Politik

Der späte Aufstieg des Charles Servaty – Lambertz´ „treuer Leutnant“ ist jetzt Präsident des DG-Parlaments

Der ehemalige Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz (2.v.l.) und dessen Nachfolger Charles Servaty (r). Vor allem die SP tut sich laut Vivant bei der Besetzung von Posten negativ hervor. Foto: Belga

Wechsel an der Spitze des Parlaments der DG: Nachfolger von Karl-Heinz Lambertz ist der bisherige Vorsitzende der SP-Fraktion, Charles Servaty. Der 56-Jährige wurde am Montag mit den Stimmen der Mehrheit (ProDG, SP und PFF) gewählt. Servaty setzte sich bei der Wahl gegen Patricia Creutz (CSP) durch. Vivant enthielt sich der Stimme.

Im Radsport nennt man einen, der dem Kapitän stets zur Seite steht und für ihn gewissermaßen die Drecksarbeit macht, „un lieutenant fidèle“, einen „treuen Leutnant“. Was zum Beispiel der ehemalige Radprofi Joseph Bruyère in den 1970er Jahren für Eddy Merckx war, ist Charles Servaty für seinen Mentor Karl-Heinz Lambertz.

Erst jetzt, wo der „rote Baron“, wie der ehemalige Ministerpräsident genannt wird, das Ende seiner politischen Laufbahn eingeläutet hat, kommt sein Leutnant endlich zu höheren Weihen. Mit seiner Wahl zum neuen Parlamentspräsidenten ist der Mann aus Küchelscheid jetzt sogar rein protokollarisch der ranghöchste Repräsentant der DG.

Charles Servaty war seit 1999 Fraktionsvorsitzender der SP. Foto: OD

Im Gegensatz zu Lambertz, der immer gestalten wollte, also eher ein Macher war, liebt Servaty wie kaum ein anderer das Parlamentsbrimborium mit seinen Ritualen. Ein Spötter meinte mal, Charles Servaty betrete zumeist in erregtem Zustand den Plenarsaal des Parlaments oder einen Sitzungssaal und nichts sei ihm lieber als ein Dokument, dessen Lektüre andere Abgeordnete größenteils langweile.

Wenn Servaty ans Rednerpult tritt und sein „Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen“ ausspricht, dann macht das was mit ihm. Rituale gibt es nicht nur in der Kirche, sondern auch bei den Sozialisten. Und Servaty sieht sich als Sozialist, nicht als Sozialdemokrat, so wie zum Beispiel SP-Minister Antonios Antoniadis.

Minister war Servaty nie. Nur Fraktionssprecher, übrigens seit 1999, also seit einer Ewigkeit. Und Schöffe in der Gemeinde Bütgenbach. Jetzt ist er ganz oben angekommen und durfte gleich nach seiner Amtsübernahme als frischgebackener PDG-Präsident zum Neujahrsempfang von König Philippe nach Brüssel.

Sozialisten und Sozialdemokraten: Antonios Antoniadis (Bildmitte) bei der Vorstellung der PDG-Liste der SP für die PDG-Wahl im Mai 2019. Rechts Karl-Heinz Lambertz, links Charles Servaty. Foto: Gerd Comouth

Nichts ist mühsamer als Fraktionssprecher einer Mehrheitspartei zu sein. Echte Knochenarbeit. Man darf allenfalls der Regierung gratulieren und im Parlament mit anderen Worten das wiederholen, was der Ministerpräsident schon vorher gesagt hat – erst recht wenn dieser aus den eigenen Reihen stammt, so wie dies für Lambertz von 1999 bis 2014 der Fall war. Eigentlich hätte Servaty in jener Zeit sagen können: „Ich habe dem, was der Herr Ministerpräsident gesagt hat, nichts mehr hinzuzufügen“. Trotzdem machte der Mann aus Küchelscheid nie den Eindruck, gefrustet zu sein.

Die Rolle des Parlamentspräsidenten passt Servaty wie angegossen. Und wie es sich für einen „treuen Leutnant“ gehört, ließ er es sich gleich in seiner Antrittsrede nicht nehmen, sich mit einer salbungsvollen Rede beim „roten Baron“, dem er stets gedient hat, zu bedanken.

Servaty bescheinigte Lambertz „eine beeindruckende Leistungsbilanz“ als PDG-Präsident und bedankte sich dafür, dass „du mich im Anschluss an meine heftige Erkrankung während des vergangenen Jahres stets auf dem Laufenden gehalten und mir bei deinen regelmäßigen Besuchen Mut zugesprochen hast“. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

41 Antworten auf “Der späte Aufstieg des Charles Servaty – Lambertz´ „treuer Leutnant“ ist jetzt Präsident des DG-Parlaments”

  1. Gottlieb

    Erstaunlich an dem Wechsel ist an sich nur die Bescheidenheit von KHL; ob man dem trauen kann?
    Servaty, dem man durchaus Glück und Gesundheit wünschen darf, hat sich in jahrzehntelanger Nibelungentreue zum Chef als Kriecher profiliert. Nie eine eigene Meinung, kein einziges Widerwort, kein Einwand, nicht einmal eine sanfte Nuance. Im Brustton der Überzeugung plapperte er alles nach. Ein Leisetreter und Meister der Verbeugungen. Ein Claqeur, ein Kuscher. Ein Überlebender im Schatten des Genossenkillers. Nicht eine Spur Courage von Ferdy Dupont oder der Finesse von Marcel Lejoly.
    Das ist jetzt „der Präsident aller“: Zum Jubiläum als Abschiedsgeschenk ein Duplikat und für die Jugend ein Hinweis dafür, wie man es machen muss, wenn man es in dieser Autonomie politisch zu etwas bringen möchte.

