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Essgewohnheiten im Wandel: Fleischersatz für das Gewohnheitstier Mensch – Hype um Pflanzenburger

Ein veganer Burger liegt auf einem Teller. Immer mehr Fleischersatzprodukte kommen auf den Markt. Die Ersatzprodukte bestehen unter anderem aus Getreide, Soja, Pilzen, Bohnen, Erbsen oder auch der Jackfrucht. Foto: Andreas Arnold/dpa

Grünkernbratling war gestern, heute müssen sich Gaumenschmaus und klimaschonende Ernährung nicht mehr ausschließen. Zurzeit sorgen neue pflanzliche Burger für Gesprächsstoff. Doch warum müssen die Produkte überhaupt genauso aussehen und schmecken wie Fleisch?

Würzig, fest, saftig – der Biss in den Burger offenbart eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Original. Gleich mehrere neuartige Fleischersatzprodukte sind auf dem Markt angekommen, mit teils großem Erfolg. Kaum ein Grillfest in diesem Sommer, auf dem nicht über „Beyond Burger“ oder „Incredible Burger“ mindestens diskutiert wird.

Bestand Fleischersatz bis vor wenigen Jahren hauptsächlich aus Getreide oder Soja, gibt es inzwischen zahlreiche Alternativen. Neben Pilzen, Bohnen und Erbsen ist darunter auch eher Exotisches wie die Jackfrucht, deren Inneres an Hähnchenfleisch erinnern soll.

Die neuartigen Burger basieren auf Erbsen-, Weizen- oder Sojaprotein. Mit gesunden Grünkernbratlingen aus dem Naturkostladen haben sie nichts mehr gemein, es handelt sich um hochverarbeitete Lebensmittel.

Verschiedene vegane und vegetarische Fleischersatzprodukte liegen auf einem Teller. Immer mehr Fleischersatzprodukte kommen auf den Markt. Die Ersatzprodukte bestehen unter anderem aus Getreide, Soja, Pilzen, Bohnen, Erbsen oder auch der Jackfrucht. Foto: Andreas Arnold/dpa

Einen von ihnen gibt es seit Ende April auch in einer großen Fast-Food-Kette. Er solle an Fleisch erinnern, nicht an Quinoa oder Gemüse, stellte das Unternehmen zur Einführung klar.

Aber warum muss das Ganze überhaupt schmecken und faserig sein wie echtes Fleisch? Dies liege an der Zielgruppe, sagt der Gießener Lebensmittelchemiker Holger Zorn, der selbst an der Entwicklung von Wurst aus Bestandteilen von Speisepilzen beteiligt ist. Es gehe um die Konsumenten, die zwar Fleisch äßen, aber dies reduzieren wollten. Und da in Europa jeder die Wahl habe zwischen Fleisch und pflanzlichen Ersatzprodukten, müssten diese dem Original möglichst nahekommen. Das gelte für das Gefühl im Mund und natürlich den Geschmack. „Ein Lebensmittel, das nicht schmeckt, kann ökologisch und sinnvoll sein, wie es will, es wird nicht gekauft werden“, sagt der Professor.

Sich nicht allein auf Veganer und Vegetarier zu konzentrieren, ergibt mit Blick auf die Zahlen Sinn. Denn deren Anteil an der Bevölkerung beträgt je nach Untersuchung nur um die zehn Prozent. Ihren Fleischkonsum verringern wollen dagegen weitaus mehr Bundesbürger. Mehr als ein Drittel der Haushalte rechnete die Gesellschaft für Konsumforschung im Jahr 2016 zu dieser Gruppe, mit steigender Tendenz.

Verschiedene vegane und vegetarische Fleischersatzprodukte liegen verpackt auf dem Tisch. Foto: Andreas Arnold/dpa

Dass trotz des Wissens um die Folgen für Ökologie, Klima und Tiere für viele Menschen ein gänzlicher Verzicht nicht infrage kommt, hänge damit zusammen, dass Fleisch ein Symbol für Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand sei, sagt der Ernährungspsychologe Christoph Klotter. „Wenn ich kein Fleisch mehr essen würde, würde ich mich bedroht fühlen“, erklärt der Fuldaer Professor.

