Leserbrief

Johann Klos: PDG und der EU-Fiskalpakt

Die Regierung hat beschlossen, zuerst einmal nicht zu beschließen, will aber dann doch irgendwann beschließen. Nur nicht unbedingt den Anfang machen scheint derzeit die Devise.

Wo drückt der Schuh in unserer DG? Nun, zuerst scheinbar einmal bei den sogenannten öffentlichen Körperschaften, die ja dann ihre Investitionskapazitäten einbüßen werden. Daher auch der Begriff „Infrastrukturstauabbauverzögerung“ – ich mag dieses Wort!

Einem Vertragswerk zustimmen aus „Staatsräson“ schreibt das Grenz-Echo! Es fällt der Begriff von Bündnisstreue.

Respekt vor dem NEIN von Herrn Balter von Vivant.

Fest steht, wie das Amen in der Kirche, dass die wirtschaftliche Situation Belgiens sich in den kommenden Jahren nicht erholen kann. Die im großen Stil wegrationalisierten Arbeitsplätze in den letzten Monaten werden zwangsläufig weitere Folgen.

Die Erweiterungspolitik der EU nimmt keine Rücksicht auf die Belange der Kernstaaten mit einer bemerkenswerten sozialen Struktur wie in Belgien, sondern setzt weiterhin auf die Liberalisierung der Märkte und erzwingt einen innereuropäischen Konkurrenzkampf. Staaten mit einer ausgeprägten sozialen Struktur können hier nur verlieren. Die Konsumgüterindustrie weiß dies zu schätzen und verlagert sich immer weiter in den weiten der Karl May Filme. Ohne Konsumgüterproduktion usw. wird es aber keine signifikante Belebung des Arbeitsmarktes geben können.

Somit ist dieser Fiskalpakt von vornerein zum Scheitern verurteilt. Das ganze soziale Gebilde unseres Landes steht hiermit zur Disposition. Wir wissen, dass wir 2013 die Sparziele nicht einhalten können. 2014 wird es nicht besser sein. Einmal in den Klauen der Sparmafia, wird es ganz schnell so gehen wie in Griechenland, Spanien usw.

Mit Recht, auch unser Land hat viele Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt – aber, jedes EU Mitgliedsland muss einen eigenen maßgeschneiderten Weg aus der Schuldenfalle gehen können. Wir können kein EU-Diktat für ALLE brauchen.

Wenn sich Belgien auf den Wahnsinn dieses Paktes einzulassen gedenkt, dann sollten zum Beispiel auch die Schulden aller EU-Länder vergemeinschaftet werden. Neuer Begriff: EU-Länderfinanzausgleich. Das trägt z.B. Deutschland ganz bestimmt nicht mit.

Eins noch sollten wir – und vor allem unsere Politiker – uns hinter die Ohren schreiben: Staatverschuldung entsteht ohne das Dazutuen von Steuerzahlern. Staatverschuldung entsteht, weil ein Staat sich etwas viel leistet, das er selbst gar nicht erwirtschaftet hat.

Zurückgebrochen auf unsere Gemeinschaft hoffe ich, dass ich nicht Recht habe mit der Vermutung, dass jede Politfigur eine Rolle nach Anweisung von oben zu spielen und zu verkaufen hat. Machen wir zum ersten Mal gesamtpolitisch etwas richtig und sagen „Nein, Danke – so nicht!“. Überzeugen wir mit unserem Nein die anderen Gemeinschaften zu einer erneuten Aufnahme von Gesprächen. Suchen wir gemeinsam einen gangbaren belgischen Weg!

Wie heißt es im Lied von Xavier Naidoo: „Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer. Nicht mit vielem wirst du dir einig sein, doch dieser Leben bietet so viel mehr.“

2.5.2013 Johann Klos, Eupen

 

3 Antworten auf “Johann Klos: PDG und der EU-Fiskalpakt”

  1. Joseph Meyer

    Sehr geehrter Herr Klos,
    Sie schreiben: „Staatverschuldung entsteht, weil ein Staat sich etwas viel leistet, das er selbst gar nicht erwirtschaftet hat.“ Diese Ihre Aussage stimmt leider so nicht! Wenn nämlich im aktuellen Kreditgeldsystem der belgische Staat sich nicht laufend massiv verschulden würde – >300 Millionen € / Woche – dann befände sich Belgien schon seit vielen Jahren in einer der schlimmsten Rezessionen seiner Geschichte . Denn die anderen Marktteilnehmer, die Unternehmen und die Privatpersonen, sind längst an der Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit angekommen. Ohne immer neue Kreditaufnahmen, neue Schulden, kommt aber im aktuellen Geldsystem kein neues Geld in den Wirtschaftskreislauf – mit Ausnahme der Münzen, welche der belgische Staat noch hoheitlich prägen darf, was aber finanzwirtschaftlich nicht von Bedeutung ist, da die Münzmenge unter 1% der Gesamtgeldmenge ausmacht.
    Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass die Staatsverschuldung ohne das Zutuen der Steuerzahler entsteht, die dürfen ganz real schuften, ~30-50% ihrer Arbeitsleistung, damit die Geldgeber (Käufer von Staatsobligationen, Staatsanleihen, Staatsbons, Kredit vergebende Banken, Besitzer von Sparguthaben) viele Milliarden an Gewinnen einkassieren können und sie lassen dann dieses Geld weiter „für sich arbeiten“ an der Börse, auf Sparkonten oder in Steueroasen…
    Das liest sich jetzt vielleicht so als würde ich an einem Neidkomplex gegenüber den Reichen leiden, dem ist aber in Wirklichkeit überhaupt nicht so, ich gönne Jedem sein Vermögen, und ich hätte am liebsten Wohlstand für Alle – das war ja auch schon einmal so, zur Zeit der Brakteaten im Hochmittelalter…
    Nein, die belgische Staatsverschuldung folgt einem unerbittlichen mathematischen Gesetz, der Exponentialfunktion durch den Zinseszins.
    Eine Lösung für Belgien aus dieser Misere? Die hoheitliche Einführung einer legalen Zweitwährung neben dem Euro. Dann würde das benötigte Bezahlungsmittel (Tauschmittel) zur Verfügung stehen, um all die wirtschaftlichen Aktivitäten/ Dienstleistungen zu ermöglichen, die jetzt aus Mangel an Tauschmittel bei uns bereits brachliegen.

