Am Sonntag wählen die Ostbelgier nicht nur ihre Gemeinderäte, auch die Provinzialräte werden neu besetzt – womöglich zum letzten Mal. 2030 soll der Provinzialrat durch einen Bürgermeisterrat ersetzt werden.
Welche Bedeutung die Provinzwahl hat und ob die Provinzen tatsächlich abgeschafft werden können, darüber sprach „Ostbelgien Direkt“ mit den beiden PFF-Politikern Donovan Niessen und Sacha Brandt.
Donovan Niessen (31) ist Spitzenkandidat der PFF/MR für die Provinzwahl an diesem Sonntag. Sacha Brandt (44) wurde neulich zum Parteipräsidenten der PFF als Nachfolger von Gregor Freches gewählt, der bekanntlich DG-Minister für Sport, Tourismus und Kultur geworden ist.
OD: Herr Niessen, Sie waren 2019 Europakandidat für Volt, auch am 9. Juni dieses Jahres waren Sie wieder Europakandidat, diesmal für die PFF. Jetzt am 13. Oktober sind Sie PFF-Kandidat für die Provinz. Ein steiler Aufstieg sieht anders aus, oder?
Donovan Niessen: Das stört mich nicht. Wer steil aufsteigt, kann auch schnell wieder tief fallen. In Ostbelgien ist das schon so einigen jungen Kandidaten widerfahren. Es ist schon richtig, dass ich im Juni als 1. Ersatzkandidat für Europa auf der PFF-MR-Liste kandidiert habe. Eine reale Chance auf ein Mandat hatte ich allerdings nie, und das war mir auch bewusst. Es ging mir in erster Linie darum, Erfahrungen zu sammeln und die PFF zu unterstützen. Heute bin ich bereit, einen Schritt weiter zu gehen, und als Spitzenkandidat für die Provinz stehen die Chancen gut, dass ich auch tatsächlich in den Provinzialrat einziehe.
OD: Weshalb ist das mit Volt Ostbelgien nichts geworden?
Donovan Niessen: Volt Europa verstand sich damals noch als ideologieübergreifende Partei, aber nur wenige Tage nach der Europawahl vom 26. Mai 2019 hat sich die Bewegung der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament angeschlossen. Für einen Rechtsliberalen wie mich war das ein absoluter Fehltritt und ich bin noch am selben Tag ausgetreten. Heute ist die Bewegung komplett nach links abgedriftet.
OD: Die Provinzwahl war immer schon eine Art Wettbewerb für Nachwuchskräfte. Mathieu Grosch erzielte in den 1980er Jahren, als er noch Kabinettschef von Minister Joseph Maraite war, bei der Provinzwahl ein sensationelles Ergebnis. Später wurde er Minister und danach auch Ratspräsident und Bürgermeister von Kelmis. Haben Sie sich auch zum Ziel gesetzt, in der ostbelgischen Politik Karriere zu machen?
Donovan Niessen: Ich habe das Ziel, korrekte Arbeit und Politik für den Menschen zu machen und zwar dort, wo ich meine Fähigkeiten am besten einsetzen kann. In meinem Fall ist das in Lüttich. Die Position spielt für mich keine Rolle, solange ich es schaffe, auf die Dinge Einfluss zu nehmen, die mir und den Ostbelgiern wichtig sind. Die Menschen wollen in erster Linie eine kompetente Vertretung im Provinzialrat sitzen sehen und keinen Platzhalter, der die Stunden zählt und auf eine bessere Gelegenheit wartet.
OD: Herr Brandt, Sie sind seit Kurzem Parteipräsident der PFF. Wollten Sie nicht Bürgermeister von Kelmis werden? Hatten Sie vielleicht ein Problem mit Ihrem Wohnsitz? Oder weshalb haben Sie nicht bei der Gemeinderatswahl in Kelmis kandidiert?
Sacha Brandt: Natürlich liegt mir meine Heimatgemeinde Kelmis sehr am Herzen. Ich beobachte das politische Treiben hier ganz genau und ich wünsche mir nichts mehr, als dass wir in Kelmis wieder erfolgreich sein können. Ich muss auf dem kommunalpolitischen Terrain erst noch Erfahrung sammeln, ehe ich mich dann tatsächlich um ein politisches Amt bewerbe. Ich habe mich aber sehr darüber gefreut, dass ich in Kelmis so oft angesprochen wurde nach dem starken Abschneiden im Juni. Als „Urkelmiser“ hätte der Wohnsitz sicherlich gepasst. Vielleicht ist ja in der Zukunft mit mir zu rechnen.
OD: Was unterscheidet die Neue Bewegung für Kelmis (NBK) von Louis Goebbels von der PFF?
