Gesellschaft

Handyverbot in der Schule – ja oder nein? Schule in Antwerpen lässt es auf einen Versuch ankommen

Zahlreiche Smartphones der Schüler liegen vor Beginn der schriftlichen Abiturprüfungen im Fach Geschichte auf einem Tisch. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

In zahlreichen Schulen im In- und Ausland wird darüber diskutiert, ob ein Handyverbot Sinn macht. Es gibt Schulen, wo Mobiltelefone zu bestimmten Zeitpunkten und an bestimmten Orten verboten sind, z.B. in den Klassen und in den Kantinen. Eine Schule in Antwerpen lässt es auf einen Versuch ankommen.

Wie flanderninfo.be berichtet, hat die Antwerpener Provinzschule am Montag einen Versuch gestartet, Handys und Smartphones in den Klassen des ersten und des zweiten Mittelschuljahres zu verbieten. Bei Unterrichtsbeginn verschwinden alle Mobiltelefone in einem Koffer, der abgeschlossen und erst nach Schulschluss wieder geöffnet wird.

Die Lehrkräfte, die bisher mit Schulkindern zu tun hatten, die durch ihre Mobiltelefone ständig abgelenkt waren, finden das Experiment gut: „Wir hoffen, dass die Schulkinder jetzt auch wieder miteinander sprechen, statt nebeneinander zu sitzen und auf ihre Handys zu starren.“

Eine Schülerin benutzt die Rechenfunktion ihres Smartphones. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Neben Alkohol- und Drogenprävention gibt es in einigen Schulen inzwischen auch eine Smartphone-Prävention. Früher mussten sich Lehrer vor allem mit Spickzetteln, Briefchen, die im Unterricht von Bankreihe zu Bankreihe wanderten, oder heimlichen Rauchern hinter der Turnhalle herumschlagen. Das kam zwar regelmäßig vor, betraf aber nur einzelne Schüler. Heute müssen die Augen der Lehrkräfte zeitgleich fast überall sein. Denn ein Großteil ihrer Zöglinge besitzt ein Smartphone. Was diese damit anstellen, ist schwer zu kontrollieren.

An Italiens Grund- und Mittelschulen soll die Nutzung von Smartphones und Tablets grundsätzlich verboten werden – auch im Unterricht. Dazu werde die Regierung in Rom neue Richtlinien erlassen, kündigte Erziehungsminister Giuseppe Valditara in der Tageszeitung „Il Foglio“ an. Der Minister von der kleineren Regierungspartei Lega begründete dies mit pädagogischen Erwägungen, aber auch mit einem besseren Schutz für das Schulpersonal. Zudem verwies Valditara auf Empfehlungen der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco).

„Die Verteidigung des Lehrkörpers bedeutet, den Grundsatz der Autorität zu verteidigen“, sagte der Minister. „Dieser Grundsatz ist nicht nur das Fundament des Schulsystems, sondern auch des demokratischen Systems.“

Ein Schild „Handyverbot“ ist am Eingang zur Schule in der Köllnischen Heide in Neukölln angebracht. Foto: Jens Kalaene/dpa

Valditara verwies auf Studien, wonach Handys und Tablets die Leistungen beeinträchtigen sowie Spannungen zwischen Schülern und Lehrern schüren könnten. Außerdem wirke sich eine übertriebene Nutzung negativ auf Gedächtnis, Konzentration und Lernen eines Kindes aus. Details zu der neuen Regelung nannte er noch nicht.

Grundsätzlich gibt es an Italiens Schulen schon seit mehreren Jahren ein Handyverbot, das zwischenzeitlich aber wieder gelockert wurde. Italiens Bildungsministerium heißt seit der Amtsübernahme der Dreier-Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni im Oktober 2022 offiziell „Ministerium für Schule und Verdienst“. Damit soll der Leistungsgedanke stärker herausgestellt werden.

Auch die britische Regierung will ihre Pläne für ein Smartphone-Verbot an Schulen vorantreiben. Dafür veröffentlichte das Bildungsministerium in London einen Leitfaden für Schulen, wie die Nutzung von Smartphones unterbunden werden kann. Ein flächendeckendes Handy-Verbot ist das aber noch nicht, und die Schulen haben weitgehend freie Hand bei der Umsetzung. Die empfohlenen Maßnahmen reichen von einem grundsätzlichen Verbot, Handys zur Schule zu bringen, bis zu Regelungen, bei denen Schüler ihre Handys abgeben, einschließen oder lautlos in der Tasche behalten müssen.

In Deutschland halten Jugendschutz-Experten Verbote für kontraproduktiv. „Das Smartphone ist das Medium, über das sich alles abspielt. Es aus der Schule zu verbannen, halte ich für einen Fehler“, sagt Benjamin Thull. Es gebe Kinder und Jugendliche, die zu Hause keine Medienkompetenzen lernten. Deshalb sollte das Thema eine wichtige Rolle in den Schulen spielen. Voraussetzung sei: „Die Handys dürfen nicht den Unterricht stören, und es darf nicht privat gedaddelt und geschrieben werden.“

06.02.2018, Bayern, München: Eine Schülerin sitzt mit ihrem Handy und ihren Schulsachen an einem Schreibtisch. Foto: Sven Hoppe/dpa

