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Nach 50 Jahren Betrieb wird der Reaktor Tihange 1 in der Nacht abgeschaltet – Nur Tihange 3 ist noch aktiv

Das Kernkraftwerk von Tihange. Foto: Shutterstock

Nach einem halben Jahrhundert Betrieb wird der Kernreaktor Tihange 1 in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch vom Netz genommen. Die Föderalregierung hofft jedoch, dass es sich nicht um eine endgültige Abschaltung handelt.

Tihange 1 ist damit nach Doel 3, Tihange 2 und Doel 1 der vierte belgische Reaktor, der stillgelegt wird. Die Schließung von Doel 2 ist für Ende November geplant. Damit bleiben noch zwei Blöcke in Betrieb: Doel 4 und Tihange 3. Deren Betriebsdauer wurde bis 2035 verlängert.

Der Bau von Tihange 1 am Ufer der Maas in der Nähe von Huy (Provinz Lüttich) begann 1969, und die erste Stromproduktion erfolgte am 1. Oktober 1975. Der Reaktor mit einer Leistung von 962 Megawatt, der zu gleichen Teilen Engie und EDF Belgium gehört, hätte normalerweise 2015 stillgelegt werden sollen. Aus Gründen der Versorgungssicherheit wurde sein Betrieb jedoch um zehn Jahre bis zum laufenden Jahr verlängert.

Die Menschenkette vor den Kühltürmen des AKW Tihange am 25. Juni 2017. Foto: OD

Am heutigen Dienstagabend werden die Mitarbeiter im Kontrollraum den Reaktor endgültig abschalten und vom Hochspannungsnetz trennen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Stilllegungsphase zur Vorbereitung des Rückbaus: Der Reaktor wird entladen und der Brennstoff gekühlt, bevor er zu einem Zwischenlager gebracht wird, und der Primärkreislauf wird chemisch gereinigt. Diese Arbeiten werden sich über mehrere Jahre erstrecken.

Die eigentliche Stilllegungsphase ist erst für 2028 vorgesehen und soll bis 2040 dauern, wobei insbesondere der Reaktorbehälter zurückgebaut wird.

Die Regierung möchte diese Arbeiten jedoch verzögern. Sie hat Engie, den einzigen Betreiber, gebeten, keine irreversiblen Maßnahmen zu ergreifen, bis die Gespräche über eine mögliche Verlängerung abgeschlossen sind. „Der Energieminister Mathieu Bihet hat Gespräche mit den Eigentümern der belgischen Kernkraftwerke aufgenommen“, heißt es aus seinem Kabinett.

Das Atomkraftwerk Tihange bei Lüttich. Foto: Oliver Berg/dpa

Die Durchführbarkeit dieses Szenarios bleibt jedoch ungewiss. Engie hat bereits mehrfach erklärt, dass es keine weiteren Reaktoren als Doel 4 und Tihange 3 betreiben möchte. Der Weiterbetrieb von Tihange 1 würde zudem erhebliche Investitionen in die Modernisierung und eine zehnjährige Sicherheitsüberprüfung erfordern.

Es stellen sich auch Fragen hinsichtlich der Kapazität des Lütticher Stromnetzes. In der Region befinden sich zwei Gaskraftwerke im Bau, und Elia, der Netzbetreiber, hat eine Folgenabschätzung durchgeführt. Dieser Studie zufolge wäre eine Verlängerung ab 2027 technisch möglich, würde jedoch bis zum Ausbau der Infrastruktur zu Überlastungen im Netz führen. Diese Überlastungen könnten durch Begrenzungsmaßnahmen bewältigt werden, die zusätzliche Kosten verursachen würden, die jedoch im Hinblick auf die größeren Herausforderungen im Zusammenhang mit einem Ausstieg aus der Kernenergie oder einer Verlängerung der Laufzeiten als „relativ gering” angesehen werden. (cre)

10 Antworten auf “Nach 50 Jahren Betrieb wird der Reaktor Tihange 1 in der Nacht abgeschaltet – Nur Tihange 3 ist noch aktiv”

    • Alfons van Compernolle

      DAX: nein, der Reaktor hat im inneren Reaktorgehaeuse , dass eine oder andere Problem , welche sich nicht mal eben so beheben lassen , aber sehr gefaehrlich werden koennen. Und 50 Jahre ist eine enorme Laufzeit , wenn man damalige zur verfuegung stehende Materialien in Erinnerung ruft.

