Politik

Landtagswahl in Hessen: „GroKo“ wird abgestraft – Grüne und die AfD stark

28.10.2018, Hessen, Gießen: Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) verlässt nach der Stimmabgabe das Wahllokal. Foto: Boris Roessler/dpa

AKTUALISIERT – Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel haben bei der Landtagswahl im Bundesland Hessen schwere Verluste erlitten. Ihr Koalitionspartner SPD wurde zum zweiten großen Verlierer des Abends.

Sowohl CDU als auch SPD verloren rund elf Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2013. Für die SPD war es das schlechteste Ergebnis in der Geschichte des Bundeslandes Hessen.

Nach den Hochrechnungen der Fernsehsender ARD und ZDF fiel Bouffiers CDU auf 27,0 bis 27,2 Prozent (2013: 38,3). Die SPD mit Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel stürzte auf 19,7 bis 20 Prozent (30,7). Die Grünen mit Vizeregierungschef Tarek Al-Wazir legten auf 19,5 bis 19,6 Prozent zu (11,1).

28.10.2018, Hessen, Lich: Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD, und seine Ehefrau Annette Gümbel geben im Wahllokal im Bauhof von Lich ihre Stimmen ab. Foto: Arne Dedert/dpa

Erstmals im hessischen Landtag vertreten ist die rechtspopulistische AfD, die 13,1 bis 13,2 Prozent verbuchte (4,1). Sie sitzt nun in allen 16 deutschen Landesparlamenten.

Die Liberalen (FDP) kamen auf 7,7 Prozent (5,0). Die Linke holte 6,2 bis 6,4 Prozent (5,2) und liegt damit ebenfalls deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament.

Nach Berechnungen der Sender erhielte die CDU 35 bis 36 Landtagssitze, die SPD 26, die Grünen 25 bis 26. Die AfD hätte 17 Mandate, die FDP 10 und die Linke 8 bis 9.

Laut ARD-Berechnungen hätte Schwarz-Grün mit 60 von 121 Sitzen die Mehrheit verloren, laut ZDF fehlt ihnen mit 62 von 124 Sitzen ebenfalls ein Mandat. Die Sitzverteilung und die endgültige Größe des Parlaments können sich wegen des komplizierten Wahlsystems mit Erst- und Zweitstimmen im Verlauf der Auszählung noch ändern.

28.10.2018, Berlin: Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen, l-r), Nicola Beer (FDP), Markus Blume (CSU), Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Journalist Elmar Theveßen, Lars Klingbeil (SPD), Jörg Schindler (Die Linke) und Bernd Baumann (AFD) sitzen nach der Landtagswahl in Hessen in der ZDF-Sendung „Die Berliner Runde“. Foto: Claudius Pflug/ZDF/dpa

Denkbar wäre nun eine „Jamaika“-Koalition aus CDU, Grünen und FDP, wie sie in Schleswig-Holstein existiert. Laut ARD hätte auch ein schwarz-rotes Bündnis aus CDU und SPD eine Mehrheit oder eine „Ampel“ (SPD, FDP, Grüne).

Bouffier sieht im Ergebnis der Landtagswahl einen «Weckruf» für Berlin. „Die Botschaft, die man von Hessen natürlich nach Berlin geben kann und muss: Die Menschen möchten weniger Streit, sie möchten sachorientierte Arbeit“, sagte Bouffier am Sonntagabend im Hessischen Rundfunk.

Schäfer-Gümbel ließ offen, ob er persönliche Konsequenzen aus der historischen Wahlniederlage ziehen wird. „Der heutige Abend ist bitter für die hessische SPD und er ist es auch für mich persönlich“, sagte er. Auch SPD-Chefin Andrea Nahles zeigte sich bestürzt. „Zu den Verlusten der SPD in Hessen hat die Bundespolitik erheblich beigetragen“, sagte sie in Berlin. Die Koalition in Berlin müsse nun einen klaren, verbindlichen Fahrplan für eine Politik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger vorlegen, fügte Nahles hinzu. (dpa)

25 Antworten auf “Landtagswahl in Hessen: „GroKo“ wird abgestraft – Grüne und die AfD stark”

  1. Marcel SCHOLZEN

    Das war zu erwarten, dieses Ergebnis der SPD. Eine Konsequenz der Agenda 2010 Politik von Gerhard Schröder, bei der die eigenen Wähler aus den Unter- und Mittelschichten bewusst getäuscht wurden. Hat der SPD viel Glaubwürdigkeit gekostet.

