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TV-TIPP – „An einem Tag im September“: Das erste Treffen zwischen Adenauer und De Gaulle [Mo. 15/09, ZDF, 20h15]

Bundeskanzler Konrad Adenauer (Burghart Klaußner, 2.v.r.) und Staatspräsident Charles de Gaulle (Jean-Yves Berteloot, M.) begegnen sich zum ersten Mal im beschaulichen Colombey-les-Deux-Églises am 14. September 1958. Ehefrau Yvonne de Gaulle (Hélène Alexandridis, 2.v.l.), Sohn Philippe de Gaulle (Pierre Lognay, l.) und Adenauers Berater Günther Bachmann (Fabian Busch, r.) schauen mit Spannung auf das Treffen. Foto: Nico Neefs/dpa

Ein gelungener Film schildert die erste Begegnung zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle. Zu sehen ist das Historiendrama im ZDF-Streamingportal und linear im Fernsehen im ZDF an diesem Montag, dem 15. September, um 20.15 Uhr.

Eine schwarze Limousine mit kleiner Polizei-Eskorte gleitet an einem goldenen Spätsommertag durch eine Allee. Auf dem Rücksitz ein Mann mit maskenhaft verschlossenem Gesicht. „Und wer ist schuld, wenn es schiefgeht?“, sagt er plötzlich. Sein Mitarbeiter hält ihm entgegen: „Das fragen Sie doch auch sonst nicht, Herr Bundeskanzler.“

So beginnt der unbedingt sehenswerte Fernsehfilm „An einem Tag im September“. Er zeichnet das erste Zusammentreffen von Konrad Adenauer mit Ministerpräsident Charles de Gaulle in dessen Privathaus im Nordosten Frankreichs nach.

Die beiden Staatsmänner Konrad Adenauer (Burghart Klaußner, l) und Charles de Gaulle (Jean-Yves Berteloot) bauen Vertrauen zueinander auf in einer Szene aus dem Fernsehdrama „An einem Tag im September“. Foto: Frank Dicks/ZDF/dpa

Adenauer graute vor dem Besuch. Der erste Kanzler der Bundesrepublik verband mit dem französischen General ausschließlich Negatives: Kurz nach dem Krieg hatte dieser Deutschland in mehrere Teilstaaten zerstückeln wollen, dann hatte er die geplante Europäische Verteidigungsgemeinschaft torpediert und immer wieder das europäische Einigungsprojekt als Verrat an französischen Interessen angegriffen.

– Am Anfang verfährt sich Adenauer in Frankreich: Dennoch fanden der Deutsche und der Franzose an diesem 14. September 1958 auf einer persönlichen Ebene zusammen. Und eben das schildert der Film von Kai Wessel. In den hervorragend besetzten Hauptrollen glänzen Burghart Klaußner als Adenauer und Jean-Yves Bartelt als de Gaulle. Klaußner hat aus den Dreharbeiten mitgenommen: „Man bekommt durch den Film und die Beschäftigung mit dem Stoff eine Ahnung davon, wie viel wichtiger persönliche Beziehungen in der Politik sein mögen als wir uns gemeinhin vorstellen.“

Über den Ablauf der Begegnung sind einige Details bekannt: Adenauer verspätete sich, weil seine kleine Wagenkolonne zunächst irrtümlich nicht de Gaulles Wohnort Colombey-les-Deux-Eglises ansteuerte, sondern das etwa 100 Kilometer entfernte Colombey-les-Belles. Als der Kanzler schließlich eintraf, ging de Gaulle sofort auf ihn zu, schüttelte ihm die Hand und sprach Deutsch.

21.01.1963, Frankreich, Paris: Die Unterzeichnung des Élyseé-Vertrages, des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, am 22.01.1963 in Paris besiegeln Bundeskanzler Konrad Adenauer (Vordergrund, l) und der französische Ministerpräsident Charles de Gaulle (Vordergrund, r) mit Freundschaftsküssen. Foto: UPI/dpa

Denn er war im Ersten Weltkrieg zweieinhalb Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft gewesen. Allerdings waren seine Kenntnisse mittlerweile etwas eingerostet. Statt «Wie geht es Ihnen?» fragte er seinen Gast: „Wie gehen Sie?“ Woraufhin dieser verdutzt erwiderte: „Zu Fuß.“ Die Anekdote wird heute noch gern vom ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zum Besten gegeben.

Wann genau es zwischen den beiden höchst unterschiedlichen Männern an jenem Tag klickte, kann kein Historiker mit Sicherheit sagen. Vermutlich spielte ihr gemeinsamer katholischer Glaube eine Rolle, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem abendländischen Erbe, das zurückging auf das Reich Karls des Großen.

Auch teilten beide Staatsleute bei allem Machtkalkül ethische und demokratische Grundüberzeugungen, die sie auch im Krieg und unter dem Druck der NS-Diktatur nicht preisgegeben hatten. Gleichwohl stand Drehbuchautor Fred Breinersdorfer vor der Aufgabe, die vorhandenen Lücken zu füllen und eine Dramaturgie für seinen 90-Minuten-Film zu finden.

Er schmückte dafür unter anderem die Geschichte von de Gaulles Köchin Louise aus, die sich damals dagegen sträubte, für die verhassten Deutschen zu kochen. Und er erfand zwei junge Journalistinnen, die für die Zukunft und die Visionen der Jugend stehen sollen.

– De Gaulles Ehefrau Yvonne bricht das Eis: Vor allem aber baute Breinersdorfer den Part von de Gaulles Ehefrau Yvonne, dargestellt von Hélène Alexandridis, aus. Im Film ist es letztlich sie, die das Eis zwischen de Gaulle und Adenauer bricht, indem sie das Gespräch auf Schicksalsschläge aus ihrem Privatleben lenkt. All diese Einfälle des Autors kommen dem Film zugute.