Das Kinderhilfswerk sieht das ähnlich: „Kinder sollten frühzeitig die Möglichkeit haben, sich in einem unterstützten Rahmen, wie ihn Schule bieten sollte, mit den Nutzungsmöglichkeiten des Handys auseinanderzusetzen“, findet Präsident Thomas Krüger. Die Regeln sollten im besten Fall mit den Schülern ausgehandelt werden – und bei Verstößen könnte die Wegnahme des Smartphones durchaus legitim sein, wenn alle pädagogischen Mittel ausgeschöpft seien. „Hier zeigt sich aber vielerorts, dass es an zeitlichen und personellen, teilweise auch an qualifikatorischen Ressourcen der Lehrkräfte mangelt, um mit den Herausforderungen der Mediennutzung durch die Schülerinnen und Schüler anders umzugehen als mit Verboten.“

Verbote, weil es praktikabel ist? Handy-freie Zeiten im Schulalltag umzusetzen, kann mühsam sein. Schüler haben zwar schon immer Wege gefunden, die Schulregeln zu umgehen. Heute gleiche das Ganze aber einem Kampf gegen Windmühlen, hört man, wenn man Lehrerinnen und Lehrern befragt. Und nicht alle Kollegen schauten genau hin – auch weil Konflikte vorprogrammiert seien.

„Wenn Lehrkräfte plötzlich zu Polizisten werden und anfangen, Schüler nach Handys abzusuchen, schadet das der Schüler-Lehrer-Beziehung enorm“, findet Fabricius. „Für gutes Lernen ist es jedoch unabdingbar, dass Lehrkräfte und Schüler kooperieren, miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.»

Eine Schülerin blickt während des Unterrichts auf ihr Smartphone. Foto: Shutterstock

Unkontrolliert können die Schulen die Smartphones und ihre Folgen aus Sicht von Stefan Düll, Präsident des Lehrerverbandes, jedoch nicht laufen lassen. „Smartphones haben ein hohes Ablenkungspotenzial. Da muss Schule drauf eingehen.“ Deutschland sei bei der Digitalisierung der Schulen nicht so weit wie Dänemark und andere Länder, habe dadurch aber auch die Chance, aus deren Fehlern zu lernen, meint er.

In Dänemark ist die private Marieskolen in Tønder zum Beispiel wieder zurückgerudert: Die Kinder und Jugendlichen müssen dort nun morgens ihre Smartphones und Laptops abgeben, wie mehrere Medien berichteten. Seitdem bemerke man einen deutlichen Unterschied bei den Schülerinnen und Schülern, berichtet Schulleiterin Sarah Røll auf Anfrage. Diese spielten wieder gemeinsam und liefen nicht nur mit den Handys in der Hand plus Kopfhörern in den Ohren herum.

Auch die Schule von Stefan Düll, das Justus-von-Liebig-Gymnasium in Neusäß bei Augsburg in Bayern, wagt einen neuen Anlauf beim Handyverbot. Dieses sei unter anderem mit den Klassensprechern abgestimmt, sagt der Schulleiter. Seit Beginn des zweiten Halbjahrs müssen Smartphones demzufolge bis auf wenige Ausnahmen bis 13 Uhr ausgeschaltet bleiben. „Das müssen wir jetzt in die Praxis umsetzen“, sagt Düll. Handyregeln habe es an der Schule zwar schon vorher gegeben – an diese habe man sich aber nicht mehr so richtig gehalten. (dpa/cre/flanderninfo.be)

In der DG gab es bereits im Dezember 2023 eine breite Diskussion zum Thema „Handyverbot in Schulen – ja oder nein?“. Die Parteien legten damals ihre Standpunkte dar. Mehr dazu unter nachfolgendem Artikel:

21 Antworten auf “Handyverbot in der Schule – ja oder nein? Schule in Antwerpen lässt es auf einen Versuch ankommen”

  1. Ein Handy oder Smartphone kann auch während des Unterichtes vorgeschrieben ausgeschaltet bleiben. Diese Mobiltelephone sah ich immer als Sicherheit für meine Kinder. Bei Bedarf waren wir als Eltern immer erreichbar.

  2. Die große von unseren Enkel hat immer ihr Smartphone dabei, die geht am Morgen 2km zu Fuß zur Schule, Winter wie Sommer,da ist es besser. Ansonsten bin ich komplett dagegen, zuhause wird nichts anders getan als an diesen Geräten zu hocken und immer mehr zu verblöden. Wenn Probleme in der Schule auftauchen, bei den kleineren, dann ruft die Lehrerin die Mutter an.Man sollte anfangen den Kindern das Leben ohne Handy zu lernen ,das wäre bei weitem besser.

  3. ne Hondsjong

    nix neues, meine Kinder waren in Gemmenich in der Schule, dort ist schon seit Jahren Handyverbot, selbst in den Pausen auf dem Schulhof gilt das. Klappt eigentlich ganz gut. Muss man sein Kind erreichen geht das einfach übers Schülersekretariat die dann erlauben das das Kind die Eltern zurückruft (per Handy oder Festnetz) oder die Kinder können im Schülersekretariat auch die Eltern anrufen sollte etwas spezielles sein.

  4. Alfons van Compernolle

    Ganz klar Handy VERBOT und den Computer auch , soweit er nicht zum Unterricht notwendig ist!
    Es waere doch wohl gut und angebracht, dass die Schueler wieder die Benutzung ihres Gehirnq erlernen bevor man ihnen den Faulheitsstaerker Computer gestattet.

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