    • Pensionierter Bauer

      Wobei ich davon ausgehe, dass die meisten Arbeiter noch die Agenda 2010 von Schröder und insbesodere vom Müntefehring verstehen, denn nur durch diese Agenda ist es gelungen die großen Produktionsbetriebe in Deutschland zu halten und von einer Abwanderung abzuhalten. Das uneingeschränkte Ja der SPD zur Merkelschen Migrationspolitik hat vielmehr SPDler verschreckt, denn es ist die Hauptklientel der SPD, die den durch die Flüchtlingswelle ausgelösten Verdrängungswettbewerb in den Städten am meisten zu spüren bekommt.

      • @ PB

        Das ist genau die Propaganda auf die immer wieder Leute hereinfallen. Dieser „Verdrängungswettbewerb“ existiert nicht. Flüchtlinge und Asylbewerber dürfen in Deutschland bis zur Anerkennung keine Arbeit aufnehmen. Diese Anerkennung bekommen Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive erst gar nicht.

        • Pensionierter Bauer

          Oh Edig, das sieht mein Bekannter aus Köln Kalk aber ganz anders, insbesondere auf dem Wohnungsmarkt drängen immer mehr Anerkannte und für den verdrängten normalen deutschen Arbeitnehmer ist es einfach schwer anderswo wieder Fuss zu fassen.

          • @ PB

            Meine Familie in Frankfurt sieht diese Probleme im Alltag nicht. Meine Mutter lebt in einer, mit öffentlichen Mitteln geförderten Siedlung (früher nannte an das „sozialer Wohnungsbau“ ) auch hier gibt es weder anerkannte Asylanten noch sonstige Migranten. Es gibt aber ausländische Arbeitnehmer die da schon einige Jahre wohnen.

  2. Was die CDU angeht, wer sich grün macht den fressen die Ziegen! Bei jeder Koalition mit den Grünen geht die CDU geschwächt hervor (so wie die PFF in Eupen…). Was die SPD angeht, Ende Gelände, früher wählte das Lehrerzimmer und der Hausmeister SPD. Heute wählt das Lehrerzimmer Grün und der Hausmeister die AfD….

  3. Ekel Alfred

    Die einzige Sorge der abgestraften CDU, SPD + GRÜNE war, die siegreiche AFD schlecht zu reden….dabei gilt doch das Migrationsproblem für die traditionellen Parteien als das Problem schlechthin….und wird auch weiterhin in der Debatte das grösste Problem bleiben….das wird sich die Merkel noch zu spüren bekommen….Peter Frey, Chefredakteur des ZDF hat ja in den Nachrichten gesagt…die AFD hat die Nation gespaltet….er hat bewusst vergessen, zu sagen….und das ist auch gut so….die AFD ist nun in allen Landtagen vertreten….ein guter Anfang….für die CDU und SPD wohl eher das Ende vom Anfang….

    • « …die AFD ist nun in allen Landtagen vertreten….ein guter Anfang… » 
      Und was schwebt Ihnen da so als Ende vor?
      – eine dauerhafte Lösung aller Probleme (das schlechte Ende)
      – drei Legislaturperioden AfD (das weniger schlechte Ende)
      – fundamentalanarchischer Ansatz: weg mit dem Bestehenden, das Neue kann nur besser sein.

        • Hop Sing

          Die CDU verliert etwa 30 % ihrer Wählerschaft, die SPD gar 35 %. Die Grünen als Regierungspartei steigen von 11 auf 19 %. Man sollte denken, dass das Wählervotum unmissverständlich ist. Wenn man dann allerdings die hirnlosen Interpretationsversuche eines „demütigen“ Bouffier sieht, der sich aus zwei Gründen als „Wahlsieger“ sieht, (stärkste Partei und keine Regierungsbildung ohne CDU), so verliert der Bürger jeden Glauben an die Politik. Merkel mit ihrem permanenten Versuch einer Sozial-demokratisierung der CDU führt beide Parteien in den Untergang. Und das ist gut so. Offensichtlich siecht die CDU in einer gottgegebenen Nibelungentreue dahin…… Keiner wagt es, sich zu erheben. Um diesen Prozess zu beschleunigen, wünsche ich sowohl der AFD als auch den Grünen bei den nächsten Wahlen jeweils 25 % und mehr. Merkel schafft Deutschland ab.

