Gesellschaft

Smartphone hat im Kinderzimmer nichts zu suchen – Besser eine „gepflegte Langeweile“

Ein Kind mit Smartphone vor dem Einschlafen. Foto: Shuttertock

Neue Medien sind praktisch und nützlich. Sie helfen uns in vielerlei Hinsicht und sind unser ständiger Begleiter – zu Hause, bei der Arbeit und zwischendurch. Doch was, wenn der technologische Fortschritt Einzug ins Kinderzimmer hält? Mit eben dieser Frage beschäftigte sich der Journalist und Medienexperte Thomas Feibel am Mittwoch bei einem Diskussionsabend anlässlich des „Safer Internet Day“ in Eupen.

Seit einigen Jahren tourt Thomas Feibel durch Deutschland und referiert über das immer präsenter werdende Thema „Kinder und Technik“, oder genauer: „Facebook, Killerspiele und Computersucht – Brauchen neue Medien neue Erziehungsmethoden?“

Dass neue und alte Medien viele Chancen und Möglichkeiten bieten, der Meinung ist auch Kulturministerin Isabelle Weykmans (PFF): „Wir bemühen uns schon seit geraumer Zeit, die Aufmerksamkeit auf die Medienkompetenz zu lenken. Medien gehören zum Alltag von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen.“

Neben den positiven Aspekten, wie permanentem Informationszugang und Mitgestaltung, berge die Entwicklung auf medientechnischer Ebene allerdings auch einige Gefahren, so Weykmans.

Medien eignen sich sehr gut als Babysitter

Medienexperte Thomas Feibel bei seinem Referat. Foto: Jannis Mattar

Medienexperte Thomas Feibel bei seinem Referat. Foto: Jannis Mattar

Der Berliner Medienexperte Feibel sprach im Europasaal des Ministeriums der DG auch den Gefahrenaspekt an. Jedoch ruft er vor allem die Eltern auf den Plan. „Ich bin ein absoluter Gegner von Fernseher und Smartphone im Kinderzimmer. Aber wie kommen solche Sachen dahin?“ Die Antwort ist einfach: „Weil wir als Eltern sie kaufen.“

Auch die Frage nach dem Warum lässt sich leicht beantworten. Medien eignen sich sehr gut als Babysitter. Schließlich sei es viel einfacher, dem Kind seinen eigenen Fernseher ins Zimmer zu stellen als Sonntagabend darum zu kämpfen, den Tatort schauen zu können. „Wir können den Kindern nicht sagen, dass sie weniger fernsehen sollen, während wir selbst vor der Glotze sitzen“, so Feibel.

Generell sei das Vorleben einer der wichtigsten Punkte bei der Medienerziehung. Denn Kinder reagieren vielmehr auf das, was man ihnen vorlebt, als auf das, was man ihnen sagt.

Gleiches gelte auch für die so oft gescholtenen „Killerspiele“. Sensationsgier und die Faszination für Gewalt seien keine Erfindung der Spieleindustrie. „Man muss nur mal die Zeitungen aufschlagen“, so der Medienexperte: „Da steht nichts über die neue Blume des Jahres, sondern über Unglücke, Attentate und Katastrophen.“ Und auch wenn das von Erwachsenen so nicht wahrgenommen wird, bekommen Kinder das natürlich mit.

Blick in den Europasaal des Ministeriums am Mittwoch. Foto: Jannis Mattar

Blick in den Europasaal des Ministeriums am Mittwoch. Foto: Jannis Mattar

„Gewalt“ sei bei dieser Thematik das Stichwort. Jedoch sei es der falsche Weg, Gewaltspiele als Hauptursache für Amokläufe und dergleichen zu verurteilen: „Natürlich haben solche Spiele einen Einfluss auf uns, aber es ist vielmehr ein gravierendes Problem, dass die heutige Gesellschaft seelische und psychologische Missstände in solchem Maße ignoriert.“

Zudem müsse die Frage erlaubt sein, wieso Gewalttaten in Computerspielen als menschenverachtend und abstoßend bezeichnend werden, während Gleiches in Theaterstücken und bedeutenden Werken der Filmgeschichte als Kunst gilt.

