Die dritte BRF-Wahldebatte war am Mittwoch Raeren gewidmet. Andere Kommunen wären froh, wenn sie finanziell so dastünden wie die Töpfergemeinde. Auch bei dem Gros der Nebensteuern ist Raeren laut Hans-Dieter Laschet vorbildlich. Der Bürgermeister sprach sogar von einer „gelobten Gemeinde“. Und trotzdem hatte man nach der BRF-Debatte den Eindruck: So richtig glücklich und zufrieden ist niemand.
Es ist wahrscheinlich ein Jammern auf hohem Niveau. In der Diskussion wurde schnell deutlich, dass in Raeren einiges im Argen lag und liegt. Das fing schon an mit der Koalition, die nach der Gemeinderatswahl von 2006 gebildet wurde. Die erneute Allianz zwischen der Liste „Mit uns“ und der CSL war eine „Vernunftehe“, auch wenn Bürgermeister Laschet und sein Koalitionspartner René Chaineux mehrfach beteuerten, man habe in diesen sechs Jahren „gute Arbeit“ geleistet.
Mangelnde Kompetenz und Professionalität?
Kein Wunder, dass die Opposition sehr oft den Eindruck hatte, von der großen Koalition in Raeren mehr oder weniger ignoriert zu werden, obwohl dies nachweislich nicht immer so war, etwa beim Ankauf des Saals Kessel in Lichtenbusch, bei dem sich die beiden Mehrheitsfraktionen nicht einig waren und schließlich die FBL von Erwin Güsting mit der Bürgermeisterfraktion stimmte.
Der rhetorisch äußerst versierte Güsting nutzte in der Debatte einige Male die Gelegenheit, um den einen oder anderen Missstand anzusprechen – von der mangelnden Kompetenz und Professionalität bei der Bearbeitung von Dossiers bis zu dem angeblich nicht mehr klingelnden Telefon in der Schule Eynatten.
Keinen leichten Stand hatte David Kirschvink von Ecolo, der sich gegen die drei Routiniers Laschet, Chaineux und Güsting behaupten musste, die über viel Erfahrung und Dossierkenntnis verfügen. Lediglich in der Frage nach den Energiestandards für die Schule Driesch wie für andere Gebäude der Gemeinde schien sich Kirschvink wohl zu fühlen, was bei einem Ecolo-Politiker auch nicht weiter verwundert.
Energiestandards und Energieeffizienz
Bei der Energieeffizienz müsste die Gemeinde Raeren nach Ansicht von Ecolo viel mehr machen. Allerdings verwies Hans-Dieter Laschet darauf, dass das Projekt Schule Driesch vor zehn Jahren in Angriff genommen worden sei, als es die Energiestandards, die heute existierten, noch gar nicht gegeben habe. Deshalb seien mit der Zeit immer neue Anpassungen vorgenommen worden, aber heute könne man behaupten, dass die Schule Driesch ist Sachen Energieeffizienz hohen Ansprüchen genüge.
Ein Thema in der Debatte war neben dem bereits erwähnten Ankauf des Saals Kessel in Lichtenbusch die Steuerpolitik. Nach den letzten Wahlen hatte „Mit uns“ ursprünglich die Steuern auf natürliche Personen angesichts der gesunden Gemeindefinanzen um 1 Prozent senken wollen. Finanzschöffe Chaineux zeigte sich in der Debatte am Mittwoch glücklich darüber, dass die Steuersenkung dank der CSL nur 0,5 Prozent betragen habe. Das sei ein absolutes Limit gewesen.
Derweil wünschte sich Güsting für die FBL mehr Steuergerechtigkeit. So sei beispielsweise die Kanalsteuer ungerecht, weil sie die Bürger gleichermaßen belaste, unabhängig von ihrem Einkommen.
Raeren am Wahlabend wie ein Swingerclub?
Schwerpunktthema in der nächsten Legislatur soll nach Meinung aller Listen die Familienpolitik sein, insbesondere die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen. Bürgermeister Laschet war beim Thema Familienpolitik daran gelegen, die vorzügliche Jugendinfrastruktur in der Großgemeinde hervorzuheben. Auch der Tourismus wird – u.a. dank des RAVEL-Radwanderweges – zunehmend ein Thema in Raeren.
Wer in der Großgemeinde nach dem 14. Oktober mit wem kann und will, das bleibt auch nach der Diskussion von Mittwoch ein großes Fragezeichen. Vielleicht ist Raeren gerade deshalb die Gemeinde neben Eupen, in der es am Wahlabend möglicherweise wie in einem Swingerclub zugeht: Alles kann, nichts muss. (cre)
Ein sehr gelungene Zusammenfassung der Debatte. Als Newcomer nach dem Generationswechsel bei der ECOLO Raeren ist es nicht verwunderlich, dass die 3 alten Polithhasen sich besser darstellen konnten. Bemerkenswert ist immer wieder wie sich Herr Laschet aus den Themen (und der Verantwortung) herauswindet mit „dies ist von Eupen so gewollt“ oder „da muss man sich an Vorgaben der DG halten“. Ich habe nicht ein einziges mal von den beiden großen Listenvorsitzenden an diesem Abend gehört, dass man alles Mögliche versucht hat dieses und jenes im Sinne der Bürger Raerens noch besser zu machen. Es waren immer die Anderen schuld. Sehr einfach.
Auch die eigentliche Kernantwort was die beiden Koalitionspartnerdenn getan haben um die Haushaltsbilanz zukunftsfähig weiter zu verbessern, blieb aus. Man verweist auf das gute Polster und die Instandhaltungskosten der Strassen etc. Aber nicht wie man den Verkehr eindämmt, der die Strassen kaputtmacht und dadurch die Kosten erst produziert. Man pflegt lieber kostenintensiv die Symptome anstatt der Ursache entgegenzuwirken. Wow, wenn dies mein Arzt wäre, würde ich mich schnell nach einem Neuen umsehen.
Weder Herr Laschet noch Herr Chainneux scheinen die Chance zu erkennen, die sich mit der aufkommenden E-Bikegeneration bietet. Der Normalbürger wird durch die hohen Sprittkosten dazu getrieben, auf Elektrizität umzusteigen und die Gemeindeväter und -mütter haben keine einzige Idee wie man so etwas in Raeren nutzen kann. Sehr, sehr schade.
Mal sehen ob die Wahlen kommende Woche Sonntag endlich eine Mehrheit bringt, die mit mehr Engagement und Verstand sich gegen Eupen und andere Administrationsmonster durchzusetzt. Wenn eine Vernunftehe alle 6 Jahre in den Swingerclub muss um sich zu bereichern, spricht dies doch mehr als tausend Worte.