Leserbrief

J. W. Klos: Europa und seine tiefe Krise

Was um Himmelswillen war der Anlass, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, solch einen belanglosen Beitrag zum Thema Europa in die Welt zu setzen?
Sie mussten sich doch ausmalen können, welche „Freundschaftsbekundigungen“ man Ihnen mit solch einer Vorlage entgegengenbringen würde, wenn ein solcher „Gedankengan“ durch die „Boulevardpresse“ aufgegriffen wird.

Wie Sie feststellen, melde ich mich eigentlich zu spät zu Ihrer Thematik, vielleicht schon zu spät, das allgemeine Interesse verblasst ja schon wieder. Bezeichnend ist eigentlich, dass zu Ihrem gewählten Thema eigentlich überhaupt nichts gesagt wurde – sei es drum..

Nun meine Gedankengänge zu dieser Thematik möchte ich Ihnen jedoch nicht vorenthalten.

Europa

– ein zusammengewürfelter Haufen von Nationalstaaten, entstanden aus einer guten Idee: dem Zusammenschluss einiger mitteleuropäischer Länder im Jahre 1957, welchen man – für unsere jüngeren Leser – damals als EWG bezeichnete.

Einer der wichtigsten Beschlüsse dieser Vereinigung war für mich der Wille der damaligen Politiker die Sozialstandards der Bürger der einzelnen Mitgliedsstaaten zu harmonisieren.

Als angenehmer Nebeneffekt kann man die Abschaffung von Zollschranken, den freien Verkehr von Personen und Kapital und die gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten bezeichnen.

Unsere derzeitigen Probleme zeichneten sich schon in den Gründerjahren ab, da schon von Anfang an die Harmonisierung der Sozialstandards bald in Vergessenheit geraten war. Je mehr Mitgliedsländer dieser Verein bekam, desto gravierender wurden die Unterschiede im sozialen Bereich.

Das Gleichschalten dieser und anderer sozialen Errungenschaften hat in den 60er Jahren schon unter den Unterzeichnern der Römischen Verträge nicht funktioniert, und weiß Gott außer Italien waren die damaligen Beteiligten überschaubar gleich aufgestellt.

Durch die weiteren Verträge – Maastricht 1993 bis hin zu Lissabon 2009 mit dem schönen neuen Namen EU – wurden die Unterschiede in den Sozialstandards der Mitgliedstaaten zu signifikant, dass selbst der dümmste Arbeitgeber darauf kommen musste, seine Aktivitäten in Ländern zu verlegen – mit unter anderem den niedrigsten Sozialstandards.

Genau diese Entwicklung, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, war im Endeffekt allen Politikern klar, aber aus Gründen wie Selbstverherrlichung, Machtstreben usw. hat man auf die Belange der „kleinen Leute“ keine Rücksicht genommen.

Etwas ganz Wichtiges hat man einfach unter den Teppich gekehrt: In einem vereinheitlichen Europa darf es einfach auf Dauer keinen inneren Wettbewerb zwischen den einzelnen Nationalstaaten geben.

Es geht zum Beispiel nicht, dass ein Land wie Deutschland, bedingt durch jahrelanges Lohndumping, heute schon wieder prahlt, dass es 2013 wieder Wachstum geben wird und ein Land wie unseres bedingt durch „Wir halten an der Indexierung der Löhne und Gehälter fest“ die EU-Sparmaßnahmen nicht einhalten kann, weil es kein Wachstum gibt.

Wie wollen Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, einen solchen Haufen von Egoisten sozialer aufstellen? In der Geschwindigkeit ,in welcher unsere Politiker den Zuwachs an neuen Mitglieder vorangetrieben haben, immer mit der schönen Begründung, Europa sicherer zu gestalten, wurde die Chance verspielt, den Sozialstandard in den einzelnen Mitgliedstaaten anzupassen. Es hätte eine Mitgliedsschaftbedingung sein müssen, im Vorfeld einen Basisstandard zu erreichen.

Der von Ihnen geforderte Zusammenhalt und die eingeforderte Solidarität von Spanien über Belgien/Deutschland bis Rumänien werden die Bürger in den hiesigen Wahlkreisen immer teurer zu stehen kommen, weil auch in den kommenden Jahren, in unseren Breitengraden, nicht mit einer nennenswerten Erholung zu rechnen ist.

Wenn Sie dann noch von Solidarität reden, heißt das nichts anderes, als dass die Armenhäuser Europas zuerst mal auf unsere „Kosten“ – den Begriff nehme ich zurück – „sozialisiert“ werden müssen. Haben Sie eine Ahnung, welche Kostenlawine da auf uns zurollt?

In diesem Zusammenhang wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie uns näher erläutern würden, wie man dann bitteschön den hiesigen Menschen den Mehrwert von Europa erklären soll, und wodurch soll dann bitteschön so etwas wie Begeisterung geweckt werden soll?
Europa ist und bleibt eine gutgemeinte Konstruktion, die den Bürger bis dato nicht erreicht hat.


PS. Warum Sie nun ausgerechnet zum Thema EU in Ihren Gedankengängen noch mal das Kapitel PPP-Projekt im Sinne der Investitionskapazitäten in Gebietskörperschaften ansprechen mussten, bleibt Ihr Geheimnis.

Mit freundlichen Grüßen

19.03.2013 J.W. Klos, Eupen

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