliche Gelder zu verwalten hat.

Mit viel krimineller Energie sollten die Besuche von Nachtclubs vertuscht werden. Foto: Shutterstock

Mit viel krimineller Energie sollten die Besuche von Nachtclubs vertuscht werden. Foto: Shutterstock

Der Angeklagte und sein Rechtsbeistand hatten kritisiert, dass es nach Publikmachung des Falls durch Ministerium und Regierung der DG im Oktober 2012 in der hiesigen Öffentlichkeit zu einer Vorverurteilung gekommen sei. Außerdem seien die Ermittlungen zum Teil nicht fair und parteiisch geführt worden.

Diese Kritikpunkte wies das Gericht als unbegründet zurück. Der Angeklagte selbst habe in der Verhandlung vom 20. Oktober erklärt, dass er bei seinen Vernehmungen korrekt behandelt worden sei. Auch sei zum Beispiel bei der Bekanntmachung der Unregelmäßigkeiten der Name des Beschuldigten nicht genannt worden.

Nach Einschätzung des Gerichts kann man auch nicht behaupten, es habe eine Vorverurteilung des Angeklagten gegeben. Dass die Presse ausführlich über den Fall berichtet habe, sei angesichts der Tatsache, dass es um Veruntreuung von öffentlichen Geldern in beträchtlicher Höhe gehe, absolut nachvollziehbar, so Richter Charles Heindrichs. (cre)

Siehe auch Artikel „Jahrelang öffentliche Gelder für Besuche im Rotlichtmilieu veruntreut“

Siehe auch „Standpunkt“-Artikel „Veruntreuung von öffentlichen Geldern: Schlampige Kontrollen!“

39 Antworten auf “Veruntreuung von öffentlichen Geldern für Besuche in Nachtclubs: Bewährungsstrafe”

    • Moment mal, der hat doch nicht anschreiben lassen sondern bezahlt, wenn auch nicht mit seinem Geld; außerdem , könnte das nicht im weitesten Sinne auch als „Bildungsprogramm“ angesehen werden?
      Es gibt in diesem Bereich „Einrichtungen“
      wo beispielsweise „Französisch“ oral
      „kommuniziert“ wird…
      Nee, scherz beiseite, der Mann ist mit diesem Urteil gut davon gekommen

      • Und die anderen?

        Der Mann hatte lediglich „Pech“, dass seine Besuche in Sexclubs auf Kosten der Steuerzahler bei einer internen Kontrolle während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit aufgedeckt wurde. Ich denke nicht, dass ihr so naiv seid und glaubt, dass Parlamentarier und Minister sich nicht auch auf Kosten der Allgemeinheit begnügen….

  1. Zu gnädig das Gericht? Nun ja, wissen Sie, die eigentliche Strafe hat der Angeklagte ja schon gehabt. In einem kleinen Gebiet wie die DG, wo jeder jeden kennt, ist die Rufschädigung die wohl schlimmste Strafe, die du bekommen kannst.

  2. er hat so denke ich seine Strafe bekommen.

    Das Einzige was mich stört, ist, dass in diesem Fall nie der Name oder ein Foto des Angeklagten genannt wurde in den Medien und bei dem ehemaligen Leiter des ZAWM stets Foto + kompletter Name in der Presse stand….

    • Frunk Furian

      Die Bewaehrung wird sicher kein Problem sein! Wahrscheinlich wird er beruflich nie mehr die Möglichkeit bekommen zu derart kriminellen Machenschaften!
      Die wirklich gestraften sind seine Frau und seine Kinder.Ihnen zuliebe sollten nun auch die zum Teil primitiven und zerstörerischen Kommentare ein Ende finden!

  3. Blauäugig

    Bei den Strafen, die sehr oft in Belgien durch die Gerichte erteilt werden, kann ich nur den Kopf schütteln. Hier ist der Verurteilte vielleicht noch gut weggekommen.
    Heute steht auf der GE-Seite ein Bericht über den Straftäter, der ein Gartenzentrum in Lontzen in Schutt und Asche gelegt hat. Dieser Mann war anscheinend der Justiz bereits bestens bekannt – im Gegensatz zu vorliegendem Fall – und was wird gefordert: 240 !!! Arbeitsstunden. Den Schaden bezahlen – ebenfalls im Gegensatz zu vorliegendem Fall – wird er wohl niemals können.
    Arme Justiz in Belgien !!!

    • Réalité

      Wir haben schon eine komische Justiz in Belgien!
      Alles dauert viel zu lange!
      Manchmal Jahre langes Warten auf einen Prozess!
      Dann urplötzlich ein Freispruch!
      Haben kein Geld sagen sie!
      Viel zu wenig Gefängnisplätze!
      Killerbande von Brabant mit fast 30 Toten,und nach langen langen Jahren immer noch keine einzige Spur!Es ist 5 vor 12 wegen der Verjährung!Wo bleibt da ein Minister der der Sache mal Dampf und Seriosität gibt!?Sehr traurig für die vielen Opferfamilien!
      Rue Leonard Lüttich immer noch nichts!
      Die KB Lux Affäre mit Riesenschwindel im Anlagebereich,mit Freispruch nach zig Jahren und Haufenweise Prozesse!
      Komischerweise auch sehr viele Politikeraffären die nie richtig zum Abschluss kamen!

      Sehr schwache Justiz in Belgien und fernab der Realität!Und keiner tut was dran!?

      • Es reicht!

        Vergessen Sie nicht das Skandalurteil von Maldingen. Da hat doch ein Ankläger eine Frau auf dem Bürgersteig überrannt und ist mehrere Monate später per Zufall beim Lackieren seines Wagens ertappt worden. Der Richter vom Polizeigericht war krank und ein Rechtsanwalt hat ihn vertreten und ein lächerliches Urteil ausgesprochen oder nicht?

