Politik

2024 wird in Ostbelgien gewählt, bis der Arzt kommt – Politiker scharren bereits mit den Hufen [Zwischenruf]

Wahlplakate auf dem Eupener Werthplatz vor den Wahlen von Mai 2019. Foto: OD

In Belgien hat seit 2019 keine Wahl mehr stattgefunden. Wahlen gibt es nur alle fünf oder sechs Jahre. Dafür wird 2024 gewählt, bis der Arzt kommt: Parlamentswahl, Regionalwahl, PDG-Wahl und Europawahl im Mai, Gemeinde- und Provinzwahl im Oktober.

Dass so viele Wahlen auf einmal stattfinden, ist an dieser Stelle schon einige Male kritisiert worden. Bei so vielen Urnengängen am Stück wird eine Wahl ihrem eigentlichen Sinn und Zweck nicht mehr gerecht.

Der Wähler wird dermaßen mit Werbung, Debatten, Interviews und Kommentaren bombardiert, dass er vor lauter Bäumen nicht mehr den Wald sieht. Man hört dann nur noch diejenigen, die am lautesten schreien. Und im Geschrei geht das, worum es wirklich geht, komplett unter.

Warteschlangen vor einem Wahllokal in der Pater-Damian-Sekundarschule in Eupen bei den Wahlen von Mai 2019. Im Jahr 2024 finden in Belgien alle Wahlen statt, die es geben kann: Föderalwahl, Europawahl, PDG-Wahl, und Regionalwahl sowie Gemeinde- und Provinzwahlen. Foto: OD

Es ist übrigens zu erwarten, dass in Ostbelgien 2024 die PDG-Wahl nicht mehr die wichtigste sein wird, so wie dies bisher eigentlich seit 50 Jahren immer der Fall war.

Der Klimawandel, die Corona-Krise sowie der Ukraine-Krieg und dessen Folgen (Energieversorgung, Inflation usw.) haben den Blick der Menschen auf Gesamtbelgien, Europa und die Welt gerichtet. Im Vergleich dazu sind die Sorgen, die wir hier in Ostbelgien haben, allenfalls Nebensache.

Die EU und die NATO in Brüssel sowie die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt haben mittlerweile auf den Alltag der Ostbelgier unter Umständen einen größeren Einfluss als das, was in Eupen oder Namur beschlossen wird.

Weil seit Mai 2019 keine einzige Wahl mehr stattgefunden hat, machen sich bei vielen Politikern bereits Entzugserscheinungen breit. DG-Ministerpräsident Oliver Paasch kündigte fast anderthalb Jahre vor der Wahl an, dass er sich im Mai 2024 als Spitzenkandidat von ProDG um eine weitere fünfjährige Amtszeit bemühen werde.

Die CSP geht abermals mit einem anderen Spitzenkandidaten in die nächste PDG-Wahl. Diesmal führt Jérôme Franssen die Liste der Christlich-Sozialen an. Foto: OD

Auch die CSP legte sich bereits auf einen neuen Spitzenkandidaten fest, obwohl dessen Bezeichnung genauso gut erst im Januar 2024 hätte erfolgen können. Und wie immer, wenn PDG- und Europawahl an ein und demselben Tag stattfinden, verzichten die Christlich-Sozialen auch diesmal wieder darauf, ihr bestes Pferd im Stall als Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten aufzubieten. So wie einst Mathieu Grosch gibt auch Pascal Arimont der Europawahl den Vorzug. Für die PDG-Wahl wurde abermals ein anderer Spitzenkandidat bezeichnet.

Nach Joseph Maraite (1999), Hubert Chantraine (2004), Patricia Creutz (2009), Robert Nelles (2014) und Colin Kraft (2019) wird die PDG-Liste der Christlich-Sozialen 2024 von Jérôme Franssen angeführt.

Auch auf föderaler Ebene scharren Politiker bereits mit den Hufen, obwohl es bis zur Wahl im Mai 2024 noch weit ist. Während N-VA-Chef Bart De Wever lauter denn je die Werbetrommel für den Konföderalismus rührt und in der Öffentlichkeit giftiger denn je agiert, macht der PS-Vorsitzende Paul Magnette keinen Hehl aus seinem Traum, ab 2024 Premierminister zu werden. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

55 Antworten auf “2024 wird in Ostbelgien gewählt, bis der Arzt kommt – Politiker scharren bereits mit den Hufen [Zwischenruf]”