    Vielleicht hören die Parlamentsmitglieder in Eupen ja eher auf Sie als auf mich und entschließen sich dazu mit ihrem NEIN zum Fiskalpakt Belgien und die gesamte Eurozone aus den Fängen der Troika zu befreien?
    Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…

    Mit freundlichen Grüssen,
    http://www.j-meyer.be

  2. Johann Klos

    Warum sollten die Parlamentarier der DG auf mich hören?

    Welche Hebel stehen Ihnen/mir derzeit zu Verfügung –

    Es wäre schon ein Erfolg wenn diese unsere Schreiben wenigstens eine Diskussion anregen würden. Nun, Sie sehen selber wie besessen alle von dieser Thematik sind.

    Über das wie, scheinen wir ja nicht unbedingt gleicher Meinung zu sein , denke ist hier jetzt auch nicht relevant.

    Zweitwährung für JEDES EU-Land hin oder her, den Euro als übergeordnete Währung so stehen lassen

    – zu weit weg von Bütgenbach, Eupen, Kelmis, St. Vith usw.

    Eine andere Politik, eine in erster Linie auf die DG bezogene „andere“ Politik“ das ist die Zielsetzung die es umzusetzen gilt.

    Aus dieser –Politik für die Bürger der DG kann dann sukzessive ein Gerüst für eine neue EU Politik wachsen – Fangen wir mit dem Fundament an – und bleiben wir bodenständig.

    Mahnen wir weiter aber hoffen wir nicht auf all zu viel Resonanz – zu komplex – zu altagsfremd und zu weit weg vom Leben – für viele.

  3. Joseph Meyer

    Einverstanden, bleiben wir bodenständig und kümmern wir uns um die Fundamente! Dazu eine Feststellung, die aber nicht gegen Sie gerichtet ist:
    Das Fundament jeder Wirtschafts-, Sozial-, Unterrichts-, Gesundheits-, Umwelt-, Sicherheits-, Verkehrs-, Infrastruktur- , Kultur-, …, -Politik ist für jeden Staat – also auch für Belgien und für den Gliedstaat „Deutschsprachige Gemeinschaft“. – das Geld, um die Maßnahmen und Dienste finanzieren zu können. Aber das brauche ich Ihnen gegenüber natürlich nicht besonders zu betonen.
    Mit der Abstimmung für das Spardiktat bzw. für den Fiskalpakt der EU streichen sich die Parlamentarier und die 4 Minister in Eupen selber das in der DG benötigte Geld! Wie groß muss also die Angst dieser Leute vor den Parteiführungen der Schwesterparteien in der Wallonie sein? Was sind das doch für erbärmliche Feiglinge! Aber OK, noch hat die Abstimmung im PDG ja nicht stattgefunden…
    Aber man darf sich auch fragen, was die Bürgermeister- und Schöffenkollegien in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sich dabei denken, wenn sie das Finanzgebahren der Regierung und des Parlamentes in Eupen so sträflich vernachlässigen! Im GE-Bericht von heute Morgen über das Unternehmen Faymonville, z.B., war deutlich herauszulesen, dass dieses Unternehmen sich aus Gründen der zu hohen belgischen Lohnnebenkosten immer stärker anderorts als in der Eifel, in Luxemburg, Polen, Russland, engagieren muss! Da müsste sich doch Bürgermeister Wirtz in größter Sorge fragen, wie lange die Arbeitsplätze in Büllingen noch bestehen bleiben, und sich dementsprechend hartnäckig an die Regierung in Eupen wenden!
    Die zu hohen Lohnnebenkosten in Belgien werden natürlich verursacht durch die Staatsverschuldung bzw. durch die Tatsache, dass Belgien nicht die Geldhoheit besitzt, und im aktuellen System (Artikel 123 des Vertrags von Lissabon) Geld nur über Schuldenmacherei bekommen kann! Ein souveräner Staat, zumindest nehmen wir das noch immer an, hat nicht das Sagen über sein wichtigstes Fundament, das Geld!
    Karl-Heinz Lambertz weiß darüber, denke ich mal, genauestens Bescheid – siehe seine positive Beurteilung von Komplementärwährungen -, aber auch er wird so lange „den Buckel krumm machen“ (den Mund halten um seine EU-Karriere nicht zu gefährden) vor Leuten wie Di Rupo, Reynders, Van Rompuy, Barroso, etc., so lange die Zivilgesellschaft in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ihm nicht auf die Pelle rückt…

    Seit 4 Wochen fordere ich zusammen mit einigen Mitstreitern jeden Montag während einer halben Stunde (19-19,30) vor dem St.Vither Rathaus eine hoheitliche Zweitwährung für Belgien. (http://www.j-meyer.be/media/files/Zweitw-hrung-in-Belgien-03.pdf)

    Das Gleiche könnten Sie in Eupen tun…sobald Sie Sich von der Notwendigkeit und der konkreten Bodenständigkeit einer Änderung in der Geldordung überzeugt haben…siehe dazu unter http://www.monetative.de

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern