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Russisches Gericht verurteilt Kremlgegner Alexej Nawalny zu neun Jahren Straflager

08.05.2012, Russland, Moskau: Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny ist hinter den Gittern eines Polizeiwagens zu sehen. Foto: Sergey Ponomarev/AP/dpa

In einem weiteren umstrittenen Prozess hat ein russisches Gericht den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny zu insgesamt neun Jahren Straflager verurteilt.

Richterin Margarita Kotowa ordnete am Dienstag nach einer stundenlangen Rede zudem besonders harte Haftbedingungen an. In die neun Jahre Haft werden alle bisherigen Strafen gegen den 45-Jährigen mit eingerechnet, wie Nawalnys Anwältin Olga Michajlowa im Anschluss mitteilte. Nawalny könnte demnach bis 2030 in Haft bleiben. Seine Anwältin kündigte Einspruch an.

Zudem soll der Oppositionelle, der als bekanntester Gegner von Präsident Wladimir Putin in Russland gilt, 1,2 Millionen Rubel Strafe (umgerechnet 8.200 Euro) zahlen. Der Prozess wurde Nawalny in seinem Straflager rund 100 Kilometer östlich von Moskau in Pokrow gemacht. Anschließend fanden sich auch Michajlowa und ihr Anwaltskollege Wadim Kobsew kurzzeitig in Polizeigewahrsam wieder.

28.01.2018, Russland, Moskau: Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny (M) nimmt an einer Kundgebung teil. Foto: Evgeny Feldman/AP/dpa

Der Kremlgegner hatte einen Mordanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok im August 2020 nur knapp überlebt und sich in Deutschland davon erholt. Bei der freiwilligen Rückkehr nach Moskau wurde er sofort festgenommen.

Die kremlkritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ veröffentlichte ein Video, das zeigt, wie Michajlowa von zwei Polizisten abgeführt wird – begleitet von Kameras. Ein Beamter hatte zuvor dazu aufgerufen, sie wegen „Störung der Arbeit der Justizvollzugsanstalt“ vom Gelände zu bringen. Wenig später kamen beide wieder auf freien Fuß.

In dem als politische Inszenierung kritisierten Verfahren sprach die Richterin Nawalny unter anderem wegen Betrugs in besonders großem Umfang schuldig. Der Angeklagte habe sich auf dem „Weg der Täuschung und des Missbrauchs von Vertrauen das Vermögen von Fremden“ erschlichen.

Nawalnys Team hatte der kurz zuvor von Putin beförderten Juristin vorgeworfen, während des Verfahrens immer wieder mit der Präsidialverwaltung telefoniert zu haben, um sich Instruktionen geben zu lassen.

15.02.2022, Russland, Pokrow: Auf diesem Bild ist der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny (M) per Videoschaltung zu sehen, während er bei einer Gerichtssitzung in Pokrow spricht. Foto: Denis Kaminev/Penitentiary Service/AP/dpa

Das Team des Kremlgegners sieht das Vorgehen der russischen Justiz als weiteren Versuch an, Nawalny mundtot zu machen. Es handele sich um ein von Putin persönlich gesteuertes Verfahren, sagte die Sprecherin des Oppositionellen, Kira Jarmysch. „Erst hat er (Putin) versucht, Alexej zu töten. Und als das scheiterte, hat er entschieden, ihn für immer im Gefängnis zu halten.“

Verantworten musste sich der zweifache Familienvater diesmal wegen angeblicher Veruntreuung von Geld für seine inzwischen in Russland verbotene Anti-Korruptions-Stiftung und wegen Beleidigung einer Richterin in einem früheren Verfahren. Nach Angaben seines Teams hatten ihm bis zu 15 Jahre Haft gedroht. Die Staatsanwaltschaft hatte 13 Jahre beantragt.

Nawalnys Sprecherin Jarmysch befürchtet, dass er nun als „Wiederholungstäter“ eingestuft und in ein Lager mit härteren Haftbedingungen deutlich weiter weg von Moskau gebracht werden könnte. „Es wird dann praktisch unmöglich sein, Zugang und Kontakt zu ihm zu haben.“ Es werde alles getan, ihn vorher in Freiheit zu bekommen. Nawalnys Stiftung soll aus dem Ausland weiterarbeiten.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte das neue Urteil als „schockierend“. Nawalny werde bestraft dafür, dass er Putins „System aus Korruption und Machtmissbrauch“ herausgefordert habe. „Die Welt darf das Urteil und seine Bedeutung inmitten des Horrors von Russlands Aggression in gegen die Ukraine nicht übersehen.“ (dpa)

3 Antworten auf “Russisches Gericht verurteilt Kremlgegner Alexej Nawalny zu neun Jahren Straflager”

  1. Corona2019

    Ein kleiner Fehler hatte Nawalny wohl auch selber gemacht.
    Er hatte es gewagt zu dem Auftraggeber seines eigenen misslungenen Mord versuchs zurückzukehren.
    Hatte Nawalny selber den kranken Putin so unterschätzt?
    Das hätte ihm doch unmittelbar nach dem Mordversuch klar sein müssen, dass Putin sich rächen wird , weil der Mordversuch missglückt ist.
    Wie krank Putin wirklich ist, hat er uns ja jetzt allen bewiesen.
    Er sollte mal krank feiern, und Platz für Nawalny machen.
    Freiwillig wird er das wohl nicht wollen.
    Aber es muss ja auch nicht freiwillig sein.

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