        • @Alfred „nur besser“ „nicht schlechter“
          Ich erlaube mir die logische Äquivalenz anzuzweifeln.
          Behaupte, dass wer sich mit wenig zufrieden gibt, meist lernt mit noch weniger auszukommen.
          Beobachte, dass gepflegter Negativismus den Weg für das Offensichtliche versperrt.
          Stelle fest, dass Sie den Punkt verpasst haben.

        • @Hop Sing „Glauben“
          Sofern sich der Glaube auf das Jenseits bezieht, ist er meist unproblematisch. Manchen Kulturen ist er auch hilfreich, das Diesseits zu erklären.

          Ansonsten veranschaulicht der Begriff Glaube jedoch entweder Unwissenheit oder Unsicherheit. Der Politik im Kontext des Begriffs Glauben religiösen Anspruch zu gewähren, bzw. (in Ihrem Fall, nunmehr negativ) diesen zu entziehen, lässt auf ein grundlegendes Unverständnis ihres Zweckes und ihrer Bedeutung schliessen. Bestenfalls verwenden Sie den Begriff Glaube anstatt Vertrauen oder Hoffnung.

          Stutzig macht mich an Ihrer Wortwahl, dass ein „permanenter Versuch“ nun auch noch Ergebnisse zeitigt. Oder möchten Sie zum Ausdruck bringen, dass Merkels Agieren im Chemielabor zu Kollateralschäden führt?

          Die Nibelungensage wäre in der Versenkung verschwunden, wenn die „Erhebung“ erfolgreich den „Untergang“ abgewendet hätte. Nichtsdestotrotz gab es in diesem Werk auch zweifelnde Stimmen (inklusive Hagen von Tronje), die sehenden Auges in die Schlacht zogen. Hingegen ist mir der Begriff Gott aus dieser Sage nicht erinnerlich; „gottergebene Nibelungentreue“ daher eine Ihnen zuzuschreibende Begriffsschöpfung.

          Doch zurück zum Heute.

          Merkel führt also zwei Parteien in den Untergang. Ich konnte jedoch gestern hören, das Nahles / Klingbeil heute ein Positionspapier als Grundlage der Bewertung (in einem Jahr) der Sinnhaftigkeit der Koalitionszugehörigkeit vorlegen wollen. Man verzeihe mir diese nun wirklich schwerfällige Formulierung, versuche nur Nahles Wortschwall in einem Satz unterzubringen. Wahrhaft ein zahnloser Tiger, der nur ihre (Nahles) Hoffnung ausdrückt, dass Bundestagswahlen in einem Jahr weniger desaströs enden als heute. Für diesen „Untergang“ braucht Nahles Merkel überhaupt nicht, da bedarf es nur noch einer weiteren Nachverhandlung mit Seehofer.

          Mag das Miterleben von Untergängen auf der Theaterbühne oder im Sportstadion noch seinen Reiz haben, erscheint mir das Miterleiden von Untergängen im realen Leben weniger attraktiv. Ihr Herbeiwünschen eines Gladiatorenkampfes Grüne / AfD führt mich zu der Annahme, dass Sie hier die Bühnen verwechseln, bzw. vernachlässigen, dass in der Politik das Publikum Bestandteil der Aufführung ist.

            • Wenn‘s denn so gemeint ist, lassen wir den Pulitzer mal weg. Wüsste nicht, was es da zu enthüllen gab. Für den Wolff erachte ich mich mangels Journalistenstatus auch nicht als Kandidat.

              Gelegentlich auf eine Dampfdosis Worthülsen mit etwas Sprache reagieren, macht mir nun mal Spass.

  4. Einsicht ist...

    …der erste Schritt zur Besserung. Nahles sagt (sinngemäss), dass Deutschland eine BÜRGERORIENTIERTE Politik braucht. Dem stimme ich zu! Die meisten Probleme in Deutschland haben einen gemeinsamen Ursprung: Der Bürger steht an LETZTER Stelle! Die deutsche und europäische Politik orientiert sich nach Zahlen/Statistiken zum Wirtschaftswachstum und danach kommt lange Nichts! Wenn es um die Wirtschaft geht, dann ist keine Hürde zu hoch und es wird immer Geld gefunden um die Wirtschaft zu unterstützen. Die Bürger warten seit 20 Jahren darauf, dass man endlich auch nochmal an sie denkt! Aber schöne Reden haben wir genug gehört, wir brauchen Veränderungen! Das wird JAHRE dauern, aber man muss auch einmal damit anfangen!

