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Warum steht die Fassade des Eupener „Capitol“ unter Denkmalschutz, nicht aber die des Wetzlarbads?

Zieht in diesen Tagen die Blicke der Autofahrer und Passanten auf sich: Die Fassade des ehemaligen "Capitols" in der Eupener Neustraße. Foto: OD

In diesen Tagen blicken in der Eupener Neustraße Autofahrer und Passanten auf das ehemalige „Capitol“. Von dem Gebäudekomplex, in dem einst Feste stattfanden und Kinofilme zu sehen waren, steht nur noch die Fassade. Diese musste auch erhalten bleiben, denn sie ist denkmalgeschützt.

Bestimmt hat sich schon so mancher Eupener die Frage gestellt, was denn an der alten Fassade des „Capitol“ so erhaltenswert ist, dass sie unter Denkmalschutz gestellt wurde, und warum dies zum Beispiel für die Vorderseite des alten Wetzlarbads im Ortsteil Hütte nicht galt, obwohl so mancher Bürger der Stadt sich dies gewünscht hätte.

Um zu erfahren, weshalb die Fassade des „Capitol“ unter Denkmalschutz gestellt wurde, die des alten Wetzlarbars aber nicht, fragte „Osbelgien Direkt“ nach bei Rudolf Kremer, dem Präsidenten der Kgl. Denkmal- und Landschaftsschutzkommission (KDLK).

März 2016: Die beiden Eupener Schöffen Michael Scholl und Werner Baumgarten beobachten den Abriss des Hauptgebäudes des alten Wetzlarbads. Foto: OD

„Es ist durchaus nachvollziehbar, dass der Umgang der Stadt Eupen mit seinem architektonischen Erbe hin und wieder auf Unverständnis stößt. Die Erhaltung des Wetzlarbades mit seiner Art Deco-Gestaltung hätte im Rückblick allein schon wegen seiner Einmaligkeit im öffentlichen Interesse liegen müssen“, so Rudolf Kremer.

„Im Zuge des Ausbaus der Selbstverwaltung Ostbelgiens sind auch mehrere Versuche unternommen worden, den Denkmalwert des Freibades offiziell zu bestimmen. Der letzte Vorstoß der KDLK datiert von 1997, als die Akte zur Unterschutzstellung dem damals zuständigen Minister Wilfred Schröder vorgelegt wurde. Leider wieder ohne Erfolg. Rückblickend ist festzustellen, daß es damals nicht nur am mangelnden politischen Willen gelegen haben mag. Es fehlte jedoch noch allgemein – und nicht nur in Ostbelgien – das rechte Verständnis für die Architektur der Zwischenkriegszeit. Das galt damals erst recht für wichtige Bauten der Technik und der Industrie als eine Art Marksteine der wirtschaftlich-sozialen Entwicklung des Eupener Landes – nur wurden sie in ihrem Zeugniswert noch nicht erkannt“, bedauert der Präsident der Kgl. Denkmalschutzkommission. Erst nach Jahrzehnten würden der Abriss des Hauses Scheibler in der Unterstadt und der Abbruch des Rokoko-Pavillons mit dem wertvollen Stuck-Interieur in der Schulstraße immer mehr als „Skandal“ und als schmerzlicher Verlust für das Kulturerbe von Stadt und Region empfunden.

Rudolf Kremer, Präsident der Kgl. Denkmalschutzkommission. Foto: OD

Kremer: „Die Kg. Denkmalschutzkommission hat einen Erhalt des Wetzarbades aus guten Gründen immer verteidigt. In dem besonderen Fall hat die Stadt Eupen aber stets darauf verzichtet, überhaupt eine Expertise der KDLK einzuholen, weil dazu keine gesetzliche Verpflichtung bestand. Auf der anderen Seite mussten die Verantwortlichen der Stadt die mutmaßlichen Interessen des Denkmalschutzes mit dem berechtigten Bedürfnis der Bevölkerung nach einem modernen Schwimmbad abwägen. Es ist bald zehn Jahre her, da veröffentlichte das Ministerium eine Broschüre über denkmalwerte Bauten des Industriezeitalters. Eupens Unterstadt stand dabei im Fokus. Und natürlich wurde dabei die Einzigartigkeit des Wetzlarbads hervorgehoben, ‚das in seinem Wert erkannt werden müsse‘. Der gut gemeinte Aufruf ging jedoch schon 2015 ins Leere. Bis zur Drucklegung der Broschüre war das historische Wetzlarbad bereits Geschichte.“

Der Fall „Capitol“ liegt laut Rudolf Kremer anders: „Es ist inzwischen zwanzig Jahre her, daß die KDLK die Unterschutzstellung des ehemaligen Lichtspieltheaters anregte. Die verputzte Fassade im Stil der Architektur der Moderne der 1920er und 1930er Jahre zählt zu den bemerkenswertesten Gebäuden der Stadt. Ministerin Isabelle Weykmans stellte im Zuge eines ausgewogenen Kompromisses schließlich die komplette Vorderfassade des Capitols unter Schutz. Der betreffende Erlass aus dem Jahre 2015 erlaubt ausdrücklich eine Nutzungsänderung, und zwecks Wahrung des Zeugniswertes der Fassade werden dazu umfangreiche Schutzbereiche definiert. Ein öffentliches Interesse an dem Erhalt der Vorderfassade ist nach Meinung der Kgl. Denkmalschutzkomission auch im Zusammenhang mit der Geschlossenheit der gründerzeitlichen Bebauung der Neustraße zu sehen.“ (cre)

14 Antworten auf “Warum steht die Fassade des Eupener „Capitol“ unter Denkmalschutz, nicht aber die des Wetzlarbads?”

  1. Gruselmonster

    Der Grund liegt in der Judenstraße, die eine Straßenseite ist Oberstadt und die andere Unterstadt.
    Wie man schon an der Brücke auf der Hütte sieht, erkennt man dass unsere Stadtväter nicht wissen dass dort noch Leute leben.

  2. Colmuche

    Traurig, traurig. Falls es wichtige Entscheidungen im Bereich Stadt-Architektur zu treffen gillt, sollte im voraus immer ! eine Volksbefragung stattfinden. Und auf die Frage, wer den bitte diese Befragung zu verwalten hat, gibt es auch eine Antwort, die vielen,vielen Angestellten innerhlalb der DG, évvidemment!

  3. Super Sozisportschöffe

    Der eine lässt voller Dämlichkeit und Stolz das Wetzlarbad abreißen und das (heute dringend fehlende) Hallenbad verrotten, die Neue hintergeht die Vereinswelt und sieht dem Aus des Turnvereins zu … Eupen ist wirklich bestraft mit den sozialistischen Sportschöffen*Innen „unseres Vertrauens“… Eupen schafft sich ab!

    • Eupen schafft sich ab

      @DG genau! Ein Scheiblerhaus wäre heute ein touristisches Wahrzeichen und das Wetzlarbad ein Baudenkmal mit großem Nutzen für Schwimmer und Freizeitler aller Sozialschichten… wer beide abreißen ließ soll jetzt jeweils den Wiederaufbau bezahlen !

  4. H. Sacher-Ramakers

    Danke für diesen fundierten Hinweis. Die Entscheider der Stadt und des Ministeriums sollten mit den lokalen Instanzen wie z. B. EGMV (Eupener Geschichts und Museums Verein) ausstauschen, weil sie mit Sachverstand und Gemeinschaftssinn agieren. Das EGo des Einzelnen ist hier nicht gefragt!

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