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TV-TIPP – Mario Adorf als Karl Marx: „Er ist noch aktueller als zu Lebzeiten“

Die Filmszene aus „Karl Marx - Der deutsche Prophet“ zeigt den alten Karl Marx (Mario Adorf) mit seiner Tochter Eleanor (Sarah Hostettler). Foto: Martin Christ/ZDF/dpa

Karl Marx war ein bedeutender Zeitgenosse. Nun wird er in einem TV-Film von einem ebenfalls bedeutenden Schauspieler dargestellt. Mario Adorf (87) spielt die Hauptrolle in dem Dokudrama „Karl Marx – der deutsche Prophet“, das am Mittwoch, dem 2. Mai 2018, um 20.15 Uhr im ZDF  zu sehen ist.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur spricht er über diese ganz besondere Rolle, wie er Karl Marx sieht, und darüber, was existenzielle Erfahrungen wie Hunger für ihn persönlich bedeutet haben.

– Der Philosoph Karl Marx scheint aktueller zu sein denn je. Sehen Sie das auch so?

Der Schauspieler Mario Adorf. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Mario Adorf: O ja, durchaus – das sehe ich auch so. Er ist im Grunde noch aktueller als zu seinen Lebzeiten. Der Zustand der Welt ist meines Erachtens noch viel dramatischer als damals, als es um die Schicksale der ausgebeuteten Arbeiter ging. Heute geht es global um das Unverhältnis von arm und reich, die sich immer mehr öffnende Schere von arm und reich.

– Wie sehen Sie Karl Marx als Persönlichkeit?

Adorf: Karl Marx ist ja schon allein als Persönlichkeit bemerkenswert. Ein großer Denker. In seiner Theorie wollte er die Welt retten, war aber nicht in der Lage, seiner Familie das tägliche Brot zu verschaffen. Bei allem Selbstbewusstsein, über das er wohl verfügte, muss er eine ziemlich zerrissene Figur gewesen sein. Er hatte im Grundsatz wohl in vielem recht, aber – so sah er es selbst – wenn er nicht recht hatte, so hatte er im Unrecht doch noch mehr recht als die anderen.

– Es gibt Themen wie Armut, Hunger, Ungerechtigkeit, die allesamt nichts an Aktualität eingebüßt haben.

Adorf: Wohl wahr. Wenn man nicht gehungert hat im Leben, dann kann man wohl kaum Verständnis dafür haben, was das bedeutet und wie weh das tun kann. Diese Erfahrung prägte zehn Jahre meines Lebens in der Nachkriegszeit, und ich möchte sie niemandem wünschen. Ich war auch nicht immer willkommen, in Italien war ich Fremdarbeiter und manchmal sehr unerwünscht. Ich wurde in Hollywood noch 1964 als Nazi verdächtigt. Diese Erfahrungen schwingen noch immer in mir mit. Ich habe mich immer als Europäer gesehen und wünsche mir den Erhalt eines starken Europas. Umso mehr schmerzt es mich, wenn ich derzeit sehe, was in Italien, in Osteuropa, aber auch bei uns passiert. Das ist schon sehr besorgniserregend.

– Wie haben Sie sich der Figur Karl Marx genähert?

27.10.2017, London: Besucher fotografieren das Grab von Karl Marx auf dem Londoner Friedhof Highgate. Die Büste wurde 1956 von der Kommunistischen Partei Großbritanniens errichtet. Foto: Christoph Driessen/dpa

Adorf: Allzu sehr musste ich mich gar nicht vorbereiten, denn ich trug mich ja schon jahrelang mit dem Gedanken herum, diese Figur spielen zu wollen. Insofern hatte ich mich schon länger mit Karl Marx und seinem Leben beschäftigt. Wichtiger war jetzt zu erfahren, wie ich rein äußerlich zu dieser Figur werde, also wie schwierig es sein würde, sich in einer solchen Maske zu bewegen.

– Sind Sie mit der Erzählform des Dokudramas zufrieden?

Adorf: Ein reiner Spielfilm wäre mir lieber gewesen, mit einer Dokumentation davor oder danach. Das Dokudrama ist als eine Mischform von Dokumentation und Fiktion gewöhnungsbedürftig, weil sich beim Zuschauen die dokumentarischen und fiktionalen Teile zwar besser erklären, sich aber oft auch gegenseitig stören und enttäuschen können.

– Woran arbeiten Sie derzeit?

Adorf: Gerade habe ich eine kleine Gastrolle in einem Film mit Christiane Hörbiger (AT: „Einmal Sohn, immer Sohn“, Das Erste) abgedreht, danach ist ein Kurzfilm geplant nach der Geschichte „Schischyphusch“ von Wolfgang Borchert. Mit dem Theaterspielen habe ich vor einigen Jahren aufgehört, weil es zu zeitraubend geworden ist. Ich warte auf weitere Filmangebote und kann sagen, dass mir das Spielen immer noch Spaß macht.