  1. Ich sehe das etwas anders als H. Cremer, da scharren nicht alle Politiker mit den Hufen, im Gegenteil viele haben Angst vor dem Wähler. Ich erinnere mich noch gut, vor Jahren wurde kaum eine Wahlperiode komplett durchgestanden, vorgezogene Neuwahlen waren in Belgien das Standardmittel bei jeder größeren politischen Krise. Gerade die traditionellen Parteien sehen aber jetzt in jeder Wahl eine Bedrohung, VB und N-VA in Flandern, PTB in der Wallonie, sowie Vivant und Pro-DG in der DG sind für die traditionellen Parteien zum unkalkulierbaren Risiko geworden. Früher wurde bei Wahlen nur die Tischordnung verändert, heute haben viele Angst danach nicht mehr am Tisch zu sitzen….

    • Walter Keutgen

      Dax, vorgezogene Neuwahlen kann es nur für die Kammer geben. Die neu gewählte Kammer ist dann bis zur nächsten EU-Wahl im Amt. Laut belgischer Verfassung müssen alle Wahlen außer den Gemeinde- und Provinzialwahlen am Tag der EU-Wahl stattfinden. Mai 2024 wird es spannend werden.

  2. Olli braucht keine Angst um seinen Posten zu haben. Dafür lieben ihn Oma und Opa zu sehr. Auf belgischer Ebene wird es natürlich wieder eng und schwierig werden, eine Regierung zusammen zu stellen. Da muss am Ende wieder etwas aus mindestens sieben Parteien zusammen gefummelt werden. Der Belgier ist inzwischen gelassen, was das angeht.

    • Walter Keutgen

      Haha, ist das mit der transnationalen Liste durch? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Polen und Ungarn zustimmen. Außerdem hatte Chirac Ende der siebziger Jahre, als das Europaparlament direkt vom Volk gewählt werden sollte den Verfassungsrat angerufen. Er hatte entschieden, dass weil Frankreich durch einen einzigen Wahlkreis, der überdies genau die Grenzen Frankreichs hat, vertreten wird, dieses Europaparlament keine supranationale Institution sei, die die Souveränität Frankreichs einschränke.

  3. Fängt diese Belästigung schon wieder an……Welcher gut bezahlte Politiker darf mich die Entscheidungen aus Brüssel auf deutscher Sprache übermitteln….. ;0) Dafür werde ich nicht Sonntagsmorgens aufstehen. Oli wirds und gut ist! Spielt sowieso alles keine Rolle….

  4. Der Zyniker

    Wählen für Anfänger:

    1. Macht einen kleinen Rückblick auf die vergangenen 20-25 Jahre. Seit ihr zufrieden mit der Entwicklung von Europa, Belgien, Wallonie und der deutschsprachigen Gemeinschafft oder sagt ihr eher: „Seit der Jahrtausendwende geht es eigentlich nur noch bergab…“?

    2. Denkt an folgendes Zitat von Albert Einstein: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert!“

    3. Macht euere Kreuze nach bestem Wissen und Gewissen.

    Und nebenbei … Jeder der nicht wählt, obwohl er wählen könnte bzw. Weiß wählt, hat die stimmstärkste Partei gewählt. Und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern faktisch !!!

    • Walter Keutgen

      Der Zaniker, Sie haben die falsche Erklärung der großen Parteien bezüglich Weißwahl übernommen. Weißwählen bedeutet seine Stimme den Parteien proportional dem Resultat zu geben.

      • Und das ist eben falsch!

        Ihre Aussage ist zwar richtig Herr Keutgen, dennoch entspricht sie nicht dem Willen des Weißwählers.

        Wenn ich weiß wähle bedeutet das, dass ich niemanden von den angebotenen Politikern als meinen „Volksvertreter“ haben möchte. Gegen dieses Umverteilen der „weißen Stimmen“ sollte einmal juristisch vorgegangen werden. Die gehören separat behandelt und würden zeigen wieviel Prozent der Bevölkerung mit diesen Klüngelregierungen nicht einverstanden sind. Siehe DG Parlamentspräsident

        • „Gegen dieses Umverteilen der „weißen Stimmen“ sollte einmal juristisch vorgegangen werden. Die gehören separat behandelt und würden zeigen wieviel Prozent der Bevölkerung mit diesen Klüngelregierungen nicht einverstanden sind.“

          Wäre Aufgabe der Verfassungs-Juristen….

          Diesen Fall konnten sie aber nicht auswendig lernen, deshalb lassen sie es bleiben..

          • Walter Keutgen

            Und das ist eben falsch!, Richtig, von Umverteilen ist keine Rede. Die weißen Stimmen werden einfach nicht beachtet und dann ist es mathematisch, wie ich beschrieben habe und nicht wie die großen Parteien behaupten.

            Mathematisch hatte die Weimarer das von Ihnen gewünschte System: Es gab genau einen Sitz für 20.000 oder 50.000 Stimmen. Folglich hatte der Reichstag eine variable Anzahl Mitglieder, je nach Wahlbeteiligung (und Bevölkerungszahl). Was aus der Weimarer Repuiblik geworden ist, wissen wir.

            Die Anzahl Weißstimmen wird in Belgien immer veröffentlicht, nur werden die ungültigen Stimmen hinzugezählt. https://elections2019.belgium.be/fr/resultats-chiffres?el=DE&id=DEG63023. In der DG gibt es keine Nullstimmen da Computerwahl.

            Man müsste die Abstinenzler durch Abwesenheit hinzuzählen. Aber Vorsicht: Es gibt auch Leute, die Dienst haben.

            • „Man müsste die Abstinenzler durch Abwesenheit hinzuzählen. Aber Vorsicht: Es gibt auch Leute, die Dienst haben.“

              Die Kranken haben Sie noch vergessen.
              Also doch wieder ein Knie-Schuss, Herr Keutgen?

  5. der heilige josef

    Und dann hört man wieder das eintönige Paasch Dauergeschwätz so wie die Mär vom Fachkräftemangel den es wissenschaftlich belegt gar nicht gibt sondern es gibt einen Lohnmangel in vielen Branchen. Hebt die Löhne an so das man davon in Würde leben kann.

      • karlh1berens

        Also erstens hat „Der heilige Joseph“ nicht gesagt dass Paasch für Löhne zuständig ist und ich sage jetzt mal, dass Paasch für bestimmte Löhne indirekt sehr wohl zuständig ist.
        Ist nur eine Leseschwäche, nichts Schlimmes -gehen Sie bitte weiter !
        Schon Dire Straits sangen „Money for nothing and the chicks for free“ ( ͡° ͜ʖ ͡°)

  6. Die Wahrheit

    Viele haben die Nase voll vom Wählen. Durch das Zusammenfusionieren der Parteien wird der Gewinner übertrumpft und muss in die Opposition, obwohl er gewonnen hat.
    Das ist nicht fair. Es müsste so sein, dass der Gewinner auch mitregiert.
    Dann wundern sich die Politiker, wenn die Leute rechts wählen.

  7. Ich sehe bei den ganzen Politikern keinen einzigen der meine Stimme verdient. Im Gegenteil. Ich sehe viele die sie nicht verdienen und noch mehr die einfach da sind die Listen zu füllen und der Liste die eine oder andere Stimme zu bringen. Nicht meine Demokratie.

    • Lieber Joseph, kann mich dir nur anschliessen! Überhaupt meinen sehr viele genau dasselbe! Wenn man die Leute palavern hört und sieht, dann hat man vieles durchschaut!
      Dem Lambertz seine Lobeshymnen über sich selber!?? Wo bleibt da der Respekt und Demut gegenüber dem Volk und seinen paar Wählern die er noch hatte? Was meint der Mann wohl von sich? Wenn er gut wüsste..?
      Die Tafelrunde und Begegnung mit der Reg. Wallonne! Scheint ja eine Kappensitzung gewesen zu sein? Müssten die Leute alle so hart arbeiten wie ich, dann verging denen oft das lachen.
      Überflüssiger Krimskram. Mehr nicht.

  8. Guido Scholzen

    Bei solchen Meldungen kommt mir immer eines in den Sinn:
    Es gibt keine Politikverdrossenheit, es gibt nur Politikerverdrossenheit.

    Ergo:
    die Political Correctness in Politik+Presse machen folgendes:
    Wenn die Menschen nicht mehr mit den Zielsetzungen der etablierten Parteien übereinstimmen, so wird dies so interpretiert, dass die Bevölkerung kein Interesse mehr an Politik habe.
    Nichts ist falscher als das!
    Haben die Proteste in der Corona-Zeit dies nicht überdeutlich gemacht?
    Die Politik hat keine Antenne mehr dafür, was Sache ist.
    Das Problem in unseren Breiten ist keine fiktive eingebildete ‚Politikverdrossenheit‘, mit der die derzeitigen Problematika teilweise erklärt werden, sondern die REALITÄTS-VERWEIGERUNG der EU-Politik und deren Lakaien.