08.02.1961, Frankreich, Paris: Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle posiert mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer auf den Stufen des Pariser Elysee Palastes, aufgenommen am 9.2.1961. Foto: UPI/dpa

In einem Punkt allerdings wird die Geschichte dann doch verzerrt. Der Film erweckt den Eindruck, als wären Deutsche und Franzosen erst im Jahr 1958 in Gestalt von Adenauer und de Gaulle erstmals daran gegangen, das beiderseitige Verhältnis zu kitten. Das ist falsch. Anders als im Film dargestellt, bewarfen französische Dorfbewohner Adenauers Limousine nicht mit Eiern, sondern winkten ihm freundlich zu.

Denn vor de Gaulle hatten eben schon zwei andere große Franzosen dem „Erbfeind“ die Hand gereicht: Jean Monnet und Robert Schuman, die Architekten der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, des Vorläufers der heutigen Europäischen Union. Und 1957 waren die Römischen Verträge unterzeichnet worden, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) begründeten. Ermöglicht hatte das eine enge Zusammenarbeit Adenauers mit dem damaligen französischen Ministerpräsidenten Guy Mollet, der heute zu Unrecht völlig vergessen ist.

– Ein Europafreund war de Gaulle in Wahrheit nicht: Dass de Gaulle ein erklärter Gegner der EWG war, weil er in überstaatlichen Institutionen wie der Brüsseler Kommission und dem Europäischen Parlament eine inakzeptable Beschneidung französischer Souveränität sah, klingt im Film nur ganz am Rande an.

Der Abschluss des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags war 1963 hochumstritten, weil ihn de Gaulle als Grundlage einer strategischen Allianz begriff, die Frankreich dank des wirtschaftlichen Gewichts der jungen Bundesrepublik zu alter Größe zurück verhelfen sollte. Um dem entgegenzuwirken, stellte der Bundestag dem Vertrag ein klares Bekenntnis zu USA und Nato voran – de Gaulle kochte vor Wut.

Dies schmälert nicht sein historisches Verdienst, die gerade erst begonnene Annäherung zwischen den beiden ehemals verfeindeten Nationen zur engen Partnerschaft ausgebaut zu haben. Der Film feiert das völlig zurecht. Zwei alte Männer sind damals aufeinander zugegangen, so schwer es ihnen auch fiel. Millionen Menschen profitieren bis heute davon. (dpa)

3 Antworten auf “TV-TIPP – „An einem Tag im September“: Das erste Treffen zwischen Adenauer und De Gaulle [Mo. 15/09, ZDF, 20h15]”

  1. Alfons van Compernolle

    Ein sehr , sehr , guter sehr sehenswerter Film , dass muss ich ehrlich bekennen !!
    Genauso, wie der Antikriegsfilm „DIE BRUECKE“ von 1959 und Reg. Wicki ! Sehr sehr sehenswert !

  2. Guido Scholzen

    Welch ein Klischee-hafter Klamauk!

    Im Jahr 2000 kamen im ZDF etliche Dokudramen wie ‚Deutschlandspiel‘ (2 Teile über Mauerfall und Wiedervereinigung) oder auch TV-Filme gleichen Formates in anderen Jahren über den Terroristen-Herbst 1977.
    Damals konnten wir Geschichte erfahren, indem einfach abends ein Film im TV lief – belehrend und unterhaltend zugleich. Solche Fernsehfilme waren besser als mancher Kinohit.

    Diese Produktion hier übers Treffen Adenauer und de Gaule hingegen ist eine dermaßen mit Platitüden vollgeladener Schinken, dass man sich wirklich fragt, was der Filmemacher mit diesem Werk überhaupt vermitteln will: Zeitgeschichte bestimmt nicht. Da gibt es genug und sehr gute Dokumentationen auf ARTE. Auch Heranwachsende, die über die Werdung eines Vereinten Europas informiert werden wollen, gehen hier leider leer aus, denn es gibt Youtube-Videos, die besser informieren.
    In diesem Fernsehfilm sind haufenweise Aussagen vorhanden, die Spekulationen aller Art hervorrufen. Aber solange diese Schlussfolgerungen politisch korrekt sind anstatt historisch belegt, ist alles in Ordnung, nicht wahr.
    Das Verhältnis von Franzosen und Deutsche wird in eine Schwarz-Weiß-Malerei getaucht, als wäre der 2. Weltkrieg oder auch der 1. Weltkrieg oder die deutsche Reichsgründung in Versailles oder die Schlacht von Waterloo erst gerade 2 Wochen her, auf dass das Klischee der ‚Erbfeindschaft‘ nie vergehen möge: Das filmische Resultat ist eine unglaubwürdige Suppe, die Menschen nicht auslöffeln würden, wenn sie wirklich ein geeintes Europa wöllten.
    eine gute Doku ist dann doch besser.
    Ebenfalls sind die Gespräche der Protagonisten eine Anhäufung von hölzernen Dialogen, und da fragt sich jeder Interessierte, ob die hohe Politik wirklich so organisiert wird.
    Eher Nein.
    Das öffentlich rechtliche Fernsehen in D’land hat zuviel Geld und dieses Geld muss verpulvert werden – aber bitte politisch korrekt, sonst wird jedem Produzenten der Geldhahn zugedreht.
    Qualität sieht anders aus.

  3. Habe den Film gesehen im großen Ganzen nicht schlecht! Hat die deutsche Überheblichkeit schon gezeigt nach den Verbrechen an Frankreich und nicht unbedingt sich gedemütigt gefühlt ! Und ein Satz wurde eingefügt bei der Heimreise mit Abstecher in Luxemburg! Waren schon immer die besten Freunde ? Junker und co bis heute !

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