ZUR PERSON

MARIO ADORF (87) wurde am 8. September 1930 in Zürich geboren. Große Bekanntheit erlangte er mit den Kinofilmen „08/15“ (1954/55), „Nachts, wenn der Teufel ka“ (1957) sowie „Winnetou I“ (1963). Er drehte ferner Filme wie „Die Blechtrommel“ (1978) und “Lola“ (1981). Für das Fernsehen entstanden „Der große Bellheim“ (1993, ZDF) oder „Altersglühen – Speed Dating für Senioren“ (2014, Das Erste). In dem Dreiteiler „Winnetou – Der Mythos lebt“ (2016, RTL) war er als Schurke Santer zu sehen. Mario Adorf spielte an vielen Theatern, schreibt Bücher und lebt in München und Paris. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf „Ostbelgien Direkt“:

19 Antworten auf “TV-TIPP – Mario Adorf als Karl Marx: „Er ist noch aktueller als zu Lebzeiten“”

  1. abendland

    hab ich gesehen, kann ich nur waermstens empfehlen.
    marxismus ist mehr glauben als realitaet.
    und marx war auch ein ganz guter kapitalist auf kosten seines freundes friedrich engels.
    kommunismus war schon zu lebzeiten marxes eine illusion.

    • karlh1berens

      Engels war der Kapitalist, Marx war Philosoph und beide haben die kommende Krise des Kapitalismus vorhergesehen. Der Kapitalismus wird ganz demnächst noch toter als der Kommunismus sein. Auf einem Planeten mit endlichen Resourcen wird uns der Kapitalismus an die Wand fahren. Das Gute : Sie werden’s noch erleben.

      • Der bevorstehende Tod des Kapitalismus ist so wie die Wiederkehr Christie, wird ständig verkündet, tritt aber niemals ein. Ich empfehle Ihnen den Film „Margin Call“, besonders den quasi Monolog von Jeremy Irons, alias John Tuld, über den Dächern New Yorks, im Beisein von Kevin Spacey, alias Sam Rogers. Der Kapitalismus reflektiert das Wesen des Menschen, der Kommunismus die Illusion, der Selbstbetrug dem der Mensch sich hingibt. Der Kapitalismus stirbt erst mit dem letzten Menschen. Bis dahin ist ja noch was Zeit seinen Tod zu prognostizieren….

        • karlh1berens

          Wenn der Kapitalismus in Syrien nicht das bekommt was er will, weil die Syrer (bzw dereren Schutzmächte) das aber partout nicht hergeben wollen, wird’s notgedrungen (wegen fehlender Alternativen) zum atomaren Schlagabtausch kommen. Der Kapitalismus ging schon immer über Leichen. Wenn das Dollar-zentrierte Lager in’s Wanken gerät – und es wankt an allen Ecken – gibt’s Krieg. Das wird zuerst ein Währungskrieg bzw ein Handelskrieg sein (ist schon voll im Gange) und wenn dann die letzten Felle drohen, fortzuschwimmen, wird der Kapitalismus um sich schlagen wie ein Ertrinkender. Der Kapitalismus (der, da muss man sich keine Illusionen machen, nur aus einer handvollen Anzahl von Personen besteht und eben nicht in der „menschlichen Natur“ begründet ist, wie es der Masse immer vorgeschwindelt wird) oder, besser ausgedrückt, diese wenigen Kapitalisten glauben („denken“, fabulieren), sie hätten eine Chance, mit heiler Haut davonzukommen. Das ist in letzter Konsequenz der einzige Grund warum sie bereit sind so weit zu gehen. Bis jetzt hat’s ja auch meistens geklappt. Wir werden in Kürze, zum ersten mal in der Menschheitsgeschichte, erleben, was ein geballter weltweiter atomarer Schlagabtausch vom kapitalistischen System übrig lässt. Spätestens seit dem 13. April bin ich mir sicher, das eine Hand voll Geistesgestörte bereit ist, diesen Test zu machen. Und wenn dieser Test dann eben unbedingt gemacht werden muss, bin ich gespannt auf das Resultat.
          Wie sagte der Ami : Let’s go – on full ‚d Trapp raaf.

      • abendland

        @ berens
        das „ende des Kapitalismus“ oder floskeln wie „spaetkapitalismus“ existieren nur in der marxistisch kommunistischen mythologie.
        da jeder mensch ein kapitalist ist, einschliesslich marx, wird es nie ein ende des kapitalismus geben, ausser der staat verbietet die marktwirtschaft.

    • karlh1berens

      https://www.tagesspiegel.de/medien/film-zum-kapitalismuskritiker-karl-marx-der-deutsche-prophet/21219814.html

      „Diese Doku-Mischung aus historischem, von Experten referierten Marx und dem fiktiv zum Leben erweckten privaten Mohr, dazu die Fixierung auf das Lebensende – Rückblenden auf frühe Lebensstationen sind kaum mehr als bewegte Bilder – erzeugt ein melancholisches, aber trügerischeres Gefühl: Alles ist vergänglich.

      Der Zuschauer soll mit Mohr weinen, aber geschont werden vor der anstrengenden Gedankenarbeit des Karl Marx. Seine Ahnungen über ein notwendiges Ende des Kapitalismus bleiben trotz Bilderschnitzeln entfesselter industrieller Produktion trockenes Expertenlatein. Gibt es eine Wahrheit hinter den Bildern? Bildungsproletarier des TV-Zeitalters, lasst uns die blauen Bänder aus dem Regal zurückholen. Lesen ist Klassenkampf.“

      Wenn „Abendland“ eine Empfehlung abgibt dann weiß ich : Nein, diesen Film werde ich mir nicht antun. Schließlich möchte ich Adorf in guter Erinnerung behalten.

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