Gerade beim Grillen zeige sich, dass es noch um mehr gehe: „Fleisch ist auch ein Symbol für das männliche Geschlecht. Traditionelle Männer sind überzeugte Fleischesser.“ Beim sommerlichen Gartenfest werde eine Millionen Jahre alte Menschheitsgeschichte reproduziert: „Die Erfindung des Feuers und der Mann als Jäger, der grillen darf. Die Frau stimmt dem zu. Das ist ein ganz primitives Geschlechts-Rollen-Muster“, sagt der Psychologe. Vegetarismus und Veganismus seien dagegen weiblich geprägt. Die neuen Pflanzenburger stellten einen guten Kompromiss dar.

Der Verband Proveg, vormals Vegetarierbund, spricht begeistert von „echten Game-Changern“, da sie so fleischähnlich und wohlschmeckend seien. „Auch ein Dinkel-Grünkern-Bratling kann sehr lecker sein, doch für die breite Bevölkerung sind sie nicht so vermittelbar“, sagt Anna-Lena Klapp, Fachreferentin Ernährung und Gesundheit bei Proveg. Ihr Verband kämpft derzeit gegen ein Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene, das die Bezeichnung für Fleischersatz reglementieren will.

Pflanzenburger müssten dann beispielsweise „Bratstück“ heißen, um nicht Fleischgehalt zu suggerieren, wo keiner sei. Proveg hat eine Petition dagegen gestartet. Etwa 70.000 Unterschriften gebe es bereits, sagt Klapp. (dpa)

6 Antworten auf “Essgewohnheiten im Wandel: Fleischersatz für das Gewohnheitstier Mensch – Hype um Pflanzenburger”

  1. Pensionierter Bauer

    Die Weganer und Vegetarier glauben dass sie hiermit etwas fürs Tierwohl tun. Nur eines muss denen aber auch klar werden: wenn kein Fleisch und andere tierische Produkte mehr gegessen wird, dann verschwindet zwangsläufig auch das Grünland und dies wird dann alles umgebrochen und zu Getreidefelder umgewandelt. Wenn Grünland verschwindet, dann verschwindet auch der Lebensraum für unzählige freilebende Tierarten.
    Dieser Klima- und Allesschutzhype bereitet mir große Zukunftsängste und ich befürchte, dass demnächst irgendwelche selbsternannten Gutmenschenaktivisten sogar uns Bauern attackieren werden.

    • treesche Bäuerin

      Warum ist der Beruf eines Bauers und eines Metzgers so unehrenhaft für einen Veganer? Warum sind so viele Veganer so intolerant gegenüber Leuten mit anderen Meinungen und Überzeugungen? Ist das Veganertum vielleicht einfach eine Religion mit sektenhaften Ausartungen. Für mich kann jeder essen, was er will. Bis jetzt sind mir immer diese seltsamen Zusatzstoffen in diesen sogenannten veganen Sachen aufgefallen. Ausserdem ist dieses Zeug auch noch in Plastik eingepackt. Da gibt es einen alten Film mit Louis Defunes, da werden in einer Fabrik sogenannte künstliche Lebensmittel hergestellt. Louis Defunes wurde gezwungen in diesem Film diese Sachen zu essen. Er bekam einen üblen Hautausschlag. Werden wir alle gezwungen sein diese Sachen zu essen? Mahlzeit und guten Apetit

  2. Die Anzahl der Menschen wächst und somit auch der Anteil gewisser „Spinner“ die sich, im eigentlich falschen Glauben sich, Tieren oder Umwelt etwas gutes zu tun, dann lieber „Ersatzprodukte“ mit jeder Menge Chemiezusätzen „reinziehen“.
    Soweit man das aber durch Europa beobachten kann, scheint die BRD, wie im Klimagequatsche, die absolute Hochburg zu sein
    Und wenn man an einem Resto vorbei geht wo Südamerikanisches oder US Beef beworben wird, sitzt alles voll……
    Der wirkliche Wandel besteht darin das die Versorgung aus den Händen vieler (Bauern, Bäcker, Metzger, Obst u Gemüsehändler,….) in die Hände weniger wandert, die Menschen es nicht einmal merken oder es Ihnen durch Geiz ist geil egal ist die Rechnung aber später „präsentiert“ wird….

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