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„Gefühlte Beförderung“

03/12/2012, Eupen: Generaldirektor René Bauer (rechts, hier mit dem ehemaligen Bürgermeister Karl-Heinz Klinkenberg) bei der Einsetzung des neuen Eupener Stadtrates. Foto: Gerd Comouth

Regelmäßig werden in der Wallonischen Region auf Initiative eines sehr auf Begrifflichkeiten bedachten Regionalministers Funktionen neu bezeichnet. So wurde z.B. seinerzeit aus dem Bürgermeister- und Schöffenkollegium das Gemeindekollegium. Diesmal betrifft es die Stadt- und Gemeindesekretäre, die sich künftig „Generaldirektor“ nennen dürfen und somit eine „gefühlte Beförderung“ erfahren.

Dies sieht die Verwaltungsreform auf Gemeindeebene vor, die am Mittwoch vom wallonischen Parlament verabschiedet wurde. Sie entstand auf Initiative von Innenminister Paul Furlan (PS) und betrifft somit auch die neun Gemeinden der DG. Aus dem Gemeindeeinnehmer wird übrigens ein „Finanzdirektor“.

Einige nicht unwesentliche Mehraufgaben

Doch so schön sich die neuen Bezeichnungen anhören, glücklich werden viele Stadt- und Gemeindesekretäre über diese „gefühlte Beförderung“ nicht unbedingt sein. Zwar sollen Medienangaben zufolge ihre Gehälter steigen, gleichzeitig kommen aber einige nicht unwesentliche Mehraufgaben auf sie zu.

Das Dekret sieht nämlich für den „Generaldirektor“ eine Reihe von Neuerungen vor: Vorsitzender des Direktionsrates, notwendige Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Personalbewertungen, systematische Gutachten zu den Beschlüssen, juristische Beratung des Gemeindekollegiums und des Gemeinderates, internes Kontrollsystem, Zielsetzungsvertrag, Prüfung der Gesetzmäßigkeit aller Beschlüsse.

Zunehmende Politisierung der Verwaltung?

Kritiker der Reform befürchten eine zunehmende Politisierung der Verwaltung. Als Beispiel wird der Zielsetzungsvertrag angeführt. Dieser wird zwischen dem Gemeindekollegium und dem Generaldirektor abgeschlossen. Die Verwirklichung der in diesem Vertrag enthaltenen Ziele und die Art und Weise ihrer Umsetzung sind Bestandteile der Bewertung des Generaldirektors, was die Gefahr einer Vermischung erhöhe. Denn der Gesetzestext lasse die Tür für eine Bewertung auf Grundlage der politischen Resultate anstelle der administrativen offen.

Die Rolle des zukünftigen Generaldirektors bezeichnete der Staatsrechtler Marc Uyttendaele vor Kurzem wie folgt: „Er ist ein Chef, der keiner ist und dennoch einer sein muss, obschon er nicht immer über die Mittel dazu verfügt.“

3 Antworten auf “„Gefühlte Beförderung“”

  1. Vereidiger

    Ich finde das schlimm, was da in Namür mal wieder über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden worden ist. Das ist Bürokratisierung hoch drei!
    Vor allen Dingen ist mir nicht verständlich, warum zumindest die hiesigen Regionalabgeordneten sich mit keinem Tönchen öffentlich dazu geäußert haben. Niemand erklärt der Öffentlichkeit, warum dieses erneute Basteln am Funktionieren der Gemeinden nötig ist…
    Wenn es der Sinn der Sache sein soll, kleinen Gemeindeverwaltungen ein gutes Funktionieren zu erschweren, na dann Gratulation: Das wird garantiert klappen!
    Ob künftig das Thema Gemeindefusion wieder aktuell werden wird? Im fortschrittlicheren Flandern ist man damit längst beschäftigt, auch wissenschaftlich: http://www.standaard.be/artikel/detail.aspx?artikelid=DMF20130419_002

  2. H. Grabowski

    Ich sehe weder einen vorteil für die lokalen Verwaltung noch für den Bürger.
    Nichtsdestotrotz wird diese Projekt durchgedrückt. Haben die nix Besseres zu tun in Namür ? Als ehemaliger Präsident des Wallonischen Städte- und Gemeindeverbandes sollte Furlan etwas mehr Fingerspitzengefühl an den Tag lagen.

  3. Wirklich ein Schwachsinn.
    Was wird sich ändern, weniger Geld für Projekte, höhere Gehälter fürs Verwaltungspersonal, man fängt jetzt mit dem Generaldirektor an, dann kommen bestimmt die anderen dran. Aber mehr werden sie sowieso nicht leisten. Nur der Bürger kann wieder bezahlen – Steuererhöhung lässt grüssen.

    So kann man die Kassen auch leer machen oder gibt es zusätzliche Gelder aus Namur dafür?

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