  2. Genauso ist es! Eine äußerst wirklichkeitsnahe Beschreibung der Funktionsweise der „Arbeit“ der Fraktionssprecher der Mehrheitsfraktionen im PDG. Vor allem bei der SP. Herrn Servaty dennoch alles Gute. Viel verkehrt kann er wirklich nicht machen.

  3. delegierter

    Seine ersten Worte ans Volk, lauteten “ Freibier für Alle „. Das glaube ich aus seinem Munde gehört zu haben. Oder habe ich mich verhört ? Es war so laut, der Applaus und die Jubelrufe……. ;)

      • Jägermeister

        Gibt es jetzt Freibier, Fritten und Orden für alle Einwohner Küchelscheids?
        Was wurde überhaupt aus der Sache Küchelscheid vs. Gemeindeverwaltung Bütgenbach; war da nicht mal was, weil dort mehr Touristen sind, als Einwohner und die Gemeindeverteter den Wahnsinn (Lärm, Müll, Ferienhäuser,…) nicht stoppen wollen?
        Das erinnert mich an die Sache mit dem Bütgenbacher See, wo mal „jemand“ im Grenz Echo meinte, es gäbe kein Müllproblem am Bütgenbacher See, bis Ostbelgien Direkt „ihm“ knallhart die Wahrheit um die Ohren gehauen hat.
        Dabei fällt mir ein, was wurde aus den Willkommenschilder, die „jemand“ aufstellt hat und die dann auf geheimnisvolle Weise verschwunden sind, siehe dazu auch den Bericht auf OD?

  4. Danke Herr Cremer!

    Schamlos unsere Jubiläums-Autonomie: Solche Details und Hintergrundinformationen, wie jetzt über Ch. Servaty, kann man nur bei Ihnen auf OD lesen. Da wird wieder einmal verständlich, weshalb KHL Sie als Grenz-Echo-Chefredakteur liquidieren liess und Ihr OD-Portal von jeder Pressehilfe ausgeschlossen bleibt. Hier regieren Angsthasen mit schlechtem Gewissen, ob im Kronensaal oder am Kehrweg. 50 Jahre DG haben den Profiteuren gereicht, von Neu-Moresnet bis Ouren die Demokratie abzumurksen.

  5. Hinten oder Vorn?

    Nichts ist Hintenvorner wie unsere Eupener Burg- und Kloster Dynastie!? Blass wie schon vorher erscheint nun die nächste Gallionsfigur. Diejenigen in der weiten Welt, die uns per Zufall hier in Ost Belgien entdecken, die lachen sich kaputt über unser Erscheinungsbild.
    Alles viel zu gross und überflüssig gegründet worden. Jetzt haben wir das Resultat: kleine Ecke, soviele Einwohner wie eine kleine Kreisstadt in Deutschland, aber wohl eine Regierung, ein Parlament mit Abgeordneten, viele Gebäude und Repräsentanzen, ein Kloster als Hotel, eine Mittelaltrige Burg, all die Knechte und Mägde in den Abteilungen!
    Und trotz der ganzen überblähten Errungenschaften, ein Schuldenberg der alles andere in den Schatten stellt!
    Wenn dass das Resultat der damaligen Ideen der Gründer war, ja dann Auf Wiedersehn!

  6. Witte Was

    Qatargate zeigt mal wieder was unsere nördlichen Nachbarn schon lange wissen: „Het is de schuld van de sossen“. Zeit dem im PDG 2024 ein Ende zu setzen. Bis dahin hat KHL hoffentlich seine vollen Pensionsansprüche zusammen.

  7. noergeler

    Der Alte zieht sich von der Bühne zurück, aber nur bis hinter dem Vorhang.So kann er weiterhin Servaty steuern ohne sichtbar zu sein. Solange K.H. lebt duldet er keinen neben sich, nur unter sich.Er merkt nicht einmal dass er es ist der der SP das Grab schaufelt.

  8. Apfelkuchen

    Erinnert mich irgendwie an die DDR. Die DG ist von oben verordnetes Glück. Die Bevölkerung wurde nie gefragt weder in der DDR noch in der DG.

    Herr Servaty soll seine Amtszeit genießen. Er wird bestimmt nie wieder Präsident. Es ist der letzte große Auftritt bevor der Vorhang endgültig fällt für die SP.

