Gesellschaft

Das Ende der häuslichen Krankenpflege?

Ein Mann wird bei einem Hausbesuch von zwei Pflegerinnen angezogen. Foto: dpa

Der Sektor der häuslichen Krankenpflege steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten. Diese sind während des Aktionstages vom 16. Oktober sehr deutlich ans Tageslicht gekommen. Vor allem die Unterfinanzierung des Sektors macht zu schaffen. Droht der häuslichen Krankenpflege sogar das Aus?

Immer mehr Menschen werden älter und möchten so lange wie eben möglich bei sich zu Hause bleiben. Die Krankenhausaufenthalte werden immer kürzer, die Alten- und Pflegeheime können den Bedarf nicht decken. Deshalb werden immer häufiger höhere Anforderungen an die häusliche Krankenpflege gestellt: Professionalität und Effizienz sind bei den Behandlungen mehr denn je gefragt.

Der soziale Kontakt zu den Patienten

Dies wiederum verlangt nach ausgebildeten Familien- und Seniorenpfleger/innen. Die Ausbildung dauert 18 Monate und endet bei erfolgreichem Abschluss mit einem Zertifikat, welches durch die DG bzw. im Pflegedienst auch durch den Föderalen Dienst Volksgesundheit, Sicherheit der Nahrungskette & Umwelt ausgestellt wird.

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Das persönliche Gespräch mit den Patienten ist sehr wichtig. Foto: shutterstock

Einen ganz wichtigen Faktor sollte man nicht aus den Augen verlieren: der soziale Kontakt zu den Patienten. Um diese Kriterien zu erfüllen, braucht es einer Refinanzierung der häuslichen Pflegedienste. Mit zunehmender Alterung der Bevölkerung nimmt auch die Inanspruchnahme des Dienstes zu.

„Wenn sich heute nichts ändert, wenn die finanziellen und humanen Ressourcen nicht gefunden werden, bedeutet dies das Aus der häuslichen Versorgung zum Nachteil der Schwächsten in unserer Gesellschaft, die heute bereits unsere Zielgruppe sind,“ so der Tenor im Pressedossier aller beteiligten Vereinigungen. Dabei schlagen die Verantwortlichen vor, die Kosten an den Index der Lebenshaltungskosten anzupassen, um so die Finanzierung sicherzustellen.

Kluft zwischen Kostenerstattung und realen Kosten

Seit 2000 hat sich die Schere zwischen der Bewertung der häuslichen Krankenpflege und dem Index als Barometer der Lebenshaltungskosten immer weiter geöffnet. Alle Beobachter sind sich einig, dass die Kluft zwischen der Kostenerstattung durch das LIKIV (Landesinstitut für Kranken- und Invalidenversicherung) und den realen Kosten der Krankenpflege inzwischen 7 bis 8 Prozent beträgt. Hinzu kommt der ständige Anstieg der Kraftstoffkosten. Steigende Benzinpreise und zunehmende Kilometerleistungen führen dazu, dass die Pflegedienste bei manchen Leistungen unterm Strich Geld zulegen.

„Unser Ziel ist die Aufrechterhaltung der Qualität; es ist jedoch eine Tatsache, dass die Rentabilität ein Begriff ist, der allen unseren Mitarbeiterinnen bekannt ist“, betont die Direktorin des Gelb-Weißen Kreuzes in der DG, Anneliese Zimmermann-Bocken gegenüber „Ostbelgien Direkt“ und fügt hinzu: „Als Krankenpflegedienst in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind wir in den neun Gemeinden präsent. Für die Verantwortlichen ist es eine große Herausforderung, diesen Dienst rentabel jedoch qualitativ hochwertig zu organisieren.“

Sektor stark unterfinanziert

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Die Krankenpfleger sehen sich bei ihren häuslichen Einsätzen immer häufiger schwer pflegebedürftigen Menschen gegenüber. Foto: dpa

Der Sektor sei sehr stark unterfinanziert, sagt Frau Zimmermann-Bocken: „Die letzten Jahre waren für unseren Dienst finanziell sehr schwierig, und wir können nicht behaupten, dass unsere Finanzlage ausgeglichen ist“, so unsere Gesprächspartnerin. Da klingt Begeisterung schon anders.

Anneliese Zimmermann-Bocken hat jedoch noch Zukunftshoffnungen. Ziel sei der Erhalt der Zugänglichkeit und der Qualität der Pflege: „Wenn die Refinanzierung des Sektors nicht gelingt, werden andere Maßnahmen vonnöten sein.“ Damit schließt die Direktorin des Gelb-Weißen Kreuzes in der DG eindeutig kürzere Behandlungszeiten aus, um aus Kostengründen mehr Patienten behandeln zu können.

Statistisch werden im Jahr 2030 mehr als 2,7 Millionen Menschen der Altersgruppe der über 65-Jährigen angehören (gegenüber 1,9 Millionen im Jahr 2012). Die Probleme der Gesundheitsleistungserbringer machen sich aber bereits heute in jeder Hinsicht bemerkbar. (od)

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