  4. Eupenmobil

    Es ist schon seltsam, wie mild die Gerichte oft urteilen. Der Angeklagte bekommt 18 Monate auf Bewährung. Seine vollen Pensionsrechte behält er. Er muss noch eine hohe Summe zurückzahlen, aber wenn er das nicht bräuchte, dann würde er gar nicht bestraft.

  5. Macht mal halblang Leute, immerhin hat er ja keinen umgebracht, misshandelt oder vergewaltigt. Der Mann ist in Eupen erledigt und wird bis zu seinem Lebensende mit dieser Sache in Verbindung gebracht werden das ist Strafe genug!

  6. Ex-Eupener

    Die Strafe auf Bewährung zu stellen liegt auch an den überfüllten Gefängnissen , aber da gibt es ja die Fußfessel und die wäre hier angebracht . Laut Gesetz wären für 18 Monate Strafe 5-6 Monate Fußfessel fällig . Das heißt dann die ganze Zeit schön braf zu Hause bleiben und sich maximal 50 Meter im Umkreis eines Zentralen Telefonanschlußes bewegen dürfen . Das geht ganz schön auf den Geist , das ist eine gute Strafe , oder wie in seinem Alter ebend Sozialstunden ableisten . Jeder Jugendliche der mal sein Moppet mal zu schnell hatte der muß das machen , dann können das auch Leute die immer nur auf ihrem Hintern gesessen haben auch .

    • ja, bin auch der Meinung das hier etwas nicht im Lot ist. Sozialstunden und ne Null mehr bei der Strafe, hätte ich als opportuner empfunden. Andere Bürger leisten ehrenamtliche Dienste ohne betrogen und hinterzogen zu haben.

  7. Zappel Bosch

    Wie sagte Frau Tatcher in punkto EU? : I want my money back!
    Vielleicht wollte der Angeklagte einfach nur – im Sinne Belgiens – zum gleichen Ziel beitragen…
    Sorry, schlechter Witz, konnte ich mir aber nicht verkneifen.

  8. Eifelfreund

    Das Urteil ist ein Skandal.
    Kleintâter werden strenger bestraft, aber hier ist ein hoher Beamter mit sehr viel krimineller Energie am Werk gewesen.
    Aber in Eupen kennt jeder jeden. Unsere Gerichtsbarkeit wird regelmässig mit ihren Grenzen konfontiert.
    Unsere DG ist zu klein, und jetzt sollen auch noch andere Kompetenzen übertragen werden.
    Besser wâre es, es gäbe keine DG.

  9. Mischutka

    Wenn man mal das Urteil „im Namen des Volkes“ mit anderen Urteilen vergleicht, ist es, meiner Meinung nach, wirklich ein Skandal ! Man stelle sich mal vor, ein braver Arbeiter klaut Geld aus der Kaffeekasse….. und damit ab in den Puff. Der würde doch das -zigfache an Strafe erhalten. Und wohl niemals mehr eine Stelle finden. Ich bin mir auch sicher, wenn man den (oder die) „Täter“ auch nur kurz auf die Sache ansprechen würde, würde man wohl viel härter verurteilt werden (wegen Beleidigung oder so).
    MfG.

  10. Der Wilde Gott

    Lachhaft, schmierig, ekelhaft. Gegen Theo Wilden wurden 2 Jahre FEST verlangt – dann 23 der 24 Anklagepunkte fallen gelassen. Die Justiz in der DG ist sowas von faul und unsinnig. Schonmal mit dem Friedensrichter zu tun gehabt? Der Frieden ist IMMER und AUSNAHMSLOS auf Seiten der befreundeten Wohlhabenden – wie im alten Rom :-)))

  11. Zaungast

    Wenn man manche Kommentare hier liest, ist man heilfroh, dass diese Leute nicht als Richter fungieren…

    Da würde auf dem Eupener Marktplatz wohl wieder die Guillotine aufgestellt oder ein Galgen auf der Moorenhöhe.

  12. Clementine von Ariel

    Vielleicht hilft ein Auszug aus einem fast 2000 Jahren alten Text von Lukas, der heute immer noch Bestand und Gültigkeit hat, denjenigen, die lieber auf Menschen herumtrappeln und ihre Würde derart beschädigen, dass es schwer ist, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben: Richtet nicht,
    dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht,
    dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander
    die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden.
    Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. Ich will hier nicht als Moralapostel auftreten, doch sollte man sich diese Psalmen mal vor Augen führen, ehe man mit Finger und Füsse auf den oder die Schuldigen zeigt.Wenn ich mir dann 100% sicher bin, das Richtige zu tun, ja dann muss ich halt weiter die Kommentare schreiben.Aber, es könnte Dich oder Euch morgen genau so treffen.

    • senfgeber

      Sie sollten sich vielleicht mal die einschlägigen Psalmen zum Thema „Unzucht“ vor Augen führen, vom 6. Gebot rede ich da erst gar nicht.

      Wollen Sie uns nahelegen, dass sich Herr H. bei seinem Treiben von theologischen Erwägungen leiten ließ? Es fällt mir übrigens immer wieder auf, dass sich Leute mit ähnlichen ethischen Profilen, die zu Lebzeiten die Sau rausließen und laute antiklerikale Töne spuckten, meistens auf einem kirchlichen Begräbnis bestehen, wenn es denn auf die letzten und endgültigen Dinge hingeht. Ein Nachlesen müsste diesen Leuten eigentlich nahelegen, dass sie ihren Lohn schon erhalten haben.

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