    • Sicherlich ist es nicht falsch seine Meinung, nach besserer Erkenntnis, zu ändern.

      Im Falle der Frau Nahles sieht das jedoch wie folgt aus:
      – in der Causa Maassen sitzt Sie am Verhandlungstisch und befürwortet eine Hochbelobigung; ein mit Unverständnis reagierendes Publikum veranlasst sie eine Woche später eine Wegbelobigung als politischen Erfolg zu verkaufen
      – sie befürwortet einen Koalitionsbeitritt, lässt sich ein Koalitionsabkommen (die Messlatte für das Gelingen) von der Partei absegnen und möchte heute (ein Jahr später, nach Liebesentzug der Wählerschaft) ein Papier vorlegen, dass als Messlatte zum Verbleib in besagter Koalition (nach einer weiteren einjährigen Beobachtungsphase) vorlegen.
      Damit diskreditiert sie das Koalitionsabkommen und lenkt von ihrer Unfähigkeit ab, Seehofer Paroli zu bieten. Bzw. erkennt klarsichtig, dass bei Neuwahlen weder für sie noch für die SPD etwas herausspringt.

      „Dem“(!) Bürger geht es heute besser als vor 20 Jahren, mit Sicherheit nicht „allen“ Bürgern.
      Zur Bewertung der Anzahl Bürger, denen es nicht besser geht, kann man die Wählerschaft der Linken heranziehen (6%), eher ein Normalwert. Da die vollen 13% der AfD-Wähler hinzuzuzählen erscheint mir ein trügerischer Ansatz. Ein nicht unwesentlicher Anteil dieser Wählerschaft ist auf einem anderen Trip; ein weiterer nicht unwesentlicher Anteil unterliegt dem Irrglauben, das Wahlen Sportveranstaltungen sind.

      Nahles läuft Gefahr auf Merkels Abschiedsparty nicht mehr zu den geladenen Gästen zu zählen.

      • @ Der.

        Sie übersehen bei Ihren Überlegungen allerdings großzügig das die SPD bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat das nach 2 Jahren, zur Halbzeit der Legislatur, erneut in einer Mitgliederabstimmung über die GroKo entschieden werden soll.
        So wie es sich im Moment darstellt besteht die große Wahrscheinlichkeit das die SPD-Mitglieder die ungeliebte Koaltion früher beenden als der Parteiführung lieb ist.

        • Da muss ich gestehen, dass tatsächlich von einer solchen Überprüfung mal die Rede war. Mea Culpa.
          Dass jedoch nun ein neues „Paper“ als Bewertungsgrundlage vonnöten ist, erstaunt.
          Besagtes „Paper“ scheint aber aufgrund der Merkelschen Ankündigungen heute nicht mehr in die Öffentlichkeit zu gelangen. Vielleicht auch gut so, die Basisworkshops abzuwarten.
          Nunmehr kann Nahles sich damit brüsten, Merkel aus der Reserve gelockt zu haben. Nach ihrem feuchten Schuss auf Seehofer vielleicht hilfreich.
          Dieser wiederum riskiert wieder aufzuerstehen. Ca. 3 Tage und seiner verärgerten Basis wird erklärt, dass weitere Personaldebatten unnötige Unruhe ins Land bringen.

          Die SPD-Basis wäre jedoch schlecht beraten, die GroKo zu beenden. Abgesehen von leeren Kassen darf die Partei sich dann 15% mit der Linken teilen.

  5. Schulz hatte Recht

    Martin Schulz wollte in die Opposition. Das wäre für die SPD ein Segen gewesen. Leider hat der Bundespräsident (auch SPD) Schulz dazu gezwungen, in die Regierung einzusteigen.

    • @ Schulz hatte Recht

      Keiner hat Schulz „gezwungen“ in die Regierung einzusteigen. Er hat als er gesehen hat das die Regierungsbeteiligung nicht mehr abzuwenden war, „die Brocken hingeschmissen“ .

      Schuld an der Misere waren, wie immer, die Liberalen die sich geweigert hatten in dieser Situation Verantwortung zu übernehmen.
      Koalitionsverhandlungen mit dem Ziel als 7% Partei die Richtlinien der Politik zu bestimmen sind eine Farce aber genauso wurden sie auch von Lindner & Co geführt.

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