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Bericht zum „Partygate“: Während Pandemie wurde in Downing Street 10 gefeiert – Johnson entschuldigt sich

31.01.2022, Großbritannien, London: Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, verlässt 10 Downing Street, um im britischen Unterhaus vor den Abgeordneten eine Erklärung zu dem Bericht zu den mutmaßlichen Lockdown-Verstößen im britischen Regierungssitz abzugeben. Foto: Jonathan Brady/PA Wire/dpa

AKTUALISIERT – Durch die Pandemie hinweg ist in der Downing Street getrunken und gefeiert worden. Der lang erwartete Untersuchungs-Bericht hebt schwere Versäumnisse hervor. Doch nur ein Teil der Wahrheit ist an die Öffentlichkeit gekommen.

Ein Untersuchungsbericht zur „Partygate“-Affäre hat den Verantwortlichen im britischen Regierungssitz Führungsversagen und schwere Regelbrüche vorgeworfen.

Die Verantwortlichen hätten es versäumt, sich an Standards zu halten, die zur Zeit der Corona-Lockdowns nicht nur von der Regierung, sondern von der gesamten Bevölkerung verlangt worden seien, hieß es in dem am Montag veröffentlichten Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray. Der stark unter Druck stehende britische Premier Boris Johnson wird an keiner Stelle direkt kritisiert. Die Opposition forderte dennoch mit Nachdruck seinen Rücktritt.

Gray betonte, einige der Treffen hätten nicht stattfinden dürfen oder sich nicht in der Weise entwickeln dürfen, wie es letztlich geschah. Das Verhalten einiger Beteiligter sei „schwer zu rechtfertigen“. Es habe in verschiedenen Bereichen von Downing Street Nummer 10 und dem angegliederten Cabinet Office, der zentralen Regierungsbehörde, ein deutliches Führungsversagen gegeben. Außerdem sei offensichtlich zu wenig darüber nachgedacht worden, welches Gesundheitsrisiko einige Versammlungen bedeutet hätten und wie sie in der Öffentlichkeit vor dem Hintergrund der landesweiten Notlage erscheinen mochten.

31.01.2022, Großbritannien, Tilbury: Boris Johnson (r), Premierminister von Großbritannien, spricht bei seinem Besuch im Hafen von Tilbury mit Mitarbeitern. Foto: Matt Dunham/Pool AP/dpa

Gray forderte: „Aus diesen Ereignissen müssen wichtige Erkenntnisse gezogen werden, die sofort regierungsweit angegangen werden müssen.“ Damit müsse nicht auf das Ende der Polizeiermittlungen gewartet werden.

Scotland Yard führt parallel eigene Ermittlungen zu Zusammenkünften in der Downing Street durch – Gray zufolge zu 12 der insgesamt 16 untersuchten Events. Deshalb hatte die Behörde die Beamtin gebeten, in ihrem Bericht auf diese Partys nur minimal Bezug zu nehmen.

Somit gilt der Report als abgeschwächt gegenüber seiner ursprünglichen Version – worauf die Beamtin auch selbst Bezug nimmt. Was sie über einige Veranstaltungen sagen könne, sei „extrem eingeschränkt“ und es sei daher aktuell unmöglich, eine aussagekräftige Zusammenfassung all ihrer Informationen bereitzustellen.

Stattdessen nennt Gray konkrete Punkte, die sich ihrer Meinung in dem britischen Regierungssitz ändern sollten. „Exzessiver Konsum von Alkohol ist in einem professionellen Arbeitsumfeld zu keiner Zeit angemessen“, schrieb sie. Außerdem sei die Zahl der Mitarbeiter in der Downing Street stark gewachsen, allerdings gebe es keine klaren Zuständigkeiten, was reibungslosen Abläufen entgegen stehe.

Johnson entschuldigt sich für Umgang mit „Partygate“

Premier Boris Johnson hat sich inzwischen für seinen Umgang mit den Vorwürfen über Partys im Lockdown in der Downing Street entschuldigt.

„Ich möchte Entschuldigung sagen“, sagte ein betretener Johnson am Montag im Londoner Unterhaus nach der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu den Lockdown-Partys. Das sei aber nicht genug, da etliche Menschen in der Pandemie große Opfer gebracht hätten und sich an die Regeln gehalten hätten, sagte Johnson.

Der Premier kündigte weitreichende Umstrukturierungen und Reformen in seinem Amtssitz an. „Ich verstehe es und ich werde es in Ordnung bringen“, sagte Johnson. Ein Rücktritt, wie ihn die Opposition und einige Abgeordnete seiner eigenen Partei gefordert hatten, gehört für Johnson jedoch aus freien Stücken nicht dazu. (dpa)

12 Antworten auf “Bericht zum „Partygate“: Während Pandemie wurde in Downing Street 10 gefeiert – Johnson entschuldigt sich”

  1. Das ewige Problem der Gleichen und der Gleicheren.Aber davon mal abgesehen ist es doch so,dass in der Politik selbst ohne Alkohol doch gar nichts laüft.Die Doppelmoral der Regierenden nimmt immer groteskere Formen an.

    • Ach Eifler

      Jaa genau. Wir brauchen mehr Politiker die Alkohol trinken, junge Frauen heiraten und auch sonst nicht als Vorbild taugen. Mehr von denen die sich mehr um sich als um andere kümmern. Die mal eben einen Ausstieg beschließen, weil sie Eier haben und die Korrektur in einigen Jahren anderen überlässt. Und von Ihnen, Eifler, benötigen wir auch noch mehr, die auf alles scheißen nicht anpacken aber die Klappe aus dem Fernsehsessel aufreißen. Die Schulter zucken und sich abwenden wenn es drauf ankommt, ja noch mehr mündige Bürger.

  2. Robin Wood

    Noch ein Politiker, der sich nicht vom Futtertrog trennen kann/will. Er entschuldigt sich und denkt, es wäre damit getan. Von mir aus kann er feiern so viel er will, aber nicht während eines von ihm und seiner Regierung verhängten Lockdowns für alle.
    Aber es wird so sein wie immer: Während der einfache Bürger (= Steuerzahler) bei einem Lockdown-Vergehen Strafe zahlen muss, kommt der Politiker (beim jetzigen Stand der Dinge) mit einer Entschuldigung davon.
    Obschon ich mir die Frage stelle, ob sein Nachfolger denn überhaupt besser sein würde…

  3. Soviel ich weiß ist Johnson da nicht die Ausnahme. Wie war das eigentlich mit dem Neujahrsempfang der Open VLD, im Januar 2021?
    Die Polizisten aus Molenbeek, die einen Raclette Abend im Weihnachts-Lockdown gemacht haben, die haben eine Geldstrafe von 250 € bezahlt und sind mit dieser Strafe glimpflich davon gekommen (es hätte jeden anderen Bürger mehr gekostet).
    Aber die Politiker der Open VLD, ganz besonders die Herren De Croo und Lachaert, wurden nicht bestraft … also sollte sich die belgische Presse nicht das Maul über Johnson zerreißen.

  4. @Haha
    Das Gruppenfoto der SPD während der Bundestagswahl war auch nicht schlecht!
    Ist ein bisschen so wie beim Fliegen. Während heftige Turbulenzen in der Luft, schau ich zu den Stewardessen. Solange die weiter den Passagieren Orangensaft ausschütten, kann die Lage nicht so dramatisch sein. ;)

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