Ein neuer Fall Bosman? Wieder könnte eine Revolution des Transfersystems im Profifußball von Belgien ausgehen. Ausgelöst wurde der Fall durch einen ehemaligen Spieler der AS Eupen: Mohamed Dahmane. Der Franco-Algerier spielte 2011 bei der AS in der 1. Division. Der heute 32-Jährige hat vor Gericht einen Prozess durchgefochten, der weitreichende Konsequenzen für den belgischen Fußball haben könnte.
Alles geht auf die Zeit zurück, als Mohamed Dahmane seinen Vertrag bei Erstdivisionär RC Genk einseitig aufkündigte, nachdem er in den B-Kader verwiesen worden war. Das war 2008, also rund drei Jahre vor seinem Wechsel zur AS. Genk zog gegen die einseitige Aufkündigung des Vertrags vors Arbeitsgericht und bekam Recht. Dahmane, der heute beim algerischen Verein CR Belouizdad spielt, musste dem RC Genk eine Entschädigung von 880.000 Euro zahlen.
Die Summe von 880.000 Euro entsprach 36 Monaten Lohn gemäß dem Gesetz über die Bezahlung von Sportbediensteten aus dem Jahr 1978.
Fußballprofis wie alle anderen Lohnempfänger
Sind Fußballprofis in Belgien demnächst ganz normale Lohnempfänger? Das Foto zeigt Silvio Proto, Torhüter bei Rekordmeister RSC Anderlecht. Foto: dpa
Dahmane wollte das Urteil nicht hinnehmen und ging in Berufung. Das Urteil des Appellationshofes von Hasselt wurde erst jetzt verkündet – es enthält jede Menge Sprengstoff.
Die Höhe der von Dahmane an Genk zu entrichtenden Summe soll nicht gemäß dem Gesetz von 1978 über die Bezahlung von Sportbediensteten festgelegt werden, so der Berufungshof. Vielmehr sei Dahmane als ein ganz normaler Arbeitnehmer zu betrachten. Folglich müsse er nicht 880.000 an den RC Genk zahlen, sondern nur 220.000 Euro.
Das hat die belgischen Profivereine aufgeschreckt. Nicht an der Summe nehmen sie Anstoß, sondern an der Tatsache, dass Fußballprofis als ganz normale Lohnempfänger zu betrachten sind. Das würde bedeuten, dass sich die Spieler in Zukunft jederzeit aus laufenden Verträgen gegen Zahlung einer bestimmten Entschädigung freikaufen könnten, auch wenn der Vertrag noch über mehrere Jahre läuft.
50% bis 200% des Jahreslohns – und du bist raus
Sein Fall ging in die Fußballgeschichte ein: Jean-Marc Bosman (im Jahre 2008). Foto: dpa
Die Entschädigung würde wie folgt berechnet: Der Profi, der einseitig seinen Vertrag aufgekündigt hat, bezahlt als Entschädigung – je nach Zahl der Monate, die noch verbleiben – für jeden Monat das Doppelte bei einem Minimum von 50% und einem Maximum von 200% seines Jahreslohns. Mit anderen Worten: Für maximal 200% seines Jahreslohns kann er jederzeit raus aus dem laufenden Vertrag – egal, ob sein Verein einverstanden ist oder nicht.
„Mir ist nicht bange um den RC Genk, sondern um den belgischen Fußball“, kommentierte Dirk Degraan, der noch bis zum Saisonende als Direktor des limburgischen Clubs tätig ist, das Urteil des Appellationshofes von Hasselt: „Das ist ein Fall Bosman auf belgischem Niveau.“
Das sogenannte “Bosman-Urteil” ging in die Fußballgeschichte ein. 1995 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Profi-Fußballspieler in der EU nach Ende des Vertrages ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln dürfen. Der Entscheid brachte zudem die im europäischen Sport bestehenden Restriktionen für Ausländer zu Fall. (cre)
Es ist völlig richtig, dass Fußballprofis wie ganz normale Arbeitnehmer behandelt werden. Der Fall Bosman hatte die gröbsten Ungerechtigkeiten abgeschafft, aber auch nicht alle. Weshalb sollte Dahmane nicht weggehen können unter den gleichen Bedingungen wie jeder andere Arbeitnehmer auch ?
Auszug aus dem OD-Artikel :
„Das würde bedeuten, dass sich die Spieler in Zukunft jederzeit aus laufenden Verträgen gegen Zahlung einer bestimmten Entschädigung freikaufen könnten, auch wenn der Vertrag noch über mehrere Jahre läuft.“
Mal unabhängig von der arbeitsrechtlichen Seite über die freie Berufsausübung :
Frage an OD : Sie schreiben , die Spieler könnten sich JEDERZEIT aus laufenden Verträgen freikaufen. Bedeutet dies, dass die Spieler dann beispielsweise mitten in einer Saison kündigen könnten? Das würde ja ein Chaos sondergleichen für die Vereine bedeuten. Im schlimmsten Fall könnte ja eine halbe Mannschaft wegbrechen. Irgendwie unvorstellbar.
OD, könnten Sie diese Geschichte näher erläutern? Danke
@PATRIOT: Ich habe den Text nicht schwarz auf weiß vor mir. Wenn aber das Statut der Fußballprofis dem der Arbeitnehmer gleichgestellt werden soll, dann kann die Kündigung natürlich jederzeit erfolgen. Ein Arbeitnehmer kann ja nicht nur im Winter oder im Sommer kündigen. Für normale Arbeitnehmer gibt es nun mal keine Transferperiode ;) Gruß
Danke für die Antwort! Das kann ja dann noch heiter werden im Sinne meiner Anmerkungen im vorherigen Post
@PATRIOT: Hier geht es ja nur um die vertragliche Situation. Das hindert die Fußballverbände nicht daran, gewisse Regeln einzuführen für den Spielbetrieb. Heute schon kann ein Spieler, der im Herbst Champions League gespielt hat und im Winter zu einem anderen Teilnehmer der Champions League wechselt, mit diesem nicht vor Ende der Saison Champions League spielen, was auch vernünftig ist. Gruß
Ein Arbeiter darf auch JEDERZEIT in einem anderen Betrieb arbeiten.
@Chris Ein Arbeiter unterschreibt aber auch keinen Zeitvertrag und erhält für seine Unterschrift ein Handgeld. Das Problem ist doch, der Spieler unterschreibt einen Vertrag, Kostet womöglich noch Ablöse und löst diesen Vertrag eigenmächtig auf. Ein Arbeitnehmer-( und natürlich auch Arbeitgeber) Kündigungsrecht sollte es eigentlich nur bei unbefristeten Verträgen mit angemessenen Kündigungsfristen geben.
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Lieber Redaktion von „Ostbelgien Direkt“
Was soll der Kommentar von „dr ogagu 29. Mai 2014 um 23:38 „??
Zu welche Thema/Artikel gehört dieser Beitrag?
Danke für die Antwort.
Mit freundlichen Grüßen.