Sacha Brandt: Die PFF steht für liberale und selbstbestimmte Politik. Die NBK konzentriert sich vorrangig auf die Finanzpolitik der Gemeinde Kelmis. Uns unterscheidet, dass unser Programm ganzheitlicher ist und wir dank unserer liberalen Strukturen in der Wallonie und Flandern eine große Tragfläche haben.
OD: Zurück zum Thema Provinz: Die Provinzen sollen abgeschafft werden, haben die Vorsitzenden von MR und Les Engagés, Georges-Louis Bouchez und Maxime Prévot, im Rahmen der Koalitionsbildung für die Wallonie beschlossen. Glauben Sie, dass die Provinzen tatsächlich verschwinden werden? Oder ist hier nur der Wunsch der Vater des Gedankens?
Donovan Niessen: Ja, ich glaube tatsächlich daran, dass die Provinzen bis 2030 abgeschafft werden. Doch dafür benötigt es noch eine Zweidrittelmehrheit im Wallonischen Parlament, und die wird am Ende wahrscheinlich nur mit der Hilfe der PS erreicht werden können. Und genau hier liegt das Problem: bei den Sozialisten. Sie sind nicht nur gegen die Abschaffung der Provinzen, sondern zeigen zudem eine tiefe Abneigung gegen jeglichen Versuch, die staatlichen Strukturen zu reformieren und effizienter zu gestalten. Dabei ist es gerade dieser eindringliche Wunsch nach Reformen, den die Bürger am 9. Juni mit ihrer Wahl geäußert haben. Bleibt also zu hoffen, dass die PS-SP über ihren Schatten springt.
OD: Für die DG soll nicht schon vorher eine Lösung gefunden werden, hat Minister Desquesnes (Les Engagés) erklärt. Was sagen Sie dazu?
Donovan Niessen: Wir wollen eine provinzfreie DG und eine Übertragung der Kompetenzen und finanziellen Mittel von der Provinz Lüttich an die deutschsprachigen Gemeinden. Letzten Endes fordern wir auch hier nichts weiter als Reformen in der Verwaltung und den staatlichen Strukturen. Da erscheint es mir logisch, dass für die DG nicht schon vor 2030 eine Lösung gefunden werden soll. Das könnte zeitweise zu Doppelstrukturen und Komplikationen führen.
OD: Die Wallonie und die Provinz Lüttich waren in der Vergangenheit meistens rot. Die Sozialisten zogen alle Fäden. Was macht sie so optimistisch, dass sich das jetzt ändern und Lüttich blau wird?
Donovan Niessen: Das Wahlergebnis am 9. Juni sowie die Reformbestrebungen von MR und Les Engagés lassen darauf hoffen, dass der so dringende Wechsel auch auf provinzialer Ebene erfolgen wird. In der Provinz Lüttich könnte die MR sogar als stärkste Kraft hervorgehen. Das hätte zur Konsequenz, dass erstmals die Liberalen den verschiedenen Interkommunalen vorsitzen würden. Bis heute wurden diese Posten immer ausschließlich von Sozialisten gehalten. Das ist vielleicht die einmalige Gelegenheit, endlich diese Strukturen, die in der Vergangenheit häufig in der Kritik standen, zu reformieren und zu rationalisieren. Die Wachablösung der Sozialisten kann aber voraussichtlich nur der MR gelingen. Les Engagés sind derzeit nicht stark genug, um auf Anhieb stärkste Kraft zu werden, und die CSP hat in der Vergangenheit leider wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie ihren Sitz in der Provinz nicht ernst nimmt.
OD: Es wurde immer gesagt, von den Geldern, welche die Provinz aus der DG beziehe, käme nur ein Teil wieder nach Ostbelgien zurück. Was ist daran so schlimm? Ist es nicht normal, dass eine wohlhabende Region wie Ostbelgien mehr einzahlt als kassiert? Ein Solidarsystem funktioniert halt so. Man kennt das auch in Deutschland so mit dem Länderfinanzausgleich.
Donovan Niessen: Weil es sich bei uns nicht um ein solches Solidarsystem handelt. In Deutschland soll der Ländervergleich sicherstellen, dass alle Bundesländer über vergleichbare Mittel verfügen. Nicht mehr und nicht weniger. Jedes Bundesland ist Herr seiner eigenen Zuständigkeiten, und was ein Geberland wie Bayern letzten Endes mit den restlichen finanziellen Mitteln anstellt, hat niemanden zu kümmern. Wir jedoch zahlen für verschiedene Dienste, die einst alle durch die Provinz Lüttich zur Verfügung gestellt wurden. In den letzten Jahrzehnten hat die Deutschsprachige Gemeinschaft aber immer mehr von diesen Diensten übernommen, während der Geldrückfluss ausblieb. Wir zahlen also nicht aus Nächstenliebe in dieses System ein, sondern weil wir eigentlich im Gegenzug eine Dienstleitung dafür erwarten.