  1. meinemeinungdazu

    Schade werter Herr Cremer, dass sie nicht näher auf ihre Formulierung „Begrenzungsmassnahmen“ eingehen.
    Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
    Sind etwa zeitliche Strombegrenzungen oder etwa Stromabschaltungen zu gewissen Uhrzeiten für gewisse Regionen, Strassenzüge gemeint?

  2. Der Alte

    Zumindest hat die belgische Politik erkannt, dass die Zukunft der belgischen Stromproduktion nicht alleine durch sogenannte „erneuerbare‘ Primärenergie gesichert werden kann. Dass sich die Stromproduzenten das jahrzehntelange Irrlichtern königlich vergüten lassen ist natürlich klar. Erst Subventionen für Windmühlen kassieren und nun Subventionen für die Verlängerung von Kernkraftwerke herausverhandeln, in Erwartung der Inbetriebnahme von SMR. Hinzu kommen Entgelte für die Bereitstellung von Gaskraftwerken zur Absicherung der Netze und der Produktionsverfahren bei Dunkelflauten. Von Weltenrettung beseelte Politiker muss sich eine Volkswirtschaft leisten können.

  3. Joseph Meyer

    „Es stellen sich auch Fragen hinsichtlich der Kapazität des Lütticher Stromnetzes“, so ist es, den wenn die Dinosaurier, Kern- und Kohlekraftwerke, Strom ins Netz einspeisen, dann eliminieren sie jeden möglichen Konkurrenten insbesondere Wind- und Photovoltaikanlagen! Dann werden kräftig drehende Windräder abgestellt oder der Strom von Photovoltaikanlagen in der Mittagssonne wird verworfen oder verschenkt, weil unsere Politiker ja nicht in der Lage sind, Langzeitspeicher für erneuerbaren Strom vorzusehen sprich Batteriekapazitäten lokal und regional, oder Blockheizkraftwetke oder auch kleine regionale Gaskraftwerke die mit solarem Methan betrieben werden können. Man möchte halt keine 100%ige erneuerbare Energieversorgung, denn die wäre dezentral und würde die Menschen individuell, die Bevölkerung energetisch, wirtschaftlich und finanziell „ermächtigen“, dann wären die braven Bürger, die Schäflein, nicht mehr so abhängig und die Macht würde den Politikern zwischen den Fingern entgleiten …

    • R.A. Punzel

      @Joseph Meyer: Werter Herr Meyer, sie scheinen da etwas zu verwechseln: Unsere Politiker sind zu allem fähig, aber leider zu gar nichts zu gebrauchen (was außerhalb deren Brieftasche liegt).

    • Bei der Vorstellung des P. Arimont im Eupen Plaza kam als Experte ein Francesco Contino (Hochschullehrer) zu Wort. Neben all den grünen Spinnereien hatte er aber eine korrekte Schlussfolgerung aus der Physik gezogen, der aktuelle Energiebedarf ist durch Erneuerbare zu höchstens 1/3 zu decken. Bemerkenswertes Eingeständnis. Auch seine Schlussfolgerungen daraus waren stringent, nur durch Enthaltsamkeit (sobriété) kann man die aktuelle Energiestruktur „überwinden“. Ihre Vorstellungen, Herr Meyer, von Stromspeicher bis zu „solarem Methan“ sind nichts als Hirngespinste. P. Arimont ging seiner Zeit nicht auf die „sobriété“ seines Experten ein, er hatte die Tragweite dieser Aussage gar nicht verstanden, und die anderen Experten auf der Bühne übergingen es, wenn auch aus anderen Gründen, ebenso. Dass Sie Leuten wie mir, die am „alten“ festhalten, nicht folgen wollen kann ich nachvollziehen aber dass die grün Überzeugten selbst ihre eigenen Experten ausblenden sobald deren Botschaft nicht mit den Heilversprechen des kommenden grünen Paradieses übereinstimmen, ist doch bedenklich. Könnte ein Indiz einer pathologischen Bewusstseinsstörung sein. Denken Sie einmal darüber nach…

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