Es gibt nicht den einen richtigen Weg

Was ist nun aber für Eltern der richtige Weg, damit umzugehen? Soll man solche Spiele verbieten, soll man mitspielen oder soll man das einfach ignorieren?

Thomas Feibel im Gespräch mit DG-Ministerin Isabelle Weykmans. Foto: Jannis Mattar

Thomas Feibel im Gespräch mit DG-Ministerin Isabelle Weykmans. Foto: Jannis Mattar

Auch Feibel kennt keine eindeutige Antwort. „Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Jeder muss selbst wissen, wie er das handhabt. Gleiches gilt für den Gebrauch von Smartphones, Facebook, etc. Einen Ratschlag kann ich Ihnen jedoch mit auf den Weg geben: Interessieren Sie sich und sprechen Sie mit Ihren Kindern darüber. Allerdings nicht autoritär von oben herab, sondern auf gleicher Ebene.“

All diese Medien und ihre Möglichkeiten zu verteufeln, werde der Sache nicht gerecht. „Man kann wirklich tolle Sachen mit den ganzen Geräten machen. Aber man muss sich auch als Erwachsener damit beschäftigen, zusammen mit seinen Kindern.“

Die Funktion des Langeweile-Killers sollen sie hingegen nicht haben, müssen sie auch nicht. „Es spricht nichts dagegen, sich einfach mal zu langweilen. Im Gegenteil, wir müssen die Kultur der gepflegten Langeweile wieder aufleben lassen. Im positiven Sinne, als Grundstein der Fantasie.“

JANNIS MATTAR

Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Feibel

 

6 Antworten auf “Smartphone hat im Kinderzimmer nichts zu suchen – Besser eine „gepflegte Langeweile“”

  1. Damien François

    Einfach herrlich!!! Ich lach‘ mich krank! Das alles schreibe und predige ich – ach ja, von meinem Elfenbeiturm aus… – schon seit mind. 15 Jahren, werde aber nur von allen Forschrittsdeppen beleidigt. Bin gespannt auf die Kommentare, die jetzt folgen. Gibt’s mir!!!!!!!!
    Nemo propheta in patria…

    • Öppe Alaaf

      „Gebt’s mir!“, glaube ich.

      Ohne Ironie: Darf ich fragen, was Sie predigen? Ich habe mir nicht die Zeit genommen, ihre Werke zu lesen.

      Ich für meinen Teil halte die Anschaffung von IPads für meine Kinder als großartige Investition. Das Lieblingsspiel ist momentan „Minecraft“ (virtuelles Lego), dass sie im Netz miteinander spielen können. Facetime und Skype sind der Renner im dritten Schuljahr. Das ermöglicht mir auch, auf Reisen einen intensiveren Kontakt mit der Familie zu haben.

      Der Vorbildcharakter der Eltern und das gemeinsame Gespräch mit den Kindern sind elementar. Wenn die Eltern die neuen Medien lediglich als Langeweile-Killer und Aggressionsabbauinstrument nutzen, so tun es die Kinder nach.

      Damit sind eher die Gewohnheiten der Eltern das Problem, als die Neugier der Kinder.

      Sehen Sie das auch so?

  2. Mischutka

    Eine ehemalige Nachbarin von mir (die leider nicht mehr unter uns ist) hat mir vor einigen Jahren mal erzählt :
    Ihre 3 (kleinen) Enkelkinder bettelten immer darum „zeitig“ in Bett zu gehen. Anschliessend schliefen die. (Eltern-Kontrolle). Die Mama und der Papa gingen aus beruflichen Gründen um ca. 22 Uhr zu Bett. Soweit alles „normal“. Bis die Mutter mal eines Nachts aufstehen musste, nochmals bis an eines der Kinderzimmer ging und feststellen musste : da waren mitten in der Nacht ALLE putzmunter vor dem Fernseher versammelt und schauten sich mit grösstem Interesse Sendungen an, die……ab 18 Jahren freigegeben waren.
    Gesagt hat sie nichts, denn hätte sie geschimpft, wäre das Interesse noch grösser geworden – denn „liebe“ Mitschüler hatten noch schlimmere Sachen auf dem Handy und den Laptops….
    SO ÄNDERN EBEN DIE ZEITEN !
    MfG.

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