  9. Nach so vielen Jahren gleicher Mehrheit, kommt hoffentlich 2024 eine andere Zusammensetzung zustande. Mancher Partei tut es sicherlich gut, wieder einige Jahre in der Opposition zu verbringen. Zu lange in der Mehrheit sein führt zu Überheblichkeit, Arroganz, Gier, Besserwisserei,…

  10. So sehe ich es auch @DR ALBERN. Es ist komisch das immer die gleichen Figuren oben mitspielen. Minister wechseln nur das Resort, da sie warscheinlich multidiszipliär ausgebildet sind. Selbst wenn sie, wenn auch vor Jahren, wegen Korruption in den Schlagzeilen standen.
    Aber da wir mit dieser Ansicht wohl falsch liegen, gibt es ja nun eine Akademie für Demokratie-Pädagogik. :-)

  11. Von Politikern erwarte ich nicht dass sie meiner Meinung sind aber sie sollten klar sagen wofür sie stehen und wofür nicht. Deswegen mag ich Grünen bzw. ECOLO, die sind zwar komplett neben der Spur aber sie sagen auch dass sie es sind. Unmöglich finde ich andere Parteien die häufig nur fühlen woher der Wind weht um dann die Segel entsprechend zu setzen. Wenn z.B. noch am Wahlabend Koalitionen aus der Taufe gehoben werden über die noch 1 Stunde vorher niemand sprach, dann fühlt man sich als Wähler nicht wirklich ernst genommen. Die meisten Leute wählen ja eine Partei damit diese ihre Interessen vertritt und nicht dafür auch noch den windigsten Kompromiss mit zu tragen, nur um zu regieren. Was bringt es seinen Wählern mit Bedauern erklären zu müssen dass der Koalitionsvertrag eben wenig für sie bringt, dann lieber anständige Oppositionsarbeit aber Prinzipientreue gegenüber den Leuten die einen gewählt haben. Lieber einen Oppositionspolitiker der meine Interessen vertritt als einen Minister der sie vor der Wahl verspricht und nach zwei Minuten Koalitionsverhandlungen verrät…..

  12. Treesche

    Hier etwas zu den Dauerpolitiker in der DG. Dazu gehören einige Minister und Ministerinnen in der DG, dann kommen noch einige Dauerbürgermeister hinzu. Im Süden der DG gibt es 2 Gemeinden ohne Opposition. Es bedarf wirklich genauer Analysen, warum die Menschen nicht mehr in die Politik wollen. Manche verlassen entnervt die Gemeinde, nach einer Zeit im Gemeinderat in der Opposition. Der Gemeinderat in Büllingen hat mittlerweile 2 Mitglieder zu wenig.
    Auch die Parteien tragen eine Verantwortung. Man ist viel zu sehr damit beschäftigt, junge dynamische Spitzenkandidaten direkt bei der Rhetorika oder bei den Universitäten zu gewinnen. Damit schliesst man die Politikamateure, die als Quereinsteiger in die Politik wollen aus.
    https://www.guentherbirkenstock.de/in-der-politik-machterhalt-um-jeden-preis
    https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Themen18_Amtszeitbegrenzung.pdf
    https://www.youtube.com/watch?v=54dIVF0xRgw Corona MASSNAHMEN stoppen, Basisdemokratie, Amtszeitbegrenzung (Interview dieBasis)
    https://diebasis-hewob.de/08/2022/basisdemokratie-in-der-schweiz/
    https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/begrenzung-der-amtszeit-wann-ist-lange-genug-regiert-17314609.html, https://www.grenzecho.net/67863/artikel/2022-01-11/friedhelm-wirtz-ohne-opposition-fehlt-das-salz-der-suppe (?)
    https://www.demokratiegeschichten.de/streit-gehoert-zur-demokratie/
    https://www.helpster.de/aufgaben-der-opposition-wissenswertes_226645
    https://www.grenzecho.net/88112/artikel/2023-03-27/klage-von-vivias-appellationshof-gibt-ehemaligem-ge-chefredakteur-schroder-recht (Meinungsfreiheit in der DG)

    Ich teile mit einigen Menschen die Meinung, dass Politik niemals ein Berufsziel sein sollte. Die Politik ist trotz aller Mühen ein lukrativer Job. Kommen noch einige Interkommunalen und Vorstände noch hinzu. Um das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder herzustellen, bedarf es tiefgreifender. Reformen.

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