Die RWTH Aachen will das Fach Romanistik einstellen. Die Hochschule reagiert damit auf die rückläufige Zahl von Studenten und den sinkenden Bedarf an Lehrern in den Schulfächern Französisch und Spanisch. Das Schulministerium und das Wissenschaftsministerium NRW unterstützen diese Planung. Jedoch regt sich auch Widerstand gegen das Vorhaben.
Nach dem Wintersemester 2014-2015 soll Schluss sein an der Kármánstraße 17-19 in Aachen. Es sei ein Armutszeugnis, dass in einer Europa-Stadt wie Aachen keine Französisch-Lehrer mehr an der RWTH ausgebildet werden sollen, so die Kritiker.
Sie werfen den Verantwortlichen der Hochschule vor, „mit unvollständigen und daher irreführenden Zahlen“ in der Öffentlichkeit Stimmung für die Schließung zu machen.
In der Stadt Karls eine große Symbolkraft
Den Gegnern der Schließung geht es aber nicht nur um nackte Zahlen. Vielmehr sind sie der festen Überzeugung, dass gerade in der Stadt Karls des Großen das Fach Romanistik eine große Symbolkraft habe.
„Mit der Abschaffung der Fächer Französisch und Spanisch wird nicht nur die europäische Idee konterkariert, sondern auch das kulturelle Aachener Erbe gefährdet, und das an einer Hochschule, die sich selbst europaweit zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen zählt. Daher ist es in einer Stadt wie Aachen, der Europastadt par excellence, hier im Dreiländereck der Euregio Maas-Rhein, unverständlich, ja bestürzend, dass ausgerechnet zwei Disziplinen mit dieser europäischen Symbolkraft aufgegeben werden sollen“, heißt es in einem Begleittext zu einer Petition, die gegen die Schließung der Romanistik gestartet wurde.
Eine Lanze für den Erhalt der Romanistik an der RWTH Aachen brach neulich auch der Vorsitzende des Gesamtverbandes Moderne Fremdsprachen Nordrhein, Erwin Klein, in einem Gastkommentar im Grenz-Echo.
Kritik an „irreführenden Presseartikeln“
Auch Klein kritisierte einige Presseartikel über die geplante Schließung der Romanistik als „irreführend“ und bekräftigte, dass eine auf Internationalität ausgerichtete Hochschule wie die RWTH Aachen die Fächer Französisch und Spanisch nach wie vor brauche.
Klein: „Absolventen der Romanistik haben nicht nur gute Einstellungschancen, z.B. im berufsbildenden Bereich, sondern auch im euregionalen Kontext oder in Brüssel und Straßburg im diplomatischen Dienst. Als Spezialisten politischer interkultureller Zusammenhänge sind sie gefragt in wirtschaftlichen und kulturellen Institutionen Europas und weltweit. Einer dieser Absolventen hat es sogar zum persönlichen Berater des französischen Premierministers für die deutsch-französischen Beziehungen gebracht.“
Die RWTH verdanke ihr internationales Ansehen auch der Romanistik, so Klein. (cre)
- Nachfolgend lesen Sie einen Beitrag von Alt-Dekan Prof. Dr. Helmut Siepmann:
„Aufbruch – Einbruch – Abbruch: Das Schicksal der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen“
HINWEIS: Dem Artikel über die geplante Schließung der Romanistik wurde ein Beitrag von Alt-Dekan Prof. Dr. Helmut Siepmann hinzugefügt. Titel: „Aufbruch – Einbruch – Abbruch: Das Schicksal der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen.“ https://www.dropbox.com/s/xubyh8zrbqsgnif/Aufbruch%20Einbruch%20Abbruch%202%20Romanistik%20in%20Aachen.doc?dl=0
Universitäten sind heute richtige Unternehmen. Da orientiert man sich an Zahlen. Und wenn die Zahlen nicht stimmen, dann wird dichtgemacht. Wie in der Wirtschaft auch.
IdT… Die Humboldtsche Idee der Universität, das humboldtsche Bildungsideal, die der deutschen Universität dahin verholfen haben, wo sie ist – zum Teil hoch angesehen – ist schon seit längerem nur noch… Geschichte. Es ist tatsächlich ein Armutszeugnis, was nun (erneut – 1986 waren wir schon einmal soweit) im Gange ist – besonders für eine „Elite“-Universität, die eine milliardenschwere ÖFFENTLICHE „Bildungseinrichtung“ ist. Somit entwickelt sich die RWTH idT immer mehr zur Formattierungsanstalt für die ausschließlichen bedürfnisse der Technologie.
Und da hilft auch keine „HumTech“ pseudo-kritische Einrichtung, denn diese wurde 2007 eh nur zur „Avalisierung“ der uni-dimensionellen Ausrichtung dieser „Universität“ ins Leben gerufen. Die Romanistik in AC ist seit gut einem Vierteljahrhundert tatsächlich zu einer wissenschaftlichen Sprachschule degradiert, und ihrer Substanz geraubt worden. Vielleicht besser, daß sie als „Märtyrin“ verschwindet, und sich somit der Blamage, die die RWTH zu verantworten hat, entzieht…
Wie Neil Young einmal sang, „It’s better to burn out than it is to rust“… (Kynismus aus)
Ich kenne die budgetären Zwänge nicht, die angeblich die Schliessung der Romanistikfakultät rechtfertigen könnten.
Es wäre aber blamabel für Aachen, das sich gerne als Nabel Europas sieht, wenn die Sprache des bedeutenden Nachbarlandes („deutsch-französische Freundschaft“) dort nicht mehr gelehrt und gelebt würde.
Eigentlich böte sich in der Euregio eine Partnerschaft zwischen RWTH und ULg geradezu an: Germanisten hier und Romanisten dort – Austausch von Professoren und Studenten müssten die Regel sein. Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. Tut sich da eigentlich etwas?
Oder krebst die germanistische Fakultät der ULg auch im Rückwärtsgang dahin?