OD: Herr Brandt, was wird sich ändern bei der PFF während Ihrer Präsidentschaft? Wird sie eher der FDP oder eher der MR von Georges-Louis Bouchez ähneln?
Sacha Brandt: Georges-Louis Bouchez ist der Grund dafür, dass ich überhaupt in der Politik aktiv bin. Er ist einer dieser wenigen Politiker, die sich nicht ständig dem medialen und politischen Druck beugen. Er kann auch mal einen Standpunkt klar vertreten. Dafür muss man nicht immer mit allem einverstanden sein, was er sagt, aber diese Eigenschaft ist selten heutzutage. Viele Politiker drehen und winden jede Antwort so oft im Kreis und formulieren ihre Ansichten sehr schwammig. Auch das trägt zur Politikverdrossenheit bei. Insofern gefällt mir sein politischer Stil.
OD: Apropos Bouchez: Hat der Vorsitzende der MR Ihnen bereits zu Ihrer Wahl zum PFF-Präsidenten gratuliert? Oder hat er so viele Interviews mit allen Medien, dass er noch gar nicht dazu gekommen ist?
Sacha Brandt: Herr Bouchez war einer der ersten Gratulanten, das hat mich natürlich sehr gefreut. Mit unseren 80.000 Einwohnern sind wir natürlich nicht der „Nabel“ Belgiens. Ganz im Gegenteil. Deswegen ist es für die weitere Entwicklung der DG sehr wichtig, einen engen Kontakt zu den Schwesterparteien zu haben. Neben den „Engagierten“ sind wir die einzige Partei in Ostbelgien, die eine starke Kommunikationslinie zu den wichtigen belgischen Akteuren haben. Eines meiner Hauptanliegen ist es, dass zwischen unserer Schwesterpartei MR und uns kein Haar mehr passen soll. Wir möchten die PFF in Ostbelgien genauso erfolgreich machen wie die MR in der Wallonie. Die Grundvoraussetzungen, die wir haben, sind ideal: Wir haben ein tolles Team!
OD: Bouchez gibt ein Interview nach dem anderen, bezieht Stellung zu allem, was ihm gerade durch den Kopf geht, legt sich mit allen und jedem an. Er spaltet eher, als er vereint. Wird dies auch Ihr Stil als Parteipräsident sein?
Sacha Brandt: Ich hatte das Privileg, meinen beruflichen Werdegang in der Privatindustrie zu gestalten. Dort habe ich gelernt, dass harte Forderungen durchaus mit Einfühlvermögen kombinierbar sind. Ich hoffe, dass ich liberale und soziale Politik vermitteln kann, ohne zu spalten, und die Menschen mit Inhalten überzeugen darf. (cre)
Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:
Tatsache ist, ecolo, CSP und PFF sollte man die Finger von lassen, da kommt nichts gutes bei raus.
Nur Heuchler und Pseudologen.
Man kann sich nur wundern, dass FSB bei seinem Rundumschlag die SP nicht erwähnt. Heucheln können die Roten auch bestens. Der Begriff „Pseudologe“ steht nicht im Wörterbuch, „Blindschleiche“ jedoch wohl.
Da gebe ich Ihnen recht. die Roten haben seit dem Einstieg von Lambertz damals viel Schrott gebaut welcher nicht mehr zu ändern ist, ein Büro in Berlin, den Karneval nach Brüssel bringen, kann nicht alles aufzählen, ist doch Wahnsinn.
Ich glaube die PFF weiss gar nichts mit der MR eines GLB anzufangen. PFF ist absolut nicht liberal. Das einzigste was zählt sind die Posten. Aber erst bei Volt dann bei PFF. Gut, dass der Provinzzirkus bald ein Ende hat. Der Provinzialrat ist sicher ein Einstiegsposten, für die Jungspunte in die Berufspolitik. Die DG ist viel zu klein für den ganzen Autonomie-Irrsinn. Es wäre besser, wenn die Politik in der DG wieder die Zusammenarbeit mit der Wallonie anstreben würden.
Wenn soll man da noch Wählen,kaum noch Leute die da noch etwas können und es ist schwierig geeignete Personen zufinden für solche Posten.Schaut euch doch die Listen nur mal genauer an wer sich da alles aufstellen lässt,dabei sind einige die bisher selber nichts auf der Reihe bekommen haben oder werden und ich frage mich warum nur.
Stellen Sie sich doch auf, wenn Sie es besser können. Kritisieren kann jeder, auch ein Ermitler.
HINWEIS – Elias Teller (CSP): „Warum ich für die Provinz antrete“ https://ostbelgiendirekt.be/elias-teller-csp-provinz-399208
Logisch-Kann ich nicht, darum lass ich mich ja auch nicht aufstellen.