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Colling (Ecolo): „Ein immer größerer Teil der Schulden wird von Regionen und Gemeinschaften verursacht“

"Geld leihen kostet auch Geld", sagt Fabienne Colling (l), Ecolo-Fraktionssprecherin im Parlament der DG. Fotos: Patrick von Staufenberg - Shutterstock

Wer ist zu einem Großteil verantwortlich dafür, dass Belgien überschuldet ist und die EU deshalb ein Defizitverfahren gegen unser Land eingeleitet hat? Der Föderalstaat oder die Regionen und Gemeinschaften? DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) und die Ecolo-Fraktionssprecherin Fabienne Colling sind da verschiedener Meinung. Vor allem sorgt sich die Politikerin der Grünen um die Kreditwürdigkeit der DG.

Während Paasch erklärt hat, dass die DG nicht dafür verantwortlich gemacht werden könne, dass die EU ein Defizitverfahren gegen Belgien eingeleitet habe, sie sich aber als Bestandteil des belgischen Bundesstaates, genau wie alle anderen Gliedstaaten, an diesen Anstrengungen beteiligen müsse, beruft sich die Ecolo-Abgeordnete Colling in einer Pressemitteilung auf die Ratingagentur Moody’s.

Laut Moody’s wird „ein immer größerer Teil der Schulden in Belgien von den Regionen und Gemeinschaften verursacht, auch wenn die Schuldenlast vom Föderalstaat getragen wird“.

Die vier Mitglieder der Regierung Paasch III (v.l.n.r): Ministerpräsident Oliver Paasch, Jérôme Franssen, Gregor Freches und Lydia Klinkenberg. Foto: Patrick von Staufenberg

In der Pressemitteilung befasst sich Colling eingehend mit der angespannten Finanzlage der DG, die Sparmaßnahmen notwendig macht (siehe dazu Artikel an anderer Stelle). Sie fordert unter anderem Klarheit über die Auswirkungen einer Herabstufung des belgischen Finanzratings auf die DG.

“Ich bin erschrocken darüber, mit welcher Normalität die immer weiter steigenden Anteile von Anleihen am Haushalt der DG hingenommen werden. Geld leihen kostet auch Geld“, so Colling. „Die Regierung der DG finanziert einen erheblichen Teil ihrer Investitionen, insbesondere im Infrastrukturbereich, über Anleihen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierung beschlossen hat, verschiedene Zuschüsse und Dotationen für mehrere Jahre im Voraus zu bezahlen, so z.B. an die Wohn- und Pflegezentren, an die Gemeinden und an die ÖSHZ. Auch diese Vorauszahlungen müssen über teure Anleihen finanziert werden. Das sind Entscheidungen, die die DG selbst trifft. Niemand schreibt das in dieser Form vor. Insbesondere nicht die EU.“

Diese Vorauszahlungen in 2024 sorgen laut der Ecolo-Fraktionssprecherin dafür, dass man zumindest auf dem Papier, also rein mathematisch, einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2025 erhalte. „In Wirklichkeit wurden diese Ausgaben aber nur vorgezogen. Dadurch steige die Zinslast der DG weiter an. Eine Verschlechterung der Kreditwürdigkeit Belgiens würde die angespannte Finanzsituation zusätzlich verschärfen“, so Colling.

Der Ecolo-Abgeordnete Andreas Jerusalem (l) und die Ecolo-Fraktionsvorsitzende Fabienne Colling bei einer Pressekonferenz. Foto: Patrick von Staufenberg

Im Oktober hatte die Ratingagentur Moody’s den Ausblick der belgischen Staatsverschuldung von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt. Das Rating selbst, also die Einschätzung, wie kreditwürdig Belgien ist, blieb mit „Aa3“ bisher unverändert.

Colling: „Ein solches Finanzrating hat Einfluss auf die Kreditkosten eines Landes. Wenn das Rating sinkt, steigen die Kreditkosten, was die Zinsen für zukünftige Anleihen und andere Finanzierungsformen erhöht. Die Ratingagentur befürchtet, dass es in Zukunft schwieriger für Belgien wird, Defizit und Schuldenlast strukturell zu vermindern.“ Das liege auch daran, dass es in Belgien an Mechanismen fehle, damit die verschiedenen Regierungen des Landes diesen Kraftakt gemeinsam stemmen.

Eine Herabsenkung der Kreditwürdigkeit hätte laut Colling nicht nur Auswirkungen auf die Kreditkosten Belgiens, sondern könnte auch empfindliche Folgen für die Regionen und Gemeinschaften des Landes haben, also auch für die DG.

“Für eine verlässliche Einschätzung der Finanzlage der DG ist es wichtig, die Zusammenhänge der Kreditwürdigkeit von Föderalstaat und Gliedstaaten zu verdeutlichen. Insbesondere jetzt, wo die Regierung Anleihen dazu nutzt, Haushaltsposten von einem Jahr in ein anderes zu verschieben, müssen wir uns noch intensiver mit den Risikofaktoren auseinandersetzen“, so die Ecolo-Abgeordnete abschließend. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

5 Antworten auf “Colling (Ecolo): „Ein immer größerer Teil der Schulden wird von Regionen und Gemeinschaften verursacht“”

  1. Cremerfan

    Im Bericht wird von Ecolo-Fraktion gesprochen. Dabei hat Ecolo den Fraktionsstatus verloren.
    Einen Fraktionsstatus erhält man bei mindestens 3 Abgeordneten oder verstehe ich etwas falsch.

  2. Ansteckend

    Jetzt auf einmal bekommt Vivant endlich mal Unterstützung, und das ist sehr gut so! Deckt alles auf was da in der „Buchungstrickkiste“ lagert, bis tief unten drin. Der betroffene Steuerzahler ist es euch Dankbar!
    Hier in Eupen fängt die Misere unseres Landes schon an. Das steigert sich per Etappen und Leitern bis oben weiter. Die Weltagenturen, wie u a Fitch-Mood’ys, fangen an sich für Belgien zu interessieren. Das kann unter Umständen ein bitteres Ende bereiten, auch wenn Herr Paasch immer seine Lobeshymnen anstellt!? Das Eupener Konstrukt war um einige Nummern viel zu Gross unbd noch vieler zu teuer! Unsere Nachfolger werden sich noch freuen darüber!? Macht den Laden kleiner! Sofort, noch ist’s erst 5 vor 12!

  3. Individhuman

    Der Schuldenberg der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist in der letzten Legislatur um 300 Millionen Euro gewachsen. Soll ich das gut finden? Was ist, wenn der belgische Staat sich spaltet und die Schulden verteilt werden. Dann kann Herr Paasch auch nicht sagen, dass die DG daran keine Schuld trägt, denn ehrlicherweise wurden keine Akzente Richtung finanzieller Unabhängigkeit gesetzt. Die DG ist immer noch Nettoempfänger und selbst damit kommen unsere Großmachtregionspolitiker nicht hin. Das hat nichts mehr mit Kompetenz zu tun.

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