  9. Erwin Haep

    Kriecher, Leutnant, Schubser, ich bin überrascht wie ein Urteil schon gefallen ist. Ich sehe in Servaty ein sehr gutes Gegenstück zu KHL. Auch erscheint er mir mehr Sozialist, als es KHL je war. Viele scheinen ihn zu kennen, ich nicht. Die ruhige Art, die gesunde Vorsicht, der berechtigte oder erforderliche Dank an seinen Vorgänger haben in mir keine Gegenimpulse ausgelöst, eher seine bescheidene durchdachte Art lässt hoffen, er nicht polarisieren wird.

  10. Arbeiterbewegung

    Charles Servaty war immer der Garant dafür das die SP ihr linkes Profil nicht außer Acht ließ, Solidarität und an der Seite derer zu stehen die oft für weniger Geld und Anerkennung unsere Gesellschaft am Laufen halten das ist für ihn ein Kernanliegen seiner politischen Arbeit. Auch ist er ein überzeugter Belgier der sich in allen 3 Landessprachen und in allen 4 Landesteilen gleichermaßen zu Hause fühlt, das man ihm jetzt dieses hohe Staatsamt übertragen hat erfüllt viele die ihn als sozialistischen Menschenfreund schätzen mit Freude.

      • … „nutzt denen, die es erfunden haben“! Was bei Ihrer richtigen Aussage noch fehlt ist, dass für diesen „Nutzen“ andere Menschen mindestens jeden Tag die Hälfte ihres sauer erarbeiteten Geldes abgepresst bekommen! 😡

  11. Bernd vom Süden

    Das reinste Fangenspielen in Eupen. Da macht der K H alles was er gerne macht, und will. Lobt sich selber über den Klee. Die Krönung seiner Taten war sich selber auf den Hohen Trohn zu heben, obschon Glasklar abgewählt bis über den Wolken. Der Wähler fühlt sich dermassen veräppelt, dass die SP befürchten muss nächstes Jahr total von der Bildfläche zu verschwinden. Dann die kuriosen Posten nebenbei. Sicher keine Ehrenämter? Zumal den Nebenposten bei der E U, wo er viele Reisen unternahm, solche Jobs gibt es in Hülle und Fülle bei der Politik, wenn sie nicht schon da sind, werden sie installiert von oben runter. Der Bekloppte dabei ist der Steuerzahler und Bürger, der muss all den Spuk bezahlen! Sollte da nicht mal Halt geboten werden? Welche all unserer vielen Parteien hat den Mut da vor zu prechen um endlich mal Realität und Zweck des Ganzen her zustellen!?

    • Jubelklang

      Tschuldigung! ……weiter!
      lobt er da alles in höchsten Tönen, so als wenn die DG ein Weltstaat wäre!?
      Manch einer wird sich biegen vor lachen. Jedenfalls ist sein Abgang mit einer sehr grossen Schuldensumme verbunden, es ist nicht alles Gold was glänzt.

  12. Jägermeister

    Hallo Charles, freut mich, dass du endlich ganz „oben“ angekommen bist.

    Bedeutet das nun, das du weniger in den Bütgenbacher Kneipen und bei Martha in Erscheinung treten wirst?

  13. Hans-Werner S.

    Es müsste Herrn Lambertz eigentlich bedenklich stimmen, wenn er sieht wieviel Kübel über ihn hier ausgeschüttet werden. Umso mehr müsste man seinem Nachfolger, der übrigens mit einem tollen, neuen, monatlichen Gehaltsscheck von locker über 10.ooo Mücken rechnen darf, gratulieren, einen solchen Posten zu übernehmen, ein Posten, den jeder Karnevalspräsident genau so hin bekommt. Wollmer em ereinlosse?

  14. gottlieb

    Nur dies noch zu Erwin Haep:
    Man kennt sie ja als moderaten Kommentator der ostbelgischen Politik, doch sollten Sie dem neuen Präsidenten keinen Blankoscheck ausstellen. Als bewährter Psychologe würde Ihnen bei seinen Reden sofort der Habitus stören: His masters voice, er glaubt selbst nicht an sein Gesäusel. Mit einer beherzten eigenen Meinung hat er in Jahrzehnten noch niemand vom Polsterstuhl gerissen. Man sollte an ihm bis zu den Wahlen auch keine Erwartungen stellen, er bleibt Süssholz-Lieferant. So erzieht sich KHL seine Genossenschaft. Wer nicht kuscht, fliegt. Daher Servaty’s Langzeit-Laufbahn mit Erbschaft.

  15. Ein kleiner Dicker

    Krisenmanagement! Solche Themen werden niemals angepackt von den Eupener Spezialisten! So der Herr Lambertz, der kennt nur Mengen Arbeit und harte Herausforderungen. Vom Reisefieber spricht er nicht, und ganz sicher nicht von dem Eupener Geldvernichtungsapparat. Obschon dass ein grosses Thema wäre. Nämlich viel zu gross geraten und dadurch viel zu teuer. Also, verkleinern!

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